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    Ventralis - Die Stadt im Sturm

    In den kaum erforschten Weiten des Südens, wo die Winde des Schicksals unbarmherzig toben, liegt das Bittermeer. Es ist ein warmes, unheilvolles Gewässer, das die südlichen Gestade Asamuras umspült. Hier hinaus, wo heiße Stürme wüten und grautrübe Wellen zornig gegen die Küsten peitschen, wagen sich nur die kühnsten Seefahrer. Selten erreichen sie gar die vulkanischen Inseln des Feuerrings, und wenn sie es tun, erwartet sie eine trostlose Landschaft. Graue Aschewüsten erstrecken sich hinter dreckigen Stränden, und die schwarzen Basaltgebirge ragen wie finstere Wächter in den wolkenverhangenen Himmel. Ihre brennenden Kronen entsenden schwarzen Rauch, der jegliches Leben erstickt. Doch in den Einöden der Eilande gibt es Überraschungen. Auf Khilar, der größten Feuerinsel, erhebt sich die Stadt Ventralis, welche zwischen rauchenden Gipfeln und Aschewüste die Zeiten überdauert hat. Und während die anderen Städte bereits während der Vorzeit verfielen, herrscht in dieser wieder Leben.


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    Die Ventralier sind ein hellhäutiges Menschenvolk, das von Naridiern abstammt. Da anfangs nur wenige Frauen unter ihnen lebten, sehen die Bewohner der Stadt sich in den heutigen Tagen so ähnlich wie Geschwister. Schwarzes Haar hat sich durchgesetzt, ihre Augen sind grau wie der Sturm. Ihre Haut ist von den heißen Winden gegerbt und rau. Ihre Gesichter sind von Entbehrungen gezeichnet, doch in ihren Augen leuchtet ein ungebrochener Wille.


    Ihre Kleidung ist schlicht und funktional, von reisenden Schiffen geplündert oder gewebt aus den zähen Fasern des Meerestangs, der in den trüben Gewässern ihrer Heimat wächst. Diese Stoffe sind robust und widerstandsfähig, ideal, um den Elementen zu trotzen. Sie sind ein Volk, das gelernt hat, in einer feindlichen Umgebung zu überleben, und ihre rein der Funktion dienende Kleidung erzählt die Geschichte ihres unermüdlichen Kampfes gegen die Naturgewalten. Lederjacken und Ledermäntelaus dem Leder von Meerestieren schützen vor Regen und den scharfen Winden, die unablässig über Ventralis fegen. Um Hals und Schultern tragen die Ventralier fast immer Schals, die sie bei Bedarf auch um Mund und Nase schlingen. Die Erscheinung der Ventralier wirkt ärmlich, doch in der Schlichtheit liegt eine stille Würde, und sie sehnen keinen Reichtum herbei.


    Mentalität


    Viele Bewohner des Festlands von Asamura halten Ventralis für nichts weiter als ein Märchen, zu fantastisch und wundersam erscheinen die Erzählungen, die man sich von der Stadt im Sturm berichtet. Wer könnte glauben, dass Menschen mit Schwingen aus Leder und Eisen sich von den tosenden Winden hoch hinauf in den Sturm tragen ließen? Doch die Wahrheit, so unglaublich sie auch sein mag, ist, dass Ventralis existiert, auch wenn die Ventralier alles dafür tun, im Nebel der Legende unsichtbar zu bleiben.


    Trotz der allgegenwärtigen Armut hat die Wissenschaft in Ventralis einen hohen Stellenwert. Die Bewohner haben es geschafft, die uralten Maschinen wieder zum Leben zu erwecken und nutzen sie, um ihre Lebensbedingungen zu verbessern. Die Ventralier hüten ihre Technologie mit eiserner Strenge, und wer versucht, ihr Wissen zu stehlen, darf nicht auf Gnade hoffen.


    Ein Reisender, der das Unglück hat, diese Stadt zu finden, darf sie niemals wieder verlassen, und sein Schiff wird bis auf das kleinste Teil zerstört, als wäre es nie gewesen. Auch die Ventralier selbst bauen keine Schiffe. Einem Gestrandeten bleibt folglich nur die Wahl, Ventralier zu werden oder zu sterben. Doch wird es ihm nicht leicht fallen, sich als Gestrandeter unter jenen einen Platz zu verdienen, deren Blut durch generationenlange Inzucht untrennbar miteinander verbunden ist. Die Stadt im Sturm als neue Heimat anzunehmen, wird den wenigsten Gestrandeten leicht fallen.


    Doch auch den Ventraliern selbst ist das Verlassen ihrer Insel verwehrt, und jeder Versuch, ein Schiff zu bauen, wird als Hochverrat betrachtet und wer es versucht, wird von den Sturmwächtern bis zum Tode gejagt. Die Ventralier sind sich des unersättlichen Machthungers des Festlandes bewusst, dessen Anführer nach ihren Technologien dürsten, Relikten, die am Ende nicht den Menschen, sondern nur der Geldgier und dem Blutdurst dienen würden.


    Gesellschaft


    Die Ventralier haben eine tiefe Abneigung gegen Unterdrückung entwickelt. Die Ventralier haben nie vergessen, weshalb ihre Vorfahren einst vom Festland flohen. Ihre Vergangenheit hat sie gelehrt, dass Gerechtigkeit nur durch Gleichheit erreicht werden kann. Sie sind wachsam gegenüber jeder Form von Machtmissbrauch. Diese Gemeinschaft von einstigen Gesetzlosen hat sich ihre Freiheit mit Blut und Schweiß erkämpft und trägt ihre Unabhängigkeit wie ein Ehrenzeichen. Jeder Einzelne leistet seinen Beitrag zum Überleben der Stadt.


    Handwerker, Händler und Gelehrte arbeiten zusammen, tauschen Waren und Wissen aus und sorgen dafür, dass die Stadt am Leben bleibt. Konflikte werden oft durch Verhandlungen und gegenseitige Abmachungen gelöst, und die Sturmwächter fungieren manchmal als Vermittler, wenn die Spannungen zu groß werden. Es gibt kein Gesetz, welches Gewalt oder Diebstahl ahndet, doch kennen die Ventralier ihre eigene Form der Gerechtigkeit. Rache und Vergeltung schrecken ab. So haben sich ungeschriebene Regeln und Normen etabliert, die das Zusammenleben bestimmen. Zwischen den Bewohnern er Stadt herrscht im Allgemeinen ein harmonisches Miteinander. Der feindselige Welt, in der sie leben, können sie nur gemeinsam trotzden.


    In Ventralis gibt es keinen Adel und keinen Rat. Und doch gibt es eine Übereinkunft, die das Zusammenleben ermöglicht. Einzig der Führungsrat der Sturmwächter bildet ein gewisses Zentrum der Macht. Das Herz der Gesellschaft bilden die Mannschaften der Sturmwächter, jene, die die Macht der Blitze und die Energie der Stürme kontrollieren. Ein Kind aus jeder Familie soll ein Sturmwächter werden, damit die Macht gleichmäßig über alle Familien verteilt wird und es für immer so bleibt. Jeder trägt nach eigenen Kräften seinen Teil zum Wohl der Gemeinschaft bei, und in den Nächten, wenn die Kristalllampen die Straßen erhellen, spürt man den Geist der Freiheit und des Zusammenhalts, der Ventralis durchdringt.


    Architektur


    In den uralten Mauern von Ventralis, der Stadt, die seit Jahrhunderten den unbarmherzigen Stürmen trotzt, erheben sich Bauwerke von unvergleichlicher Robustheit und Funktionalität. Ihre runden Formen bieten dem Wind kaum Angriffsfläche. Türme mit halbrunden Kuppeldächern ragen gen Himmel, gekrönt von eisernen Blitzfängern, um deren wilde Energie in alchemistische Kristallbatterien zu lenken. Diese Technologien, Relikte einer längst vergessenen Zivilisation, erlauben es den Ventraliern, die ungezähmte Kraft der Natur zu bändigen und in nutzbare Elektrizität zu verwandeln.


    Im Herzen der Stadt thront ein uralter Turm, das höchste Bauwerk, das als Hauptblitzfänger und Energieverteiler dient. Von hier aus strömt die gesammelte Energie in die verschiedenen Bezirke der Stadt. Der Turm ist auch das Zentrum der Forschung und Entwicklung, wo Gelehrte unermüdlich daran arbeiten, die Geheimnisse der alten Technologien zu entschlüsseln und neue Wege zu finden, die Energie der Stürme zu nutzen.


    Wenn die Nacht hereinbricht, erwachen die aus eisenhaltigem Basalt erbauten Häuser und Straßen zum Leben. Ein sanftes, elektrisches Glühen durchzieht die Stadt und enthüllt eine Schönheit, die bei Tageslicht verborgen bleibt. Nicht länger sind die Straßen trostlos, wenn das blaue Glühen der Stadt eine verlorene Farbe zurückbringt. Kristalllampen erhellen die Dunkelheit und verleihen Ventralis einen magischen Glanz, der die Herzen der Bewohner verzaubert.


    Die Ventralier nutzen auch die natürliche Hitze des vulkanischen Bodens zu ihrem Vorteil. Sie leiten Meerwasser in flache Becken, die in den heißen Basalt geschlagen wurden. Darüber wölben sich metallene Abdeckungen, an deren Innenseite der aufsteigende Wasserdampf kondensiert und in Auffangrinnen tropft. Das frische Wasser wird in eine Zisterne geleitet, die im Herzen der Stadt liegt. Über ihr wurde ein Gebäude errichtet, das Brunnenhaus, um das Wasser vor dem immer wiederkehrenden Ascheregen zu schützen. Hier holen sich die Bewohner der Stadt mit Eimern das kostbare Nass für den täglichen Gebrauch, doch man trifft sich auch, um zu reden. Sitzbänke und Marktstände machen das Brunnehaus zu einem beliebten Treffpunkt im grauen Alltag der Stadt im Sturm.


    sturmwaechterfluegel.pngDie Sturmwächter


    Die Sturmwächter verstehen es meisterhaft, den ewigen Sturm zu ihrem Verbündeten zu machen. Gekleidet in Anzüge aus widerstandsfähigen Materialien, trotzen sie den extremen Bedingungen mit Leichtigkeit. Ihre Sturmschwingen aus Leder und Eisen tragen sie mühelos durch die tobenden Winde. Das Fliegen funktioniert nur während eines Sturms, der die Kraft hat, einen Menschen mit diesen künstlichen Flügeln zu tragen, doch dann bewegen die Sturmwächter sich mit der Gewandtheit von Möwen durch die wirbelnden Lüfte. Die Flügel sind über Lederriemen mit dem Körper verbunden und der Sturmwächter steuert ihre Mechanismen durch seine Körperdrehungen.


    Diese fliegenden Wächter sind das Schwert von Ventralis . Sie verkörpern die Freiheit und den ungebrochenen Willen der Ventralier, stets bereit, ihre hart erkämpfte Heimat zu schützen und ihre freie Gemeinschaft zu bewahren. Auf ihren Schwingen gleiten sie über das karge Land, stets wachsam und bereit, Abtrünnige zu jagen, das Meer nach fremden Schiffen abzusuchen oder wichtige Nachrichten zu überbringen. Sie sind tapfere Krieger, die die gefährlichen Gebiete rund um Ventralis erkunden, wertvolle Ressourcen sammeln und die Stadt gegen äußere Bedrohungen verteidigen.


    Doch Sturmwächter sind nicht nur in den Lüften unterwegs. Einige arbeiten als Techniker und Forscher. Sie sind Hüter des alten Turms von Icharith, ihrem Hauptquartier. Ihre Fähigkeiten und ihr Wissen sind von unschätzbarem Wert für das Überleben der Stadt. Die Blitzfänger auf ihrem Turm, die wie Speere hinauf in die Wolken ragen, fangen die Energie der Blitze ein und speichern sie in tragbaren Kristallbatterien. Von hier aus werden sie in der Stadt verteilt, um Gewächshäuser zu beleuchten oder Kühlaggregate zu betreiben.


    Die Mitglieder ihres Führungsstabes werden nicht durch Titel oder Erbrecht ernannt, sondern entwickeln sich durch ihre Erfahrung und ihre Persönlichkeit zu Anführern. Das Vertrauen der anderen Sturmwächter ist ihnen Krone genug. Die Größe der einzelnen Einheiten variiert, und bei Streitigkeiten kommt es oft zu einem Wechsel der Mitglieder zu anderen Einheiten, da es keine festgelegten Zugehörigkeiten gibt.


    Einige Aufgaben der Sturmwächter:


    1. Energiegewinnung: Eine der Hauptaufgaben der Sturmwächter ist es, die Energie des Sturms zu nutzen, um die Stadt Ventralis mit Strom zu versorgen. Sie sammeln die Blitze und leiten die Energie mittels alchemistischer Kristallbatterien in die städtischen Netzwerke.


    2. Wetterbeobachtung: Die Sturmwächter sind auch für die Überwachung des Sturms zuständig. Sie sammeln Daten über die Windgeschwindigkeiten, Blitzaktivitäten und andere Wetterphänomene, um die Sicherheit der Stadt zu gewährleisten und mögliche Gefahren frühzeitig zu erkennen.


    3. Rettungsmissionen: In Notfällen sind die Sturmwächter die ersten, die zur Hilfe eilen. Sie retten Menschen, die in den Sturm geraten sind, und leisten technische Unterstützung, wenn die Infrastruktur der Stadt beschädigt wird.


    Ausbildung und Fähigkeiten


    1. Navigation im Sturm: Die Sturmwächter durchlaufen eine intensive Ausbildung, um sich in den chaotischen Winden des Ewigen Sturms zurechtzufinden. Sie lernen, die Windströmungen zu lesen und zu nutzen, um sich effizient fortzubewegen und gefährliche Turbulenzen zu vermeiden.


    2. Blitzableitung: Ein weiterer wichtiger Teil ihrer Ausbildung ist die Fähigkeit, Blitze gezielt abzuleiten und zu nutzen. Sie lernen, die Blitzfänger präzise einzustellen und die gespeicherte Energie sicher zu transportieren.


    3. Technische Wartung: Da ihre Ausrüstung extremen Bedingungen ausgesetzt ist, müssen die Sturmwächter auch Experten in der Wartung und Reparatur ihrer Geräte sein. Sie lernen, ihre Ausrüstung im Feld zu reparieren und sicherzustellen, dass alles einwandfrei funktioniert.


    Geschichte


    Die einstigen Bewohner von Ventralis sind längst fort. Ihre robusten Basalthäuser, die dem stärksten Sturm zu trotzen vermögen, ließen sie zurück. Die Feuerinseln hatten alle Farben des Lebens verloren und bot ihnen keine Heimat mehr. Der Himmel und das Meer waren so grau geworden wie die Asche, die sich wie ein Leichentuch auf alle Wiesen und Felder gelegt hatte. Und so verließen sie die Inseln und alles, was ihre Vorfahren erschaffen hatten, um anderswo ein neues Leben zu beginnen.


    Über Jahrhunderte ruhte die Insel in völliger Stille und nur der Sturm sang sein ewiges Lied in den einst stolzen Hallen von Ventralis. Doch eines Tages strandete ein Schiff an den grauen Gestaden. Vom Sturm abgetrieben, zerlumpt und hungrig, betraten fremde Menschen die verlassene Insel im alten Handelshafen von Ventralis. Ihre Geschichte ist ein Abenteuer für sich, denn sie waren Sträflinge, denen es bei einem Gefangenentransport gelungen war, ein Schiff zu kapern und damit über das Meer zu fliehen. Zwischen rauchenden Gipfeln und glühenden Schluchten erkundeten sie die verlassene Stadt. Da sie keine andere Wahl hatten, denn ihr Schiff war unrettbar beschädigt, blieben sie. Bald fanden sie heraus, dass die Abgeschiedenheit nicht nur Fluch war, sondern auch Segen. Als ihr Schiff nach dem Abflauen des Sturms in keinem festländischen Hafen je gesichtet wurde, wähnte man die Sträflinge für tot, und sie konnten ein neues Leben beginnen. So erwachte die verlassene Stadt.


    Eine wesentliche Rolle für das Überleben in den folgenden Jahren spielten einige Männer, die mit dem Überleben in karger Wildnis vertraut waren und gleichzeitig über ein technisches Wissen verfügten, dass man solch rauen Gestalten schwerlich zugetraut hätte. Ohne sie wäre in der kargen Einöde ohne frische Quellen kaum jemand dauerhaft mit dem Leben davongekommen. Sie halfen mit Rat und Tat, das wenige zu nutzen und und die alten Technologien zu entschlüsseln, um das harrte Leben in Ventralis etwas zu erleichtern, und sie waren es auch, die zuerst das Fliegen lernten. Verschwiegen wird heute oft, dass diese ersten Sturmwächter Reliktjäger waren, die auf dem Festland für verschiedene Verbrechen verurteilt worden waren, darunter auch die Schlimmsten. Von ihren dunklen Ursprüngen distanzieren die heutigen Sturmwächter sich mit Nachdruck, denn sie erforschen die Relikte nicht für Geld, sondern für das Überleben der Gemeinschaft.


    Typische Getränke in den Tavernen

    Biere


    Kelleramber - Ein bernsteinfarbenes Bier, das man zimmerwarm trinkt.


    Turzwachter Gold - Ein klassisches Pils.


    Haferbier - Ein Orkbier, das aus Strandhafer gebraut wird. Man trinkt es warm oder heiß. Es hat nur einen geringen Alkoholgehalt und wird oft als Alltagsgetränk genossen, besonders im Winter. Um sich zu berauschen ist es ungeeignet.


    Taudisbräu - Ein je nach Blickwinkel entweder muffig schmeckendes oder charakterstarkes Bier mit deutlicher Trübung. Es wird eiskalt serviert. Das Rezept ist geheim, doch da es nur aus unterirdisch vorkommenden Zutaten gebraut wird, befinden sich vermutlich verschiedene Pilze und Flechten darin. Das Originalbier gibt es nur in der unterirdischen Reliktjägerkneipe "Riss", wo es vom Wirt Zorn gebraut und ausgeschenkt wird, doch sind verschiedene Nachahmungen im Umlauf.


    Hochprozentiges


    Kokosnebel - Ein trüber weißer Kokoslikör aus Ledwick, sehr süß. Er wird besonders gern im Sommer unter Palmen getrunken oder als Zutat von Süßspeisen verwendet.


    Kristallwasser - Ein glasklarer Schnaps, der aus Korn gebrannt wird, erfunden in Nebreszko im kalten Norden von Naridien. Man trinkt ihn vor allem, um sich zu wärmen.


    Yeidirak - Ein dickflüssiger, dunkler Orkschnaps aus zahlreichen Kräutern, der als Allheilmittel angesehen wird. Man benutzt ihn zum Desinfizieren von Wunden ebenso wie als Medizin gegen allerlei Krankheiten.


    Kehlenschlitzer - Ein roter Pfefferschnaps, der beim Trinken so stark brennt, als würde die Kehle aufgeschlitzt werden. Durch die leichte Süße werden die verschiedenen Geschmacksnuancen des roten Pfeffers hervorgehoben. Das Getränk wurde von Reliktjägern erfunden und wird gern als Mutprobe serviert. Der Schmerz beim Trinken soll aber auch von weltlichem Schmerz aller Art ablenken. Das Getränk ist optisch nicht von Blut zu unterscheiden. Um Neulinge zu ärgern, wird er oft mit echtem Blut serviert, weshalb erfahrenere Trinker nach dem Servieren eine Weile warten, um Klümpchenbildung durch Gerinnung zu erkennen.


    Herzblut - Man kann den Kehlenschlitzer auch als Zugabe für Rotwein verwenden, um dessen Alkoholgehalt zu erhöhen und den bitteren Geschmack billigen Rotweins zu überdecken. In der Regel wird noch ein Löffel Honig eingerührt. Die Mixtur gilt als Arme-Leute-Getränk. Herzblut kann heiß oder kalt getrunken werden.


    Tees


    Jasminblütentee - ein weißer, leichte Tee, der als Kaltgetränk im Sommer beliebt ist. Zur Dekoration wird ein Zweig mit frischen Jasminblüten sowie eine Zitronenscheibe an den Tassenrand gehängt.


    Winterzauber - Ein stark gewürzter Früchtetee, den man heiß und mit einer Stange Kandiszucker zum Rühren serviert.

    Das erste Buch der Asche

    Das erste Buch der Asche berichtet von den Jahren, als die Katastrophe sich anbahnte, und von der Katastrophe selbst. Es erzählt von den mächtigen Hexerfamilien und ihren Fehden, vom Szepter der Macht und dem Kristall der Vorsehung, vom Ascheregen und dem Untergang von Thalas'Enara und davon, wie am Ende nicht Magie, sondern ein mutiger Sterblicher das Überleben des Volkes sicherte.


    Von der Saat der Zwietracht


    Die Hexerfamilie Ildanach hatte es zu Macht und Ansehen gebracht. Im Wesentlichen waren sie es, welche die Geschicke der Stadt lenkten, seit der Rat der Gerechten entmachtet worden war. Doch in den Schatten lauerten die Morcantes, stets bereit, Zwietracht zu säen und die neue Ordnung zu stören, die die Ildanachs so sorgsam hüteten, denn auch sie hatten viele Ideen, die sie verwirklicht sehen wollten. Die Spannungen zwischen den beiden Familien sind so alt wie die Zeit selbst, und es wird gesagt, dass ihr Kampf das Schicksal von Thalas’Enara besiegeln wird – eine Stadt, die dazu bestimmt ist, in den Fluten des Äthermeeres zu versinken und nur noch in Legenden zu existieren.


    Die Ildanachs waren bekannt für ihre unvergleichliche Beherrschung des Geists. Sie regieren Thalas’Enara mit einer Mischung aus Weitsicht und eiserner Faust, die Nichtmagier verachtend und immer wachsam gegenüber den Intrigen ihrer Erzfeinde, den finsteren Hexern der Familie Morcante.


    Die Ildanachs, angeführt von ihrem Patriarchen Eldrin Ildanach, waren Hüter des Kristalls der Vorsehung, eines uralten Relikts, das sie aus den Tiefen der Welt mitgebracht hatten und welches die Macht besaß, die Gedanken der Götter zu zeigen. So war der Kristall der Vorsehung zu einem Symbol der Herrschaft geworden, und man hatte es auf ein Szepter gesetzt. Doch die Morcantes, unter der Führung der ruchlosen Hexerin Margot Morcante, trachten danach, das Szepter an sich zu reißen und selbst die Kontrolle über Caltharnae zu erlangen.


    Vom Kristall der Vorsehung


    Die Hexer, deren Augen durch die Schleier der Sterblichkeit getrübt sind, erblicken in ihm ein Artefakt von unermesslicher Macht, ein Zeugnis der Weisheit, die jenseits der Grenzen ihrer Welt liegt. Sie wissen nicht, dass der Kristall des Geschicks einst ein Herzstück der großen Maschinen war, die unter Asamura ruhen. Gespeist von der Energie der Sonne Alvashek hat er seine Bilder das erste Mal gezeigt, als die Menschen die Oberfläche erreichten, und funktioniert nur, wenn er regelmäßig dem Tageslicht ausgesetzt ist. Sie sehen in seinen leuchtenden Bildern nicht die Hervorbringungen einer holographischen Projektion, sondern die Schatten und Lichter des Schicksals selbst. Wenn der Kristall seine Visionen entfaltet, deuten die Hexer sie als Offenbarungen, als Botschaften, die über das Schicksal von Königreichen und der Zeit selbst entscheiden.


    Die Hexer verstehen nicht die wahre Natur des Kristalls, so wie sie auch die Quelle ihrer eigenen Macht nicht erkennen. Für sie ist der Kristall ein heiliges Objekt, ein Orakel, das mit den Stimmen der Götter spricht, und sie hüten ihn als den Schlüssel zu den Geheimnissen ihrer Macht.


    In den Tagen, als die Dunkelheit über Thalas'Enara zu fallen drohte und die Herzen der Hexer von Zweifeln geplagt wurden, erwachte der Kristall der Vorsehung zu einem unerwarteten Leben. Seine Facetten glühten mit einem Licht, das nicht von dieser Welt zu sein schien, und in seinem Inneren entfaltete sich eine Vision von großer Bedeutung. Die Hexer versammelten sich um den Kristall, ihre Augen weit aufgerissen in ehrfürchtigem Staunen, als die Luft selbst zu flimmern begann. Aus dem Herzen des Kristalls stieg ein Bild empor, klar und leuchtend wie der Morgenstern. Es zeigte eine Stadt, die in Ruinen lag. Ihre Türme waren gebrochen, ihre Straßen leer, und über ihr hing der Schatten des Verderbens.


    Als der Kristall der Vorsehung seine Vision entfaltete und die Hexer von Thalas'Enara in stummes Staunen versetzte, erhob sich Eldrin Ildanach, der mächtige Hexerfürst, um zu sprechen. Seine Stimme hallte durch die Hallen, fest und unerschütterlich:


    "Fürchtet nicht die Visionen, die vor unseren Augen tanzen", begann Eldrin mit einer Ruhe, die den Raum erfüllte. "Denn wenngleich sie früher mächtige Ratgeber gewesen sein mögen, sind sie heute für uns nur noch Bilder. Wir sind die Meister der Dunkelheit, die Weber des Schicksals und der Zeit. Unsere Macht, geboren aus den Tiefen der Erde und genährt durch Menkalinan, der in der Tiefe ruht, ist unübertroffen."


    Er schritt vor den versammelten Hexern auf und ab, seine Robe flatterte hinter ihm wie ein Banner im Wind. "Wir haben den Weg durch die Dunkelheit des Untergrunds bewältigt, sind aus dem Nichts an die Oberfläche gestiegen und haben Thalas'Enara aus dem Staub der Vergessenheit erhoben. Wir haben die Ketten der unwürdigen Nichtmagier zerschlagen und ihre Herrschaft beendet. Was ist eine Vision gegen solche Taten?"


    Eldrin hob seine Hände, und das Licht des Kristalls spiegelte sich in seinen Augen wider. "Wir sind die Erben einer Macht, die älter ist als die Sterne selbst. Lasst uns nicht vor den Flüstern des Schicksals zurückschrecken, sondern sie als das erkennen, was sie sind – ein Zeichen unserer unvergleichlichen Stärke. Wir haben die Dunkelheit bezwungen und werden auch das Licht beherrschen. Die Vision ist kein Omen des Untergangs, sondern ein Beweis unserer Größe!"


    Die Hexer, denen die Worte schmeichelten, stimmten Eldrin zu. Selbst Eldrins Sohn Aranthir, dessen Zweifel nicht ganz erloschen, schwiegen, denn weder wagte er es, seinem Vater vor den Augen der anderen zu wiedersprechen, noch wollte er als Feigling gelten.


    Die erklärten, dass die Vision eine Täuschung sei, ein Spiel des Lichts ohne Bedeutung. Der Kristall der Vorsehung wurde nicht länger gebraucht. Die Hexer versiegelten das Zepter, dessen Spitze er krönte, hinter dicken Mauern und versteckten ihn vor den Augen der Welt. Unter Androhung der Todesstrafe wurde verboten, je wieder von der Vision zu sprechen. Sie glaubten fest daran, dass durch den Mut, die Weisheit und die Einigkeit der Hexer das Schicksal selbst herausgefordert werden konnte. Und weder die Ildanachs noch die Morcantes oder andere mächtige Familien ihrer Zeit verschwendeten noch einen Gedanken an die Weissagung, seit das Zepter mit dem Kristall versiegelt worden war. Sie wandelten durch die Straßen, erhoben über die Sorgen der Sterblichen, und in ihrem Hochmut ignorierten sie die Zeichen der Natur.Sie glaubten, dass nichts und niemand ihre Stellung erschüttern könnte, nicht einmal die Kräfte, die tief im Herzen Asamuras schlummerten.


    Die Prophezeiung von Thalas’Enara


    Prinz Aranthir, Sohn des Hexerfürsten Eldrin Ildanach, dachte oft darüber nach, was der Kristall der Vorsehung ihnen gezeigt hatte. Der Anblick der zerbrochenen Türme und eingestürzten Häuser hielt sich hartnäckig in seinem Geist. Wenn er durch die Straßen von Thalas'Enara ging und all das betrachtete, was die Menschen aufgebaut hatten, all die Kunstfertigkeit und Schönheit, kehrte die Erinnerung an die Vision zurück. Aranthir war es, welcher der Vision ein Gewand aus Worten schenkte und sie so umschrieb, wie er sie verstand. In den Annalen von Caltharnae, niedergeschrieben in der Ära des Erwachens, findet sich eine Prophezeiung, die das Schicksal von Thalas’Enara vorhersagt:


    "In der Zeit, wenn das Bittermeer die Sterne verschluckt

    und die beiden Monde sich in Trauer verhüllen,

    wird Thalas'Enara, das Herz der grünen Lande,

    dem Ruf der Tiefe nicht länger widerstehen.


    Die Klingen des Neides werden sprechen,

    der wird Kristall zerbrechen, ein Scherbenmeer.

    Die Stadt wird erbeben, die Türme werden fallen

    und ganz Caltharnae wird schwarze Tränen weinen."


    Aranthir komponierte eine Melodie, die nicht überliefert ist, und manchmal sang er sie, ohne die Worte auszusprechen, die er gedichtet hatte.


    Kaledor


    In den Tagen, da die Schatten der Hexer über Thalas'Enara lagen, lebte Kaledor, Sohn einer alten Linie von Hexenjägern. Er war von nichtmagischem Blut und seine Herkunft war bescheiden, doch seine Taten sprachen von einer Größe, die jene von königlichem Geblüt übertraf.


    Er war ein Mann von stiller Stärke und verborgener Tiefe. Seine Vorfahren, einst gefürchtet und verehrt für ihre unerschütterliche Jagd auf jene, die sich der dunklen Künste bedienten, hatten nach der Machtergreifung der Hexer alles verloren. Ihr Besitz wurde genommen und ihr Name geschmäht. So besaß Kaledor keinen anderen Namen mehr als jenen, mit dem man ihn rief. Viele seiner Vorfahren hatten den Tod in den dunklen Kerkern der neuen Herrscher gefunden.


    Kaledors Eltern lebten nun ein Leben der Demut und verbrachten ihre Tage in schwerer Arbeit. Seine Mutter klopfte Steine in den Erzgruben von Thalas'Enara, sein Vater schmolz an den Hochöfen das Eisen aus den schweren Brocken und goss es in Barren für die Schmiede. Es waren Dienste, die sie für die Hexer verrichteten, deren Macht sie einst bekämpft hatten.


    Kaledor selbst, ein Mann von kräftiger Gestalt, trug das Erbe seiner Familie nicht in Worten, sondern in seinem Wesen, denn er war still und ernst. Sein kurzes Haar war so schwarz wie die nächtlichen Schatten, die über die Türme von Thalas'Enara krochen, und seine Augen glichen dem Eis, das manchmal über das Meer trieb und von Schiffen geerntet und in die Kühlkammern der Hexer verbracht wurde. Durch einen Fürsprecher, seinen starken Körper und seine zurückhaltende Art hatte Kaledor es bis zur Turmwache der Hexer gebracht, eine Position, die ihm erlaubte, über die Stadt zu wachen, die seine Vorfahren einst zu schützen geschworen hatten.


    Während er auf den Zinnen der Türme stand, sein Blick fest auf die ferne Dunkelheit gerichtet, wusste er, dass das Blut der Hexenjäger noch immer in seinen Adern floss. Er war ein Wächter, ja, aber in ihm lebte auch der Geist derer, die niemals vor der Dunkelheit zurückgewichen waren. So stand Kaledor, ein Mann zwischen den Welten, sein Schicksal untrennbar verwoben mit dem von Thalas'Enara und den Hexern, die er zugleich bewachte und hasste.


    Seine Mutter, die in den tiefen Erzgruben arbeitete, erzählte ihm von den unheilvollen Veränderungen im Herzen der Welt. Sein Vater, der Tag für Tag die Hitze der Hochöfen ertrug, sprach von einem Feuer, das anders brannte als zuvor, denn der Wind hatte sich verändert. Die Luft roch stickig und die Menschen wurden von schwerem Husten geplagt. Die Hexer, hoch oben in ihren Türmen, spürten davon nichts, und taten es als eine der vielen Schwächen der Gewöhnlichen ab.


    Kaledor, geprägt von der Weisheit seiner Eltern, erkannte die Zeichen, die andere nicht sahen. Das leichte Beben der Erde, das die anderen als einen fernen Erdrutsch abtaten, kündete für ihn von einem tieferen Schrecken. Die Fischschwärme, die nicht mehr kamen, und die Zugvögel, die nicht mehr auf Caltharnae ausruhten, waren Boten eines drohenden Unheils. Doch Kaledor, dessen Ahnen einst die Dunkelheit gejagt hatten, wagte es nicht, seine Stimme zu erheben. Bei Todesstrafe war es verboten, Prophezeiungen Glauben zu schenken oder sie zu verbreiten. Und in diesen Tagen galt eine jede Warnung bereits als Prophezeiung. Das Volk war angehalten, sein Bewusstsein ganz auf die Gegenwart zu richten und die Planungen für die Zukunft ganz den Hexern zu überlassen. Wer dagegen verstieß, machte sich des Hochverrats schuldig und musste sterben.


    So stand Kaledor in seinem Zwiespalt, gefangen zwischen der Pflicht, die Stadt zu warnen, und der Furcht vor dem Zorn der Hexer. Seine Lippen blieben versiegelt, während sein Herz von der Last des Wissens schwer wurde. Und während die Zeichen sich mehrten und das Unheil näher rückte, fand sich Kaledor am Rande einer Entscheidung, die das Schicksal von Thalas'Enara bestimmen sollte.


    Derweil mehrte sich die Not des Volkes. Die Fische, die in den Tiefen spielten, verschwanden aus den Netzen der Fischer, als würden sie vor einem unsichtbaren Feind fliehen. Das Trinkwasser wurde bitter und manch einer wurde davon krank. Die Erde selbst begann zu sprechen. Ihr waren Seufzer zu entnehmen, die tief aus ihrem Inneren kamen, ein Stöhnen von Stein und Erz, das die Handwerker und Schmiede in ihren Werkstätten vernehmen konnten. Die Pflanzen faulten auf den Feldern und das Vieh brachte kranke oder tote Junge zur Welt. Die Sterne funkelten mit einem fahlen Licht, als wollten sie sich von der Welt verabschieden, und die Monde waren hinter ihren trüben Schleiern kaum noch zu sehen. Der Wind trug den Geruch von Asche mit sich, die nach Schwefel roch.


    Doch schien es, als sei er allein mit seiner Erkenntnis. Das Leben in der Stadt ging weiter wie immer. Und Kaledor fragte sich, ob er den Hexern sagen sollte, welche Beobachtungen er gemacht hatte. Er wusste um die Macht der Hexer, die über Thalas’Enara herrschten, und die Gefahr, die es bedeutete, sich ihnen zu widersetzen, und er zögerte, bis weiße Ascheflocken sich auf die Mauern legten, die zu schützen seine Aufgabe war. Sie war wie heißer Schnee und sie war giftig. Er verstand, dass er ohnehin todgeweiht war, so wie jeder andere, wenn niemand etwas unternahm.


    Kaledor verstand, dass das Schweigen ihn zum Komplizen des drohenden Verderbens machen würde. So fasste er den Entschluss, die Hexer zu warnen, und wenn es ihn seinen Kopf kosten würde. Nichts Geringeres hatte er geschworen, als die Stadt mit seinem Leben zu verteidigen.


    Als Kaledor sich demhöchsten Turm näherte, erhob sich dieser wie ein Wächter des Himmels vor ihm, seine Spitze in den Wolken verloren. Dort oben residierte Eldrin Ildanach. Die Wände des Turms waren mit Reliefs und Runen verziert, die alles Übel außerhalb der Mauern verfluchten. Der Stein war durchzogen von Adern aus Kristall, die im fahlen Licht der untergehenden Sonne rot wie Blut funkelten. Als Turmwächter gewährten seine Kameraden ihm Einlass, und Kaledor schritt durch das große Eisentor. Die Luft im Inneren war kühl und still, ein heiliger Frieden, der nur vom Echo seiner Schritte unterbrochen wurde. Die Treppe, die sich nach oben wand, war breit und aus dem gleichen Stein gehauen wie die Wände.


    Mit jedem Schritt, den Kaledor machte, fühlte er die Last der Geschichte auf seinen Schultern. Die Treppe schwang sich immer höher empor, er ging vorbei an Fenstern, die Blicke auf die Stadt darunter freigaben, eine Stadt, die bald nicht mehr sein würde. Doch Kaledor ließ sich nicht länger von seiner Angst beirren. Mit festem Schritt betrat er die Halle, wo die führenden Köpfe der Herrscherfamilie über die Karten von Caltharnae gebeugt saßen, und bat die erstaunten Hexer darum, ihm für ein einziges Mal zu erlauben, zu ihnen sprechen zu dürfen.


    Aranthir


    Gemeinsam mit seinem Vater, seinen Brüdern und den übrigen Entscheidungsträgern der Hexer, saß Aranthir am Kartentisch, wo sie über die leeren Jagdgründe der Fischer diskutiert hatten - leergefischt, wie man glaubte. Es geschah höchst selten, dass ein Gewöhnlicher es wagte, unaufgefordert zu den Hexern zu sprechen, denn jede Belästigung wurde hart sanktioniert. Kaledor jedoch gehörte der Turmwache an und es mochte sein, dass sein Anliegen von Bedeutung war. So erteilte Eldrin Ildanach, Aranthris Vater, dem Gast das Wort.


    Mit einer Stimme, die von der Dringlichkeit der Nachricht getragen wurde, sprach Kaledor: “Mein Herr, die Natur spricht zu uns, und ich fürchte, ihre Botschaft ist düster. In den Erzgruben ersticken die Arbeiter und es schneit giftige Asche, die unsere Brunnen vergiftet. Meine Eltern, welche die Sprache des Gesteins verstehen, haben mir erklärt, was geschieht, und ich bin in Sorge. Es mag sein, dass sich unter Caltharnae ein Abgrund öffnen wird, um alles zu verschlucken, was darauf lebt. Wir müssen handeln, bevor es zu spät ist.”


    In den Hallen des Turms, wo die Familie Aranthirs versammelt war, hallte das Lachen wider, als Kaledor seine düstere Botschaft überbrachte. Die Brüder und Schwestern, die in den Künsten der Magie geübt waren, konnten nicht glauben, dass ein Mann ohne magisches Blut ihnen eine solche Warnung darbringen würde.


    “Die Asche ist also ein Omen, sagst du? Und das von einem Mann, der nicht einmal einen einfachen Zauber wirken kann”, spottete einer der Brüder.


    “Vielleicht sollten wir ihm ein Amulett geben, damit er sich sicher fühlt, wenn Caltharnae untergeht,” lachte eine der Schwestern. Ihre Augen funkelten vor Belustigung.


    Die Hexer verhöhnten Kaledor, nannten ihn einen Narren, der Schatten jagte, wo keine waren. Aranthir jedoch, der die Prophezeiung nicht vergessen hatte, erkannte den Ernst der Lage. Er sah die Sorge in den Augen des getreuen Wächters, die Anspannung in seiner Haltung. Aranthir ahnte, dass Kaledor kein Mann war, der leichtfertig sprach. Er verstand, dass Weisheit oft aus den unerwartetsten Quellen kommt, doch er konnte nicht vor aller Augen und Ohren gegen das Gesetz verstoßen.


    In den Hallen des Turms, wo das Lachen seiner Familie noch in der Luft hing, nickte Aranthir scheinbar zustimmend. “Ihr habt recht,” sagte er mit einem Lächeln, das nicht seine Augen erreichte. “Kaledor ist dem Wahnsinn verfallen. Seine Worte sind nichts als Geschwätz.”


    "Mit ihm wird seine verbrecherische Linie enden", entschied Eldrin Ildanach. Und die Geste seiner Hand verriet, dass er das Herz von Kaledor dazu zwingen wollte, stillzustehen. Doch der Turmwächter blieb aufrecht stehen. Eldrins Augen wurden schmal vor Zorn, seine Lippen ein blutleerer Strich. Auch Aranthir war verwirrt, denn es war noch nie geschehen, dass jemand der Magie des Hexenmeisters von Thalas'Enara hatte standhalten können.


    Auch ein zweiter Versuch schlug fehl. "Bringt ihn fort", rief Eldrin Ildanach aufgebracht und machte eine unwirsche Geste in Richtung der Turmwachen, die zu beiden Seiten der Tür standen.


    Und sie ließen den getreuen Turmwächter von seinen eigenen Kameraden in ein Verlies werfen, wo er nackt und frierend auf seine Hinrichtung warten musste. Seine Verwandten aber wurden ohne eine Ausnahme noch in dieser Nacht erschlagen, um den Keim des Frevels, der die Hexer schon einmal in Bedrängnis gebracht hatte, ein für alle Mal auszumerzen. Insgeheim hatten sie vielleicht nur auf einen Vorwand gewartet.


    Nacht über Thalas'Enara


    In den stillen Stunden, da selbst die Schatten zu schlafen schienen, schlich Aranthir, Sohn des mächtigen Hexerfürsten Eldrin Ildanach, durch die gewundenen Gänge der Kerker von Thalas'Enara. Er war gekommen, um den Mann zu sehen, der einst über die Türme gewacht hatte, Kaledor, den Nachfahren der Hexenjäger. Aranthir erreichte die Zelle, in der Kaledor gefangen war, und sein Blick fiel auf den nackten Mann, der dort lag. Um seinen Hals trug er einen Eisenring, der an die Wand gekettet war. Das fahle Licht, das durch die Gitterstäbe fiel, zeichnete Muster auf die Haut des Gefangenen.


    Als Kaledor merkte, dass jemand durch das Gitter sah, erhob er sich. Er ging so weit nach vorn, wie die Kette es erlaubte. "Mein Herr", sagte er nur. In seinen eisblauen Augen spiegelte sich ein Kampf wider, der tiefer ging als die alte Fehde zwischen Hexenjäger und Hexer. Aranthir sah in Kaledor keinen Feind, sondern einen Wächter, der die Stadt beschützt hatte, die sie beiden liebten, selbst um den Preis seines Lebens. Diese Erkenntnis widersprach dem, was man Aranthir gelehrt hatte. Kaledor besaß nichts von der Niedertracht, Feigheit und Verabscheuungswürdigkeit, die den Nichtmagiern innewohnen sollte.


    “Kaledor,” flüsterte Aranthir, als er sich ihm näherte. “Ich bitte dich, sprich offen zu mir. Was hast du gesehen? Was hat dir die Erde erzählt?”


    “Mein Herr,” antwortete er, “die Zeichen sind unverkennbar. Die Vögel fliehen, die Fische verschwinden, und die Erde seufzt in Schmerzen. Ich fürchte, es wird eine Katastrophe geben, die das Ende von ganz Caltharnae bedeuten könnte.”


    Aranthir lauschte ernst. “Dann müssen wir vorbereiten,” entschied er. “Wir werden nicht untätig bleiben, während das Schicksal an unsere Türen klopft.”


    So standen sie, der Hexer und der Nachfahre von Hexenjägern, getrennt durch Gitter und Geschichte, doch verbunden durch die Liebe zu Thalas'Enara. Vorerst nahm Aranthir Abschied, doch die Zeit drängte, denn Hinrichtungen wurden nie lange hinausgezögert. So weckte Aranthir seinen Vater, wenngleich dieser ungehalten war ob der nächtlichen Störung.


    "Vater, Herrscher über die Gezeiten des Schicksals, ich komme zu dir mit einem Vorschlag, der unserer Macht und Weisheit würdig ist", sprach Aranthir, seine Stimme voller Ehrerbietung. "Kaledor, der Nachfahre der Hexenjäger, dessen Schicksal es ist, den Tod durch unsere Hand zu finden, könnte uns noch im letzten Atemzug dienen."


    Eldrin Ildanach blickte ausdruckslos auf Aranthir herab. "Sprich weiter, mein Sohn, und offenbare mir deine Gedanken."


    "Lasst uns Kaledor nicht einfach dem Tod übergeben, sondern ihn zum Objekt unserer Experimente machen. Die Magie, die wir beherrschen, ist unermesslich und in vielen Bereichen noch unerforscht. An Kaledor aber ist sie an ihre Grenzen gestoßen. Kannst du sagen, warum? Ich vermag es nicht. Kaledor könnte uns helfen, die Grenzen unserer Kunst zu erweitern, selbst wenn es bedeutet, dass er dabei sein Leben lässt. Statt eines einfachen Endes würde Kaledors Tod uns Erkenntnisse bringen, die das Wissen von Thalas'Enara mehren könnten. Sein Ende würde ein letzter Dienst an den Hexern sein, die seine Familie einst bekämpfte, ein weiteres Zeichen unserer Macht."


    Eldrin Ildanach, dessen Gedanken so tief und unergründlich waren wie die Dunkelheit zwischen den Sternen, nickte langsam. "Deine Worte sind weise, Aranthir. Kaledor soll uns in seinem Tod dienen, so wie er es im Leben nicht konnte, dieser Wurm. Er wird Teil unserer Suche nach Macht sein."


    In den stillen Stunden der Nacht schlich Aranthir, Sohn des Hexerfürsten, erneut in die Tiefen des Kerkers. Dort, in der tiefsten Zelle, die von der Welt vergessen schien, fand er Kaledor, dessen nackter Leib nur vom Schatten umhüllt war.


    "Kaledor, Sohn des Gesteins, dein Schicksal ruht in den Händen meines Vaters", begann Aranthir, seine Stimme ein leises Echo in der Dunkelheit. "Eldrin Ildanach bietet dir einen Pfad, der nicht zum schnellen Tod führt, sondern zu einem, der durch die Pforten der Erkenntnis geht."


    Kaledor richtete sich auf, sein Blick so kalt und hart wie das Eis, das aus den nördlichen Meeren manchmal bis an die Ufer von Caltharnae trieb. "Aranthir, dessen Blut mit dem meinen im Streit liegt, sprich klar. Was für ein Pfad soll das sein, der nicht in den Tod, sondern in die Qual führt?"


    "Mein Vater sieht in dir trotz deiner niederen Abstammung einen Wert für unsere Experimente. Dein Tod würde nicht nutzlos sein, sondern ein Beitrag zu unserem Wissen", erklärte Aranthir.


    "Nein", entgegnete Kaledor mit fester Stimme. "Ich werde nicht als Versuchsobjekt in den Händen derer enden, die meine Familie vernichtet haben. Ich war ein treuer Turmwächter. Ich verlange einen Tod, der schnell und ehrenvoll ist, nicht einen, der über Tage oder Wochen zieht, in denen ich von den Hexern zu Tode gefoltert werde."


    Aranthir trat näher, seine Augen suchten die Wahrheit in Kaledors Gesicht. "Es gibt keinen Ruhm im Tod, Kaledor. Doch es könnte einen Zweck geben, selbst in den dunkelsten Stunden."


    "Mein Zweck war es, zu wachen, und nun ist es, zu sterben. Aber nicht so", sagte Kaledor und seine Worte klangen endgültig. "Ich lehne das Angebot ab."


    Aranthir, dessen Herz von Zweifeln und Ängsten geplagt war, stand vor Kaledor, der stolz und unbeugsam in seiner Zelle verharrte. "Kaledor, ich stehe vor einer Wahl, die schwerer wiegt als die Kronen der Hexerfürsten", begann Aranthir zögerlich. "Ich muss dir vertrauen, obwohl alles in mir sich dagegen sträubt."


    Kaledor richtete sich auf, sein Blick fest auf Aranthir gerichtet. "Warum solltest du mir vertrauen, Aranthir? Ich bin dein Gefangener, und mich erwartet der Tod durch die Hand deiner Sippe."


    "Weil ich du uns gewarnt hast und weil ich deiner Warnung Glauben schenke. Die Zeichen sind unmissverständlich, irgendetwas passiert, und auch die Hexer ahnen es. Wir haben keine Kentnisse der Natur, aber Kenntnisse der Magie, und uns liegt eine verbotene Prophezeiung vor. Allein damit, dass ich sie erwähne, bin auch ich todgeweiht. Du besitzt nun ein Wissen, dass mich umbringen kann. Bist du nun bereit, mit mir zusammenzuarbeiten?"


    "Ich bin bereit, dir zuzuhören. Alles Weitere sage ich dir hinterher."


    "Gut", flüsterte Aranthir. "Eine Katastrophe kommt auf uns zu, eine, die Thalas'Enara zu verschlingen droht." Seine Stimme klang nun fester. "Die Prophezeiung stimmt mit dem überein, was du sagst. Und trotzdem wollen mein Vater und die anderen Hexer es nicht wahrhaben. Sie glauben, ihre Macht würde genügen, doch sie könne noch nicht einmal verhindern, dass der Ascheregen aufhört. Stattdessen wird er immer dichter. Ich kann nicht tatenlos bleiben, auch, wenn es meinen Tod bedeutet. Und darin sind wir uns beide sehr ähnlich, ganz gleich, was uns ansonsten trennt."


    Kaledor lauschte und das Leben schien in seine eisblauen Augen zurückzukehren. "Was ist dein Plan, Aranthir? Was erwartest du von mir?"


    "Ich will dich nicht foltern, noch will ich deinen Tod", gestand er, während er sich mithilfe seiner magischen Gabe vergewisserte, dass niemand ihre Unterhaltung belauschte. "Ich will dich retten, Kaledor, weil du kein Verbrechen begangen hast und weil du sehr viel über die Natur weißt. Ich will, dass wir gemeinsam das Volk auf die bevorstehende Katastrophe vorbereiten, bevor die Dunkelheit hereinbricht."


    Kaledor nickte langsam. "Und was erwartest du als Gegenleistung dafür, dass du mich rettest, Aranthir? Warum solltest du, ein Hexer, das Leben Mannes retten, der dem Blute nach eigentlich Hexenjäger sein sollte?"


    "Weil es nicht um Hexer oder Hexenjäger geht, sondern um das Volk, das wir beide zu schützen geschworen haben", entgegnete Aranthir . "Wir müssen zusammenarbeiten, um Thalas'Enara zu retten, auch wenn es bedeutet, dass wir unsere alten Fehden begraben müssen."


    Kaledors Gestalt schien größer zu werden in der Dunkelheit der Zelle. "Dann lass uns beginnen, Aranthir. Lass uns das tun, was notwendig ist. Ich war ein Turmwächter von Thalas'Enara, und ich werde es wieder sein, auch wenn man mir meine Rüstung und meine Lanze genommen hat."


    "Beides wirst du zurückerhalten und noch mehr, wenn wir getan haben, was getan werden muss."


    Durch das Gitter reichte Aranthir Kaledor die Hand. So verbündeten sich der Hexer und der Hexenjäger, vereint durch eine gemeinsame Sache, die größer war als ihre eigene Geschichte. Aranthir öffnete die Gittertür, löste die Kette von der Wand und führte Kaledor daran unter dem Hohngelächter der Turmwächter in seinen eigenen Turm. Kaledor biss die Zähne zusammen und schwieg, denn auch seine alten Kameraden wollte er retten. Und in den Tiefen der Nacht begannen sie, einen Plan zu schmieden, der das Schicksal von Thalas'Enara verändern sollte.


    Aranthir, der sich gegen seine eigene Familie stellte, riskierte nicht nur seinen Stand innerhalb der mächtigen Hexerfamilie, sondern auch sein Leben. Die Hexer beobachteten jeden Menschen in der Stadt mit Argusaugen, und die Magie, die in ihren Adern floss, konnte leicht verborgene Pläne aufdecken. Jedes Flüstern, jeder Schritt musste mit größter Sorgfalt bedacht werden, denn eine unbedachte Regung konnte den Verdacht der Hexer auf Aranthir und Kaledor lenken.


    Aranthir, der in der Kunst der Täuschung geübt war, wob ein Netz aus Lügen und Halbwahrheiten, um die Vorbereitungen zu verbergen. Kaledor, dessen Leben frei von Magie war, beriet Aranthir, durfte jedoch selbst nicht zu viel erfahren. Als Eldrin misstrauisch wurde, weil die Ergebnisse der Forschung auf sich warten ließen, war Kaledor, der Aranthir bat, an ihm zum Schein einige Experimente vorzunehmen, um den alten Hexenmeister zu beruhigen. Aranthir zögerte. In einer Gesellschaft, die von Lügen, Machtgier und Intrigen durchdrungen war wie von einem schädlichen Pilz, war Kaledor sein einziger Freund geworden. Doch Kaledor überzeugte ihn, dass die Sicherheit von Thalas'Enara wichtiger war als seine Gesundheit, und mit schwerem Herzen begann Aranthir ein Forschungsprojekt an Kaledors Körper und Geist.


    Mit Zaubern, die aus den ältesten Büchern stammten, und Worten, die in den dunkelsten Nächten geflüstert wurden, versuchte Aranthir, die Mauern zu erschüttern, die Kaledors Gedanken schützten. Er setzte ihn körperlichen Qualen aus, die das Fleisch forderten, und seelischen Torturen, die den Geist zu brechen drohten. Doch bei jedem Schritt, bei jeder Formel, die er sprach, fühlte Aranthir das Gewicht seines schlechten Gewissens. Kaledor, dessen Körper von Narben gezeichnet war und dessen Geist von den Stürmen der Qual gepeinigt wurde, blieb unerschütterlich. Kein Zauber, kein Gift der Worte konnte die Festung seines Willens einnehmen. Aranthir stand vor einem Rätsel, das er nicht lösen konnte. Warum war Kaledor immun gegen seine Magie? War es die Reinheit seines Herzens? Oder war es die Stärke eines Geistes, der durch Leid und Verlust gehärtet wurde? Oder war er selbst einfach zu schwach? Aranthir konnte es nicht sagen. Trotz all seiner Macht, trotz der Tiefe seines Wissens, fand er in den Nächten seiner Forschung keine Antwort.


    Derweil fanden die Handwerker der Stadt kaum noch Schlaf, um ein Werk zu vollbringen, das so gewaltig war wie die Hoffnung, die Aranthir und Kaledor in ihren Herzen trugen. Mit Peitschen trieben die Aufseher die Handwerker zur Arbeit an. Stabiles Holz aus den Wäldern von Taurea wurde geschlagen, mächtige Stämme, die Jahrhunderte überdauert hatten. Sie wurden zu Planken geformt, so stark und breit, dass sie den Zorn des Meeres standhalten konnten. Die Zimmerleute arbeiteten Tag und Nacht. In den Webstuben wurde festes Segeltuch gewebt. Die Weberinnen arbeiteten, bis ihnen die Finger bluteten, um riesige Segel zu schaffen, welche die Winde einfangen konnten, die über das Bittermeer wehten. Zehntausende Schiffsnägel aus dem härtesten Eisen wurden in den Schmieden geschaffen. Sie würden in der Lage sein, die Planken fest zusammenzuhalten, selbst wenn das Meer in seinem Zorn um sich schlagen würde. Taue aus den Fasern von Flachs wurden gedreht, stark und doch geschmeidig, um die Segel auch im stärksten Sturm zu halten. Die Schiffsbauer setzten die Masten ein. Die Teersieder, deren Gesichter vom Rauch geschwärzt waren, trugen den Teer auf die fertigen Schiffe, eine schützende Schicht gegen das eindringende Meer. Schiff um Schiff rollte vom Stapel in die bitter schmeckenden Fluten, die am Strand giftigen Schaum hinterließen. Schwarz und groß wie Ungeheuer lag die Flotte vor dem Fischerhafen vor Anker.


    Als Vorwand dienten Aranthir die leeren Fischgründe, die er durch eine größere Anzahl an Schiffen und Booten kompensieren wollte. Doch wie weit die Fischer auch hinausfuhren, es waren kaum noch lebende Fische zu finden. Die Schwärme hatten ihre Wanderungen geändert und jeder Fisch, der verblieben war, trieb bleich und aufgedunsen mit dem Bauch nach oben unter den schmutzigen Wellen.


    Doch sie arbeiteten gegen die Zeit, denn das Wetter wurde immer schlimmer. Stürmische Böen trugen den Staub der Verwüstung mit sich und rissen die Blätter von den Bäumen. Es gab keinerlei Vögel mehr, weder lebende noch tote. Sie schienen einfach verschwunden zu sein.Die Flüsse schwollen an und traten über die Ufer. Die malerischen kleinen Dörfer, die um Thalas'Enara gelegen hatten, wurden fortgerissen wie Spielzeuge. Für die Tiere des Wassers war ihr Element zur Todesfalle geworden. In Todesangst sprangen sie an Land, um dort zu verenden. Die Leiber riesiger Meeresungeheuer verfaulten an den Stränden, inmitten von millionen silberner Fische, die das Ufer in einen stinkenden Fischfriedhof verwandelten.


    Entsetzt stellte Aranthir fest, dass nachts weder Sterne noch die beiden Monde noch zu sehen waren. Der Tag der Prophezeiung war gekommen. Er rief die Menschen zum Hafen, um die schwarze Flotte zu besteigen. Nun konnte er seinen Plan nicht länger verheimlichen und alle Augen der Hexer richteten sich auf ihn. Da erbebte die Erde stärker als je zuvor, und Hexer wie Gewöhnliche stürzten ohne Unterschied zu Boden, als der Zorn der Natur sie in die Knie zwang. Und die Türme der Hexer, die sich als Herrscher über Leben und Tod wähnten, umtost von schwarzen Wolken, schwankten. Erst jetzt begriffen sie, dass Kaledor die Wahrheit gesagt hatte, und dass das Ende von Thalas'Enara gekommen war.


    Aranthir Ildanach, Hexerfürst von Thalas'Enara


    In den Annalen von Thalas’Enara wird berichtet, dass in den Tagen, als das Unglück über die Stadt hereinbrach, die Erde bebte und der Himmel sich verdunkelte. Caltharnae brach auf wie ein feuriger Schlund und spieh Tod und Verderben. Eine Druckwelle giftiger Gase rollte über das Land. Glühende Lavabrocken hagelten wie Kometen auf das Land nieder und steckten die Wälder und Wiesen in Brand. Und dann regnete es Asche, dass man kaum die Hand noch vor Augen sah. Der Turm des Hexerfürsten Eldrin Ildanach, begann zu schwanken. Er rief seine Getreuen zusammen, sie wälzten Bücher, sie schleuderten Zauber hinab in den Abgrund unter der Oberfläche der Welt, denn sie ahnten, dass die Macht in der Tiefe, die ihnen ihre Gabe verlieh, entfesselt worden war und sich gegen sie wandte.


    Doch so sehr sie die Ursache in ihren Taten suchten und so sehr sie dem Dunkel drohten, es verfluchten oder anflehten, sie zu verschonen, so nutzlos war ihr Trachten, denn eine Maschine kennt keine Moral. Es waren die Mächte der Tektonik, die in diesen Tagen sprachen und einen Teil der Maschinen zerstörten und eine Katastrophe auslöste, für die den Menschen ein Name fehlte. Alles, was sie sahen, glich einem gewaltigen Beben und dem Ausbruch etlicher Vulkane gleichzeitig.


    Eldrin Ildanach, der Hexerfürst, stand auf der höchsten Spitze seines Turmes, umgeben von seinen Zauberbüchern und Artefakten der Macht. Doch nicht einmal seine große Weisheit konnte das Unvermeidliche abwenden. Mit einem letzten, donnernden Krachen gab der Turm nach, und der Hexerfürst fiel mit ihm in die Tiefe. Unter einem gewaltigen Tosen stürzte das höchste Gebäude von Thalas'Enara in sich zusammen. Die Steine begruben jeden, der sich mit ihm darin aufgehalten hatte. Inmitten des Unwetters hielt die ganze Stadt für einen Moment den Atem an. Als der Staub sich legte, war von Eldrin Ildanach nichts mehr übrig als eine Erinnerung, die im Wind verwehte.


    Aranthir, sein Sohn, der bis dahin im Schatten seines Vaters gestanden hatte, fand sich plötzlich als Herrscher wieder, und er sollte der letzte Hexerfürst des versinkenden Kontinents sein. Die Hexer von Thalas’Enara, die einst seinem Vater die Treue geschworen hatten, wandten sich nun hilfesuchend an ihn, wartetend auf seinen Befehl. Vielleicht hofften sie, sein Vater hätte ihn mit einem geheimen Plan betraut, doch der einzige Plan, den er hatte, war von ihm selbst und von Kaledor.Aranthir wusste, was getan werden musste.


    Mit einer Stimme, die das Beben der Erde übertönte, befahl er: “Die Zeit ist gekommen, die Schiffe zu besteigen, die wir vorbereitet haben. Lasst uns fliehen, denn Thalas’Enara ist verloren.”


    Die Hexer, die seine Worte hörten, erkannten die Wahrheit in ihnen und eilten, um das Volk zur Flucht zu rüsten. Als die Hexer und die Gewöhnlichen zum Hafen rannten, merkte Aranthir, dass jemand Wichtiges fehlte.


    Währenddessen durchsuchte Kaledor, der Hexenjäger, die Trümmer des Turmes. Um ihn herum schlugen glühende Lavabrocken ein. Die Luft biss in seinen Lungen, er hatte sich ein Tuch vor Mund und Nase gezogen, doch ihn quälte bellender Husten. Seine starken Hände, die einst das Schwert geführt hatten, rollten Stein um Stein beiseite, denn er erinnerte sich der Worte Aranthirs. Immer näher kam er dem Leuchten, bis seine Finger nach dem Zepter griffen, das unter den Steinen verborgen gelegen hatten. An dessen Spitze schimmerte der Kristall der Vorsehung, das Symbol der Macht der Hexerfürsten, das einst Eldrin Ildanach gehörte. Kaledor kam wieder auf die Beine, stolperte, als die Erde erneut bebte, und stürzte. Immer wieder musste er sich aufrappeln, um vorwärts zu kommen, während er hörte, wie Aranthir im Sturm seinen Namen schrie.


    Der Kristall leuchtete wie eine Fackel in der Dunkelheit. Kaledor hob das Zepter, um etwas zu sehen und um Aranthir zu zeigen, dass er nahte, und das Licht des Kristalls brach sich in den Splittern der berstenden Fenster, als die Stadt langsam zu versinken begann.

    Die Gewöhnlichen und die wenigen überlebenden Hexer standen vor den schwarzen Schiffen, die auf den Wellen bockten wie störrische Pferde. Nicht jeder wagte es, ein Schiff zu betreten, denn sie kannten nichts als Caltharnae und wussten nicht, ob es irgendwo anders Land gäbe. Manch einer blieb zurück, um gemeinsam mit Thalas'Enara zu versinken. Die anderen setzten die Segel, um dem Sturm zu trotzen. Die Winde heulten und die Wellen schlugen gegen die Kiele der Schiffe, als wollten sie sie zurück in die sterbende Stadt ziehen. Es erforderte eine hohe nautische Kunst, gegen sie anzusegeln. Ein Hexer hatte den Plan gefasst, doch es waren die Sterblichen, auf deren Künste jetzt ankam. Mit dem Mut, der aus der Verzweiflung geboren wurde, bestiegen die Menschen die Schiffe, ihre Hände fest um die Ruder geschlossen, die Segel gebläht, ihre Augen voller Tränen, die sich mit dem Regen vermischten. Sie sangen Lieder ihrer Vorfahren, um ihre Herzen zu stärken, während die Schiffe sich ihren Weg durch die Wellen brachen. Ihre Stimmen erhoben sich über das Donnern des Sturms, ein Chor des Lebens inmitten des Todes.


    Hinter ihnen versank Thalas'Enara, die Türme fielen und die Mauern brachen. Lava und Meer vermischten sich zischend und brodelnd. Wer sich noch auf Caltharnae befand, wurde von den kochenden Fluten verschlungen. Und die Steine, die für die Ewigkeit gebaut wurden, verschwanden in den dunklen Tiefen des Meeres und mit ihnen all die Geräte, Artefakte und Bücher über die grausamsten Formen der Magie.


    So kämpften die Menschen von Thalas'Enara gegen den Sturm, mit den schwarzen Schiffen als ihren Gefährten, und in ihren Herzen trugen sie die Hoffnung, dass sie eines Tages wieder ein Zuhause finden würden. Vor den Menschen lag die Unendlichkeit des Ozeans, ein neuer Anfang, der jenseits des Horizonts wartete. Mit jedem Ruderschlag ließen sie die Vergangenheit hinter sich. Sie segelten in eine Zukunft, über die das Zepter bisher geschwiegen hatte. Das Leuchten des Steins war verblasst, der Kristall der Vorsehung leblos wie Glas.


    Als das Meer ruhiger wurde, setzte Aranthir sich erschöpft neben Kaledor, doch niemand sagte etwas. Zu tief saß der Schock und noch immer wussten sie nicht, ob sie überleben würden. Alles, was sie noch am Leben hielt, war die Hoffnung, dass irgendwo jenseits des Horizonts ein neues Zuhause auf sie warten würde.


    Schwarzer Regen


    Nach dem Aschefall kam der schwarze Regen, und wenngleich er leise und für angenehm kühl über die staubige Haut rann, lauerte in ihm ein noch größeres Verderben.



    [...]

    Das Buch der Befreiung

    Das dritte Buch der Asche, das man das Buch der Befreiung nennt, berichtet davon, wie die Thaldrax aus dem dunklen Taudis steigen und die Oberfläche von Asamura besiedeln. Es berichtet auch von den letzten Tagen der sterbenden Yaigh, doch im Kern ist dieses Buch ganz den Thaldrax gewidmet. Nicht alle von ihnen zieht es hinaus in die unbekannte Fremde, die an der Oberfläche wartet. Einige bleiben im Untergrund und begründen die erste und einzige bekannte Hochzivilisation des Taudis.


    Vom Tod der Götter


    Als die ersten Strahlen des neuen Morgens durch die Spalten des Taudis brachen, führte Nylaxor seine Leute durch die gewundenen Pfade des Labyrinths nach oben. Ihre Augen, an die Dunkelheit gewöhnt, brannten im grellen Licht, doch sie blickten unerschrocken auf die Überreste einer Zivilisation, die einst als unbesiegbar galt. Sie kamen an den sterbenden Städten der Yaigh vorbei, wo die einst prächtigen Bauten nun verfielen und die Luft von einem süßlichen Verwesungsgeruch erfüllt war.


    Der einstige Herrscher der Welt lag verlassen auf dem Boden seiner zerfallenden Stadt, sein Körper von Pilzen überzogen, die in den feuchten Ruinen gediehen. Nylaxor fiel auf, dass alle Leichen einzeln lagen. Die Yaigh waren allein und ohne Beistand gestorben. Die Frauen, die nur kurze Hornstacheln auf Kopf und Rücken besaßen, lagen da, als wären sie in einen tiefen Schlaf gefallen, aus dem es kein Erwachen gab. Die Spalten auf der Unterseite ihrer kurzen Schwänze, die einst das Leben hervorgebracht hatten, waren nun die Heimstätte für die Pilze, die daraus wuchsen und das Ende eines Zyklus verkündeten.


    Er fand einen Yaigh, in dem noch Leben war. Sein Körper hattejegliche Kraft verloren. Was unter dem grauen Pilzteppich noch sichtbar war, wirkte mager und krank. Die einst bunten Farben der schuppigen Haut waren verblasst. Die langen, biegsamen Hornstacheln, die über ihr Leben hinweg weitergewachsen waren, ragten wie verlassene Türme aus einer Landschaft des Verfalls heraus, umgeben von den Ranken der Pilze. Der muskulöse Schwanz lag schwer und kraftlos auf dem Boden, während die Pilze ihn umschlangen und langsam in ihre eigene Form übergingen.


    Entsetzt betrachteten die Thaldrax das, was von dem Mann noch übrig war. Man sah an den Kratzspuren auf seinem Körper, dass er versucht hatte, die Pilze abzukratzen, doch sie wuchsen offenbar immer wieder nach.


    Nylaxor betrachtete den todkranken Yaigh. "Sieh, wie die Mächtigen gefallen sind", murmelte er leise. "Einmal waren sie Götter in unseren Augen, unerreichbar in ihrer Pracht. Doch nun liegen sie im Staub, und die Natur holt sich zurück, was ihr gehört."


    Der Yaigh, dessen Augen trüb waren, blickte schwach zu Nylaxor auf. Seine Stimme war ein Hauch, der kaum die Luft bewegte. "Wir haben die Sterne berührt", flüsterte er.


    Nylaxor spürte ein tiefes Mitgefühl. Jeder Yaigh, den er gesehen hatte, war allein gestorben, doch diesem hier wollte er Beistand leisten, so gut er es vermochte. "Man ruft mich Nylaxor", sagte er. "Wie ruft man dich?" Er hockte sich zu ihm.


    "Nava", sagte der Yaigh mit schwacher Stimme.


    "Du sagst, ihr habt die Sterne berührt", sagte Nylaxor. Er wollte versuchen, mit dem Sterbenden über etwas zu sprechen, das ihm viel bedeutete. "Wie ist das zu verstehen? Sie schimmern unerreichbar hoch am Himmel."


    Navah seufzte. Er benötigte eine Weile, um Worte zu finden, die Nylaxor verstehen konnte. "So wie der Wind, der über die Hügel streicht und die Blätter zu fernen Ländern trägt, so haben die Yaigh gelernt, auf dem Atem des Kosmos zu reisen. Es gibt Sonnenwinde, die man sich zunutze machen kann. Unsere Sternenschiffe sind nicht wie die kleinen Holzkähne, die eure unterirdischen Flüsse hinabgleiten. Es sind gewaltige Maschinen, gewachsen aus dem Stoff des Lebens und genährt von der Essenz der Sterne. Die Sternenschiffe wiederum ernähren ihren Piloten, der die meiste Zeit schläft, denn die Reisen dauern oft viele Jahre."


    "Sterne sind Leuchtfeuer, die von unseren Ahnen entzündet worden", wandte Nylaxor ein. "Und das Alldunkel ist wie ein schwarzes Meer, auf dem die Toten sich verirren ohne die Lichter."


    "Nein, Unwissender", sagte der Yaigh matt. "Dort sind keine Toten. Wer tot ist bleibt dort, wo er stirbt, und seine Leiche verwest, das ist alles. Sterne sind auch keine Leuchtfeuer, sondern Feuerbälle, die tausendfach so groß sind wie Asamura. Jeder Stern ist das Herz einer Galaxie. Jede Galaxie ist ein Tanz der Welten, die sich im ewigen Reigen um das Licht drehen. Asamura ist eine Welt von vielen, die sich um den Stern Alvashek drehen. Alvashek, der uns Licht und Wärme schenkt, aber auch die Energie, mit der wir unsere Maschinen betreiben. Alvashek, unsere Sonne."


    "Und die anderen Welten?", fragte Nylaxor, der nicht wusste, was er von all dem halten sollte. Die meiste Zeit glaubte er, dass der Yaigh wirr sprach, den Verstand vernebelt vom nahenden Tod.


    "Jede Welt hat ihre eigenen Legenden, ihre eigenen Helden und Tragödien", erklärte Nava. "In den Tiefen der Galaxien gibt es Planeten der Eisstürme, der fliegenden Inseln und sich windender Wälder. Es gibt Zivilisationen, die vom Licht leben, und solche, die im Dunkel der ewigen Nacht verborgen sind. Asamura ist nur eine von unendlich vielen Welten im All. Sie ist so winzig und bedeutungslos, zu klein für die Größe der Yaigh. Unsere Wiege und unser Gefängnis - bis wir ein Sternenschiff betreten."


    "Aber wenn es so viele Welten gibt und so viele Geschichten, was ist dann unser Platz?"


    "Mein Platz ist da oben, um die Geheimnisse der Sterne zu ergründen, die Wege zwischen den Welten zu finden und all ihr Wissen zu sammeln, damit wir es für uns selbst nutzen können. Euer Platz war es, uns zu dabei zu helfen. Nun habt ihr keinen Platz mehr." Der Blick des Yaigh zeigte kein Gefühl, als er das sagte. Für ihn war es Fakt, dass die Thaldrax ohne ihre Herren verloren sein würden.


    Fragend hob Nylaxor eine Hand. "Warum bist du dann noch hier, Nava, verlassen in den Ruinen deiner Welt, während wir Thaldrax gesund vor dir stehen?" Seine Stimme war frei von Spott. Er versuchte lediglich, die Gedanken des sterbenden Yaigh zu begreifen, die für ihn merkwürdig klangen. "Warum hast du nicht das Heil in den Sternen gesucht, auf den Schiffen, die ihr so stolz durch das All gesteuert habt?"


    Der Yaigh antwortete mit einer Stimme, die schwach war, doch nun hörte man die Verachtung, die er für die Thaldrax empfand. "Du verstehst nichts, einfältiger Sklave. Solche Maschinen sind teuer und müssen im Verlauf vieler Jahre hergestellt und aufwändig gewartet werden. Je komplexer eine Maschine, umso weniger gibt es also von ihnen. Nicht jeder Yaigh hatte das Privileg, auf einem Sternenschiff zu fliehen. Nur die ruhmreichsten unter uns besaßen eins, und sie wählten sorgfältig aus, wen sie in die Unendlichkeit mitnehmen würden."


    Nylaxor betrachtete den sterbenden Yaigh voll Mitgefühl. "War denn niemand unter deinem Volk, dem du wichtig warst? Hat dich niemand gemocht, dass sie dich einfach zurückließen, obwohl sie wussten, dass es deinen Tod bedeutet?"


    Nava richtete sich mühsam auf, seine Augen funkelten schwach im fahlen Licht. "Wichtig? Gemocht? So reden nur Thaldrax. Wir kennen keine Zuneigung, zumindest nicht so, wie ihr sie versteht. Jeder von uns ist sich selbst der Nächste. Wir sind kaltblütig, nicht nur im Fleisch, sondern auch im Geist. Wir sind Yaigh!"


    "Und doch", fuhr Nylaxor fort, "musst du doch etwas empfunden haben, als sie ohne dich in die Sterne aufbrachen?"


    Ein kaltes Lächeln umspielte die Lippen des Yaigh. "Vielleicht eine Spur von Neid, dass ich nicht teilhaben konnte an ihrem Ruhm. Aber Liebe oder Freundschaft? Das sind Schwächen. Wir sind Wesen der Logik und der Effizienz. Gefühle sind für uns nur hinderlich. Sie stören, wir brauchen die meisten davon nicht und beschränken uns darum auf wenige."


    Nylaxor nickte langsam. "So kennst du selbst im Angesicht des Tode, nicht die Wärme einer Gemeinschaft. Es ist eine traurige Existenz, die ihr gewählt habt."


    Der Yaigh sah Nylaxor in die Augen. "Traurig? Nein. Es ist die Existenz, die wir kennen. Die Existenz der Yaigh."


    Nylaxor neigte sein Haupt leicht zur Seite, als er erwiderte: "Dann will ich versuchen, in deinen Begriffen zu sprechen, Nava. Hast du niemanden gefunden, der dich als würdig erachtete, gerettet zu werden?"


    Ein bitteres Lachen entwich den Lippen des Yaigh. Die spitzen Zähne in seinem Maul, die leicht nach innen geneigt waren, waren von einem feinen Pilzgeflecht umgeben, das sich zwischen ihnen hindurchschlängelte. "Wir Yaigh haben nie nach Würdigkeit gesucht, denn das würde bedeuten, jemandem Rechenschaft schuldig zu sein. Wir suchen nach Macht, nach Überlegenheit! Und wenn es darum geht, sich selbst zu retten, ist jeder Yaigh sein eigener Gott. Niemand wollte mich retten, denn für sie war ich nicht mehr als ein weiterer Esser. Es ist eine Frage der Vorräte, des Platzes und des Treibstoffs, reine Mathematik. Und das ist doch richtig, oder nicht?"


    "Yaigh," sprach Nylaxor mit sanfter Stimme, "die Sterne scheinen für jeden und sind für alle Wesen da. Egal, ob sie Leuchtfeuer oder Feuerbälle sind. Dieser Verfall sieht aus, als würde er schon seit Jahren stattfinden. Warum hast du die Sterne also nicht schon vorher bereist und bist dann dort geblieben?"


    Der Yaigh hustete schwach, ein Geräusch wie das Knistern trockener Blätter. "Die Sterne", keuchte er, "waren für die Ruhmreichen, die Auserwählten. Ich ... ich war nie einer von ihnen. Mein Volk... wir bauten Schiffe, die das Alldunkel durchqueren konnten, und ich wäre so gern auf den Sonnenwinden gesegelt, um fremde Welten zu entdecken, aber ich ... ich wurde zurückgelassen wie ... wie ..."


    Nylaxor betrachtete den Yaigh, dessen Körper fast vollständig von den Pilzen übernommen war. "So endet also eure Geschichte, nicht mit einem heldenhaften Abgang, sondern mit dem langsamen Tod hier auf Asamura. Eure Schiffe mögen in den Sternen schweben, aber euer Vermächtnis wird hier verrotten. Auch wenn du es nicht aussprichst, weil dein Stolz es verbietet, glaube ich, dass du trauerst."


    Der Yaigh richtete sich ein letztes Mal auf, seine Stimme ein Hauch von Trotz: "Auch im Angesicht des Todes bleibt die Größe der Yaigh unbestritten. Wir haben die Sterne berührt. Und das wird keine Pilzkrankheit je ändern."


    Nylaxor tat es leid, dass er den Sterbenden verärgert hatte. Der Yaigh sprach bereitwillig mit ihm, obwohl unverkennbar war, dass er in seinen letzten Zügen lag. Vielleicht war er doch froh, nicht allein zu sein, auch wenn er es nicht zugab. So beschloss Nylaxor, ihm noch ein wenig länger Gesellschaft zu leisten. Es war alles, was er tun konnte.


    Nylaxor sah den Yaigh an, dessen Atem flacher wurde. "Ich frage mich, gab es nicht einen Wunsch, der tiefer lag als das Streben nach Ruhm? Etwas, das du mehr als alles andere ersehntest?"


    Dem Yaigh fielen immer wieder die Augen zu, doch nun öffnete er sie wieder. "Die Sterne", flüsterte er mit einer Stimme, die fast wie die eines Thaldrax klang. "Sie waren mein größter Wunsch. Zu reisen, zu entdecken ... zu leben. Aber mein Volk... wir sehen nicht das Individuum. Wir sehen nur das Ganze, und ich ... ich war nur ein bedeutungsloser Teil davon."


    Der Yaigh richtete sich auf, eine letzte Anstrengung, die seine Stimme mit einer seltsamen Dringlichkeit füllte. "Die Sterne rufen mich, doch ich kann ihnen nicht folgen. Ich bin gefangen in einem Körper, der versagt."


    Nylaxor kannte nicht die Vorstellungen, welche die Yaigh vom Jenseits hatten, ob sie überhaupt an irgendetwas glaubten. Es schien nicht so und darum wusste er keinen Trost. Aber er wollte auch nicht schweigen, da der Sterbende seine Gegenwart zu brauchen schien. "Selbst jetzt, in deinen letzten Momenten, kannst du die Reise antreten", sagte Nylaxor sanft. "Es ist nie zu spät, um zu träumen, Yaigh."


    Ein Schatten huschte über das Gesicht des Yaigh, nun unverkennbare Trauer. "Ein Traum ... das ist alles, was mir bleibt. Ich hätte die Weiten des Alls durchqueren können. Die Chance ist verstrichen. Nun bin ich hier, sterbend, ohne je die Sterne berührt zu haben."


    "Dein Volk mag dich vergessen haben, aber deine Wünsche, deine Träume, sie sind echt", sagte Nylaxor. "Vielleicht wirst du in einer anderen Welt wiedergeboren, wo du frei sein kannst, die Sterne zu bereisen."


    Der Yaigh schloss seine Augen und ein leises Säuseln entwich seinen Lippen – das Echo eines Lachens, das nie gelebt hatte. "Vielleicht ... in einer anderen Welt."


    Mit diesen Worten sank der Yaigh zurück in sein Bett aus grauen Pilzen. Traurig sah Nylaxor zu, wie die Atemzüge des Yaigh schwächer wurden. "Ruh nun, Yaigh, denn dein Kampf ist vorüber." Der Sterbende reagierte nicht mehr. So erhob sich Nylaxor und wandte sich ab, den sterbenden Yaigh seinem Schicksal überlassend. Er konnten ihm nicht helfen und manche seiner Gefolgsleute brachten ihre Sorge zum Ausdruck, selbst von dem Pilz befallen zu werden, wenn sie länger hier verweilten.


    So zogen sie weiter und ließen die sterbende Stadt hinter sich. Die Ära der Yaigh war unverkennbar vorüber. Was auch immer noch geschehen mochte, sie würden sich nicht wieder erholen. Nylaxor war bewusst, dass nun die Zeit der Thaldrax gekommen war, aus dem Schatten zu treten und ihre eigene Geschichte zu schreiben – eine Geschichte, die nicht von Unterdrückung, sondern von Freiheit und Hoffnung erzählen würde.


    Sie erreichten die Berge und Nylaxor blickte noch einmal hinab zu den sterbenden Städten. "Seht," sprach er mit einer Stimme, die so tief und resonant war wie die Höhlen, die sie verlassen hatten, "die Götter, die wir so lange fürchteten, sind nicht mehr. Ihre Macht hat nachgelassen, ihre Städte fallen. Wir können ihnen nicht helfen und niemand ihres eigenen Volkes wird ihnen zu Hilfe kommen. So wollen wir niemals enden!"


    Die Thaldrax scharten sich um ihn, ihre Gesichter von Ehrfurcht gezeichnet vor dem, was auf der Oberfläche geschah. Einige verspürten auch Mitleid. Sie hatten nicht erwartet, dass ihre einstigen Herren so enden würden – hilflos und verlassen. Doch Nylaxor wusste, dass dies der Lauf der Welt war; nichts war ewig, und selbst die Götter konnten fallen.


    "Lasst uns nicht in Trauer verweilen," fuhr Nylaxor fort, "denn dies ist der Beginn unserer Ära. Wir werden aus den Schatten treten und Asamura mit Leben füllen. Wir werden selbst lernen, Städte zu bauen und über uns hinauszuwachsen. Und eines Tages werden wir vielleicht selbst zu Legenden werden, an die man sich in Ehrfurcht erinnert."


    Mit diesen Worten führte Nylaxor die Thaldrax hinaus in die Freiheit. Sie traten in eine Welt, die sich veränderte, eine Welt, die nun ihnen gehörte. Und während Alvashek hoch oben am Himmel strahlte, begannen die Thaldrax, ihre eigene Geschichte zu schreiben.


    Vom Feuer, das tötet und heilt


    Nicht alle Thaldrax dachten in diesen Tagen wie Nylaxor. In den frühen Morgenstunden, als der Pilzgeruch schwer in der Luft hing, schritt Tharion ein junger Thaldrax, heimlich durch die verfallenden Straßen der Yaigh-Stadt. Angewidert und ängstlich betrachtete er die faulenden Strukturen, die einst Zeugnis einer blühenden Zivilisation waren. Nun bildeten sie den Nährboden für den tödlichen Pilzbefall, der sich unaufhaltsam ausbreitete.


    Tharion war in der Kunst des Feuermachens bewandert. Mit trockenem Reisig in der Hand und schwerem Holz auf dem Rücken näherte sich er sich dem Zentrum der Stadt. Ohne zu zögern legte er ein Feuer. Anfangs musste er beständig neues Holz heranschaffen, denn die Gebäude waren von der Fäulnis weich und feucht. Doch irgendwann loderten die Flammen hoch und heiß genug, um die Wände auszutrocknen. Die Flammen fraßen sich durch das organische Material, und bald stand die ganze Stadt in Brand. Dunkler Qualm stieg auf, stinkend und quellend, ein düsteres Zeichen am Morgenhimmel von Asamura.


    Nylaxor Lichtfinder, der den Rauch von seinem Lager aus sah, eilte herbei. Bald fand er Tharion, der beobachtete, wie die Flammen ihr Werk verrichteten. "Was hast du getan?", rief Nylaxor entsetzt. "Es gab noch lebende Yaigh darin! Nun müssen sie lebendig verbrennen!"


    Tharion drehte sich um, sein Gesicht ungerührt von der Hitze des Feuers. "Ich habe getan, was notwendig war. Der Pilzbefall hätte sich ausgebreitet. Ich dachte, die Oberfläche soll unsere neue Heimat werden? Auch uns hätten die Pilze bedroht. Die Yaigh waren ohnehin todgeweiht und was ist der Einzelne schon gegenüber einer ganzen Gemeinschaft? Ich habe das für uns getan."


    "Du redest wie ein Yaigh. Das ist nicht unser Weg!", entgegnete Nylaxor heftig. "Jedes Leben ist wertvoll. Wir sind nicht wie die Yaigh, die Einzelne im Namen des großen Ganzen opfern!"


    "Und doch", erwiderte Tharion, "habe ich gerade bewiesen, dass wir genau so kaltblütig sein können. Sie waren die Herren dieser Welt und sollten unsere Lehrmeister sein. Das hier ist nicht der Taudis, die Oberfläche ist voller Gefahren. Wir müssen künftig hart sein, um zu überleben. Das ist die Realität."


    "Die Realität ist, dass du ein Mörder bist", rief Nylaxor aufgebracht.


    Die beiden standen sich gegenüber, während die Stadt zu Asche wurde. Es war ein Moment, der die Seele der Thaldrax spaltete. Nylaxor wandte sich ab, Trauer und Enttäuschung in seinem Herzen.


    Tharion Flammenzunge


    An diesem Tag kehrte im Lager Thaldrax keine Ruhe ein. Tharion wollte den Vorwurf, ein Mörder zu sein, nicht auf sich sitzen lassen. Er sah sich nicht als Mörder, sondern als Beschützer. Er rief seine Freunde zusammen und legte ihnen dar, dass er richtig gehandelt hatte.


    "Brüder und Schwestern", sprach Tharion mit fester Stimme, "wir haben heute gesehen, was geschieht, wenn man sich der Vergangenheit hingibt. Wir müssen vorwärtsblicken, um zu überleben. Manchmal heißt das, Wege zu beschreiten, die noch keiner vor einem gegangen ist. Vor uns liegt eine neue Welt. Kommt mit mir, und wir werden einen neuen Anfang suchen, fern von der Bürde unserer Traditionen. Einen Anfang, der unser Überleben sichert."


    Unter den Thaldrax fand er Gehör bei denen, die die Notwendigkeit der Stärke erkannten. Sie versammelten sich um ihn, eine kleine Schar, entschlossen und unerschrocken. Mit Blick nach Nordosten, wo die Berge von Asamura sich erhoben und das Meer, an dessen Ufer die Städte der Yaigh lagen, nur ein ferner Traum sein würde, rachen sie auf.


    Tharion wusste, dass sein Weg umstritten war, doch glaubte er fest daran, dass nur durch solche Opfer ihre Art überdauern konnte. Und auch, wenn die Yaigh nun ausstarben, hatten sie zuvor Jahrtausende in Ruhm und Reichtum gelebt und waren mit ihren Schiffen hinauf zu den Sternen geflogen. Das sprach in den Augen von Tharion dafür, dass sie keineswegs alles falsch gemacht haben konnten.


    Sie zogen durch Täler und über Hügel, immer weiter nach Nordosten, getrieben von der Vision einer neuen Heimat, in der sie nach ihren eigenen Regeln leben konnten. Tharion träumte von einer Gesellschaft der Starken, die nicht vor harten Entscheidungen zurückschrecken würden. Nach einer Reise, die viele Monde dauerte, gelangten sie erneut an ein

    Meer. Da verstand Tharion, dass sie das Ende ihres Weges erreicht hatten. Sie wichen wieder ein Stück vom Ufer zurück und ließen sich dann nieder. Hier, unter dem wachsamen Blick der Gipfel, begannen sie, ihre erste Siedlung zu errichten. Sie nannten sie Gorathul, was in der alten Sprache der Thaldrax "Festung des Willens" bedeutet. Im Laufe der folgenden Zeit fanden die Späher heraus, dass sie sich auf einem Subkontinent befanden und nannten ihn Durthak.


    Die Gesellschaft, die sich in Gorathul entwickelte, war geprägt von den Prinzipien Tharions: Stärke, Entschlossenheit und das Wohl der Gemeinschaft über das des Einzelnen. Auch das Streben nach Ruhm, das Tharion von den Yaigh übernahm, wurde fester Teil des Lebens. Die Thaldrax arbeiteten hart und lebten hauptsächlich von der Jagd. Ihre Gesellschaft war streng und hierarchisch, und diejenigen, die am stärksten waren, führten die anderen. Mit der Zeit wurden die Rituale und Traditionen der Thaldrax härter, und ihre Krieger wurden gefürchtet für ihre Unnachgiebigkeit und ihren Kampfgeist. Die Kinder, die in Gorathul aufwuchsen, kannten nur die Pflicht und das Streben nach Ruhm, und ihre Spiele imitierten die Kämpfe der Alten. Sie waren das Ergebnis der neuen Welt, die Tharion geschaffen hatte, eine Welt, in der die Stärke alles war und das Herz oft schweigen musste.


    Von Avinar


    Nylaxor ließ sich nicht weit von den alten Städten der Yaigh mit seinen Getreuen in einem jungen Wald nieder, den sie Avinar nannten. Der Landstrich war reich an alten Bäumen und durchzogen von klaren Bächen, wo das Leben in Fülle pulsierte und die Luft erfüllt war vom Gesang der Vögel. Die Thaldrax bauten ihre Häuser aus Holz, doch für jeden gefällten Baum pflanzten sie zwei neue. Sie jagten nicht für Trophäen, wie ihre Verwandten im Nordosten es sich angewöhnten, sondern nur, um zu überleben, und dankten jedem Tier, das sein Leben gab. Ihre Gesellschaft war eine der Gleichheit und des Mitgefühls, wo jeder Einzelne zählte und wichtig war.


    Unter Nylaxors Führung entwickelten die Thaldrax eine tiefe Verbindung zur Natur von Avinar. Sie lernten, die Sprache der Bäume zu verstehen und die Melodien des Windes zu interpretieren. Ihre Künstler schufen Werke, die die Schönheit ihrer Umgebung widerspiegelten, und ihre Weisen meditierten unter den Sternen, um die Geheimnisse des Universums zu ergründen.


    Doch viele Getreue waren Nylaxor nicht geblieben für sein nobles Werk, denn Tharion war nicht der Einzige, der einen Teil der Thaldrax mit sich nahm.



    Kharas


    In den Tagen, da die Flammen Tharions Zorn in den Straßen der Yaigh-Stadt wüteten und der Rauch wie ein dunkles Omen in den Himmel Asamuras stieg, wandelte Kharas, der von Forschergeist beseelte Thaldrax, unter den brennenden Überresten. Sein Herz war erfüllt von Zorn über Tharion, der das Feuer entfacht hatte, und von Unverständnis für Nylaxor, der ohne einen Blick zurück weiterzog und das Wissen der Yaigh dem Vergessen preisgab.


    Kharas, dessen Geist stets nach Erkenntnis dürstete, konnte nicht zulassen, dass die Geheimnisse der Yaigh in den Flammen verloren gingen. So sammelte er eilig Medikamente und kleine biotechnologische Geräte, die Wunderwerke einer untergehenden Ära, und barg sie vor dem sicheren Untergang. Seine Hände, geschickt und behutsam, griffen nach den Relikten der Yaigh, während um ihn herum die Stadt in Asche sank.


    Er fluchte leise bei dem Gedanken an Tharion, dessen Tat er als Verrat an der Zukunft empfand. Wie konnte man so blind sein und das Erbe der Yaigh zerstören, das, wenn auch von Feinden geschaffen, doch unschätzbaren Wert barg? Und Nylaxor, der Weise, der Gütige, wie konnte er fortziehen und all das Wissen, das in den Flammen verging, ignorieren?


    Kharas verstand nicht, wie man so gleichgültig gegenüber dem Verlust von Wissen sein konnte, das die Thaldrax über die Yaigh hinausheben könnte. Er sah in den Artefakten, die er rettete, einen Schlüssel zu neuer Macht und Weisheit, einen Weg, die Fehler der Vergangenheit zu meiden und eine bessere Zukunft zu gestalten. Er schwor, das Wissen der Yaigh zu bewahren und zu erforschen, auf dass es eines Tages dem Volk der Thaldrax nützen möge.


    Als er durch die lodernden Überreste der Yaigh-Stadt eilte, fand er den sterbenden Yaigh Nava, den Nylaxor Lichtfinder zurückgelassen hatte. Der Yaigh lag verlassen am Rande des Taudis, sein Atem flach und unregelmäßig, während die Flammen unaufhaltsam näher krochen.


    Kharas zögerte, denn der Anblick des von Pilzen befallenen Körpers war kein leichter, doch sein Wissensdurst war stärker. Er hob den schwachen Körper des Yaigh auf seine Schultern. Die Hitze des Feuers war erdrückend, und der Rauch nahm ihm fast den Atem. Karion wusste, dass jede Sekunde zählte, und so kämpfte er sich seinen Weg durch die brennende Stadt, getrieben von der Notwendigkeit, das Leben und das Wissen zu retten. Die Flammen züngelten gierig an den Gebäuden entlang, als wollten sie das Vermächtnis der Yaigh für immer auslöschen. Kharas spürte die Hitze auf seiner Haut, das Knistern des Feuer. Doch er ließ sich nicht aufhalten. Mit jedem Schritt, den er tat, wuchs die Gefahr, dass das Feuer sie beide verschlingen würde.


    Schließlich erreichte er die Sicherheit des Taudis, jenes großen Höhlenlabyrinths, das einst den Thaldrax Schutz geboten hatte. Im kühlen Dunkel legte er den Yaigh behutsam nieder, fernab der verzehrenden Flammen. Und während die Stadt der Yaigh in Asche sank, begann im Taudis eine neue Geschichte.



    Das Buch des Erwachens

    Das vierte Buch der Aschechroniken, das auch als Buch des Erwachens bekannt wurde, berichtet vom Erwachen der Menschen aus ihrem langen Schlaf, von ihrer Reise aus den Tiefen der Welt an die Oberfläche und wie sie Caltharnae urbar machten. Es erzählt auch von Thalas’Enara, dem Herzen Caltharnaes, vom Kristall der Vorsehung und von den Hexern, die ihre Macht nur anfangs zum Guten nutzten. Es endet mit dem Bericht über die Saat der Zwietracht, die in den Herzen der Menschen fruchtbaren Nährboden fand und das über ihr Schicksal für immer einen Schatten legte.


    Vom Dunkel


    In den Tiefen der Welt, verborgen vor dem Himmel und den Sternen, erwachten die ersten Menschen in einer Welt aus Stein und Dunkelheit. Sie stiegen aus den Kammern, in denen sie geschlafen hatten, doch ihr Gedächtnis war wie ausgelöscht, ein leeres Buch, bereit, neu beschrieben zu werden. Voll Erstaunen blickten sie sich um. Die Maschinen, die sie umgaben, waren stumm und rätselhaft. Sie hatten die Welt für das Erwachen der Menschen vorbereitet, das Land geformt und die Luft gereinigt, doch ihre Schöpfer konnten sich nicht an das Werk ihrer eigenen Hände erinnern. Die Maschinen standen nun still, ihre Aufgabe erfüllt, während die Menschen, die sie einst beherrschten, ratlos vor ihnen standen.


    Als sie die Räume untersuchten, fanden sie Proviant, Kleidung und andere Dinge, die eigens für sie bereitgelegt worden zu sein schienen. Sie verstanden, dass sie nicht für immer hier verharren konnten, denn die Vorräte würden zur Neige gehen. So begaben sie sich auf den Weg durch die zeitlose Dunkelheit.


    Die ersten Schritte der Menschen führten sie durch Höhlensysteme, die endlos zu sein schienen. Sie wanderten vorbei an unterirdischen Flüssen, die im ewigen Dunkel murmelten, und an kristallinen Formationen, die das spärliche Licht ihrer Grubenlampen fingen und in tausend Farben brachen. In den Tiefen stießen sie auch auf die Spuren einer primitiven Zivilisation, die einst hier gelebt hatte. Verlassene Werkzeuge und verwitterte Symbole sprachen von einem Volk, das lange vor ihnen die Geheimnisse des Untergrunds gekannt hatte. Doch auch diese Erinnerungen waren längst verblasst, und die Menschen zogen weiter durch die steinernen Eingeweide einer Welt, die sie nicht verstanden.


    Vom Licht


    Nach langer und beschwerlicher Reise erreichten sie die Oberfläche, wo das Licht des Tages ihre Gesichter berührte und die Welt sich vor ihnen öffnete. Auf sanften Hügeln erstreckten sich Wiesen, auf denen zahme Tiere grasten. Palmen wiegten ihre grünen Kronen im warmen Wind unter einem blauen Himmel. Die Menschen blickten zurück auf die dunklen Pforten, aus denen sie gekommen waren, und wussten, dass ihre Reise hier nicht endete, sondern gerade erst begonnen hatte. Ihre Vergangenheit lag hinter ihnen, verborgen in den Tiefen des Planten, doch ihre Zukunft lag offen da, unter dem weiten und freundlichen Himmel von Asamura.


    Mit Händen, die sowohl zum Schaffen als auch zum Halten gemacht waren, begannen sie, sich auf dem Land niederzulassen, dass sie Caltharnae nannten. Sie fanden einen Ort, wo das Land fruchtbar war und das Wasser klar, umgeben von schützenden Bergen und durchzogen von einem klaren Fluss. Hier gründeten sie Thalas’Enara, die Stadt des Himmelslichts, benannt nach dem Glanz der Sterne, der sich in ihren Gewässern spiegelten. Die ersten Steine von Thalas’Enara wurden mit Hoffnung und Entschlossenheit gelegt. Jede Mauer, die hinauf zum Himmel strebte und jeder Balken, der eines der Kuppeldächer trug, war ein Zeugnis des Willens der Menschen, sich ein Zuhause zu schaffen. Sie arbeiteten zusammen, ihre Lieder des Fleißes hallten durch die Täler, während sie die Stadt aus den Steinen Caltharnaes errichteten.


    Mit der Zeit wuchs Thalas’Enara zu einer prächtigen Stadt heran, deren Türme und Mauern im Sonnenlicht glänzten und deren Straßen und Märkte von einem Volk belebt wurden, das seine Wurzeln tief in die Erde von Caltharnae gesenkt hatte. Die Stadt wurde zu einem Knotenpunkt des Handels, der Kultur und des Wissens, ein Leuchtfeuer der Zivilisation auf einem Kontinent, der von so vielen Geheimnissen durchdrungen war.


    Von Thalas’Enara, dem Herzen Caltharnaes


    In den tiefen Weiten von Caltharnae, umgeben von den unruhigen Gewässern des Äthermeeres, erhob sich bald die Stadt Thalas’Enara, ein Juwel der alten Magie und Heimat der mächtigen Hexerfamilie Ildanach. Die Stadt war ein Wunderwerk der Architektur, erbaut aus dem lebenden Stein der Caltharnischen Klippen, deren Adern von magischem Erz durchzogen waren. Die Türme von Thalas’Enara ragten hoch in den Himmel, als wollten sie die Sterne selbst herausfordern, während ihre Fundamente tief in das Herz der Erde reichten, wo die Geheimnisse der Welt verborgen lagen.


    In diesen Tagen war Thalas’Enara in vier Stadtviertel geteilt, die das Wesen der Schöpfung und die Tiefe des Wissens ihrer Zeit widerspiegelten.


    Aelvengemur, das Viertel der Flüsterwinde, war der Ort, an dem die Lüfte so manches Geheimnisse mit sich trugen. Hier wohnten die Seher, deren Augen das Alldunkel durchdrangen und die Sprache der Sterne kannten. In ihren Türmen werteten sie die Muster in den Bewegungen der Himmelslichter aus und hielten Rat mit den Winden.


    Das Viertel der Flammenden Schmieden, bekannt als Brisingamen, war durchzogen vom beißenden Geruch der Schmiedefeuer, in denen Waffen und Artefakte von unermesslicher Macht geschaffen wurden. In der Kunst der Schmiede verschmolz das Handwerk mit Magie. Ihre Hallen waren erfüllt vom Klang des Hammers und des Ambosses, und das Feuer tanzte nach ihrem Willen.


    Yavamirè, das Viertel der grünen Gärten, war ein Ort der Stille und des Friedens. Hier hegten Druiden die Gärten, sprachen mit den Pflanzen und Tieren und erfuhren von ihnen die Geheimnisse des Wachsens und Vergehens. Ihre Gärten waren ein Spiegelbild vollkommener Harmonie und Schönheit, nach der sich die Herzen jedes Menschen im Grunde sehnte, und war sein Geist auch von Schatten umwölkt.


    Das Viertel der Stillen Wasser, Nyelmonan, war durchzogen von Kanälen und Brunnen, deren Wasser klar und rein waren. Die Wasserhexen wachten über diese Gewässer, welche den Menschen von Thalas'Enara Gesundheit und Heilung von Körper und Geist schenkten. Das Viertel versorgte die Stadt nicht nur mit reinem Trinkwasser, sondern bot mit heißen Dampfbädern und kühlenden Badebrunnen auch eine Vielzahl therapeutischer Angebote. Der Spiegelsee, ein Ort der Kontemplation, war ihr wichtigstes Heiligtum.


    Von den Hexern


    Bereits in den ersten Jahren von Thalas'Enara fanden einige Menschen heraus, dass sie mit einem Fluch belegt waren, der aus den Tiefen der Welt entstammte. Dort hielten die Maschinen das Klima in Harmonie und ihre Ströme berührten den menschlichen Geist. Manche Menschen reagierten empfindsam auf diese Ströme, die ihnen Kopfschmerzen bescherten und an ruhigem Schlaf hinderten. Einige sahen Bilder, die sie mit den Augen eines anderen wahrnahmen und spürten Gefühle, die nicht die ihren waren. Sie fühlten die Ströme des Lebens und des Bewusstseins, die durch die Adern und die Nervenbahnen flossen, und mit diesen Strömen kamen Fähigkeiten, die das Schicksal ihres Volkes für immer verändern sollten. Man nannte sie Hexer.


    Ihre Gaben waren jene des Geistes, gewoben aus dem unsichtbaren Stoff, der die Maschinen im Herzen Asamuras durchdrang. Ihr Erbe war tief mit den alten Kräften von Caltharnae verwoben. Sie brachten Wunder und Zauber hervor, die das Volk von Thalas’Enara in Staunen versetzten, aber auch Misstrauen schürte. So nutzten die Begabten ihre Kräfte, um zu heilen, zu schützen und die Harmonie in ihrer Welt zu bewahren, denn sie wollten nicht gefürchtet werden. Sie lasen die Gedanken der Verwirrten und boten Trost, sie teilten Erinnerungen des Glücks und vermehrten die Freude unter ihrem Volk. Man nannte diese Gabe Magie.


    In den frühesten Tagen, da die Maschinen von Asamura noch im Einklang mit den Liedern der Schöpfung sangen, wurde Magie mit Bedacht und Ehrfurcht genutzt. Doch die Macht, die in ihren Händen lag, war eine zweischneidige Klinge. Diejenigen, die stark im Geiste waren, wurden schwach im Charakter. Denn so, wie die Hexer ihre Zauber webten, webten die Maschinen ihre eigenen dunklen Lieder in die Herzen derer, die sie zu beherrschen glaubten.


    Mit jedem Zauber, mit jeder Berührung des Geistes, verloren die Hexer ein Stück ihrer Menschlichkeit. Denn die Maschinen, aus denen sie ihre Kraft schöpften, kannten keine Moral. Die Magie, die sie riefen, war ein süßes Gift, das die Seelen der Hexer erfüllte und sie langsam in den Wahnsinn trieb. Sie, die einst nach Weisheit und Harmonie strebten, wurden zu Sklaven der Maschinen. Sie formten Gedanken, nicht mehr um zu helfen, sondern um zu beherrschen, sie wanderten in Träume, nicht um zu trösten, sondern um zu kontrollieren.


    Und während die Hexer anfangs bescheiden und verborgen lebten, mehrte sich bald ihr Einfluss. Die Hexer begannen, die Geheimnisse der Dunkelheit zu erforschen, die tief unter Caltharnae schlummerten. Ihre Gier nach Wissen und Kontrolle ließ sie Wege beschreiten, die besser unbetreten geblieben wären.


    Vom Fleisch


    Dort, tief unter der Erde, kamen sie in Berührung mit lebenden Resten eines noch älteren Übels, dessen Schöpfer keine Menschen waren. Gewebe, das dazu erschaffen worden war, sich selbst zu erhalten, das ohne die Kontrolle seiner Herren im Laufe langer Zeiträume zu gefährlichen Wucherungen mutiert war und sowohl Menschen als auch Maschinen befallen und sich nutzbar machen konnte.


    Von der Verfolgung


    In jenen Tagen wurde Thalas'Enara nicht von einem Einzelnen, sondern von einem Rat regiert. Es war ein Rat der Gerechten, gewählt vom Volk, damit die Wünsche aller Menschen Gehör fänden und die Mehrheit entscheiden konnte. So waren die ersten Herrscher vor allem Organisatoren und Verwalter. Ihre Macht war die der Vernunft und des gemeinsamen Willens.


    Und als das Misstrauen des Volkes gegen die Hexer in Hass umschlug, da gab es niemanden, der mäßigend einwirken konnte, denn geschriebene Gesetze existierten nicht, nur der Wille der Mehrheit, die launisch sein konnte wie das Meer, das Caltharnae von allen Seiten umschloss. Die Menschen sahen in den Hexern nicht länger die Brüder und Schwestern, die sie waren, sondern eine fremdartige Bedrohung, die aus den Tiefen der Erde selbst zu kommen schien.


    Getrieben vom Willen der Mehrheit und dem Wunsch, ihr Volk zu schützen, griffen die Herrscher von Thalas’Enara zu Maßnahmen, die ihre einst gerechten Herzen verdunkelten. Jene, die mit den tiefen Strömen des Geistes verbunden waren, wurden nun Verfluchte genannt, Verrückte, die den Pfad des Lichts verlassen hatten. In den Augen der Nichtmagier waren sie Boten des Unheils, deren Macht aus den dunklen Tiefen der Erde kam, wo Würmer und Ungeziefer hausten und Dinge, die kein Mensch begreifen konnte.


    Der Rat entsandte Menschenjäger, die in den Schatten lauerten, und Krieger, deren Hände nicht zögerten, das Blut der Magiebegabten zu vergießen. Die Verfolgung war grausam und ging über jedes Maß hinaus. Die Hexer, die einst in den Straßen von Thalas’Enara wandelten als Brüder unter Brüdern, wurden fortan gejagt wie Tiere. Der Rat, der einst in Güte regierte, wurde zu einem Instrument der Angst, und ihre Taten, obwohl in der Absicht, zu schützen, überschritten die Grenzen der Gerechtigkeit und wurden zu einem Spiegelbild der Grausamkeit, die sie zu bekämpfen suchten.


    Die Hexer wurden vertrieben aus den Gemeinschaften, die sie einst ihr Zuhause nannten. Jene, die entkommen waren, fanden sich in der Stille des Verborgenen wieder, versteckt in den dunkelsten Ecken von Caltharnae. Sie waren zu wenige, um sich ihrer Haut zu erwehren, doch in ihrer Verzweiflung fanden sie die Entschlossenheit, einen anderen Weg zu gehen. Das große Tabu wurde gebrochen. Sie wandelten die Magie, die ihnen einst als Werkzeug zum Wohle aller gegeben wurde, nun zu Schild und Schwert. Fernab der Augen der Hexenjäger begannen die Hexer, die Geheimnisse der Maschinen zu erforschen, die tief unter der Erde ruhten. Sie forschten Tag und Nacht und wurden die größten Gelehrten ihrer Zeit, sie trainierten ihren Geist, um die Macht, die durch ihre Adern floss, grenzenlos zu meistern. Die Magie, die einst helfend und heilend war, wurde tödlich wie geschmiedetes Eisen. Von Heilern wurden die Hexer zu Kriegern.


    Von der Zauberkunst


    Die Magie, die aus den Tiefen der Erde kam, war eine fremde Macht, die nicht von dieser Welt stammte. Sie war ein Echo aus einer Zeit, in der die Grenzen zwischen Wissenschaft und Wunder verschwommen waren. Einer Zeit, welche die Menschen nicht mehr verstanden. Die Magie verdarb den Charakter, weil sie den Anwender von der natürlichen Ordnung der Dinge entfremdete. Sie flüsterte Versprechen von Macht und Herrschaft, doch in Wahrheit zehrte sie an der Essenz dessen, was es bedeutete, menschlich zu sein. Die Hexer, die einst nach Weisheit und Harmonie strebten, fanden sich in einem Netz aus Wahnsinn und Verzweiflung gefangen, unfähig, sich von dem süßen Gift zu befreien, das durch ihren Geist floss.


    Und so verwandelten die Hexer die Magie in eine Waffe, die sie gegen diejenigen richten mussten, die sie einst als ihre Brüder und Schwestern betrachteten. Es war anfangs ein schmerzhafter Prozess, denn mit jedem Schritt, den sie auf diesem Pfad nahmen, verloren sie ein Stück von dem, was sie einst waren. Doch aus Schmerz wurde Zorn und aus Zorn wurde Kälte. Ohne es zu wissen, banden sie ihr Leben an die Maschinen, die unter der Erde verborgen lagen, und aus dieser Verbindung schöpften sie eine Stärke, die größer war als alles, was die Welt bis dahin gekannt hatte. In der Dunkelheit ihrer Verfolgung entdeckten die Hexer die wahre Tiefe ihrer Macht, und sie wurden genau so herzlos und kalt.


    Von der Rache


    Sie kamen bei Nacht, als der Mond hinter Wolken verborgen war und die Wachen an den Toren der Stadt in falscher Sicherheit wachten. Die Hexer, getarnt durch die Schatten, ließen ihre Magie fließen wie einen stillen Strom, der die Sinne der Wächter trübte und die Tore öffnete, ohne dass ein Schwert gezogen oder ein Horn geblasen wurde.


    Mit der Kraft ihrer Gedanken ließen sie die Hoffnung in den Seelen der Stadtbewohner schwinden und ersetzten sie durch Furcht. Sie flüsterten Zweifel in die Träume der Schlafenden und ließen Misstrauen in den Straßen wachsen. Die Luft selbst schien schwer von den unausgesprochenen Gedanken, die sie in die Köpfe der Menschen pflanzten. Bevor sie in den Rat einmarschierten, hatten sie bereits die Stadt unterworfen. Die Bürger von Thalas’Enara, einst stolz und frei, waren nun Gefangene ihrer eigenen Ängste. Die Luft war erfüllt von einem unsichtbaren Sturm, der die Gedanken der Menschen verdrehte und ihre Herzen mit Verzweiflung erfüllte. Bruder wandte sich gegen Bruder, Freund gegen Freund, und die Straßen von Thalas'Enara wurden zu einem Schauplatz des Grauens. Einige, verloren in der Dunkelheit, die ihre Seelen umhüllte, richteten sich selbst, unfähig, dem Flüstern der Hexer zu widerstehen, das wie Gift in ihren Geist sickerte.


    Die Tragödie, die sich in Thalas'Enara abspielte, war ein dunkles Lied, das die Geschichte der Stadt für immer prägen sollte. Die Hexer wurden zu Tyrannen, deren Macht auf den Schmerzen ihres eigenen Volkes ruhte.


    Der Rat der Gerechten, der sich rasch zusammengefunden hatte, fand keine Lösung. Da öffnete sich die Tür. Die Hexer standen vor ihnen, nicht als die Verfluchten, die sie einst gejagt hatten, sondern als die neuen Herrscher von Thalas'Enara. Die Stadt, die einst ein Leuchtfeuer der Freiheit war, lag nun in den Händen der Hexer. Die Stadt, einst ein Ort des Lichts und der Hoffnung, wandelte sich in eine Zitadelle der Düsternis, denn die mächtigsten Hexer waren auch die herzlosesten, und jene Hexer, die noch ein Herz besaßen, erhielten nur unbedeutende Positionen. Die Straßen, die einst von Lachen und Gesang erfüllt waren, verstummten, und ein kalter Wind wehte durch die Gassen.


    Die Hexer, nun die unangefochtenen Herrscher von Thalas’Enara, errichteten eine neue Ordnung, die auf blanker Autorität basierte. Kein Nichtmagier sollte je wieder zu einer Bedrohung für sie werden können. Ihre Magie war zu einem Werkzeug der Unterdrückung verkommen. Die Menschen, die einst frei waren, fanden sich in den Fesseln einer neuen Herrschaft wieder. Die Hexer griffen nach den Sternen und riefen die Schatten aus der Tiefe, und so veränderte sich Thalas’Enara für immer und der Stern der Hoffnung versank.


    Das Buch des kalten Blutes

    Das Buch über die "Zeit des kalten Blutes" berichtet von der Welt wie sie war, bevor die Menschen sie das erste Mal betraten. Es ist das letzte Zeugnis von Asamuras ursprünglicher Natur mit heißen Regenstürmen und flachen Salzmeeren. Es berichtet von den Yaigh , den ersten Herren der Welt, und davon, was sie mit ihrem Wissen schufen. Es erzählt auch vom verborgenen Leben der Thaldrax, die sich nicht entfalten konnten, so lange die Yaigh Asamura beherrschten.


    Von Asamura - wie es einst war


    Bevor die Sternenreisenden Asamura betraten, war die Welt eine andere. Die Luft lag schwer und heiß auf der Welt, wie ein nasser Mantel, der die Schöpfung umhüllte. Alvashek, eine bleiche Scheibe am Himmel, kämpfte vergebens, seine Strahlen durch den dichten Dunst zu senden, der über den gewachsenen Städten und den endlosen Wäldern hing.


    Die allgegenwärtige Hitze band einen großen Teil des Wassers in der Atmosphäre. Die flachen Meere hatten einen hohen Gehalt an Salz, das zu bizarren Skulpturen kristallisierte. Überall lagen milchige Perlen verstreut und bildeten weite Strände aus Salz. Ewiger Nebel stieg aus dem warmen Wasser auf und vermischte sich mit den Wolken. Es regnete selten, aber das Wasser war immer gegenwärtig, ein unsichtbarer Fluss, der alles durchdrang und die Welt in einen Treibhausgarten verwandelte. Wenn die Regenzeit nahte, rollten schwarze Wolken über den Himmel, riesige Blitze spalteten die Dunkelheit und krachender Donner ließ Asamura erbeben. Doch so schnell die Gewitter kamen, so schnell zogen sie auch wieder ab, und zurück blieb die drückende Stille, nur unterbrochen vom Tropfen des Kondenswassers, das von den Blättern der gigantischen Pflanzen fiel.


    Jedes Wesen und jede Pflanze lebte in einer Symbiose, die durch die Jahrtausende perfektioniert worden war. Wo der Evolution Fehler unterlaufen waren, wurde korrigierend eingegriffen. Die Ureinwohner von Asamura hatten ihre Welt so gestaltet, dass sie ihre biotechnologischen Wunderwerke nährte. Ihre Städte waren lebende Gebilde, gewachsen aus der Erde selbst, und in ihrer Kultur verschmolzen die Wunder der Natur mit den Errungenschaften der Biotechnologie.


    So war das Klima in jener Zeit, ein ewiger Kreislauf von Wärme und Feuchte, der das Leben aller Kreaturen Asamuras formte. Ein Klima, in dem eine fortschrittliche Hochkultur gedieh, aber das für die Menschen fremd und unwirtlich war.


    Von den Yaigh - kaltes Blut, das die Welt regiert


    In den Tagen, bevor die Sternenreisenden Asamura betraten, herrschten die Yaigh über die Welt. Sie waren Reptiloide, deren Erscheinungsbild zwar an die Menschengestalt erinnerte, doch ihr Wesen war von einer anderen Natur.


    Die Yaigh waren keine Warmblüter, sondern Reptilien. Ihre Gesichter, menschenähnlich in der Form, bargen doch spitze Zähne, die leicht nach innen geneigt waren, ein Zeichen ihrer räuberischen Natur. Sie bewegten sich nicht auf Fußsohlen, sondern schritten auf den Ballen langgliedriger Zehen, ähnlich den Schreitvögeln, die über die weiten Ebenen wandeln. Ein muskulöser Schwanz unterstützte ihre agilen Bewegungen. Ihre Haut war schuppig, bei den Männern farbenfroh und leuchtend, ein Spiegel ihrer Vitalität und Stärke. Die Frauen hingegen zeichneten sich durch kurze Hornstacheln auf Kopf und Rücken aus, während die Männer lange, biegsame Hörner trugen, die ihr Leben lang wuchsen. Der Schwanz der Männer war lang und endete in einem Begattungsorgan, während der Schwanz der Frauen kurz und fleischig war, mit einer Spalte auf der Unterseite für die Eiablage. Beide Geschlechter besaßen zudem eine Ausscheidungsöffnung, verborgen zwischen den kräftigen Gesäßmuskeln. Kleidung trugen die Yaigh nur aus funktionalen Gründen, wie etwa Raumanzüge, die sie vor den Unbilden des Alls schützten.


    Ihre Kultur, faszinierend in ihrer Komplexität, war dennoch von einer herzlosen Kälte durchdrungen. Alles Leben war für die Yaigh Nutzmasse, selbst ihresgleichen nicht ausgenommen. Nichts war ihnen heilig und ihre Herrschaft über Asamura absolut. Unter ihrem eisernen Griff konnte sich keine andere Kultur entfalten.


    In den Tagen, als die Yaigh Asamura beherrschten, waren Behausungen nicht bloß Konstrukte aus totem Material, sondern lebendige Kunstwerke der Biotechnologie. Ihre Lebensweise war geprägt von der Fähigkeit, das Leben nach ihrem Willen zu formen. Sie ließen Pflanzen zu gigantischen Größen heranwachsen, die nicht nur die Landschaft prägten, sondern auch begehbare Röhren und bewohnbare Schoten formten, durchzogen von zarten, lichtdurchlässigen Membranen, die als Fenster zur Welt dienten. Ihre gewachsenen Städte waren biotechnologischen Wunderwerke, die in perfekter Harmonie mit dem Ökosystem standen und den Yaigh einen angenehmen Lebensraum schufen. Auch ihre Maschinen waren lebende Kreaturen, die auf Berührungen reagierten.


    Doch bevor ein Yaigh sich das Anrecht auf ein lebendes Haus verdienen konnte, um seinen Platz in den Reihen der Weltenherrscher einzunehmen, musste er Jahre der Einsamkeit und Vernachlässigung überleben. Ohne die Bindung von Familien legten sie ihre Eier in das nährende Meer, wo die Natur selbst die Brut umsorgte.


    In den unergründlichen Tiefen Asamuras, wo die warmen Strömungen des Ozeans die Wiege des Lebens sind, begann die Reise eines jeden Yaigh in seinem Ei. Geborgen in der elastischen Hülle, die wuchs und mit fleischigen Auswüchsen Nahrung aus dem Meer filterte, wuchs er lange. Wenn die Zeit reif war und ein heißes Gewitter Asamura erschütterte, schlüpfte er als zierliches Ebenbild eines Erwachsenen, gesegnet mit Flossen und einem Verstand, der bereits hoch entwickelt war. Im Larvalstadium, rein aquatisch, fristeten er und die anderen jungen Yaigh ein räuberisches Dasein, ohne Führung oder Fürsorge. Sie aßen alles, das nicht aussah wie sie selbst, trainierten ihre Reflexe durch Jagdspiele, pfeilschnell und in Schwärmen gefährlich selbst für erwachsene Yaigh. Hauptsächlich atmeten sie über die Haut, doch gelegentlich stießen sie durch die Oberfläche, um einen Atemzug der heißen Luft zu holen. So lebten sie, spielend, tötend und immer hungrig, bis sie bereit waren, das Land zu betreten, ihre Flossen abzuwerfen und sich der Gesellschaft der Erwachsenen anzuschließen.


    In dieser Gesellschaft, die keine Milde kannte, waren die Yaigh von Anbeginn darauf geprägt, sich rücksichtslos durchzusetzen. Ihr Erwachsenenleben begann in der Einfachheit der Arbeit und dem Schlaf unter freiem Himmel, doch diejenigen, die sich durch Fleiß hervortaten, konnten aufsteigen. Durch Schulungen und Lehrgänge, Stufe um Stufe, erklommen sie die Leiter der Gesellschaft, erhielten einen Schlafplatz in einer eigenen Schote und wurden zu angesehenen Spezialisten in einem Leben, das sich über Jahrhunderte erstreckte.


    Die Yaigh, lernbegierig und langlebig, erreichten oft ein hohes Wissen, doch Faulheit war ebenso ein akzeptierter Pfad. Denn nicht jedem war es bestimmt, die höchsten Privilegien zu genießen, und die Welt benötigte mehr einfache Arbeiter als komplexe Denker.


    Die Währung ihres Ansehens war Ruhy, die am ehesten mit Ruhm zu vergleichen ist, gespeist aus Leistung und Ansehen. Das Guthaben schwand nicht, wenn man Leistungen beanspruchte, sondern es waren Mindestkontingente gesetzt, die über Privilegien entschieden, wie Luxusgüter, einem Setzling für ein lebendes Haus oder das Recht, eines der begehrten Sternenschiffe zu kaufen. Der Traum vieler Yaigh, ein eigenes Sternenschiff zu besitzen, wurde nur für wenige Auserwählte zur Wirklichkeit, eine Belohnung für ihre herausragenden Leistungen und ihren Beitrag zum Wohl der Gesellschaft.


    Zu diesem feierlichen Zeitpunkt war ein Yaigh bereits etwa hundert Jahre alt. Seine räuberischen Triebe hatte er jedoch niemals abgelegt und mehrte sein Ruhy neben seiner Arbeit auch durch Trophäenjagd, wozu auch aussätzige Yaigh gehören konnten. Mit dem Anrecht auf ein eigenes Sternenschiff wechselte er oft in ein hauptberufliches Dasein als Sternenjäger und sammelte Wissen und Trophäen von anderen Welten.


    Nur ein geringer Teil der Yaigh-Männer, etwa ein Prozent, erlangte jedoch genug Ruhy, um sich mit einer eitragenden Frau paaren zu dürfen. Für die Frauen hingegen wuchs mit steigendem Ruhy die Auswahl an würdigen Männern, die zur Befruchtung ihres wertvollen Eis bereitstanden. Die Wahl erfolgte penibel, denn die Befruchtung war kein gefühlvoller Akt der Intimität, sondern ein öffentliches Schauspiel am Strand von Crastyll, wo sich alle eitragenden Frauen und auserwählten Männer zu festgelegten Zeiten einfanden. Doch auch abseits dieser Zeremonien suchten die Yaigh Vergnügen, ohne Rücksicht auf Geschlecht oder gesellschaftliche Normen. Zu Befruchtungen kam es dabei nicht, denn eine Frau trug nur selten ein Ei und zu diesen Zeiten färbten sich ihre Haut und ihre Hornstacheln so leuchtend bunt wie die der stets paarungsbereiten Männer, so dass diese Zeit nicht verheimlicht werden konnte.


    Doch die Yaigh waren nicht nur ein intelligentes, sondern auch ein stolzes Volk, und ihre Eigensucht sollte ihr Untergang sein.


    So waren die Yaigh, die ersten Herren von Asamura, deren Erscheinungsbild und Lebensweise nur noch in Legenden fortleben, seit sie dem Wandel der Welt gewichen sind.


    Von den Thaldrax - warmes Blut im Schatten der Yaigh


    In den Tiefen von Asamura, unter dem endlosen Gewölbe des Taudis, lebten die Thaldrax, warmblütige Wesen von uralter Abstammung. Sie waren die Nachfahren der ersten Bewohner dieser Welt und hielten sich verborgen vor den kalten Augen der Yaigh, die über die Welt herrschten. Ihre Haut war grau wie der Stein der Höhlen, in denen sie lebten, grau wie das Zwielicht zwischen Tag und Nacht. Ihre spitzen Ohren lauschten den leisen Echos ihrer unterirdischen Heimat.


    Die Thaldrax ernährten sich von den Rieseninsekten, die in den dunklen Winkeln des Labyrinths gediehen, von Pilzen und von allem, was die kargen Tiefen ihnen boten. Sie waren ein Volk, das selten das Tageslicht erblickte, denn die Oberfläche gehörte den Yaigh, deren Herrschaft unangefochten schien.


    Das Buch des Wandels

    Das "Buch des Wandels" berichtet davon, wie Asamura mit Gewalt seiner Ursprünge beraubt wurde. Es handelt von der Ankunft der Menschen und ihrem langen Schlaf, der Anpassung des Klimas an ihre Visionen und vom elenden Untergang der Yaigh. Es berichtet auch von den Hoffnungen der Thaldrax, die nichts vom Erwachen der Menschen ahnten, und vom Dekret des Vergessens, welches das Andenken an die Schuld der Menschen und jedwede Reue auslöschte.


    Von der Ankunft der Sternenreisenden


    Als die Menschen die unberührten Weiten des Planeten betraten, wählten sie den Pfad des Wandels. Sie zogen sich in die Tiefe zurück, in die schützende Umarmung der Erde, und begannen das große Werk des Terraformings. Mit Wissenschaft und Weitsicht gestalteten sie Asamura um, damit es einst ihre Kinder beherbergen könnte. In Kammern des langen Schlummers, umhüllt von der Stille des Kälteschlafs, überdauerten die Menschen die Jahrhunderte. Während sie in ihren Träumen von fernen Sternen und vergangenen Welten wandelten, webten ihre Maschinen Asamuras Schicksal um.


    Vom großen Wandel und dem Untergang der Yaigh


    Die Yaigh hatten die Menschen zwar bemerkt, die in einer sehr tiefen Schlucht am Südpol landeten, doch die Neuankömmlinge verschwanden in den Höhlenlabyrinthen unter Asamura. Eines der häufigen Beben in dieser Region verschüttete das Sternenschiff Menkalinan, bevor die Forscher der Yaigh den Platz der Landung erreichten. Im Schoß von Asamura waren die Menschen geschützt von kilometerdickem Gestein und für die technischen Möglichkeiten der Yaigh unerreichbar geworden. Nach einer Weile nahmen die Yaigh an, die Neuankömmlinge hätten die Ankunft auf dem Planeten nicht lange überlebt und wandten ihre Aufmerksamkeit anderen Aufgaben zu.


    Die Yaigh, die Herren des Planeten, standen jedoch vor einer unerwarteten Bedrohung, die sie weder sahen noch ahnten. Die Neuankömmlinge hatten das Verschwinden ihres Sternenschiffes mit Sorgfalt geplant. Sie suchten keinen offenen Konflikt mit den mächtigen Yaigh, sondern zogen sich zu Fuß in die Tiefen des Taudis zurück, wo sie ihre mitgebrachten Anlagen errichteten und sich hernach in einen langen Kryoschlaf begaben. Während die Menschen in ihren Kammern schlummerten, entfalteten die Maschinen das Terraforming, ein Prozess, der darauf abzielte, die neue Welt an menschliche Bedürfnisse anzupassen. Das Klima und die Atmosphäre Asamuras wandelten sich. Asamura wurde immer erdähnlicher, und die von der Erde mitgebrachte Spezies begannen, die einheimische Flora und Fauna zu verdrängen.


    Die Veränderungen, die die Menschen einleiteten, hallten durch die Welt, ein leises Lied, das den Untergang einläutete. Das Terraforming war ein Prozess von unermesslicher Kraft, es veränderte die Luft, das Wasser und damit den gesamten Planeten. Die Yaigh, deren Körper und Geister an die alte Ordnung gebunden waren, fanden sich zunehmend in einer Welt wieder, die ihnen fremd wurde. Ihre Macht, die einst die Geschicke alles Lebendigen lenkte, begann zu schwinden. Die Luft, die sie atmeten, das Wasser, das sie tranken, der Boden, auf dem sie standen – alles begann sich gegen sie zu wenden.


    Ihre Städte, gewachsen aus lebendigem Material und biotechnischen Wunderwerken, waren auf das alte Klima abgestimmt. Die hochspezialisierten Strukturen stellten den Stoffwechsel ein und begannen zu kranken und schließlich zu verfallen. Doch es kam noch schlimmer: Die Brut der Yaigh im Ozean überlebte die Abkühlung des Wassers und den sinkenden Salzgehalt nicht; die Eier entwickelten sich nicht weiter, und die Jungen starben an Hunger und Krankheiten. Die erwachsenen Yaigh litten unter Pilzbefall und anderen Leiden, die sie und ihre Städte in faulende Überreste verwandelten.


    Trotz ihrer Intelligenz und technologischen Errungenschaften konnten die Yaigh nicht gegen dieses Schicksal ankommen. Ihre Versuche, sich zu retten, waren von Egoismus geprägt, was zum raschen Zusammenbruch ihrer Industrie führte. Jeder war sich selbst der Nächste, bis es niemanden mehr gab, der noch etwas hätte ändern können. Die organischen Materialien, aus denen ihre Städte bestanden, verrotteten, ohne Spuren zu hinterlassen. Die Yaigh, jene alten Herren von Asamura, fanden ihr Ende nicht durch Krieg oder Zwist, sondern durch die stille Veränderung, welche die Menschheit ihnen gebracht hatte.


    Doch da die Yaigh bereits die Fähigkeit besaßen, Sternenschiffe zu bauen, waren manche ins All geflüchtet, in der Hoffnung, anderswo zu überleben. Sie kannten viele Welten und einige boten ihnen vielleicht akzeptable Bedingungen. Es bleibt die Möglichkeit, dass Reste ihrer Spezies irgendwo in den Weiten des Universums fortleben und dass die Yaigh eines Tages nach Asamura zurückkehren könnten, um sich ihre Heimat zurückzuholen. Ein Gedanke, der sowohl Furcht als auch Hoffnung in den Herzen jener weckte, die unter ihrer bedrohlichen, aber vertrauten Herrschaft gelebt hatten, bis die letzte Erinnerung an die Yaigh verblasste.


    Von der Befreiung der Thaldrax


    Als die Yaigh langsam verschwanden und als die Zeit der Menschen noch nicht angebrochen war, wagten die Thaldrax sich aus dem Untergrund hervor. Mit einer Mischung aus Furcht und Hoffnung wurden sie Zeugen, wie ihre alten Götter starben. Das warme Blut schenkte den Thaldrax eine Anpassungsfähigkeit, die den Yaigh verwehrt war.


    So traten sie aus der Innenwelt hinaus ans Licht. Asamura lag frei und ohne Zwänge vor ihnen. Es lag jetzt an den Thaldrax, die Welt in ihrem Sinne zu prägen. Nunmehr waren es nicht länger die Yaigh, die ihr Leben bestimmen würden, sondern nur noch sie selbst und die Gesetze der Natur. Im Laufe der Jahrhunderte brachten die Thaldrax vielfältige Kulturen hervor und beherrschten das Land bis zum ersten Ascheregen.


    Doch nicht alle Thaldrax suchten das Licht, als die Yaigh verschwanden. In den unergründlichsten Tiefen des Taudis, wo die Luft dünn und die Dunkelheit allgegenwärtig ist, verblieb ein bleicher Schlag von Thaldrax. Sie kannten das Sonnenlicht nur aus alten Geschichten, ihre Haut war angepasst an die unwirtlichsten Ecken ihrer unterirdischen Welt. Die Sorgen der Oberfläche berührten sie nicht, denn ihr Leben war das der Stille und der Tiefe. Die Sorgen der Oberfläche waren ihnen gleichgültig. Als die Yaigh verschwanden und viele Thaldrax, die bisher nahe am Licht gelebt hatten, voller Hoffnung die Höhlen verließen, trafen die bleichen Thaldrax eine andere Entscheidung. Für sie war der Taudis Heimat geworden. Sie fanden Freude in der unterirdischen Weite, die nun ihnen ganz allein gehörte. Über Jahrhunderte hörte man nichts mehr von ihnen und die Erinnerung an sie verblassten, bis man sie - wie die Yaigh - ganz vergaß. Doch im Gegensatz zu den alten Herren der Welt starben diese Thaldrax nicht aus, sondern überlebten, um viele Zeitalter später unter dem Namen Yakani von sich reden zu machen.


    Von Nylaxor Lichtfinder


    Nur wenige Erzählungen sind aus dem Taudis überliefert. Unter diesen ist die von Nylaxor Lichtfinder, einem Echosänger von unvergleichlichem Mut, dessen Geschichte nicht vergessen werden darf. Sie ist ein Manifest der Hoffnung, dass selbst in den tiefsten Schatten und der größten Not manchmal noch ein Ausweg gefunden werden kann.


    Nylaxor wuchs auf mit den Geschichten der Alten, die von einer Welt jenseits des Taudis erzählten, einer Welt des Lichts, die sie nie zu sehen hofften. Dort sollte es Nahrung in Hülle und Fülle geben und so viel Platz, dass kein Thaldrax mit einem anderen mehr darum streiten müsste. Doch ihm war es nicht erlaubt, so hoch zu steigen, denn diese Welt des Überflusses wurde von den Göttern beherrscht, die jeden Sterblichen straften, der es wagte, ihr geheiligtes Land zu betreten. In seinem Herzen brannte eine Flamme der Neugier, die heller leuchtete als die Kristalle, die seine Heimat erhellten.


    Er lernte die Kunst der Echosängers. Singend sandte er seine Fragen hinaus in die Dunkelheit und lauschte den Antworten, die der Taudis zu ihm zurücksandte. Oft lauschte er auch schweigend auf die Stimmen des Steins, der unermüdlich arbeitete, und Nylaxor lernte das Lesen der Schwingungen, die durch die Dunkelheit zogen, und was sie bedeuteten. So konnte er seinen Stamm vor Beben und vor Steinschlägen warnen, und wurde schon in jungen Jahren ein geachteter Mann.


    Als er in der Mitte seiner Lebenszeit war, veränderte das Gestein seine Stimme. Das Knistern wurde schärfer und lauter. Es wurde kalt im Taudis und viele Thaldrax zogen sich in die heißen Tiefen zurück. Nylaxor aber harrte aus, um das Phänomen zu erforschen. Bald musste er feststellen, dass es ihm schwer fiel, genügend Insekten und Pilze zu finden, die ihn nähren konnten. Es schien, als würden sie unter der zunehmenden Kälte leiden. Nylaxor hüllte sich in warme Kleidung und stieg der Kälte entgegen. Viele Wochen währte seine Reise. Es war Nacht, als er eines Tages die Oberfläche erreichte, dennoch blendeten ihn die beiden Monde und es dauerte seine Zeit, bis seine Augen sich an das ungewohnt helle Licht gewöhnt hatten. Und dort wurde er Zeuge, dass die Götter starben.


    Er verbrachte lange an der Oberfläche, um das schockierende Ereignis zu verstehen. Als er genug gesehen hatte, kehrte er in den Taudis zurück und berichtete, dass die geheiligte Außenwelt nun bereit sei, um die Thaldrax zu empfangen, damit sie das sterbende Land anstelle der Götter behüteten, es pflegten und zu einer neuen Blüte führten. Einer seiner Weggefährten, Verchontau mit Namen, stellte sogar infrage, ob es sich bei diesen Wesen überhaupt um Götter handelte, wenn sie der Kälte so hilflos ausgeliefert waren, während sie, die Thaldrax, sich nur in warme Kleidung zu hüllen brauchten, um dem Zeitenwandel zu trotzen. Nicht wenige schlossen sich der Ansicht von Verchontau an.


    So folgten nicht wenige Nylaxor an die Oberfläche. Er erhielt den Ehrennamen Lichtfinder und wurde zum Anführer jener Thaldrax, welche den Taudis für immer hinter sich gelassen hatten. Das warme Blut, für das sie von den Yaigh verachtet worden waren, half ihnen, dem neuen Klima zu trotzen. Während die Yaigh starben, entwickelten die Thaldrax Methoden, um an der Oberfläche zu überleben, ohne dem Wechselspiel des Wetters und der Natur hilflos ausgeliefert zu sein. Die Fehler der Yaigh wiederholten sie nicht: Anstelle von Verachtung für alles, was nicht sie selbst waren, ließen sie Ehrfurcht walten und lernten, mit der Natur zu leben und sich selbst an sie anzupassen, anstatt sich die Natur Untertan machen zu wollen, wie die Yaigh es zuvor taten.


    Die Erzählung von Nylaxor Lichtfinder ist ein Vermächtnis, das die Thaldrax lehrt, dass kein Schatten zu dicht, kein Labyrinth zu verworren und kein Schicksal zu ungewiss ist, um nicht doch den Weg ins Licht zu finden.


    Verchontau aber, der den Ehrennamen "der Zweifler" erhielt, blieb in der Innenwelt, die ihm vertraut war, und er blieb nicht als Einziger zurück.


    Vom Erwachen der Menschen und dem Dekret des Vergessens


    Als die Menschen erwachten, fanden sie eine Welt, die sich gewandelt hatte. Die Yaigh waren nicht mehr, und Asamura hatte sich entfaltet zu einem Ort, bereit für die Saat der Menschheit. Und doch fehlte etwas sehr Bedeutsames.


    Um das Heimweh, das ihre Herzen schwer machte, zu lindern und Asamura vollständig als ihre neue Heimat anehmen zu können, war das Dekret des Vergessens erlassen worden, bevor die Menschen sich in den langen Schlaf legten. Es war ein Akt von unermesslicher Tragweite, ein Beschluss, der tief in das Gewebe des Seins schnitt. Die Erinnerungen an die Erde, an das ferne Blau, das sie einst umhüllt hatte, wurden aus ihrem Bewusstsein gelöscht.


    So konnten die Menschen ohne den Schmerz der Vergangenheit in die Zukunft blicken. Sie vergaßen das kostbare Blau, das die Wiege allen Lebens auf der Erde gewesen war, die grünen Täler, die ihre Träume nährten und die Namen der Berge, die ihren Göttern Heimat gewesen war. Sie vergaßen die Lieder, die in den Winden sangen, die Geschichten ihrer Sternbilder und all die gebrochenen Versprechen, die ihnen gemacht worden waren. Sie ließen die Erinnerungen an ihre ersten Schritte auf dem Mond zurück und an den triumphalen Moment, als das erste bemannte Sternenschiff einen anderen Planeten erreichte. Nicht zuletzt vergaßen sie all die Verbrechen, die sie an ihrer Heimatwelt und ihren Bewohnern begangen hatten und das Paradies in eine Hölle verwandelt hatten.


    Das Dekret des Vergessens war mehr als nur ein Vergessen; es war ein Neubeginn, ein Versprechen für die Nachkommen der Sterne, um in Frieden unter den neuen Himmeln zu gedeihen. Es war ein Abschied, ein stilles Opfer, das sie brachten, um in der Gegenwart von Asamura Frieden zu finden und eine Zukunft zu gestalten, die frei von der Sehnsucht nach dem war, was einst war und nie mehr sein würde. Es war auch ein Akt der Selbstbefreiung von alter Schuld, ein Befreiungsschlag. Mit diesem Akt wurden die Menschen wahrhaft Kinder Asamuras, verwurzelt in seiner Erde, seine Luft atmend und unter einer Sonne lebend, die nicht länger Sol hieß oder Ra, sondern Alvashek.


    Mit fleißigen Händen begannen sie, die Oberfläche zu formen, Städte zu erbauen und die Länder zu kultivieren. Befreit von aller Schuld ihrer Vergangenheit waren sie bereit, ihre Geschichte in den Annalen Asamuras zu schreiben.


    Von Relikten aus der Zeit vor der Zeit


    Relikte sind die Hinterlassenschaften jener, die durch das All segelten und auf Asamura eine neue Heimat fanden. Verstreut in den Eingeweiden des Planeten harren sie der Entdeckung, vielleicht verloren, vielleicht auch heimlich platziert, trotzend gegen das Dekret des Vergessens, in der Hoffnung, dass die Nachfahren der Sternenreisenden eines Tages die Geheimnisse ihrer Funktionsweise wieder lüften mögen.


    Manch mechanisches Wunderwerk harrt noch immer der Inbetriebnahme, robust genug, um ohne die unsichtbare Energie zu funktionieren, die den Sternenschiffen einst Leben verlieh. Bei ihnen bedarf es nur des Wissens um Dampfenergie, um sie zu neuem Leben zu erwecken. Obgleich ihr Zweck und ihre Funktionsweise seit dem Dekret des Vergessens jedem Verständnis entgleiten, können sie dennoch aktiviert und genutzt werden. Jene, die sich zur Aufgabe gemacht haben, die uralten Relikte zu bergen und zu verstehen, nennt man Reliktjäger. Von diesen Wagemutigen, die gefährliche Expeditionen in die Tiefen des Taudis durchführen, soll an anderer Stelle berichtet werden.


    Doch es gibt auch Relikte, die sich der Fassungskraft gänzlich entziehen, lebende Überreste der Yaigh-Biotechnologie, die sich als entartete Abscheulichkeiten zeigt. Ohne die Fürsorge ihrer Schöpfer überlebten einige Reste in den unendlich tiefen Abfallgruben, in denen sie entsorgt worden waren, wo sie sich mehrten. Sie sind die stummen Wächter in den Tiefen des Taudis, lebende Wände mit pulsierenden Adern oder schmatzende Gänge, die ein Grauen hervorrufen, das weder zu verstehen noch zu ertragen ist.


    Yaigh

    yaigh4.jpg

    Bevor die Sternenreisenden landeten, beherrschten die Yaigh den Planeten. Sie waren Reptiloide mit einer faszinierenden, aber herzlosen Kultur, da sie nur rudimentäres Einfühlungsvermögen besaßen. Ihre Städte waren lebende Gebilde, gewachsen aus der Erde selbst. In jedem Gegenstand verschmolzen die Wunder der Natur mit den Errungenschaften der Biotechnologie. Ihr Verschwinden wurde als Segen betrachtet, denn so lange sie Asamura beherrschten, konnte und durfte sich keine andere Kultur neben ihnen entwickeln.


    Die Yaigh machten sich die Natur zum Untertan. Anstatt ihre eigene Lebensweise anzupassen, passten sie die Natur an ihre Bedürfnisse an. Jedes Wesen und jede Pflanze lebte während der Herrschaft der Yaigh in einer Symbiose, die durch die Jahrtausende perfektioniert worden war. Wo der Evolution Fehler unterlaufen waren, wurde korrigierend eingegriffen. Die Yaigh hatten zum Zenit ihrer Herrschaft die Umwelt so gestaltet, dass sie ihre biotechnologischen Wunderwerke nährte.


    yaigh2.jpgAussehen


    Ihre Gestalt und ihre Gesichter erinnerten zwar an Menschen, jedoch waren sie keine Warmblüter, sondern Reptilien. In ihren Mündern standen spitze Zähne, die leicht nach innen geneigt waren und auf ihre Abstammung von Carnivoren hinweisen. Yaigh gingen nicht auf den Fußsohlen, sondern schritten auf den Ballen langliedriger Zehen. Beim Halten des Gleichgewichts half ein muskulöser Schwanz. Kleidung trugen sie nur dann, wenn sie funktionalen Zwecken diente, wie beispielsweise Raumanzüge. Im nass-heißen Klima ihrer Zeit wäre Kleidung hinderlich gewesen und hätte die Schuppen verdeckt, die eine wichtige Rolle spielten, um Stimmungen auszudrücken und Stärke und Gesundheit zu zeigen.


    Männer waren größer und kräftiger gebaut, außerdem war ihre schuppige Haut farbenfroher gefärbt. Frauen wuchsen kurze Hornstacheln auf Kopf und oberem Rücken, während die eines Mannes lang und biegsam waren und ihr gesamtes Leben lang weiter wuchsen. Zudem besaßen Männer einen doppelt so langen Schwanz, an dessen Ende sich das Begattugsorgan befand. Der Schwanz einer Frau hingegen war kurz und fleischig und wies auf der Unterseite eine Spalte auf, in welche das Begattungsorgan des Mannes eingeführt werden konnte und aus welcher später ein weiches Ei gelegt wurde. Zusätzlich hatten beide Geschlechter zwischen den Gesäßmuskeln eine Ausscheidungsöffnung.


    Mentalität


    Yaigh lebten im sozialen Verbund, gingen aber dabei keine emotionalen Bindungen ein. Anonymität war erwünscht. War diese nicht möglich, blieb man zumindest innerlich auf Distanz. Diese Sicht ergab sich daraus, dass ihre Jungen als anonyme Masse im Meer lebten und Yaigh von kleinauf nur für sich selbst verantwortlich waren. Tauchten andere auf, verhieß das meist Probleme. Das Konzept von Ehe war so unbekannt wie das Konzept der Familie. Man kann sich zusammenreimen, dass sich ein Gefühl wie Liebe in solch einer Gesellschaft nicht entwickeln konnte, da es dafür keine Notwendigkeit gab.


    Komplizierter ist die Frage, ob Yaigh dazu fähig gewesen wären, Gefühle zu entwickeln, wenn sie anders aufgewachsen wären. So fand ein Experiment statt, deren unfreiwillige Probanden zwei Yaigh waren, die vom Schlupf an gemeinsam in einer isolierten Lagune aufwuchsen und die Nahrungsaufnahme verweigerten, wenn man sie trennte. Auch im Erwachsenenalter suchten sie immer wieder die Gesellschaft des anderen. Unter den Yaigh galt dieses Verhalten als fatale Fehlentwicklung, als Geisteskrankheit namens Leava, die durch einen Mangel an Anonymität verursacht worden war.


    Dennoch kam es immer wieder vor, dass auch im Schwarm aufgewachsene Yaigh mehr Zeit miteinander verbrachten als üblich war. Das galt allerdings als peinlich und war zutiefst verpönt bis hin zum ernsten Verdacht, an Leava zu leiden, was einen Yaigh sein gesamtes Ansehen kosten konnte. Auch, wer seine Geschlechtspartner nicht ständig wechselte, galt als unattraktiv und schwächlich, da er offensichtlich niemanden erobern konnte und darum auf einen einzigen Partner angewiesen war. Die Yaigh kannten eine Bandbreite an Therapiemöglichkeiten gegen Leava, die sich aus Isolation, Exzessen und abstumpfenden Medikamenten zusammensetzten.


    yaighsmall.jpgGesellschaft


    Die Yaigh kannten keine Familien, sondern legten ihre Eier in den warmen Ozean, wo die Natur sie ausbrütete. Die erste Etappe ihres Lebens - das Larvalstadium - verbrachten sie rein aquatisch. Diese "Kinder" lebten räuberisch und ohne jede Betreuung, bevor sie als Erwachsene an Land stiegen, um sich der Gesellschaft anzuschließen. Zu diesem Zeitpunkt waren sie bereits darauf geprägt, sich rücksichtslos gegen Rivalen durchzusetzen.


    Dort begannen sie ihr Leben als einfache Arbeiter. Wer genügend geleistet hatte, konnte Schulungen besuchen, um sich weiterzubilden und eine gehobenere Stelle zu bekommen. Dort gab es irgendwann den nächsten Lehrgang, der den nächsten Aufstieg ermöglichte und so weiter. Yaigh konnten mehrere hundert Jahre alt werden, waren äußerst lernfähig und stiegen im Laufe ihres langen Lebens daher oft zu angesehenen Spezialisten auf. Aber auch Faulheit war akzeptiert, denn es war jedem klar, dass die höchsten Privilegien nicht für alle reichen konnten und dass weitaus mehr einfache Arbeiten erledigt werden mussten als komplizerte. Der größte Wunsch vieler Yaigh war ein eigenes Sternenschiff, doch nur für etwa 10% ging dieser Wunsch aufgrund ihrer Leistungen in Erfüllung.



    yaigh3.jpgKultur


    Yaigh galten als scharfsinnig und waren dem Menschen intellektuell mindestens ebenbürtig, waren allerdings bestenfalls mit rudimentärer Empathie ausgestattet. Ihre Sicht auf die Dinge und das Leben war sehr berechnend und von Eigensucht geprägt. Alles, was lebte, bildete für sie Nutzmasse. Davon war ihresgleichen nicht ausgenommen. Die Währung der Yaigh war ein Guthaben namens Ruhy, dass man am ehesten mit Ruhm übersetzen kann, da es sich aus Leistung und Ansehen zusammensetzte. Der Ruhm wurde dabei nicht weniger, wenn man Leistungen in Anspruch nahm. Stattdessen gab es Mindestkontingente als Hürden für bestimmte Privilegien, zum Beispiel für Luxusgüter oder dafür, ein Sternenschiff in Auftrag geben zu dürfen.


    Schätzungsweise erlangte nur 1% der Männer ausreichend Ruhm, um sich mit einer eitragenden Frau paaren zu dürfen. Bei Frauen widerum stieg mit wachsendem Ruhm die Auswahl an hochwertigen Männern, die ihnen für eine Befruchtung ihres wertvollen Eis zur Verfügung stand, und sie waren bei dieser Entscheidung äußerst pingelig, da nur äußerst selten ein Ei in ihnen heranreifte. Die Befruchtung war kein privates Vergnügen, sondern ein Massenspektakel an einem dafür berüchtigten Strand namens Crastyll, an dem sich alle trächtigen Frauen und zugelassenen Männer zu den ihnen zugewiesenen Zeiten trafen. Jedoch machten Yaigh für den Spaß zwischendurch auch vor dem eigenen Geschlecht nicht halt.


    Biotechnologie


    Mit molekularbiologischen Methoden wurden durch die Yaigh unter anderem Rekombination von DNA im Reagenzglas durchgeführt. So gelang es ihnen, Pflanzen auf gigantische Größen heranwachsen zu lassen, die begehbare Röhren und bewohnbare Schoten besaßen. Yaigh hatten die Biotechnologie zur Kunst erhoben und ließen ihre Gebäude und ganze Städte einfach wachsen. In den großen Schoten waren zarte, lichtdurchlässige Membranen eingebettet, die als Fenster dienten. Feine Häute bildeten Vorhänge und Sonnensegel. Luftgefüllte Blasen erzeugten bei Berührung Musik und in Wandkelchen sammelte sich ein köstlicher Nektar namens Gua, der eine leicht berauschende Wirkung besaß. Doch diese lebenden Häuser waren nur Teil einer ganz auf Biotechnologie fußenden Lebensweise.


    So kannten die Yaigh auch eine fortschrittliche Medizintechnik, wie biologische Therapeutika oder biobasierte Implantate, die jedoch nur sehr ruhmreichen Yaigh zuteil wurde. In der Informationstechnik konnte DNA als hocheffizienter Datenspeicher dienen. Bioreaktoren lieferten die notwendige Energie durch Mikroalgen und ihre Nutzung als Biokraftstoffquelle, mit dem ihre Anlagen betrieben wurden.


    Die Yaigh waren auch in der Lage, Sternenschiffe zu bauen. Solche komplexen Dinge konnte man nicht wachsen lassen, dennoch bildeten auch hier organische Materialien die Grundlage der Konstruktion. Beispiele sind Leichtbaumaterialien aus Lignin oder biobasierte Kunststoffe aus Stärke. Durch die Einlagerung von Zellen konnten sie zudem einen Beton herstellen, der spannungsbedingte Risse selbständig schloss.


    Geschichte


    Neben den kaltblütigen Yaigh gab es auch warmblütige Humanoide auf der Welt. Diese Warmblüter nannte man Thaldrax. Sie lebten unterirdisch im großen Höhlenlabyrinth von Asamura, dem Taudis. Dort waren sie vor den Yaigh halbwegs sicher.


    Nachdem die Menschen den Planeten erreicht hatten, standen die Yaigh vor enormen Problemen. Die Neuankömmlinge ließen es nicht auf einen offenen Konflikt ankommen, sondern zogen sich in die Tiefen des Taudis zurück. Dort bauten sie ihre Anlagen auf und begaben sich in Kryostase. Während die Menschen schliefen, begann das Terraforming, um die Welt für ihre Zwecke zu optimieren. Das Klima und die Zusammensetzung der Atmosphäre wurden im Verlauf der Jahre immer erdähnlicher und freigelassene Spezies von der Erde verdrängten die einheimischen Tiere und Pflanzen.


    Das veränderte Klima vernichtete die Lebensgrundlage der Yaigh - die gewachsenen Städte und biotechnischen Anlagen. Mit der Veränderung ihres Ökosystems stellten diese hochspezialisierten Zuchtformen binnen kurzer Zeit ihren Stoffwechsel ein und begannen abzusterben. Auch ihre Brut im Ozean konnte der Veränderung nicht standhalten, die Eier entwickelten sich nicht und die Jungen gingen an Hunger und Krankheiten zugrunde. Den Erwachsenen erging es nicht besser. Besonders Pilzbefall war ein großes Problem bei den erwachsenen Yaigh. Trotz aller Intelligenz und ihrer technischen Leistungen gelang es den Yaigh in ihren faulenden Städten nicht, den Wettlauf gegen die Zeit zu gewinnen. Etwas, das über Jahrtausende gewachsen und auf das Klima optimiert worden war, konnte nicht binnen weniger Jahre angepasst werden. Ein weiteres Hindernis war der fatale Egoismus der Yaigh, denn sie versuchten häufiger, sich selbst zu retten, als sich an der Rettung aller zu beteiligen, so dass ihre Industrie schnell zusammenbrach.


    Weil fast alle von den Yaigh verwendeten Materialien organisch gewachsen waren, überdauerte so gut wie nichts, sondern ihre gewaltigen Städte verrotteten spurenlos. Da die Yaigh bereits Sternenschiffe bauen konnten und viele ihr Heil in der Flucht suchten, ist es jedoch möglich, dass Reste ihrer Spezies anderswo im All überlebten und die Yaigh eines Tages zurückkehren werden.


    Als die Yaigh verschwanden, traten die unterdrückten Thaldrax aus dem Untergrund ans Licht und ihre Blütezeit begann. Sie gediehen, brachten während der Vorzeit unterschiedliche Kulturen hervor und beherrschten Asamura bis zur Zeit des ersten Ascheregens. Danach begann die Herrschaft der Menschen.


    Der Sternenhimmel über Asamura

    Die Sterne und Sternbilder sind für die Völker von Asamura mehr als nur leuchtende Punkte am Nachthimmel. Sie helfen den Reisenden, ihren Weg zu finden, und den Bauern, ihre Ernten zu planen. Sie erzählen Geschichten und sind Abbilder von Legenden der verschiedenen Kulturen und Völker, die Asamura bewohnen. Sie spiegeln ihre Werte, ihre Hoffnungen und ihre Ängste. Die Sterne und Sternbilder sind schließlich auch ein Mittel, um die Magie und das Mysterium zu erforschen, die Asamura erfüllen. Sie sind die Verbindung zu den Göttern, den Geistern und den anderen Ebenen der Welt.


    Einige Sternbilder und ihre Symbolik


    stermbildkatax1.jpgDer Krake ist ein unheimliches und rätselhaftes Sternbild, das die Tiefe und das Geheimnis in Asamura darstellt. Sein hellster Stern ist Kral, der Kopf des Kraken. Kral ist ein violetter Zwerg mit einer Helligkeit von 2,1 mag.


    Das Schwert ist ein edles Sternbild, das für Ehre und Kampf in Asamura steht. Sein hellster Stern ist Sarx, die Spitze des Schwertes. Sarx ist ein silberner Riese mit einer Helligkeit von 0,2 mag.


    Die Feuerschlange ist ein langgezogenes Sternbild über dem Osthimmel von Asamura, das für den Sieg steht. Ihr hellster Stern ist Rexar, der das Hirn beziehungsweise den scharfen Geist der Feuerschlange darstellt. Rexar ist ein brauner Zwerg mit einer Helligkeit von 2,5 mag.


    Die Sense ist ein grausames und schicksalhaftes Sternbild, das den Tod und das Ende in Asamura symbolisiert. Ihr hellster Stern ist Sar, die Klinge der Sense. Sar ist ein schwarzer Zwerg mit einer Helligkeit von 3,0 mag.


    Der Rabe ist ein geheimnisvolles Sternbild, das die Magie in Asamura symbolisiert. Sein hellster Stern ist Rak, das Auge des Raben. Rak ist ein grüner Riese mit einer Helligkeit von 1,5 mag.


    Das Spinnennetz ist ein hinterhältiges Sternbild, das Fallen und Gift in Asamura symbolisiert. Sein hellster Stern ist Thuria, der die Spinne im Zentrum darstellt. Thuria ist ein blauer Zwerg mit einer Helligkeit von 1,8 mag.

    Von wegen ungebildet: Der Halbork Katax der

    Träumer kennt die Sterbilder des Nordhimmels


    Die Große und die Kleine Walze sind zwei zueinander gehörende Sternbilder, die für Freundschaft und Loyalität stehen. Ihre hellsten Sterne sind Thinuk und Bashira, welche die Herzen der Kleinen und der Großen Walze bilden. Es handelt sich um einen goldenen und einen silbernen Riesen mit einer Hellikeit von 1,7 beziehungsweise 2,6 mag.


    Besondere Phänomene am Nachthimmel


    Malgorion ist ein dunkler Nebel, eine Region am Nachthimmel, in der es keine Sterne gibt. Er steht für das Verborgene in Asamura und für die Dunkelheit selbst. Die dunkelste Stelle des Schattens ist Tshiakar, der das Herz des Schattens darstellt. Sowohl Malgorion als auch Tshiakar sind Personifikationen und werden von einigen als Götter verehrt, wobei Malgorion für das Alldunkel steht, während Tshiakar den irdischen Schatten symbolisiert. Malgorion wird zum Beispiel von den Frostalben verehrt, Tshiakar von Abtrünnigen, die des Nachts ihr Unwesen treiben, wie Dieben und Meuchlern.


    Einige markante Sterne am Nachthimmel

    • Aucramo - "Nordstern", "Herz des Hundes", hellster Stern in der Brust des Sternbilds Hund
    • Sirio - "Südstern", "Auge des Steuermanns", hellster Stern im Kopf des Sternbilds Steuermann
    • Rexar - "Oststern", "Geist der Schlange", hellster Stern im Kopf des Sternbilds Feuerschlange1
    • Kikin/Tawark - "Weststern", "Kraft des Kriegers", hellster Stern im Arm des Sternbilds Krieger

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    [1] Der Reliktjäger Rexar "Rex" Falachny wurde nach diesem Stern benannt.

    Der Lichtnussbaum "Liuthir"

    Die Verehrung des Lichtnussbaumes ist ein Echo der Vergangenheit, als die Götter noch die Gestalt von Bäumen annahmen und sich nicht in Gestalt von Menschen verehren ließen. Wenngleich die Wurzeln des Baumkults bis in die Vorzeit zurückreichen, ist die rituelle Verehrung des Lichtnussbaumes Liuthir (Uncari für "Leuchter") eine junge Erscheinung. Er wird nicht als einzelnes Exemplar verehrt, wie es bei anderen heiligen Bäumen Brauch ist, sondern als sakrales Kollektiv. Jeder Baum dieser Art, vom zarten Sämling bis zum morschen Greis, gilt als unantastbar. Nur geweihten Priestern ist es gestattet, vorsichtig die Früchte zu ernten oder Baumpflegemaßnahmen durchzuführen. Der Lichtnussbaum ist der einzige bekannte immergrüne Laubbaum, der Frost verträgt.


    Ritenlichtnussbaum.jpg


    Der immergrüne Lichtnussbaum ist für Naridien ein Symbol für die Geschichte und die Identität des Landes, der Hoffnung in finsteren Zeiten und der Standhaftigkeit. In der dunklen Jahreszeit, wenn andere Bäume ihr Blätterkleid abwerfen, steht Liuthir unverändert in grüner Pracht, was ihn zum Symbol von Treue und Beständigkeit machte. Während militärischer Feste und Siegesfeiern werden die Blüten und/oder Blätter des Baumes zu Kränzen geflochten, welche von den siegreichen Soldaten auf ihren Helmen getragen werden.


    Seinen Namen erhielt er, weil seine ölhaltigen Früchte zur Herstellung von Kerzen und Lampenöl verwendet werden. In der Nacht des Lichtfests - des großen Festes zum Jahreswechsel - wird der Baum vom einfachen Volk liebevoll mit Laternen geschmückt. Während ein jeder seine Laterne anbringt, flüstert er dem Baum seinen Wunsch für das kommende Jahr zu. Ein Priester gibt Acht, dass von der Laterne keine Gefahr für den Baum ausgeht, und auch die Brandwache steht in Bereitschaft.


    Habitus


    Die graue und glatte Rinde - dem Stamm einer Buche nicht unähnlich - erinnert an einen Eisenpanzer. Die Blätter, deren Form an einen Dreizack gemahnt, sind fest und ledrig und groß wie die Hand eines Mannes. Ihre Oberseite ist dunkelgrün und stark glänzend, die Unterseite hingegen schimmert aufgrund der Behaarung silbrig. Der Lichtnussbaum kommt vor allem in den Küstenregionen des Medianik vor. Er ist winterhart und gedeiht optimal auf sandigen, mageren Boden.


    Der Lichtnussbaum in der naridischen Kultur


    Der Lichtnussbaum ist für Naridien mehr als nur ein Baum. Er ist ein Teil von Naridien. So lange die Aufzeichnungen zurückreichen schmückt man die Zweige des Baumes zum alljährlichen Lichtfest mit Laternen. Der wird als heilig angesehen und in vielen religiösen Zeremonien verehrt. Damit ist er der einzige Baum in Naridien, der nicht gefällt werden darf. Zum Nationalsymbol wurde er, weil er eine wichtige Rolle in der Unabhängigkeitsbewegung spielte, als das Land sich vom Fürstentum Naridien zur Freien Naridischen Republik transformierte. In dieser Zeit kam es zu einem kurzen, aber blutigen Bürgerkrieg. Die naridischen Freiheitskämpfer nutzten das ölhaltige Fruchtfleisch der Lichtnüsse, um Fackeln und Lampen herzustellen, die ihnen Licht und Wärme in den dunklen Zeiten des Krieges gaben.Die gerösteten Kerne wurden auch als Nahrungsmittel verwendet, um den Hunger zu stillen. Die Blätter des Baumes dienten als Verband für die Wunden der Kämpfer.


    Wirtschaftliche Bedeutung


    Der Lichtnussbaum ist auch ein wertvoller Rohstoff für die Wirtschaft von Naridien. Die Kerne sind reich an Ölen und können auch unbehandelt als Lichtquelle angezündet werden. Roh sind sie giftig, da sie Blausäure enthalten. Sie können starke Bauchkrämpfe, Durchfall und Erbrechen hervorrufen. Vor der Verwendung werden sie meistens geröstet, wodurch sie ihre Giftigkeit verlieren. Das Öl aus den Kernen wird als für Kerzen und Lampen, als Brennstoff, Schmiermittel, Seife, Farbe und Kosmetik verwendet. Die Blüten werden als Honigquelle, Gewürz und Parfüm genutzt. Das Holz hingegen ist leicht und nur wenig beständig, so dass es nicht als Bauholz taugt.


    Heilmittel


    In kleinen Mengen wird das rohe Fruchtfleisch als Abführmittel verwendet. Das Öl dient zur Behandlung von Hautkrankheiten.


    Die Schattenwölfe

    «Aus dem Schatten, gemeinsam wie Wölfe - wir sind Schattenwölfe!»


    Das Ziel der Schattenwölfe ist es, als Söldner zu überleben und ihren Ruf zu bewahren. Sie nehmen Aufträge von verschiedenen Auftraggebern an, die ihnen Geld, Ruhm oder andere Vorteile versprechen. Sie sind jedoch nicht skrupellos, sondern folgen einen Ehrenkodex, der ihnen verbietet, unschuldige Menschen zu töten, zu verraten oder zu foltern. Sie haben jedoch auch einen größeren Traum: Eines Tages wollen sie einen Ort finden, an dem sie sich niederlassen und in Frieden leben können. Sie wissen, dass das Leben als Söldner gefährlich und kurz ist, und sie sehnen sich nach mehr. Sie hoffen, dass ihr Anführer Yorkan ihnen den Weg zu diesem Ziel zeigen kann.


    schattenwolf.jpgKennzeichen


    Die Parole der Schattenwölfe lautet: «Aus dem Schatten, gemeinsam wie Wölfe - wir sind Schattenwölfe!»


    Der Anführer trägt ein schwarzes Wolfsfell.

    Seine Offiziere tragen ein silbergraues Wolfsfell.

    Die gewöhnlichen Söldner tragen ein graubraunes Wolfsfell.


    Der Kommandant


    Die Schattenwölfe wurden von Cadmir Wolfsherz gegründet, einem legendären Söldner, der vor etwa 50 Jahren in den almanischen Grenzgebieten lebte. Heute ist sein Nachfolger Yorkan Schattenfang Kommandant der Schattenwölfe. Er ist ein erfahrener Krieger und Taktiker, der schon viele Schlachten und Kriege überlebt hat. Er ist ein Meister des Schwertkampfes und der Tarnung, der seine Gegner oft mit schnellen und überraschenden Angriffen überwältigt. Er ist auch ein charismatischer und respektierter Anführer, der das Vertrauen und die Bewunderung seiner Söldner genießt. Bei allem ist er jedoch kein Mann ohne Gewissen und sorgt für die Einhaltung des Kodex.


    Er hat eine dunkle Vergangenheit, die ihn verfolgt, und er ist in einen gefährlichen Konflikt mit einem mächtigen Feind verwickelt, den Eisenfalken, die seine Söldnereinheit bedrohen.




    Oben: Yorkan Schattenfang ist

    Kommandant der Schattenwölfe.

    Rivalen


    Ihre erbittertsten Rivalen oder manchmal sogar Feinde sind die Eisenfalken, die für ihre Skrupellosigkeit und Geldgier bekannt sind. Bemerkenswert ist der Umstand, dass der Anfürer der Schattenwölfe, Yorkan Schattenfang, ein ehemaliger Eisenfalke ist (siehe Geschichte).


    Der Kodex der Schattenwölfe


    1. Wir töten keine Unschuldigen. Wir richten unseren Zorn nur gegen die, die uns oder unsere Auftraggeber bedrohen.


    2. Wir verraten niemals unsere Kameraden oder unseren Anführer. Wir stehen zusammen in guten und schlechten Zeiten. Wir teilen unsere Beute, unsere Freuden und unsere Leiden.


    3. Wir foltern niemals unsere Feinde oder unsere Gefangenen. Wir behandeln sie mit Würde und Gnade. Wir verlangen kein Lösegeld, sondern tauschen sie gegen andere Gefangene oder gegen Zusicherungen.


    4. Wir halten uns an unsere Verträge und unsere Versprechen. Wir erfüllen unsere Aufträge mit Professionalität und Effizienz. Wir verlangen einen fairen Preis für unsere Dienste, aber wir sind nicht gierig oder habgierig.


    5. Wir respektieren die Gesetze und die Bräuche der Länder, in denen wir arbeiten. Wir mischen uns nicht in ihre Angelegenheiten ein, es sei denn, wir werden dazu aufgefordert oder provoziert. Wir zahlen unsere Steuern, unsere Gebühren und unsere Strafen.


    6. Wir ehren die Traditionen und die Geschichte der Schattenwölfe. Wir tragen unsere Wolfsfelle mit Stolz und Ehre. Wir erinnern uns an unsere Vorgänger, unsere Helden und unsere Legenden.


    7. Wir streben nach Verbesserung und Weiterentwicklung. Wir trainieren unsere Fähigkeiten, wir lernen neue Dinge, wir suchen nach neuen Herausforderungen. Wir sind offen für Veränderungen, aber wir vergessen nie unsere Wurzeln.


    8. Wir haben Spaß an unserem Leben und unserer Arbeit. Wir genießen die Kämpfe, die Abenteuer, die Freundschaften, die Liebe. Wir lachen, wir singen, wir trinken, wir feiern. Wir sind die Schattenwölfe, und wir leben frei.


    Strafen


    Wenn ein Söldner gegen den Ehrenkodex verstößt, muss er oder sie mit schweren Konsequenzen rechnen. Je nach der Schwere und der Häufigkeit des Verstoßes kann der Söldner folgende Strafen erhalten:


    Verwarnung:


    Eine Verwarnung ist die mildeste Strafe, die ein Söldner erhalten kann. Sie wird für kleinere oder einmalige Verstöße verhängt, die keine ernsthaften Schäden oder Konflikte verursachen. Eine Verwarnung ist eine mündliche oder schriftliche Rüge, die vom Anführer oder einem Offizier ausgesprochen wird. Der Söldner muss sich entschuldigen und versprechen, den Fehler nicht zu wiederholen.


    Buße:


    Eine Buße ist eine härtere Strafe, die ein Söldner erhalten kann. Sie wird für größere oder wiederholte Verstöße verhängt, die das Ansehen, die Sicherheit oder die Effizienz der Söldnereinheit beeinträchtigen. Eine Buße ist eine materielle oder körperliche Sanktion, die vom Anführer oder einem Offizier verhängt wird. Der Söldner muss einen Teil seiner Beute, seiner Ausrüstung oder seines Lohns abgeben, oder er oder sie muss zusätzliche Aufgaben, Übungen oder Dienste leisten.


    Verbannung:


    Eine Verbannung ist die schwerste Strafe, die ein Söldner erhalten kann. Sie wird für extreme oder unverzeihliche Verstöße verhängt, die das Leben, die Ehre oder die Loyalität der Söldnereinheit gefährden. Eine Verbannung ist ein endgültiger Ausschluss aus der Söldnereinheit, der nur vom Anführer verhängt werden kann. Der Söldner muss sein oder ihr Wolfsfell ablegen, seine oder ihre Waffen und sein oder ihr Eigentum zurücklassen, und er oder sie darf nie wieder Kontakt zu den Schattenwölfen aufnehmen. Eine Verbannung ist eine Schande und ein Todesurteil für einen Söldner.


    Geächtete


    Es gab einige Fälle, in denen Söldner gegen den Ehrenkodex verstoßen haben und dafür bestraft wurden. Hier sind einige Beispiele:


    Mirando


    Mirando war ein talentierter Bogenschütze, aber auch ein unverbesserlicher Dieb. Er stahl oft von seinen eigenen Kameraden, den Auftraggebern oder den Feinden der Schattenwölfe, ohne Rücksicht auf die Folgen. Er wurde mehrmals verwarnt und musste Buße leisten, aber er änderte sein Verhalten nicht. Eines Tages stahl er einen wertvollen Ring von einem Händler, der die Schattenwölfe für Geleitschutz angeheuert hatte. Der Händler bemerkte den Diebstahl und war sehr wütend. Yorkan musste den Ring zurückgeben und sich entschuldigen. Er verbannte Mirando aus der Söldnereinheit und überließ ihn seinem Schicksal. Er wurde später von einer Bande von Räubern gefangen genommen und getötet.


    Nalak


    Nalak war ein starker und mutiger Schwertkämpfer, aber auch ein grausamer und sadistischer Folterer. Er quälte oft seine Feinde und seine Gefangenen, um Informationen, Vergnügen oder Rache zu bekommen. Er missachtete die Befehle, die Gesetze und die Bräuche der Länder, in denen er arbeitete. Weder Verwarnungen noch Buße halfen, aus ihm einen besseren Menschen zu machen. Eines Tages folterte er einen jungen Adligen. Der junge Mann starb an seinen Verletzungen und dessen Vater schwor, die Schattenwölfe auszulöschen. Yorkan musste einen hohen Preis zahlen, um den Frieden zu bewahren. Er verbannte Nalak aus der Söldnereinheit und überließ ihn seinem Schicksal. Er wurde später von einem Kopfgeldjäger gefunden und enthauptet.


    Tarilo


    Tarilo war ein kluger und geschickter Kundschafter, aber auch ein hinterhältiger, treuloser Verräter. Er verkaufte Informationen, Pläne und Geheimnisse an die Feinde oder die Konkurrenten der Schattenwölfe. Eines Tages verriet er Yorkan an die Eisenfalken, eine rivalisierende Söldnertruppe. Der Feind überfiel das Lager der Schattenwölfe und tötete viele Söldner. Yorkan konnte entkommen und den Angriff abwehren. Tarilo entkam, doch selbst die Eisenfalken trauten ihm nicht und nahmen ihn nicht auf. Er wurde von Yorkan persönlich gejagt, so dass er sich eine falsche Identität zulegte und sich seither als Reliktjäger in Drakenstein durchschlägt.



    Geschichte


    Cadmir Wolfsherz


    Die Geschichte begann, als Cadmir Wolfsherz, ein junger und idealistischer Soldat aus Almanien, sich gegen seinen Lehnsherren auflehnte und dafür verbannt wurde. Seinen Namen hatte er daher, weil er von einem treuen Hund begleitet wurde, der zur Hälfte Wolf war.



    Die Wölfe


    Cadmir schloss sich einer Gruppe von Vogelfreien unter der Führung eines gewissen Ulrich an, die sich in den wilden Feldern von Alkena versteckten und sich die Wölfe nannten. Cadmir machte sich einen Namen als mutiger, gerechter und charismatischer Kämpfer, weshalb er bald in den Rängen der Wölfe aufstieg.



    Die Schattenwölfe als Kundschafter der Wölfe


    Er gründete innerhalb der Wölfe eine Kundschafter-Einheit namens die Schattenwölfe, die bald für ihre Loyalität und ihre Fähigkeiten bekannt wurden. Auch durch die Arbeit der Schattenwölfe gewannen die Wölfe viele Schlachten, welche die Geschichte der Region prägten. Cadmir machte sich auch als Unterhändler einen Namen. Er schloss Freundschaften und Bündnisse mit vielen anderen Söldnereinheiten, Herrschern und Völkern. Er wurde sowohl geliebt als auch gefürchtet.



    Aufstieg der Schattenwölfe


    Als Ulrich, der Anführer der Wölfe, fiel, wurde Cadmir sein Nachfolger. Er strukturierte die Truppe um und die Wölfe gingen ganz in den Schattenwölfen auf. Er schuf den Ehrenkodex, der die Schattenwölfe bis heute leitet. Er machte die Schattenwölfe zu einer der berühmtesten und gefürchtetsten Söldnereinheiten in der Welt.



    Yorkan Schattenfang


    Cadmir lernte vor etwa 15 Jahren den damals noch sehr jungen Yorkan kennen.


    Yorkan, der als Jüngling aus seinem Elternhaus ausgerissen war, lebte als Teil einer kleinen Söldnereinheit namens Eisenfalken, die von einem skrupellosen und gierigen Anführer namens Garlyn Meqdarhan geführt wurden. Garlyn, damals selbst noch recht jung und unerfahren, hatte seine Söldner in einen gefährlichen und schlecht bezahlten Auftrag geführt, der darin bestand, eine Karawane von Händlern zu überfallen, die durch die Wüste Tamjara reisten. Der Auftrag stellte sich jedoch als eine Falle heraus, die von den Händlern gelegt wurde, die in Wirklichkeit Almanen aus Drakenstein waren, die man damit beauftragt hatte, die Bernsteinstraße vor den ständigen Überfällen zu schützen. Die Soldaten töteten oder verwundeten die meisten Eisenfalken. Yorkan war einer der wenigen Überlebenden, der schwer verletzt und bewusstlos in der Wüste zurückgelassen wurde.


    Cadmir war zu dieser Zeit bereits Anführer der Schattenwölfe, die ebenfalls im Süden unterwegs waren, um einen anderen Auftrag zu erfüllen. Er und seine Söldner waren auf dem Weg zu einem geheimen Treffpunkt, als sie auf die Überreste der Schlacht zwischen den Soldaten und den Söldnern stießen. Cadmir befahl, nach Überlebenden zu suchen und ihnen zu helfen. Er fand Yorkan unter einem Haufen von Leichen und erkannte, dass er noch lebte. Er nahm ihn zusammen mit einigen anderen Schwerverletzten mit sich und brachte ihn zu seinem Lager, wo er ihn pflegen und heilen ließ.


    Yorkan erwachte einige Tage später und war überrascht, dass er noch lebte. Sein eigener Kommandant hatte ihn zum Sterben zurückgelassen. Er war dankbar für Cadmirs Hilfe und wollte ihm seine Loyalität beweisen. Er erzählte ihm seine Geschichte und bat ihn, ihn als seinen Schüler und seinen Söldner anzunehmen. Cadmir war beeindruckt von Yorkans Willen und stimmte zu, ihn unter seine Fittiche zu nehmen. Er machte ihn zu einem Mitglied der Schattenwölfe und gab ihm den Namen Schattenfang, weil er Biss hatte. Er machte ihn zu seinem engsten Vertrauten und Freund.



    Gemeinsame Jahre


    Yorkan und Cadmir verbrachten viele Jahre zusammen und kämpften Seite an Seite in vielen Schlachten und Kriegen. Sie entwickelten eine tiefe Bindung und einen großen Respekt füreinander. Sie wurden wie Vater und Sohn, wie Brüder, wie Kameraden. Sie teilten ihre Freuden und ihre Leiden, ihre Siege und ihre Niederlagen, ihre Geheimnisse und ihre Träume. Sie wurden zu den erfolgreichsten und berühmtesten Söldnern ihrer Zeit.



    Das Ende von Cadmir


    Cadmir starb vor etwa 5 Jahren bei einem Hinterhalt, der von den Eisenfalken geplant wurde. Er starb in den Armen von Yorkan Schattenfang, der ihm schwor, die Schattenwölfe zu beschützen und zu führen. Cadmir wurde in einem geheimen Grab in den Bergen beigesetzt, das noch heute von seinen treuen Schattenwölfen gepflegt und bewacht wird. Er wird immer als der Gründer, der Vater und der Held der Schattenwölfe in Erinnerung bleiben.



    Yorkan wird Anführer der Schattenwölfe


    Nach seinem Tod wurde Yorkan Schattenfang Anführer der Schattenwölfe. Im Gegensatz zu Cadmir, der von den Almanen gejagt wurde, gelang es Yorkan, die Gunst der Almanen zurückzuerlangen, als er sie gegen die Eisenfalken verteidigte. Seither sind die Almanen die wichtigsten Auftraggeber der Schattenwölfe. Auch vergaß Yorkan nicht, wer ihn zum Sterben zurückgelassen hatte. Die Schattenwölfe wurden unter seiner Führung die grimmigsten Feinde der Eisenfalken.


    Die Eisenfalken

    “Eisen im Blut, Feuer im Herzen, Falken im Himmel!”


    emblem.jpgDie Eisenfalken sind eine berüchtigte Söldnertruppe, die ihr Lager momentan vor Drakenstein aufgeschlagen hat. Sie sind für ihre Disziplin und Professionalität bekannt, aber auch für ihre Grausamkeit gegenüber ihren Feinden. Sie nehmen jeden Auftrag an, solange der Preis stimmt, und halten sich an ihren Vertrag, egal wie gefährlich oder unmoralisch er sein mag. Sie haben schon viele Schlachten geschlagen, Belagerungen durchgeführt, Festungen gestürmt und Dörfer geplündert. Sie sind gefürchtet und respektiert von Freund und Feind gleichermaßen.


    Die Eisenfalken tragen als Erkennungszeichen einen eisernen Falken an einer Kette um ihren Hals, in den ihr Name eingraviert ist. Im Todesfall überreicht man den Angehörigen oder einem nahestehenden Kameraden den Falken des Gefallenen. Man findet den Eisenfalken aber auch auf Helmen und Schilden.


    Die Parole der Eisenfalken lautet: “Eisen im Blut, Feuer im Herzen, Falken im Himmel”. Sie drückt ihre Identität, ihren Kampfgeist und ihren Siegeswillen aus. Die Worte finden sich auch oft auf ihren Bannern, ihren Briefen und ihre Gräbern.


    Die Söldnereinheit besteht aus etwa hundert Kämpfern, die sich in verschiedene Spezialisierungen aufteilen: Schwertkämpfer, Bogenschützen, Späher, Heiler und Versorger. Ihr Anführer ist ein Naridier namens Garlyn Meqdarhan, der wegen unehrenhaftem Verhalten aus den naridischen Streitkräften entlassen wurde. Er gründete die Eisenfalken, um seinen eigenen Weg zu gehen.


    garlyn1.jpgBerühmte Mitglieder

    • Garlyn Meqdarhan - Naridier, Anführer
    • Cherax der Zerstörer - Troll, Schwertkämpfer
    • Mauli - Tiefling, Kundschafterin
    • Serak der Lügner - Halbork, Schwertkämpfer (ehemaliges Mitglied)


    Ausrüstung


    Im Laufe der Jahre konnten die Eisenfalken sich eine halbwegs einheitliche Ausrüstung ansparen, die jeder Neuling erhält. Die Grundausrüstung besteht aus einer Pluderhose, einem Kapuzengewand aus dicker Wolle, das bis zu den Oberschenkeln reicht und darüber einem Lederwams, das an den Seiten geschnürt wird. Dazu gehören Kampfstiefel, die bis zu den Waden reichen. Auch Arm- und Beinschoner sowie Kampfhandschuhe gehören zur Ausrüstung. Schwertkämpfer erhalten einen eisernen Harnisch, die übrigen Einheiten ein Kettenhemd. Der Kopf wird von einem Maskenhelm geschützt.


    Die Bewaffnung richtet sich nach der Spezialisierung. Die Ausrüstung ist nur eine Leihgabe und muss bei Verlassen der Einheit abgegeben werden. Es ist jedoch möglich, eigene Ausrüstung mitzubringen oder zu kaufen.


    Oben: Garlyn der Fuchs ist Anführer der Eisenfalken

    Hierarchie


    An der Spitze steht der Anführer, Garlyn Meqdarhan, genannt Garlyn der Fuchs, der die absolute Autorität und Verantwortung über die Truppe hat. Er bestimmt, welche Aufträge angenommen oder abgelehnt werden, wie die Bezahlung verteilt wird, legt die Strategie und Taktik fest, und entscheidet, wie Disziplin und Ordnung aufrechterhalten werden. Er ist ein erfahrener und respektierter Kämpfer, der mit naridischem Kurzschwert und Rundschild in den Kampf zieht. Er hat das letzte Wort in allen Angelegenheiten, die die Eisenfalken betreffen..


    Unter dem Anführer stehen die fünf Kommandanten, die jeweils eine Spezialisierung der Eisenfalken anführen: Schwertkämpfer, Bogenschützen, Späher, Heiler und Versorgung. Sie sind die engsten Vertrauten und Berater von Garlyn Meqdarhan, und haben die Befehlsgewalt über ihre jeweiligen Einheiten. Sie sind für die Ausbildung, Ausrüstung und Koordination ihrer Kämpfer verantwortlich, und müssen dem Anführer Bericht erstatten. Sie sind auch diejenigen, die die Prüfungen für die neuen Mitglieder durchführen und bewerten. Das letzte Wort hat der Anführer.


    Unter den Kommandanten stehen die zwanzig Gruppenführer, die jeweils eine Gruppe von etwa fünf Kämpfern anführen. Sie sind die direkten Vorgesetzten und Ansprechpartner ihrer Gruppenmitglieder. Sie sind für die Sicherheit, das Wohlbefinden und die Moral ihrer Kämpfer verantwortlich, und müssen den Kommandanten Bericht erstatten. Sie sind auch diejenigen, die die Aufgaben und die Bezahlung für ihre Gruppen verteilen.


    Die etwa achzig Söldner bilden das Rückgrat der Eisenfalken. Sie sind diejenigen, die die eigentliche Arbeit erledigen, und die den Ruf und das Ansehen der Eisenfalken ausmachen. Sie sind für ihre Fähigkeiten, ihren Charakter und ihre Loyalität ausgewählt worden. Sie sind auch diejenigen, die die meiste Gefahr und das meiste Risiko eingehen.


    Rivalen


    Ihre erbittertsten Rivalen oder manchmal sogar Feinde sind die Schattenwölfe, die oft für die almanische Krone kämpfen und nichts von der rücksichtslosen Skrupellosigkeit der Eisenfalken halten. Bemerkenswert ist der Umstand, dass der Anfürer der Schatetnwölfe, Yorkan Schattenfang, ein ehemaliger Eisenfalke ist.


    berühmte Schlachten


    Die Schlacht im Silberwald:


    Die Eisenfalken wurden vom Hohen Richter zu Vellingrad angeheuert, um gegen die Rebellenarmee des Advokaten Brand Lohenach zu kämpfen, der den Platz als Hoher Richter beanspruchte. Die Schlacht fand im Silberwald statt, wo die Eisenfalken ihre überlegenen Fähigkeiten als Kundschafter und Bogenschützen einsetzten, um die feindlichen Truppen in einen Hinterhalt zu locken und zu dezimieren. Die Schlacht endete mit der Gefangennahme von Brand Lohenach, der für den Rest seines Lebens in die Erzminen von Trux verbannt wurde.


    Die Belagerung von Sonnenstein:


    Die Eisenfalken wurden von Dijon de la Grange angeheuert, um die Belagerung seiner Festung zu durchbrechen. Sonnenstein ist eine strategische Festung, die die Grenze zur Souvagne schützt. Die Belagerung wurde von dem rakshanischen Kriegsherrn Zoltan dem Löwen angeführt, der über eine furchterregende Armee verfügte. Die Eisenfalken nutzten ihre Ingenieurskunst, um einen geheimen Tunnel unter der Festung anzulegen, durch den die Souvagner mit Vorräten versorgt werden konnten. Die souvagnischen Soldaten konnten hinausgelangen. Gemeinsam mit den Eisenfalken griffen sie die Belagerer überraschend von hinten an. Der Kampf war heftig und blutig, aber den Eisenfalken gelang es, die Belagerer zu schlagen und Zoltan den Löwen zu töten.


    Das Massaker von Eichenhain:


    Die Eisenfalken wurden vom Graf von Eichenhain angeheuert, einem wohlhabenden und korrupten almanischen Adligen, der sein Volk unterdrückte. Der Graf wollte eine Gruppe von Rebellen vernichten, die sich im nahe gelegenen Wald versteckt hielten, und befahl den Eisenfalken, den Wald niederzubrennen und alle darin befindlichen Personen zu töten. Die Eisenfalken gehorchten, aber das war noch nicht alles. Sie griffen auch den Grafen und seine Ritter an und schlachteten sie alle ab. Anschließend plünderten sie die Burg des Grafen. Es war der reichste Beutezug, den sie je erlebten, doch es sorgte auch dafür, dass die Eisenfalken nun in Almanien als Vogelfreie gelten. Das Massaker von Eichenhain war eine der seltenen Situationen, in denen die Eisenfalken ihren Dienstherren verrieten. Von den erbeuteten Reichtümern konnten sie vernünftige Ausrüstung und Zelte für die gesamte Truppe kaufen und somit ihre Arbeit weiter professionalisieren.


    Schlimmste Niederlage


    Ihre schlimmste Niederlage war die Schlacht von Gelaton, die auch als das Massaker von Gelaton bekannt ist. Die Eisenfalken wurden angeheuert, um eine Strafexpedition gegen die vordringenden Rakshaner durchzuführen, die den Handel auf der Bernsteinstraße störten. In Gelaton hatten die Rakshaner einen strategisch wichtigen Stützpunkt an einem der wenigen Flüsse in diesem Areal, ein schnell fließender Gebirgsfluss namens Eveys, der einem Gletscher im Kargetas entspringt. Die Eisenfalken waren zahlenmäßig unterlegen, aber sie vertrauten auf ihre Erfahrung und ihre Ausrüstung, um den Sieg zu erringen.


    Die Schlacht begann mit einem Pfeilhagel von beiden Seiten, der viele Kämpfer tötete oder verwundete. Die Pfeile flogen wie ein Schwarm von tödlichen Vögeln durch die Luft, und das Feld wurde mit Blut und Leichen bedeckt. Die Schlacht ging daraufhin in den Nahkampf über. Die Schwerter klirrten und funkelten im Sonnenlicht, und das Flussufer wurde mit Blut und gestürzten Körpern bedeckt.


    Die Schlacht endete mit einer Katastrophe für die Eisenfalken, als die Rakshaner eine Falle auslösten, die sie vorbereitet hatten. Sie hatten den Fluss mit Sprengstoff gefüllt, und zündeten ihn an, als die Eisenfalken in der Nähe waren. Der Fluss explodierte mit einer gewaltigen Kraft, die eine riesige Welle aus Wasser und Schutt auslöste, die die Eisenfalken das Flusstal hinab spülte. Dann griffen die Rakshaner die Eisenfalken von allen Seiten an, um sie gnadenlos niederzumetzeln. Die Eisenfalken hatten keine Chance, sich zu verteidigen oder zu fliehen, und sie wurden fast alle getötet. Nur wenige überlebten, indem sie sich tot stellten oder sich in Schlamm und Geröll eingruben.


    Die Schlacht von Gelaton war die schlimmste Niederlage der Eisenfalken, die sie je erlitten hatten. Sie verloren nicht nur den Auftrag und die Bezahlung, sondern auch den Ruf der Unbesiegbarkeit. Sie verloren auch fast alle ihre Kameraden. Es dauerte Jahre, bis die Eisenfalken zu alter Größe gefunden hatten. Die Niederlage war der Grund für ihren Verrat am Grafen von Eichenhain, um möglichst schnell wieder zu Geld zu kommen und neue Männer anzuheuern.


    Die Schlucht Malakarmorya


    schlucht.jpgMan nennt sie Malakarmorya, die Weltenwunde. Die gewaltige, dunkle Schlucht scheint sich endlos in die Tiefe zu erstrecken. Ihre Wände sind steil und zerklüftet, mit tiefen Spalten und steilen Klüften, deren Sockel sich in der Dunkelheit verliert. Aufgrund der Tiefe hat sich ein eigenes Mikroklima in der größten Schlucht von Asamura gebilet, die ähnlich wie der Ozean mehrere Lichtzonen aufweist. Sie beherbergt ein reiches Ökosystem von Pflanzen und Tieren, die an das Leben in der feuchtwarmen Dämmerzone angepasst sind, bis hin zu seltenen Pilzen und Grubenasseln, die am tiefsten Grund in den Schatten leben, wo kein Sonnenstrahl je das nackte Gestein berührt.


    Aus einigen der hier vorkommenden Pflanzen, Pilze, Tiere und Mineralien kann man wertvolle Stoffe gewinnen, zum Beispiel Zutaten für Drogen wie Dhanga oder auch das wertvolle Türkisgrün, mit dem der Adel Ledwicks seine Stoffe färbt. Man sagt, dass diejenigen, die sich in die Tiefe wagen, viele Gefahren und Hindernisse überwinden müssen, bevor sie siegreich daraus hervorgehen können.


    Malakarmorya ist ein geheimnisvoller und bedrohlicher Ort, der für seine tückischen Steinschläge und gefährlichen Gifttiere bekannt ist. Nur Spezialisten mit entsprechender Vorbereitung und Ausrüstung kehren lebend aus ihr zurück. Oft handelt es sich dabei um Reliktjäger, die sich hier ein Zubrot verdienen.


    Der Großteil der Schlucht ist noch unerforscht. Auf dem Weg ins Unbekannte werden Glücksritter sich vielen Herausforderungen und Hindernissen stellen müssen, darunter tückische Fallen durch Ihresgleichen.



    Spiritualität

    - in Arbeit -


    Warme, kalte und unbelebte Natur


    Die asameische Naturlehre unterteilt die Natur in drei große Gruppen: warme, kalte und unbelebte Natur.


    Alle Völker und Tiere gehören zur warmen Natur, denn ihr Herz schlägt und durch die Adern der meisten fließt warmes Blut.


    Pflanzen, Pilze und Flechten - alle Wesen, die über keinen Herzschlag verfügen, aber doch eindeutig leben - zählt man zur kalten Natur. Sowohl warme als auch kalte Natur gilt als belebt. In den alten Religionen abseits der großen Götter (Alvashek, Ainuwar, Rakshor) genießt die warme Natur besondere Verehrung und Fürsorge.


    Daneben existiert die unbelebte Natur, welche die Steine und Felsen beinhaltet, die Erde und auch die Kristalle. Da sie nicht lebt, wird sie nicht verehrt und darf nach Belieben nutzbar gemacht werden.


    Eine Sonderrolle nimmt der Wind ein, der als Lebensatem der gesamten Welt betrachtet wird. In den Regionen, in denen man noch dem alten Glauben anhängt, spricht man ihm göttliche Kräfte zu und man nutzt ihn zum Wirken verschiedener Zauber. Gelegentlich wird er personifiziert.


    Jeridud, der Lebensatem


    Alles, was atmet, lebt. In jedem Menschen und jedem Tier, sogar in jedem Baum ist es Jeridud, der ihm seine Lebendigkeit schenkt. Es ist ein ehernes Gesetz: Was nicht atmet, lebt nicht, und was atmet, lebt. Mit dem letzten Hauch verlässt Jeridud zum Lebensabend einen sterbenden Körper, um wieder eins mit dem Wind zu werden.


    Ein einzelner Stein besitzt keinen Lebensatem, so wenig wie ein Stück Eisen. Und doch findet man auch in der kalten Natur atmende und somit lebende Dinge. Die Völker wissen, dass der Wind der Atem der Welt ist, der heulend und fauchend durch die Höhlen der Unterwelt fährt und brüllend aus dem Rachen eines Vulkans hervorbricht. An diesen Orten findet man Jeridud so stark, dass er in der Lage ist, Körper zu vernichten und ihnen die kleineren Aspekte seiner selbst zu entreißen, um sie wieder mit sich zu vereinigen.


    Tala, das kollektive Unterbewusstsein


    Tala ist sehr schwer zu übersetzen. Sinngemäß bedeutet es etwa "Volksseele" oder "Gemeinschaftssinn", doch werden diese kühlen Begriffe dem wahren Wesen von Tala nicht gerecht.


    Jede Stadt, die man betritt, fühlt sich ein wenig anders an. Es ist nicht allein die Architektur oder die Leute, die darin wohnen, sondern vor allem ihre gemeinsame Tala, welche dieses Gefühl hervorruft. Tala bewirkt die Macht einer Gemeinschaft. Sie ist der Grund für die Verbundenheit zum Heimatland und für den Schmerz des Heimwehs, wenn die Verbindung zur vertrauten Tala gerissen ist, aber auch der innere Antrieb einer marodierenden Streitmacht, die der Kontrolle ihrer Kommandanten entgleitet.


    Die meisten Gelehrten gehen davon aus, dass Tala nur in warmer Natur zu finden ist, also in den Völkern und Tieren. Unter den Alben dominiert jedoch die Ansicht, auch in kalter Natur, insbesondere in Pflanzen, sei Tala stark. Und einige vertreten die Überzeugung, es gäbe keine unbelebte Natur und auch Wasser, Erde, Feuer und Wind besäßen Jeridud und Tala.

    Kultur der Frostalben

    cynabal1.jpgDie magische Symbiose zwischen warmblütigem Lebewesen und der Kälte des hohen Nordens hat ein Volk hervorgebracht, das auf Asamura einzigartig ist. Die Frostalben sind bekannt für ihre magischen Erzeugnisse aus Eis und für ihr grausames Rechtssystem. So wie sie dem Eis ihren magischen Willen aufzwingen und ihm langsam Gestalt verleihen, als wäre es ein wachsender Organismus, so kroch die Kälte auch in ihren Verstand. Ihr berechnender Blick auf andere Personen ist legendär und viele sprechen ihnen die Fähigkeit ab, lieben zu können. Es gibt Regionen, da sind sie und die Kälte vollkommen eins, wie im Falle des lebenden Gletschers Therinar, der die Menschenstadt Katagawara langsam zu verschlingen beginnt, während in seinen Spalten und Tunneln die Frostalben eine geheime Militärbasis errichten.




    frostalb1.jpg

    Aussehen


    Sie sind spitzohrig, haben kreidebleiche Haut und schneeweißes Haar. Sie bleiben, wie alle Alben, im Schnitt etwas kleiner als die Menschenvölker. Ihre Kleidung besteht hauptsächlich aus Leder und Fell, jedoch darf man sich darunter keine barbarische Kluft vorstellen. In der Verarbeitung dieser Materialien stellen die Handwerker der Frostalben wahre Kunstfertigkeit zur Schau. So kann man sagen, sind Angehörige ihres Volkes stets warm und edel gekleidet. Auch Arbeitskleidung folgt einem ästhetischen Anspruch, denn sie glauben, dass man mit schönen Formen die Aufmerksamkeit lenken kann und damit die magische Kraft ihres kollektiven Unterbewusstseins.


    Mentalität


    Allen Alben ist gemein, abseits der Menschen zu leben und keine Eindringlinge zu dulden - ein Nachhall aus der Zeit ihrer Verfolgung. Insbesondere Frostalben gelten als verschlossen, rational und gefühlskalt. Sie haben aufgund eines tiefsitzenden Misstrauens in andere Völker und ihres nachtragenden Naturells ein schlechtes Verhältnis zu Fremden. Das eigenwillige Sozialverhalten der Frostalben wird umgekehrt an anderen Orten kaum als angenehm empfunden. Handel und der Austausch von Wissen gestalten sich daher schwierig. Jedoch findet man aufgrund ihres berechnenden Blicks in ihren Reihen begnadete Strategen, so dass viele Armeen versuchen, einen Frostalben für ihren Offiziersstab zu gewinnen.

    Der "Protektor", Regent der Frostalben,

    gilt als weltbester Stratege.

    Kultur


    Das Leben der Alben wird von der Natur bestimmt, in der sie leben. So formen sie umgekehrt die Natur nach ihrem Nutzen. Das bevorzugte Werkzeug hierfür ist magische Energie. Anstatt Städte aus Eisblöcken zu stapeln, lassen sie diese über Jahrzehnte wachsen. Es ist eine langsame und vor allem im Kollektiv wirkende Magie, die sehr feste und formschöne Bauwerke gebiert. Mit groben Methoden arbeiten Frostalben nur ausnahmsweise, wenn der Zweck es erfordert. Auch das Eis muss sich im Zweifelsfall dem Wohl der Gemeinschaft unterordnen, doch gern "verletzen" sie es nicht. Sie unterscheiden herablassend zwischen grobem Handwerk und erhabener Kunst.


    Für Gestein, Holz und andere Materialien gilt diese Heiligkeit nicht. So kommt es, dass Angehörige niederer Kasten ihr Dasein in Steinhäusern am Fuße prächtiger, magisch gewachsener Eiszitadellen fristet, in denen die magische Elite im vollkommenen Einklang mit dem Eis lebt. Fenster aus klarem Eis bündeln das Sonnenlicht und sorgen im Inneren für ein wärmeres Klima, so dass prachtvolle Wintergärten und große Gewächshäuer mit Wintergemüse in diesen Zitadellen zu finden sind.


    Religion


    Frostalben sprechen der Dunkelheit schöpferische Kräfte zu. Nach ihrer Überzeugung liegt in der Dunkelheit der Ursprung der Welt. Der Mittwinter, die längste Nacht im Jahr, ist das größte Fest der Frostalben. Das Fest ist zu Ehren von Malgorion und ihm zu Ehren finden an diesem Tag auch großzügige Opferabgaben statt. Ein weiteres bedeutendes Fest ist zu Ehren der Ahnen, was alljährlich stattfindet. An diesem Tag werden Familiengrabstätten besichtigt


    Gesellschaft


    Ihr Staat ist nach rationalen Gesichtspunkten aufgebaut, es geht ums bestmögliche Funktionieren in der lebensfeindlichen Umgebung. Der Einzelne hat sich der Gemeinschaft unterzuordnen. Man lebt in Wohngemeinschaften, die aus Verwandten, Freunden oder einfach nur Bekannten bestehen können. Ein geschütztes Familienleben in dem Sinne kennen sie nicht.


    Unter Frostalben existiert das Konzept der Ehe nicht. Partnerschaften können nach Belieben beschlossen oder gelöst werden. Man betrachtet diese als pragmatische Zweckgemeinschaften auf Zeit. Es gibt keinerlei Beschränkungen bei der Partnerwahl, weder im Hinblick auf das Geschlecht noch auf die Anzahl der Beteiligten, doch die wenigsten Frostalben interessieren sich für Angehörige niederer Kasten, es sei denn, als kurzer Zeitvertreib. Eine Liaison mit einem Fremdländer gilt jedoch als Skandal, als Gipfel der Geschmacklosigkeit mit Tendenz zum Hochverrat.


    Männer und Frauen sind in der Gesellschaft gleichberechtigt. Auch Frauen üben einen Beruf aus. In der Kriegerkaste sind Frauen allerdings aufgrund ihrer geringeren körperlichen Leistungsfähigkeit benachteiligt. Für Frauen ist es daher nicht möglich, „echte Krieger“ zu werden. Das heißt, dass Frauen zu Kriegern ausgebildet werden können, aber sie niemals in den Krieg ziehen dürfen. Stattdessen arbeiten sie als Wächter, Leibwächter etc.


    Magie


    Frostalben gelten als überdurchschnittlich magiebegabt, doch ist ihre Gabe vor allem passiver Natur. Ihre größten magischen Stärken liegt zum Einen in der Symbiose mit dem Eis, die ihnen den Bau von Gebäuden ermöglicht, die durch konventionelles Handwerk undenkbar wären, und in der Macht ihres magischen Kollektivs, das anstelle einer emotionalen Verbundenheit ein magisches Band zwischen den Frostalben webt. Diese kollektive Seele nennen sie Tala. Ein einzelner Frostalb in der Fremde, der von diesem Kollektiv abgeschnitten ist, leidet meist unter Heimweh und dem Gefühl tiefer Einsamkeit. Es gibt jedoch auch Eigenbrödler, welche die Einsamkeit bewusst regelmäßig suchen.


    Kasten


    Ihre Gesellschaft ist in einem Kastensystem organisiert an deren Spitze der sogenannte „Regent“ steht:


    1. die Kaste der Magier und Gelehrten,

    2. die Kaste der Krieger,

    3. die Kaste der Handwerker.


    Die Frostalben halten starr an ihr Kastenwesen fest. Für einen Frostalben ist es undenkbar seine Kaste zu wechseln, jedenfalls kam es in der langen Geschichte des Volkes bisher noch nie vor. Dies liegt daran, dass Frostalben mit dem Glauben aufwachsen, dass ihr Platz in der Gesellschaft vorherbestimmt und daher nicht anzuzweifeln ist.



    1. Kaste: Magier und Gelehrte - 5% der Gesellschaft


    An erster Stelle stehen die fähigsten Magier, welche als Gelehrte die Siedlungen regieren. Sie bilden die geistige Elite und stellen die politischen Führungskräfte dar. Ausgebildet werden sie in der Magierakademie in Xash’ir, der Hauptstadt der Frostalben. In weit entfernten Gebieten werden die Kinder der Magierkaste bis zum 10. - 15. Lebensjahr von ihren Eltern unterrichtet. Aber spätestens ab dem jugendlichen Alter ist es üblich, dass man für einige Jahre an die Akademie geht, um dort zu studieren.



    2. Kaste: Krieger - 20% der Gesellschaft


    Krieger sind robuste Frostalben mit einem starken Kampfeswillen und geringem Interesse an den Aufgaben eines Gelehrten. Die Krieger beschützen die Siedlungen und Städte vor Banditen und wilden Tieren oder gehen auf Erkundungsmissionen. In Kriegszeiten bilden sie das Heer. Eine besonders ehrenvolle Aufgabe für einen Krieger ist die Funktion des Eiswächters (Aetmisha). Dieser hat die Aufgabe, über die eingefrorenen Leichen der Verstorbenen zu wachen. Meist wird sie von Kriegsversehrten oder alten Veteranen wahrgenommen, die nicht mehr in das zivile Leben zurückfinden. Die Eiswächter (Aetmishakan) leben in abgeschiedenen Behausungen direkt bei den Toten, pflegen die Grabstätten und sind für deren Unversehrtheit verantwortlich.



    3. Handwerker - 75% der Gesellschaft


    Handwerker genießen das geringste Ansehen. In den Vorstellungen der Frostalben sind Handwerker jene, deren Fähigkeiten nicht für etwas Besseres genügen. Handwerkerstolz ist ihnen fremd. Sie leben in den Außenbereichen der Siedlungen in Basalthäusern. Ein Frostalb wird sich nach Kräften anstrengen, einer anderen Kaste zugewiesen zu werden. Trotzdem sind die Handwerker unabdingbar, um alle Gegenstände des täglichen Lebens zu fertigen, Gewächshäuser zu pflegen, Kleidung herzustellen und Schiffe zu bauen.


    Rechtssystem


    Aufgrund des effizienten und grausamen Rechtssystems der Frostalben gibt es kaum Kriminalität. Das Perfide am frostalbischen Rechtssystem besteht darin, dass das Gerichtsurteil schon bereits vor der Gerichtsverhandlung fest steht. Wenn jemand vor Gericht bestellt wird, ist er automatisch schuldig. Der Angeklagte darf sich während des ganzen Prozesses nicht äußern. Stattdessen spricht der Fürsprecher im Namen des Angeklagten und hat im Prinzip nur die Funktion, „den Tatbestand zu bestätigen“. Jedes Gerichtsverfahren ist deswegen ein großes Spektakel für das Volk und soll lediglich vor Augen halten, wie „effektiv“ das frostalbische Rechssystem ist. Freispruch oder eine Änderung des Gerichtsurteils während der Verhandlung ist nicht möglich.


    Wirtschaft


    Frostalben ernähren sich hauptsächlich von Fisch und Fleisch sowie den Erzeugnissen aus ihren Gewächshäusern. Frostalben treiben so gut wie gar keinen Handel. Das liegt daran, dass der Gedanke des kulturellen und wirtschaftlichen Austausches in ihrer Gesellschaft nicht vorhanden ist. Sie sind völlig auf sich und ihre eigenen Angelegenheiten fixiert. Aufgrund des extremen Klimas ihrer Heimat und ihrer abgeschiedenen Lage hinter den Gipfeln des welthöchsten Gebirges hat umgekehrt keine fremdländische Macht viel Interesse daran, regelmäßigen Kontakt zu erzwingen.


    frostalb2.jpgGeschichte


    Ihren Vorfahren gelang es, sich während der Verfolgung in den unzugänglichen Regionen des ewigen Eises zu verbergen. Ihr neues Reich, das sie Cynabal nennen, ist von einer kalten, geheimnisvollen Schönheit. Die meiste Zeit des Jahres liegt es vollständig unter Schnee und Eis verborgen. Der Wind faucht heulend über weiße Kältewüsten und treibt Eiskristalle wie Nadeln durch die beißend kalte Luft.


    Niemand kann hier überleben, der sich nicht im Laufe vieler Generationen angepasst hat. So leben die Frostalben in Sicherheit, denn kein Heer aus südlicheren Gefilden vermag es, der Witterung für die Dauer eines Feldzuges zu trotzen.



    Oben: Der Frostalb Carothir verdient sich als Offizier

    für wechselnde Söldnerlager eine goldene Nase.


    Im Laufe der Zeit bildete sich zwischen den magisch begabten Alben und ihrer Umgebung eine Symbiose heraus. In Abgeschiedenheit konnten sie sich intensiv dem Studium der Magie hingeben und haben eine ganz eigene Kultur aufgebaut. So wurden die Frostalben nicht nur die gefürchtetsten Krieger des hohen Nordens, sondern leben auch in einer kollektiven Symbiose zu ihrer Umwelt.


    Trivia


    Die Gastfreundschaft folgt in Cynabal Regeln, die der menschlichen Kultur diametral zuwiderlaufen, so dass fremdländische Reisende oft meinen, Frostalben würden Gäste verabscheuen. Diese fehlerhafte Annahme basiert jedoch auf fehlendem Wissen über die frostalbischen Kultur. In Cynabal ist es üblich, dass ein Gast - besonders ein Unangemeldeter - das Essen für den Gastgeber und sich selbst mitbringt. Dies ist ein Akt der Höflichkeit und des Respekts. Erscheint jemand ohne Speis und Trank vor der Tür eines Frostalben, wird dieser annehmen, der Gast wolle nicht eintreten und entsprechend wird er ihn auch nicht hineinbitten. Auf die Idee, ein Gast könne erwarten, dass er ihn verköstigen müsse, würde er niemals kommen.


    Wichtige Wörter der Frostalben auf Asami:


    Aet - Eis

    Amezat Aet - Ewiges Eis

    Vnutak - Frost

    Chílaka - Kälte

    Tshra - Schnee

    Tshravluscha - Schneeflocke

    Zlaaktshan - Gletscher


    Nazarak (pl. Nazarakar) - Regent

    Misha (Pl. Míshakan) - Wache/Wächter

    Aetmisha (Pl. Aetmíshakan) - Eiswächter

    Tulyak (Pl. Tulyiakar) - Soldat

    Túlyran (Pl. Túlyran) - Söldner

    Dizean (Pl. Dizean) - Magier

    Hašan (Pl. Hašan) - Hexer

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    Handel und Schmuggel

    In Asamura ist der Transport von Waren über weite Strecken mühsam und teuer. Nur edle und besonders begehrte Waren, wie Kaffee, Silber, Salz, Bernstein, Seide und Gewürze werden in nennenswertem Umfang über große Entfernungen transportiert. Zielort des Fernhandels sind die großen Städte.


    Salzstraße


    Asamura ist von einem großen Netz gut ausgebauter Handelsstraßen durchzogen, von denen die Salzstraße die längste ist. Wie der Name nahelegt, wird auf ihr das wertvolle Salz transportiert., das aus den abgelegenen Salzbergwerken der Kandoren gewonnen wird. Da Salz lebensnotwendig ist, aber nur in wenigen Orten gewonnen werden kann, genießt es weltweit einen hohen Handelswert. Formal steht die Salzstraße unter dem Schutz Almaniens.


    Bernsteinstraße


    Weniger vernetzt, doch von nicht geringer er Bedeutung ist die Bernsteinstraße, das zweitgrößte Handelsstraßennetz, das von den Ufern des Kargetas aus sternförmig durch Asamura verläuft. Ursprünglich stand die Bernsteinstraße unter dem Schutz Tamjidistans, doch nach dem Zerfall des Reiches übernahm Drakenstein die Kontrolle. Die gewonnenen Zölle haben von dieser Zeit an seinen wachsenden Reichtum und seine Unabhängigkeit begründet. Hochburg des Bernsteingewinns ist die Bernsteinküste an der Ostflanke des Kargetas. Wenn Herbst- und Winterstürme den Dhunischen Ozean aufwühlen, wird der leichte Bernstein an den Strand gespült. Vor allem bei Temperaturen um die vier Grad, wenn das salzige Wasser die größte Dichte hat, gerät Bernstein ins Schweben.


    Marktrecht


    Städte verlangten von den Kaufleuten, ihre Waren, die über die Fernhandelsstraßen in die großen Städte gelangten, eine Zeitlang auf dem örtlichen Stapelplatz abzuladen und anzubieten. Vor allem verderblichen Waren wie Milchprodukte, Fleischwaren, Fisch sowie Waren aus dem Fernhandel setzt diese Auflage eine große Handelserschwernis entgegen. Durch Zahlung einer Gebühr können die Händler sich manchmal von der Pflicht befreien.


    Straßenzwang


    Der Straßenzwang entstammt dem tamjidischen Handelsrecht und findet heute in allen zivilisierten Gebieten Asamuras Anwendung. Dieses Gesetz besagt, dass bestimmte Handelswaren von den Kaufleuten nur auf bestimmten Straßen transportiert werden dürfen. Die Städte, die an diesen Straßen liegen, können ihr Marktrecht ausüben, also den Verkauf der Ware auf ihrem Markt verlangen und für die Einfuhr Zoll erheben. Das verteuert die betroffenen Waren. Die Kaufleute profitieren im Gegenzug jedoch vom besonderen Schutz, unter dem diese Straßen stehen.


    Maßnahmen zur Sicherung des Straßenzwangs:

    • Meilensteine und Wegweisersäulen kennzeichnen die vorgeschriebenen Straßen.
    • Vor "verbotenen Wegen", sogenannten Schliefwegen, stehen Fahrverbotssäulen zur Abschreckung von Wagen.
    • Einige Burgherren legen Graben und Wälle an, um die Holwege unpassierbar zu machen, die durch das Umfahren der zollpflichtigen Straße entstanden sind. Damit sichern sie ihre Einnahmen.
    • Salzreiter mit bewaffneten Fußtruppen kontrollieren die Salzstraße.


    Salzreiter


    Zwölf Salzreiter kontrollieren in Almanien die "verbotenen Wege", die im Umkreis der Salzstraße von Schmugglern zur Vermeidung der Zollgebüren genutzt werden. Sie werden von mehreren Fußsoldaten unterstützt. Die Schmuggler sind jedoch ihrerseits manchmal bewaffnet. Die zwölf Salzreiter sind effektiv zu wenige, um die Schmuggler effektiv von ihrer illegalen Tätigkeit abzuhalten. Da jedoch niemand weiß, wie viele oder wenige sie sind und wie oft man auf sie trifft, entfaltet die Abschreckung dennoch eine gewisse Wirksamkeit.


    Gesperrte Grenze


    Zwischen Almanien und Naridien herrscht eine von Almanien ausgerufene Handelssperre. Der Welthandel soll zum eigenen Wohl in bestimmte, vorgezeichnete Kanäle gelenkt werden, um damit dem mächtigen Feind zu schaden. In Almanien wird gezielt versucht, ausländische Anbieter auf dem Inlandmarkt zu benachteiligen, um die eigenen Landsleute vor ausländischer Konkurrenz zu schützen. Besonders naridische Händler sind davon betroffen.


    Freihandel


    Dagegen herrtscht in Naridien seit der Zeit der Handelsallianz das Gegenteil, der Freihandel. Weder Import noch Export unterliegen Beschränkungen. Das ist Teil seiner imperialistischen Politik. Der Ausbeutung anderer Nationen sind damit Tür und Tor geöffnet. Heute, da die Handelsallianz nicht mehr existiert und Naridiens Wachstum ins Stocken geriet, sind die Auswirkungen aufs Ausland subtiler.


    Die Sprachen von Asamura

    Die Sprachen von Asamura basieren auf drei großen Sprachfamilien:

    • Asameische Sprachfamilie (Sprachen der Nordostens) - "Asami"
    • Rakshanische Sprachfamilie (Sprachen des Südwestens) - "Uncári"
    • Yadarische Sprachfamilie (Sprachen der Unterwelt) - "Yaduri"

    Daneben existiert die Handelssprache Raol, die ein Gemisch aus asameischen und rakshanischen Anteilen ist und auf der gesamten Welt mehr oder weniger gut verstanden wird.


    Sprecher von verschiedenen Sprachen ein und derselben Sprachfamilie verstehen einander. So darf oft zu Recht bezweifelt werden, ob es sich tatsächlich immer um eine eigenständige Sprache handelt oder nicht vielmehr um einen Dialekt. Oft stehen dahinter Bestrebungen, die eigene kulturelle Identität mithilfe der Sprache von anderen abzugrenzen. So neigen die Bewohner Asamuras schnell dazu, eine lokale Variante als eigenständige "Sprache" zu bezeichnen, die in ihren Besonderheiten gehegt und gepflegt werden muss.


    Beispiel:


    Chortak und Tsvatnesh gehören beide zur asameischen Sprachfamilie. Die Sprecher verstehen sich gegenseitig, wenngleich der jeweils andere einen starken Dialekt zu sprechen scheint. Die rakshanischen Sprachen hingegen erscheinen ihnen als echte Fremdsprachen und sind ungelernt nicht zu verstehen. Ein Sprecher einer rakshanischen Sprache, der sich in ihre Runde gesellt, würde Chortak und Tsvatnesh nicht auseinanderhalten können. Für ihn wären beide Sprachen schlichtweg unverständliches "Asami".