Die Machtergreifung des Bluthexerprinzen

  • Die Machtergreifung des Bluthexerprinzen

    Durch die schwere Eisentür klang gedämpftes Geschrei, das Klingen der Waffen, das Stürzen von schweren Dingen, die vielleicht Körper waren. Die Bluthexer hatten sich im Keller des Palasts um ihr Oberhaupt geschart. Roter Rauch waberte aus dem Gefäß, das einer von ihnen wie ein Pendel an einer Kette schwang, während er um sie schritt. Prince Ciel Felicien de Souvagne, der Bastard-Prinz, saß mit geschlossenen Augen im Bannkreis, sich sammelnd für den letzten Schlag. Auch ein Himmelsauge trat nun ein, sich vor dem Prince verneigend.


    "Remy. Wie steht es um die Leibgarde des Duc?" Ciel sprach, ohne die Augen zu öffnen. Er spürte am Herzschlag, wer vor ihm stand.


    "Hoheit, nur wenige sind verblieben", antwortete Remy. "Die Truppen der Brigade Nord sind Euch treu ergeben und ringen soeben den letzten Widerstand nieder. Unsere Späher berichten, dass Boldiszàr Boucher und Tekuro Chud Beaufort in dieser Nacht verlassen haben, Hoheit. Sie nahmen die Unitè B mit sich, so wie einige andere Männer, die sich haben kaufen oder einschüchtern lassen. Palaisin Bellamy Bourgeois ist ebenfalls verschwunden. Vermutlich ging er mit seinem Bruder."


    Ein kaltes Lächeln war auf dem bleichen jungen Gesicht zu erahnen. "Die Ratten verlassen das sinkende Schiff. Der Kapitän bleibt an Bord, bis es versunken ist. Ich aber weigere mich, das Sinken des Schiffes namens Souvagne zu akzeptieren, auch wenn das heißt, meinem Vater das Steuer zu entreißen und es selbst zu übernehmen. Der momentane Kurs ist der eines Naridiers. Dem werde ich Einhalt zu gebieten wissen. Alexandre, wie steht es um die magische Abwehr?"

  • Der Erzhexer des Blutes blickte starr auf den Prince. Asche klebte auf ihren Gewändern. Dies waren keine bösen Omina, sondern der Beginn des Unaussprechlichen. Sie waren verdammt.


    "Wir haben lange gewarnt, Hoheit", sprach er. "Zu lange." In seinen Augen glomm das heiße Fieber des Fanatismus. "Mit samtener Zunge und honigsüßen Worten haben wir zur Krone gesprochen. Ich bin Euer Zeuge, Hoheit, das Euer Vater nicht hören wollte noch wollte es Euer Bruder. Eine neue Zeit der Asche bricht an und Schuld tragen die Häretiker. Wenn Souvagne überleben will, so kann es das nur mit einem Bluthexer auf dem Thron. Dieser Bluthexer seid ihr."


    Alexandre verneigte sich, seinem Beispiel folgte der ganze Kreis. "Diese Abschweifung sei mir gestattet gewesen", fuhr er fort, als er sich wieder zu seiner vollen Größe aufrichtete. Alexandre de la Grange war ein hochgewachsener Mann und mit seinem strengen Gesicht flößte er so manchem Respekt ein. Das Haus La Grange war weder für seine Milde noch für seine Gnade bekannt.


    "Um Eure Frage zu beantworten: Die magische Abwehr ist so vollständig, wie es uns möglich ist. Der Aschefall erweist sich hierbei als nützlich. Etwas ist in seiner Substanz, das die Energieströme stört und den Blick der Himmelsaugen flimmern lässt. Ich nehme dies als ein weiteres in einer langen Reihe von Zeichen, dass Ihr auf dem richtigen Weg seid."

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  • "So werden wir angreifen."


    Aus dem Mund des zierlichen, bleichen Prinzen klangen solche Worte fremdartig. Er selbst fühlte sich fremd in diesem Augenblick, fremd in diesem Palast, der nicht mehr dem glich, in dem er als Kind unbeschwert mit seinem Freund Nathan durch die Gänge gerannt war. Die Zeit seiner Kindheit war vorbei. Obwohl Ciel schon deutlich über zwanzig Sommer und Winter lebte, wurde ihm jetzt, in dem Moment dieser endgültigen Entscheidung, in aller Deutlichkeit bewusst, dass er nun erwachsen war.


    "Die Rückeroberung meiner Heimat ist mein Wunsch, das Ausbrennen jener Wunden innerer Verwesung, welche die Naridier in Souvagne gefressen haben. So Ainuwar will, wird Souvagne morgen ein anderes Land sein."


    Er richtete den Blick auf Boldiszàr, den Coutilier der Unitè B, die ihm stets treu gewesen war. Vorübergehend hatte er das Land verlassen, doch Ciel hatte ihm auf den üblichen heimlichen Kanälen, jenen seidenfeinen Spinnenfäden, die ihm als Prince zur Verfügung standen, mitteilen lassen, dass er seine Dienste nach wie vor bedürfe - gerade jetzt, da Souvagne an einem Scheideweg stand.


    "Coutilier, Ihr wisst, worauf es nun ankommt. Souvagnes Zukunft liegt in Euren Händen noch mehr als den meinen. Seid Ihr erfolgreich, so soll Euer Kamerad Tekuro Chud als einziger Vampir nicht den Zorn der Bluthexer fürchten müssen sondern frei wählen, ob er das Land in sicherer Begleitung verlassen oder die Dienste in der Leibgarde fortsetzen möchte. Nun geht und führt die wahre Souvagne zum Sieg."

  • "Sehr wohl ... Majestät."


    Nicht länger hieß es "Hoheit", wie es für einen Prinzen üblich war. Vor ihnen stand der neue Duc. Coutilier Boldiszàr Boucher war klug genug, zu verstehen, dass er dem rebellischen Bluthexerprinz nichts entgegenzusetzen gehabt hätte. Duc Maximilien de Souvagne hatte das Land an seinen Sohn verloren, an diesen ehrgeizigen Fanatiker, dessen Sturheit der seines Vaters in nichts nachstand. Sie waren einander im Geiste so ähnlich und doch grundverschieden in ihren Idealen. Auf das Volk würden turbulente Zeiten zukommen, wenn Ciel Felicien de Souvagne die Geschicke des Landes übernahm.


    Boldiszàr wusste noch nicht, ob er in der neuen Souvagne bleiben wollte, oder ob es nicht besser wäre, ins Exil zu gehen. Dass Tekuro von einer künftigen Säuberung ausgenommen werden sollte, trug nur geringfügig zu seiner Beruhigung bei. Wollte er wirklich Teil einer Todesschwadron werden?


    Er würde mit Bellamy sprechen und mit Robby - später. Jetzt sprachen erst einmal die Waffen. Boldiszàr gab der Leibwache den Befehl, den Thronsaal zu stürmen ...