Ventralis - Die Stadt im Sturm

  • Ventralis - Die Stadt im Sturm

    In den kaum erforschten Weiten des Südens, wo die Winde des Schicksals unbarmherzig toben, liegt das Bittermeer. Es ist ein warmes, unheilvolles Gewässer, das die südlichen Gestade Asamuras umspült. Hier hinaus, wo heiße Stürme wüten und grautrübe Wellen zornig gegen die Küsten peitschen, wagen sich nur die kühnsten Seefahrer. Selten erreichen sie gar die vulkanischen Inseln des Feuerrings, und wenn sie es tun, erwartet sie eine trostlose Landschaft. Graue Aschewüsten erstrecken sich hinter dreckigen Stränden, und die schwarzen Basaltgebirge ragen wie finstere Wächter in den wolkenverhangenen Himmel. Ihre brennenden Kronen entsenden schwarzen Rauch, der jegliches Leben erstickt. Doch in den Einöden der Eilande gibt es Überraschungen. Auf Khilar, der größten Feuerinsel, erhebt sich die Stadt Ventralis, welche zwischen rauchenden Gipfeln und Aschewüste die Zeiten überdauert hat. Und während die anderen Städte bereits während der Vorzeit verfielen, herrscht in dieser wieder Leben.


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    Die Ventralier sind ein hellhäutiges Menschenvolk, das von Naridiern abstammt. Da anfangs nur wenige Frauen unter ihnen lebten, sehen die Bewohner der Stadt sich in den heutigen Tagen so ähnlich wie Geschwister. Schwarzes Haar hat sich durchgesetzt, ihre Augen sind grau wie der Sturm. Ihre Haut ist von den heißen Winden gegerbt und rau. Ihre Gesichter sind von Entbehrungen gezeichnet, doch in ihren Augen leuchtet ein ungebrochener Wille.


    Ihre Kleidung ist schlicht und funktional, von reisenden Schiffen geplündert oder gewebt aus den zähen Fasern des Meerestangs, der in den trüben Gewässern ihrer Heimat wächst. Diese Stoffe sind robust und widerstandsfähig, ideal, um den Elementen zu trotzen. Sie sind ein Volk, das gelernt hat, in einer feindlichen Umgebung zu überleben, und ihre rein der Funktion dienende Kleidung erzählt die Geschichte ihres unermüdlichen Kampfes gegen die Naturgewalten. Lederjacken und Ledermäntelaus dem Leder von Meerestieren schützen vor Regen und den scharfen Winden, die unablässig über Ventralis fegen. Um Hals und Schultern tragen die Ventralier fast immer Schals, die sie bei Bedarf auch um Mund und Nase schlingen. Die Erscheinung der Ventralier wirkt ärmlich, doch in der Schlichtheit liegt eine stille Würde, und sie sehnen keinen Reichtum herbei.


    Mentalität


    Viele Bewohner des Festlands von Asamura halten Ventralis für nichts weiter als ein Märchen, zu fantastisch und wundersam erscheinen die Erzählungen, die man sich von der Stadt im Sturm berichtet. Wer könnte glauben, dass Menschen mit Schwingen aus Leder und Eisen sich von den tosenden Winden hoch hinauf in den Sturm tragen ließen? Doch die Wahrheit, so unglaublich sie auch sein mag, ist, dass Ventralis existiert, auch wenn die Ventralier alles dafür tun, im Nebel der Legende unsichtbar zu bleiben.


    Trotz der allgegenwärtigen Armut hat die Wissenschaft in Ventralis einen hohen Stellenwert. Die Bewohner haben es geschafft, die uralten Maschinen wieder zum Leben zu erwecken und nutzen sie, um ihre Lebensbedingungen zu verbessern. Die Ventralier hüten ihre Technologie mit eiserner Strenge, und wer versucht, ihr Wissen zu stehlen, darf nicht auf Gnade hoffen.


    Ein Reisender, der das Unglück hat, diese Stadt zu finden, darf sie niemals wieder verlassen, und sein Schiff wird bis auf das kleinste Teil zerstört, als wäre es nie gewesen. Auch die Ventralier selbst bauen keine Schiffe. Einem Gestrandeten bleibt folglich nur die Wahl, Ventralier zu werden oder zu sterben. Doch wird es ihm nicht leicht fallen, sich als Gestrandeter unter jenen einen Platz zu verdienen, deren Blut durch generationenlange Inzucht untrennbar miteinander verbunden ist. Die Stadt im Sturm als neue Heimat anzunehmen, wird den wenigsten Gestrandeten leicht fallen.


    Doch auch den Ventraliern selbst ist das Verlassen ihrer Insel verwehrt, und jeder Versuch, ein Schiff zu bauen, wird als Hochverrat betrachtet und wer es versucht, wird von den Sturmwächtern bis zum Tode gejagt. Die Ventralier sind sich des unersättlichen Machthungers des Festlandes bewusst, dessen Anführer nach ihren Technologien dürsten, Relikten, die am Ende nicht den Menschen, sondern nur der Geldgier und dem Blutdurst dienen würden.


    Gesellschaft


    Die Ventralier haben eine tiefe Abneigung gegen Unterdrückung entwickelt. Die Ventralier haben nie vergessen, weshalb ihre Vorfahren einst vom Festland flohen. Ihre Vergangenheit hat sie gelehrt, dass Gerechtigkeit nur durch Gleichheit erreicht werden kann. Sie sind wachsam gegenüber jeder Form von Machtmissbrauch. Diese Gemeinschaft von einstigen Gesetzlosen hat sich ihre Freiheit mit Blut und Schweiß erkämpft und trägt ihre Unabhängigkeit wie ein Ehrenzeichen. Jeder Einzelne leistet seinen Beitrag zum Überleben der Stadt.


    Handwerker, Händler und Gelehrte arbeiten zusammen, tauschen Waren und Wissen aus und sorgen dafür, dass die Stadt am Leben bleibt. Konflikte werden oft durch Verhandlungen und gegenseitige Abmachungen gelöst, und die Sturmwächter fungieren manchmal als Vermittler, wenn die Spannungen zu groß werden. Es gibt kein Gesetz, welches Gewalt oder Diebstahl ahndet, doch kennen die Ventralier ihre eigene Form der Gerechtigkeit. Rache und Vergeltung schrecken ab. So haben sich ungeschriebene Regeln und Normen etabliert, die das Zusammenleben bestimmen. Zwischen den Bewohnern er Stadt herrscht im Allgemeinen ein harmonisches Miteinander. Der feindselige Welt, in der sie leben, können sie nur gemeinsam trotzden.


    In Ventralis gibt es keinen Adel und keinen Rat. Und doch gibt es eine Übereinkunft, die das Zusammenleben ermöglicht. Einzig der Führungsrat der Sturmwächter bildet ein gewisses Zentrum der Macht. Das Herz der Gesellschaft bilden die Mannschaften der Sturmwächter, jene, die die Macht der Blitze und die Energie der Stürme kontrollieren. Ein Kind aus jeder Familie soll ein Sturmwächter werden, damit die Macht gleichmäßig über alle Familien verteilt wird und es für immer so bleibt. Jeder trägt nach eigenen Kräften seinen Teil zum Wohl der Gemeinschaft bei, und in den Nächten, wenn die Kristalllampen die Straßen erhellen, spürt man den Geist der Freiheit und des Zusammenhalts, der Ventralis durchdringt.


    Architektur


    In den uralten Mauern von Ventralis, der Stadt, die seit Jahrhunderten den unbarmherzigen Stürmen trotzt, erheben sich Bauwerke von unvergleichlicher Robustheit und Funktionalität. Ihre runden Formen bieten dem Wind kaum Angriffsfläche. Türme mit halbrunden Kuppeldächern ragen gen Himmel, gekrönt von eisernen Blitzfängern, um deren wilde Energie in alchemistische Kristallbatterien zu lenken. Diese Technologien, Relikte einer längst vergessenen Zivilisation, erlauben es den Ventraliern, die ungezähmte Kraft der Natur zu bändigen und in nutzbare Elektrizität zu verwandeln.


    Im Herzen der Stadt thront ein uralter Turm, das höchste Bauwerk, das als Hauptblitzfänger und Energieverteiler dient. Von hier aus strömt die gesammelte Energie in die verschiedenen Bezirke der Stadt. Der Turm ist auch das Zentrum der Forschung und Entwicklung, wo Gelehrte unermüdlich daran arbeiten, die Geheimnisse der alten Technologien zu entschlüsseln und neue Wege zu finden, die Energie der Stürme zu nutzen.


    Wenn die Nacht hereinbricht, erwachen die aus eisenhaltigem Basalt erbauten Häuser und Straßen zum Leben. Ein sanftes, elektrisches Glühen durchzieht die Stadt und enthüllt eine Schönheit, die bei Tageslicht verborgen bleibt. Nicht länger sind die Straßen trostlos, wenn das blaue Glühen der Stadt eine verlorene Farbe zurückbringt. Kristalllampen erhellen die Dunkelheit und verleihen Ventralis einen magischen Glanz, der die Herzen der Bewohner verzaubert.


    Die Ventralier nutzen auch die natürliche Hitze des vulkanischen Bodens zu ihrem Vorteil. Sie leiten Meerwasser in flache Becken, die in den heißen Basalt geschlagen wurden. Darüber wölben sich metallene Abdeckungen, an deren Innenseite der aufsteigende Wasserdampf kondensiert und in Auffangrinnen tropft. Das frische Wasser wird in eine Zisterne geleitet, die im Herzen der Stadt liegt. Über ihr wurde ein Gebäude errichtet, das Brunnenhaus, um das Wasser vor dem immer wiederkehrenden Ascheregen zu schützen. Hier holen sich die Bewohner der Stadt mit Eimern das kostbare Nass für den täglichen Gebrauch, doch man trifft sich auch, um zu reden. Sitzbänke und Marktstände machen das Brunnehaus zu einem beliebten Treffpunkt im grauen Alltag der Stadt im Sturm.


    sturmwaechterfluegel.pngDie Sturmwächter


    Die Sturmwächter verstehen es meisterhaft, den ewigen Sturm zu ihrem Verbündeten zu machen. Gekleidet in Anzüge aus widerstandsfähigen Materialien, trotzen sie den extremen Bedingungen mit Leichtigkeit. Ihre Sturmschwingen aus Leder und Eisen tragen sie mühelos durch die tobenden Winde. Das Fliegen funktioniert nur während eines Sturms, der die Kraft hat, einen Menschen mit diesen künstlichen Flügeln zu tragen, doch dann bewegen die Sturmwächter sich mit der Gewandtheit von Möwen durch die wirbelnden Lüfte. Die Flügel sind über Lederriemen mit dem Körper verbunden und der Sturmwächter steuert ihre Mechanismen durch seine Körperdrehungen.


    Diese fliegenden Wächter sind das Schwert von Ventralis . Sie verkörpern die Freiheit und den ungebrochenen Willen der Ventralier, stets bereit, ihre hart erkämpfte Heimat zu schützen und ihre freie Gemeinschaft zu bewahren. Auf ihren Schwingen gleiten sie über das karge Land, stets wachsam und bereit, Abtrünnige zu jagen, das Meer nach fremden Schiffen abzusuchen oder wichtige Nachrichten zu überbringen. Sie sind tapfere Krieger, die die gefährlichen Gebiete rund um Ventralis erkunden, wertvolle Ressourcen sammeln und die Stadt gegen äußere Bedrohungen verteidigen.


    Doch Sturmwächter sind nicht nur in den Lüften unterwegs. Einige arbeiten als Techniker und Forscher. Sie sind Hüter des alten Turms von Icharith, ihrem Hauptquartier. Ihre Fähigkeiten und ihr Wissen sind von unschätzbarem Wert für das Überleben der Stadt. Die Blitzfänger auf ihrem Turm, die wie Speere hinauf in die Wolken ragen, fangen die Energie der Blitze ein und speichern sie in tragbaren Kristallbatterien. Von hier aus werden sie in der Stadt verteilt, um Gewächshäuser zu beleuchten oder Kühlaggregate zu betreiben.


    Die Mitglieder ihres Führungsstabes werden nicht durch Titel oder Erbrecht ernannt, sondern entwickeln sich durch ihre Erfahrung und ihre Persönlichkeit zu Anführern. Das Vertrauen der anderen Sturmwächter ist ihnen Krone genug. Die Größe der einzelnen Einheiten variiert, und bei Streitigkeiten kommt es oft zu einem Wechsel der Mitglieder zu anderen Einheiten, da es keine festgelegten Zugehörigkeiten gibt.


    Einige Aufgaben der Sturmwächter:


    1. Energiegewinnung: Eine der Hauptaufgaben der Sturmwächter ist es, die Energie des Sturms zu nutzen, um die Stadt Ventralis mit Strom zu versorgen. Sie sammeln die Blitze und leiten die Energie mittels alchemistischer Kristallbatterien in die städtischen Netzwerke.


    2. Wetterbeobachtung: Die Sturmwächter sind auch für die Überwachung des Sturms zuständig. Sie sammeln Daten über die Windgeschwindigkeiten, Blitzaktivitäten und andere Wetterphänomene, um die Sicherheit der Stadt zu gewährleisten und mögliche Gefahren frühzeitig zu erkennen.


    3. Rettungsmissionen: In Notfällen sind die Sturmwächter die ersten, die zur Hilfe eilen. Sie retten Menschen, die in den Sturm geraten sind, und leisten technische Unterstützung, wenn die Infrastruktur der Stadt beschädigt wird.


    Ausbildung und Fähigkeiten


    1. Navigation im Sturm: Die Sturmwächter durchlaufen eine intensive Ausbildung, um sich in den chaotischen Winden des Ewigen Sturms zurechtzufinden. Sie lernen, die Windströmungen zu lesen und zu nutzen, um sich effizient fortzubewegen und gefährliche Turbulenzen zu vermeiden.


    2. Blitzableitung: Ein weiterer wichtiger Teil ihrer Ausbildung ist die Fähigkeit, Blitze gezielt abzuleiten und zu nutzen. Sie lernen, die Blitzfänger präzise einzustellen und die gespeicherte Energie sicher zu transportieren.


    3. Technische Wartung: Da ihre Ausrüstung extremen Bedingungen ausgesetzt ist, müssen die Sturmwächter auch Experten in der Wartung und Reparatur ihrer Geräte sein. Sie lernen, ihre Ausrüstung im Feld zu reparieren und sicherzustellen, dass alles einwandfrei funktioniert.


    Geschichte


    Die einstigen Bewohner von Ventralis sind längst fort. Ihre robusten Basalthäuser, die dem stärksten Sturm zu trotzen vermögen, ließen sie zurück. Die Feuerinseln hatten alle Farben des Lebens verloren und bot ihnen keine Heimat mehr. Der Himmel und das Meer waren so grau geworden wie die Asche, die sich wie ein Leichentuch auf alle Wiesen und Felder gelegt hatte. Und so verließen sie die Inseln und alles, was ihre Vorfahren erschaffen hatten, um anderswo ein neues Leben zu beginnen.


    Über Jahrhunderte ruhte die Insel in völliger Stille und nur der Sturm sang sein ewiges Lied in den einst stolzen Hallen von Ventralis. Doch eines Tages strandete ein Schiff an den grauen Gestaden. Vom Sturm abgetrieben, zerlumpt und hungrig, betraten fremde Menschen die verlassene Insel im alten Handelshafen von Ventralis. Ihre Geschichte ist ein Abenteuer für sich, denn sie waren Sträflinge, denen es bei einem Gefangenentransport gelungen war, ein Schiff zu kapern und damit über das Meer zu fliehen. Zwischen rauchenden Gipfeln und glühenden Schluchten erkundeten sie die verlassene Stadt. Da sie keine andere Wahl hatten, denn ihr Schiff war unrettbar beschädigt, blieben sie. Bald fanden sie heraus, dass die Abgeschiedenheit nicht nur Fluch war, sondern auch Segen. Als ihr Schiff nach dem Abflauen des Sturms in keinem festländischen Hafen je gesichtet wurde, wähnte man die Sträflinge für tot, und sie konnten ein neues Leben beginnen. So erwachte die verlassene Stadt.


    Eine wesentliche Rolle für das Überleben in den folgenden Jahren spielten einige Männer, die mit dem Überleben in karger Wildnis vertraut waren und gleichzeitig über ein technisches Wissen verfügten, dass man solch rauen Gestalten schwerlich zugetraut hätte. Ohne sie wäre in der kargen Einöde ohne frische Quellen kaum jemand dauerhaft mit dem Leben davongekommen. Sie halfen mit Rat und Tat, das wenige zu nutzen und und die alten Technologien zu entschlüsseln, um das harrte Leben in Ventralis etwas zu erleichtern, und sie waren es auch, die zuerst das Fliegen lernten. Verschwiegen wird heute oft, dass diese ersten Sturmwächter Reliktjäger waren, die auf dem Festland für verschiedene Verbrechen verurteilt worden waren, darunter auch die Schlimmsten. Von ihren dunklen Ursprüngen distanzieren die heutigen Sturmwächter sich mit Nachdruck, denn sie erforschen die Relikte nicht für Geld, sondern für das Überleben der Gemeinschaft.