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Selbstgeschriebener Song zur Einstimmung:
©Baxeda
Lyrics:
Heart of the Tundra
Haunted by whispers old as time
Guided by stars that never shine
Wounds are deep, don’t ever heal
Chasing ghosts that aren’t real
I roam, I fight, I bleed for gold
My heart, my dreams, my spirit cold
Mercenary path under the moon
Singing the fallen warrior’s tune
The road to the stars is full of mud,
dirty and flanked by rivers of blood.
I was told to bury my dreams in dust
A heart of iron turned to rust
Heart of the tundra defying the snow
The journey is harsh, the cold winds blow
Tears freeze on cheeks, winds bite strong
To the tundra I belong
I roam, I fight, I bleed for gold
My heart, my dreams, they’ve been sold
I buried all my dreams twice
A heart of rust turned into ice
I roam I fight I bleed for gold
My heart my dreams they will unfold
Tears freeze on cheeks, no one will see
Heart of the tundra, beating in me
Prolog
Unwrain, ein Kaff im Nirgendwo, war nicht für sein schönes Wetter bekannt. Schneeregen peitschte in unsere Gesichter und bedeckte unsere Kapuzen und Wolljacken mit kaltem Matsch, so dass wir uns beeilten. Wenig später trat ich gemeinsam mit zwei Dutzend meiner Kameraden in die dunkle Holzhütte. Anderswo hätte man eine Kneipe wie diese wegen der völligen Abwesenheit von Hygiene geschlossen, aber in dieser Gegend war der «Heulende Hund» eine gute Adresse. Die Brandflecken auf den Holzdielen, die dreckigen Bleiglasfenster und der Kohlgestank aus der Küche verrieten, dass die Kneipe nicht zur gehobenen Gastronomie gehörte.
Die wenigen Gäste blickten sich nach uns um. Sie verfolgten jede unserer Bewegungen, sei es wegen unseres martialischen Auftretens, wegen unseres Körpergeruchs oder aufgrund unserer schieren Menge. So viele Gäste auf einmal kannte man in Unwrain nicht, einem Ort, der so klein war, dass er eigentlich keinen eigenen Namen verdiente. Doch heute genoss die schäbige kleine Kneipe am Arsch der Welt die fragwürdige Ehre, von zwei Dutzend Söldnern verstopft zu werden, die sich um die wenigen Tische quetschten.
«Mahlzeit», grüßte ich die fremden Gäste, während ich nach hinten zum Tresen ging und für alle die Bestellung aufgab. Das ging schneller, als wenn jeder einzeln wählte, da am Ende sowieso alle dasselbe tranken. Etwas anderes als Bier und Kohlsuppe stand nicht zur Auswahl, und natürlich entschieden sich alle für das Bier.
Die beiden Schankmädchen waren sichtlich überfordert, der Wirt gereizt, doch am Ende standen die bestellten Biere auf den Tischplatten. Jeder von uns griff nach seinem Krug und alle Blicke richteten sich erwartungsvoll auf mich.
Ich stand auf und hob mein Trinkgefäß, ließ den Blick betont feierlich über die Runde schweifen. Da ich unter Orks aufgewachsen war, bedeutete mir ein Jubiläum nichts. Das bloße Verstreichenlassen von Zeit war wenig ruhmvoll. Doch nachdem es mir den Ruf eines Geizhalses beschert hatte, weil ich das fünfjährige Jubiläum ohne Feier hatte ins Land ziehen lassen, versuchte ich mich zum zehnjährigen daran, es wieder gut zu machen, obwohl mein letzter Sold ausgeblieben war.
«Auf zehn weitere Jahre mit euch, ihr elenden Drecksäcke.»
«Auf zehn weitere Jahre!», brüllten die Söldner und dann tranken sie gierig.
Ich nahm ebenfalls einen beherzten Schluck und stellte fest, dass das Bier heute krümelig schmeckte. Das war mir egal, ein Besseres gab es nicht und es würde seinen Zweck erfüllen. Mit einem Rülps pflanzte ich mich wieder auf meinen Hocker.
Mauli und Cherax grinsten mich an, ich grinste zurück. Mauli war sichtlich älter geworden, seit wir uns vor zehn Jahren das erste Mal begegnet waren. Sie besaß nur noch die Hälfte ihrer Zähne und klagte über etliche Zipperlein, doch Cherax als Troll hatte lediglich ein paar Narben mehr als früher. Was mich betraf, musste ich momentan irgendwo zwischen fünfundzwanzig und dreißig sein und hatte damit noch etwas Zeit, bis das Alter sich bemerkbar machen würde.
«Zehn Jahre, Serak», sagte Cherax bedeutungsschwer. «Wo ist nur die Zeit geblieben?»
«Was dich betrifft - versoffen und verhurt», antwortete Mauli trocken. «Andere Leute haben derweil hart gearbeitet. Ich weiß sehr gut, wo all die Zeit geblieben ist. Ich spüre die Jahre in jedem Knochen.»
«Kein Streit heute, ich verbiete das», stellte ich klar.
«Mauli kann nicht anders», maulte Cherax. «Wenn die eines Tages unter der Erde liegt, muss man ihr Mundwerk extra totschlagen, damit es aufhört, sich über mich zu beschweren.»
«Schnauze jetzt», sagte ich und schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. «Heute wird gesoffen. Was ihr danach macht, ist eure Kanne Bier, aber jetzt wird gefeiert. Auf mich!» Ich hob den Krug.
«Auf dich», stimmten Mauli und Cherax ein, wir tranken und damit herrschte vorerst wieder Tischfrieden.
Während Mauli und Cherax sich mit den anderen am Tisch unterhielten, trank ich schweigend und versank in meinen Gedanken. Vielleicht lag es daran, dass ich, wie Mauli, nur mit einer kurzen Lebensspanne geschlagen war. Auch ich konnte die Zeit nicht einfach vergessen, jedes Jahr wog kostbar. Umso wichtiger war, dass ich mein Leben in guter Gesellschaft verbrachte.
Das war nicht immer so gewesen. In den Bruthöhlen von Shakorz hatte ich das Leben eines Sklaven geführt, obwohl ich mir die Narben der Rotte verdient hatte. Irgendwann war es zu viel geworden, ich war in die Fremde geflohen, um mein Glück unter Menschen zu versuchen. Doch auch dort fand ich keinen Anschluss, ich war mit den komplexen Gesetzen der Freien Naridischen Republik überfordert und endete als Bettler und Dieb. Erst unter der Obhut des Raubritters Dolwin von Niederau, der das Leben eines Gesetzlosen führte, fand ich in der Ruine seiner Burg einen Ort, den ich Zuhause nennen konnte. Er lehrte mich lesen, schreiben, rechnen, kämpfen und ich zog mit glühendem Herzen für ihn in den Kampf. Doch nichts währt ewig und nichts Gutes währt überhaupt. Dolwin und seine Räuber wurden gehenkt, ihre Familien flohen in den Norden. Ich aber schloss mich einer Söldnerbande an.
Garlyn Meqdarhan besaß nicht den Edelmut von Dolwin, er war ein skrupelloser, hinterlistiger Fuchs, und doch bot er mir eine neue Heimat. Bei den Eisenfalken war ich nicht Serak der Halbork, das erbärmliche Zwischenwesen, weder Ork noch Mensch, sondern hier war ich ein Krieger unter Kriegern. Wir teilten Suppe und Schnaps, wir schliefen unter einem Dach, wir lachten und weinten gemeinsam. Jede Mission, die wir unternahmen, schweißte uns fester zusammen. Ich war vor zehn Jahren noch ein junger Halbork auf Sinnsuche gewesen. Was ich am Ende gefunden hatte, waren Blut, Schmerz und einen verdammt guten Grund, weiterzumachen. Denn in dieser verfluchten Welt aus Dreck und Verrat, was könnte befriedigender sein, als den Göttern, die auf uns spuckten, mit einem höhnischen Lachen den Mittelfinger zu zeigen?
Die zehn Jahre führten uns von einem Schlachtfeld zum nächsten Mein erstes großes Gefecht unter dem Eisenfalken fand damals in Blutstein statt – eine befestigte Siedlung voller Vogelfreier, die ihrem Namen alle Ehre machte, nachdem wir durchgezogen waren. Wir verloren die Hälfte unserer Männer, was für die Überlebenden den doppelten Sold bedeutete, und plünderten hemmungslos. Alles hat seine Vorteile.
Am meisten aber blieb mir der verfluchte Auftrag im Nebelmoor im Gedächtnis, eine Sumpflandschaft so dicht und heimtückisch, dass selbst professionelle Fährtensucher darin verirrten. Ausgerechnet an diesem unwirtklichen Ort versteckte sich ein Trupp abtrünniger Soldaten, die wir auf Befehl eines naridischen Feldherrn aufreiben sollten. Doch nicht nur diese Mistkerle machten uns das Leben schwer, sondern auch das Sumpffieber, das in dieser verfluchten Brühe lauerte. Es schwächte die Abtrünnigen, so dass wir am Ende einen äußerst kläglichen, aber heiß ersehnten Sieg errangen. Für jeden Abtrünnigen, ob lebend oder tot, winkte uns ein dickes Kopfgeld. Doch auch von uns erwischte das Sumpffieber einige, und als fauliges Sahnehäubchen des Ganzen wurden wir auch noch um den Sold geprellt. Für all die Mühen, all die Toten, standen wir am Ende doch mit leeren Händen da.
Das war der Grund, warum ich heute bloß einen Teil meiner Kameraden einladen konnte, aber besser als gar keine. Es gab kein Problem, das ich für unlösbar hielt, ich war auch im Kopf ganz ein Kämpfer geworden. Früher oder später würde es einen neuen Auftrag geben und neues Geld, bis dahin halfen Bier und Schnaps, die Flaute zu überstehen. Ja, auch Garlyn hatte mich vieles gelehrt.
Die Krüge klimperten, Karten raschelten. Cherax versuchte sein Glück bei einem Schankmädchen und Mauli steckte sich eine Pfeife an. Die Ärmste ging – wie immer – leer aus, als die Pärchen sich für die heutige Nacht formierten. Das war gut für mich, denn so war sichergestellt, dass sie mir beim Trinken bis zum Schluss Gesellschaft leisten würde. Ich erzählte ihr einen Witz, bei dem Trolle äußerst schlecht wegkamen, sie lachte und wir stießen an.
Alles in allem war ich mit meinem Leben zufrieden. Mit jedem Schwertstreich kämpfte ich nicht nur für bare Münze, sondern auch für die Genugtuung, dass jeder durch meine Hand fallen konnte, der mir dumm kam. Ich war nicht mehr der Jüngling, der herumgeschubst wurde, ich war ein ausgewachsener Krieger, dem man Respekt zollte. Ich war der Mann, der ich immer sein wollte.
War ich glücklich?
Die ehrliche Antwort lautet: Nein.
Auch wenn ich es nie zugegeben hätte, vermisste ich den orkischen Alltag in Shakorz, die allgegenwärtigen Glücksbringer, den unbeugsamen Stolz der Krieger, den Geruch feuchter Erde und vor allem meinen sensiblen Milchbruder Katax. Kein Bier, kein Wein, kein Schnaps konnte mich mein Heimweh vergessen lassen. Das war einer der Gründe, warum ich mehr trank, als gesund für mich war. Nicht jeder Schmerz konnte weggegrinst werden.
Heart of the Tundra