Beiträge von Ilvara

    Die Harpyie starrte dem Wolf erschrocken hinterher, der immer kleiner wurde und schliesslich zwischen den nahen Bäumen untertauchte.
    Dieses Vieh wollte sie angreifen! Es wollte sie vermutlich als Mittagessen verspeisen! Wo war bloss ihr Greif, wenn man ihn denn brauchte?
    Noch ganz aus dem Häuschen starrte sie auf die Stelle, wo das Tier verschwunden war, als sie plötzlich einen grausamen Gestank wahrnahm. Wuääh...
    Entsetzt schnupperte Ilvara an ihren Armen, doch der Geruch kam eindeutig nicht von ihr.
    Lag hier etwa eine Leiche, und sie hatte sie noch nicht gesehen?!
    Bestürzt blickte sie von ihrem Felsen herunter, doch auch rund um den Stein war nichts zu erkennen, was diesen fauligen Duft verursacht hatte.


    Egal, was es war, sie wollte weg hier, sonst würde ihr Gefieder noch den Geruch annehmen und das wollte sie keinesfalls verantworten. Der Greif würde sie auch an einem anderen Ort finden.
    Sie sprang auf ihre Beine und wollte gerade die Flügel spannen, als sie nicht weit entfernt einen Mann erkannte, der sie zu beobachten schien.
    Dachte er vielleicht, dass sie diesen Gestank verursachte?
    Obwohl es ihr egal hätte sein können, war sie zu eitel, um ihn in diesem Irrglauben zu belassen.
    So sprang sie elegant von dem Felsen und bewegte sich mit schwingenden Hüften auf den Menschen zu, der er bei näherer Betrachtung offensichtlich nicht war.


    Seine olivgrüne Haut gefiel ihr und auch die kräftige Statur machte einen guten Eindruck. Bei ihm angekommen, musste sie ihren Kopf in den Nacken legen - der Tiefling musste mehr als zwei Meter gross sein!
    „Guten Tag! Ich würde Euch nicht raten, da lang zu gehen. Der furchtbare Geruch stammt nämlich nicht von mir, sondern muss bei dem Felsen seine Ursache haben. Ich glaube, dort verwest eine Leiche, die jemand oder etwas verbuddelt hat!“, angeekelt zog sie ihre Nase kraus und auf ihrer Stirn bildete sich eine leichte Falte.
    „Ausserdem lauern auch noch andere Gefahren. Gerade wollte mich eine wilde Bestie angreifen!“, mit den Armen versuchte sie die Grösse des Wolfes aufzuzeigen.


    „Ihr solltet nicht alleine reisen. Ich tu das auch nicht, aber mein Freund… ist noch unterwegs und ich wollte hier auf ihn warten.“
    Sie musterte den Tiefling aufmerksam und realisierte interessiert die fledermausartigen Flügel, die ein beträchtliches Ausmass haben mussten, wenn sie aufgespannt waren.
    Sofort brachte sie ihre eigenen weissbefiederten Schwingen unauffällig in Szene, indem sie sie leicht vom Körper abspreizte, so dass das Licht der Sonne sich darin verfing.

    Das Gefieder schimmerte in der aufgehenden Sonne wie hunderte Kristalle und war weithin über die Ebene zu sehen. Die junge Harpyie, welche es so unbesonnen zur Schau stellte, war Ilvara.
    Während sie ihren Körper in den Strahlen wärmte, fuhren ihre klauenartigen Finger sanft durch die Federn, um Ordnung hineinzubringen.
    Sie trug noch immer keine Kleidung am Körper, obwohl sie inzwischen nicht mehr bloss auf Schlachtfeldern danach hätte suchen können. Sie war viel zu eitel, um ihr beinahe schneeweisses Gefieder zu verbergen. Und weshalb unbequeme Lumpen überstülpen, wenn sie doch bereits wie eine Prinzessin gekleidet war?


    So in ihre Pflege vertieft bemerkte sie nicht den riesigen dunklen Wolf, der sich ihr von hinten annäherte. Normalerweise war es Fleygur, ihr Greif, der wachsam die Umgebung im Auge behielt. Er hatte ihr aufgetragen, sich unauffällig zu verhalten, während er sich auf die Jagd begeben hatte. Ilvara hatte in ihrer Naivität keine dezentere Zeitüberbrückung bis zur Rückkehr ihres Freundes gefunden, als ihr Gefieder in der aufgehenden Sonne zu pflegen. Schliesslich war das gut für die weisse Farbe und Lärm machte sie damit auch keinen!


    Der Werwolf, der er eigentlich war, pirschte sich bereits in geduckter Haltung an die Harpyie heran. Er lebte schon lange in den Wäldern rund um Rantamar herum, und hatte bereits manchen unvorsichtigen Goblin verspeist. Vor sehr langer Zeit hatte er einmal ein zivilisiertes Leben geführt, doch seit man sein Geheimnis gelüftet und ihn vertrieben hatte, suchte er keinen Kontakt mehr zu den anderen Völkern. Er war langsam verwildert und nur noch ein kleiner Funke seiner Menschlichkeit war ihm geblieben.


    Er konnte bereits den Geruch des Geflügels wahrnehmen, für das er die Harpyie hielt. Oh ja, sie würde eine ausgiebige Mahlzeit abgeben!
    Diese kleinen Goblins, die meist dazu noch ziemlich zäh waren, stillten seinen Hunger nur für kurze Zeit.
    Der Werwolf war nur noch drei Sprünge von ihr entfernt. Das dämliche Geschöpf achtete in keinster Weise auf seine Umgebung, was das Raubtier doch etwas irritierte. Nun gut, so hatte er eben leichteres Spiel.


    Er konnte bereits die einzelnen weissen Federn erkennen, welche in ihren Spitzen in ein dunkles Braun übergingen. Ein menschlicher Funke flüsterte ihm zu, dass sie schön war. Und lecker.
    Gerade als er nah genug war, um zum tödlichen Sprung anzusetzen, nahm sein scharfes Gehör Schritte war. Er spitzte die Ohren und sein Blick zog in die Ferne. Tatsächlich. Da näherte sich eine Gestalt.
    Der Werwolf gab ein wütendes Knurren von sich, was die Harpyie doch noch aus ihrer Traumwelt riss. Ihr Blick traf auf die goldgelben Augen des Raubtiers und ihr Schreck war die einzige Genugtuung, die dem Tier noch blieb. Im nächsten Moment machte er kehrt, stürmte in den Wald davon und liess eine völlig aufgelöste Ilvara zurück. Zwei Gegnern würde er sich nicht stellen, davor warnte ihn noch immer seine menschliche Vernunft.

    Ilvara


    Kurzinfo


    Name: Ilvara oder Ilva
    Alter: dem Jugendalter entsprungen
    Volk: Venthros (Harpyie)
    Geschlecht: weiblich
    Familienstand: Ilvara ist bei ihrem Grossvater aufgewachsen, da ihre Eltern im Kampf gegen die Orks auf dem Schlachtfeld gefallen sind. Das wichtigste Lebewesen ist für sie jedoch der Greif Fleygur, der wie Freund und Bruder zugleich ist.



    Beruf und Glaube


    Ilva lernte früh Nahrung zu beschaffen und Kleinvögel zu jagen. So versorgte sie nicht nur sich selber, sondern auch ihren Grossvater, der mit seinen alternden Gelenken und Knochen nicht mehr die Geschicklichkeit aufbrachte, die wendige Beute einzufangen.
    Die Sorge Liams, aber auch ihre eigene Abscheu hielten sie davon ab, auf dem Schlachtfeld Leichen zu fleddern, oder auch nur in die Nähe davon zu gelangen.
    Stattdessen besitzt Ilva einen ganzen Schatz an Wissen und Erzählungen aus Büchern und von ihrem Grossvater.
    Ivara spricht Asameisch und einige Brocken Rakshanisch, das sie aufgeschnappt hat.


    Ilvara ist den Göttern nicht besonders angetan. Noldil macht sie für das Schicksal ihres Volkes verantwortlich, da er sie in ihren Augen dazu gebracht hat, sich auf schreckliche Weise gehen zu lassen, anstatt für ihre Zukunft zu kämpfen.
    Einzig Isemi, dem Luftelementar fühlt sie sich verbunden durch die Magie und ihr Leben in windigen Höhen.



    Erscheinung und Ausrüstung


    Ilva ist erst vor kurzem dem Jugendalter entsprungen.
    Ihr schlanker und leichter Körper ist mit weissen Federn bedeckt, welche jedoch hell bis dunkelbraune Spitzen aufweisen und ihr deshalb eine etwas dunklere Färbung verleihen. Besonders ihre Schwingen werden von den schönen Musterungen dominiert.
    Auch wegen dieser seltenen Farbkombination ist Ilvara etwas eitel, denn die meisten Harpyien besitzen weisses bis schwarzes Gefieder.
    Ilva hat dunkelbraune Augen und eine etwas spitzzulaufende Nase, welche ihr einen harten Gesichtsausdruck verleiht. Sobald sie jedoch lacht oder neckisch grinst, wird dieser Anschein aufgehoben.
    Ilvara trägt aus Stolz auf ihre Gefieder keine Kleidung. Sie hält es nicht für nötig, sich in die Nähe des Schlachtfeldes zu begeben, bloss um einige Lumpen zu ergattern, besonders, da ihr Gefieder noch vollständig vorhanden ist.
    Ihre Hände erinnern etwas an Vogelklauen mit langen Krallen, die es ihr ermöglichen, Beute im Flug zu fangen.
    Unter den Harpyien gilt sie als Schönheit. Da die Harpyien jedoch eher seltener geworden sind, wird sie bei Erstbegegnungen mit anderen Völkern auch schon mit Angst und Misstrauen betrachtet.


    „Und nun zu mir. Nur einige kurze Worte möchte ich über mein eigenes Aussehen verlieren. Als Greif bin ich ein Mischwesen aus Raubkatze und Raubvogel. Mein Hinterleib ist mit einem brauen Fell überzogen und geht in einen Adlerkopf über. Da ich noch ein junges Männchen bin, ist meine Fellmähne eher noch etwas kurz. Ich möchte bescheiden bleiben, doch ich denke, dass ich einen ganz stattlichen Eindruck hinterlasse, vor Allem, wenn man noch nie einem Greifen begegnet ist. An das Aussehen meiner hübschen Begleiterin komme ich jedoch wohl kaum heran.“



    Charakter und besondere Fähigkeiten


    Fleygur kennt Ilva besser, als ihr Grossvater oder ihre Eltern es je vermocht hatten und beinahe scheint es, als könnte er ihre Gefühle und Gedanken lesen. Er versteht sich jedoch nur ausserordentlich gut darauf, die kleinsten Regungen in ihrer Mimik, ihrer Haltung, ihrem Verhalten und auch in ihrer Stimme wahrzunehmen. Umgekehrt kann auch er vor seiner Gefährtin kaum etwas verbergen.
    Beide sind kaum dem Jugendalter entsprungen, und doch unterscheiden sie sich wie Tag und Nacht.


    Ilva ist noch immer voller Tatendrang und auch Neugier auf die Welt, welche sie nicht kennt. Sie besitzt eine zurückhaltende Freundlichkeit gegenüber Fremden. Wenn sie jedoch beginnt, sich eine Meinung von ihrem Gegenüber zu bilden, erkennt man rasch, ob sie ihm eher zu- oder abgeneigt ist. Sie hält sehr viel von sich und ist von Eitelkeit gekennzeichnet. Wesen, welche nicht fliegen können, besitzen ihrer Ansicht nach einen Makel und wurden von den Göttern weniger bevorteilt.


    Ausserdem bemitleidet und verachtet sie Ausschweifungen aller Art. Ob in Form von Suchtmitteln, Orgien oder Wettkämpfen.
    Wenn ihr etwas nicht passt, gibt sie es deutlich zu verstehen und bringt sich und ihr Gegenüber damit auch schon in unangenehme Situationen.
    Dann kommt oft Fleygur zum Zug. Er hat einen Beschützercharakter und versucht Ilva meist zu beschwichtigen, auch wenn er insgeheim ein amüsiertes Lächeln nicht unterdrücken kann.
    Auch Ilva schätzt ihren Freund sehr und gibt viel auf seine Meinung, auch wenn sie trotzdem oft ihren eigenen Willen durchsetzt.


    Seid ihr Grossvater nicht mehr lebt, befindet sich Ilvara in einem inneren Zwiespalt.
    Sie ist mit seinen Regeln und Werten aufgewachsen und verspürt noch immer den Wunsch, diese auch zu befolgen.
    Doch verborgen in ihr drin befindet sich eine andere Seite, welche langsam an die Oberfläche drängt. Es sind teils Neugier, teils Trotz, vielleicht auch Eifersucht und ein Verlangen, eine Sehnsucht, welche sie quälen.
    Oft verspürt sie eine Lüsternheit, welche nach Aussen drängt. Sie tastet ihr Gegenüber dann mit vorsichtigen Blicken ab, beginnt mit ihm zu flirten, macht Andeutungen und Hoffnungen – ohne es jedoch zum Äussersten kommen zu lassen. Vor Allem mächtige Lebewesen findet sie anziehend und von magischen Begabungen aller Art ist sie fasziniert.
    Obwohl der Wunsch und das Bedürfnis da sind, hält sie ein eiserner Wille davon ab, sich anderen Geschöpfen körperlich zu nähern. Bilder aus ihrer Kindheit von ausfälligen Festen ihres Volkes und zerfledderten Gefiedern, schrecken sie davon ab.
    Sie bemerkte auch schon den Drang, Alkohol zu konsumieren oder einfach gefährliche Flugmanöver auszutesten.


    Fleygur ist der Meinung, dass dies ein Aufbegehren gegen ihre sehr behütete Kindheit darstellt. Der Greif kümmert sich wie ein grosser Bruder um die Harpyie und hört ihr oft einfach zu. Er nimmt ihre Gefühlsschwankungen hin und kann sie mit seiner ruhigen Art oft auf den Boden der Tatsachen zurückholen.
    Manchmal lässt er sich jedoch auch schon von ihrer ungestümen Art mitreissen und dann toben die beiden Gefährten gemeinsam in den Wolken herum. Diese Momente geniesst Fleymur besonders, denn sie fühlen sich vollkommen unbeschwert an.
    Der Greif besitzt ausserdem einen ausgeprägten Humor. Gerne neckt er seine Begleiterin oder jagt auch Fremden ab und zu einen Schrecken ein ohne es jedoch böse zu meinen. Und wenn es nötig ist, wechselt er sofort wieder in seine Rolle des treuen Beschützers.



    Magie


    Ilvara ist der Luftmagie mächtig. Meist wird sie benutzt, um schneller voranzukommen oder sie reitet auf den veränderten Luftströmungen und vollzieht atemberaubende Flugmanöver.
    Jedoch ist es ihr auch möglich, eine leichte Nebel- oder Staubwand um sich aufzuwirbeln, was ein guter Schutz vor Feinden darstellen kann wie auch der kleine Windstoss, womit sie jemanden kurz aus dem Gleichgewicht bringen kann.
    Ihr Grossvater hat in seiner langen Lebensdauer viel Wissen angesammelt, das er auch sehr gerne an seine Enkelin weitervererbt hat. Er unterrichtete sie in der Magie und brachte ihr bei, einen kleinen Wirbelwind zu beschwören und zu lenken, so lange sie sich darauf konzentriert.


    Aus Büchern und Erzählungen weiss Ilva, dass auch das Wetter von den Luftmagiern beherrschbar ist. Doch obwohl sie eine ausgeprägte Begabung und auch über einen vorteilhaften Wissensdurst besitzt, fehlte ihr bislang ein Lehrer, der sie weiter ausbilden könnte.
    Sie versucht jedoch oft im Alleingang neue Dinge, auch wenn sie damit meist scheitert. Für einen geduldigen Lehrer würde sie viel geben. Ilva hat immer ein Ohr für Erzählungen zur Magie.


    Fleygur besitzt keine magische Begabung. Er ist ein Kämpfer und Beschützer, profitiert jedoch auch von Ilvas Fähigkeit.
    Er besitzt an Kraft und Ausdauer, was Ilva fehlt. Im Nahkampf ist Ilva auf ihren Freund angewiesen.



    Lebenslauf


    Ilvara war noch sehr jung, als ihre Eltern auf dem Schlachtfeld im Kampf gegen die Orks zu Tode kamen. Trotzdem bewunderte sie schon damals den Mut und Tatendrang ihrer Eltern und dass sie die Hoffnung niemals aufgaben.
    Sie wuchs bei ihrem Grossvater auf, der Mühe hatte, den kleinen Wildfang zu bändigen. Das Mädchen wollte alles erkunden und vor Allem hatte sie das Bedürfnis, wie ihre Eltern etwas leisten zu wollen.
    Da sich Liam jedoch davor fürchtete, das einzige Geschenk, das ihm seine Tochter hinterlassen hatte, bevor sie starb, auch noch zu verlieren, hütete er sie wie seinen eigenen Augapfel.


    Er hatte schon viel erlebt und schwärmte oft von den alten Zeiten, als die Venthros noch als Hochkultur galten. Liam berichtete seiner Enkelin von der filigranen Baukunst in unglaublichen Höhen, von verspielten Gärten zwischen den Felsen, von komplizierten Flugmanövern, glohrreichen Schlachten und dem Handel mit Silber, den sie mit den Lichtalben unterhielten.


    Unbewusst begann er, das Mädchen von den anderen abzuschotten. Es war ihr nicht erlaubt, mit den Kindern der Nachbarn allzu gefährliche Dummheiten zu machen, wie es ihr Grossvater nannte. Ausserdem wollte er nicht, dass sie mit den Unarten der meisten Venthros in Kontakt kam. Vielen von ihnen konnte man beim Verfall zu sehen. Stattdessen liess er sie Bücher lesen, welche er sorgsam aufbewahrt hatte, um das wenige noch vorhandene Wissen weiterzugeben.
    Ilvara hielt sich an die Vorgaben ihres Grossvaters. Sie liebte ihn von ganzem Herzen und er war die einzige Konstante und Bezugsperson in ihrem Leben.
    Doch sie wurde älter und entwickelte sich bald zu einer jungen und ansehnlichen Venthros.


    Bald erkannte sie, dass ihr Volk dem Untergang geweiht war. Die vielen Orgien und Wettkämpfe widerten sie an, so wie auch die Bequemlichkeit, welcher sich viele hingaben, da sie die Hoffnung aufgegeben hatten.
    Sie kam zum Schluss, anders zu sein. Dass ihr Grossvater sie von vielen Dingen abgehalten hatte, machte sich bezahlt, denn im Gegensatz zu ihren Altersgenossen besass sie noch ihr schönes Gefieder, welches nicht bereits zerzaust und zerfleddert wirkte.
    Immer mehr grenzte sie sich von ihrem Volk ab, für welches sie nur noch Mitleid empfinden konnte.
    Ilva sah auf die Venthros herab und eine neue Arroganz begann sich in ihren Charakter zu schleichen, wo zuvor bloss zurückhaltende Freundlichkeit und etwas stolze Eitelkeit vorgeherrscht hatten.


    Trotzdem beneidete sie zuweilen auch ihre gleichaltrigen Nachbarn, welche mehr Freiheiten besassen und oft auf sich selbst gestellt waren. Obwohl sie sich meist unmöglich verhielten, kosteten sie ihr Leben doch aus.
    Mit vorsichtigem Interesse beobachtete Ilvara, wie sie sich zu Orgien trafen und in guter Gesellschaft feierten, auch wenn es nicht viel zu feiern gab und ihre Welt in Trümmern lag.
    Und sie bemerkte, dass auch sie eine lüsterne Sehnsucht danach verspürte, sich einfach hinzugeben und einen Teil dieser düsteren Welt zu vergessen.
    Sie hielt ihre Wünsche jedoch erfolgreich verborgen und nicht einmal Liam konnte den Zwiespalt seiner Enkelin erraten.


    Der alte Mann wurde immer schwächer. Er hatte seine Enkelin in der Magie unterrichtet, ihr Wissen über ihr Volk und die Welt, wie er sie kannte, mitgegeben und hatte versucht, ihr Wesen auf eine gute Weise zu lenken.
    Als er starb, brach für Ilva eine Welt zusammen. Es war das erste Mal, dass es sie von der Stadt wegzog, um in einer Höhle im Gebirge ihrer Trauer freien Lauf zu lassen.
    Und in diesem Zustand, als sie sich selber vor Schmerz und Enttäuschung über das Schicksal begann, ihr Gefieder auszureissen, lernte sie Fleygur kennen.


    „Als ich dieses schöne und von Trauer gezeichnete Geschöpf fand, das sich in meine Höhle verirrt hatte, bereitete sich in mir eine unbeschreibliche Zuneigung aus und ein tief verborgener Instinkt bedeutete mir, mich um die junge Harpyie zu kümmern.“


    Der Greif Fleygur wurde zum besten Gefährten von Ilva.
    Sie verweilten nur noch einige Monate in der Himmelsstadt. Ilvara fühlte sich überall an ihren Grossvater erinnert und kapselte sich noch mehr von den anderen Harpyien ab. Sie begann sie bereits zu verachten für ihr hoffnungsloses Sein und beschloss, dem ein Ende zu setzen. Ilva wollte nicht länger hier verweilen.
    Fleygur, der ihren wachsenden Unmut beobachtet hatte, konnte dem Nichts entgegensetzen und so bereisten die beiden fortan Asamura, auf der Suche nach einer besseren Welt, wo die Venthros nicht bloss als Schandfleck der Gesellschaft gelten mochten.


    Sie flogen, wo der Wind sie hintrug, wobei Ilva meist auf Fleygurs Rücken sass, da sie es sich noch nicht gewohnt war, alleine so weit zu fliegen. Sie überflogen das Reich der Orks, wobei sie sich immer ausserhalb ihrer Reich- und Sichtweite aufhielten und gelangten bald in sandige Wüstenregionen, wo sich Nomadenvölker aufhielten und auch die Rakshaner aufzufinden waren.