Beiträge von Firxas

    Während Urako zum Palast des Ducs unterwegs war, wo Montgomery ihn im Wartebereich finden würde, falls er genau dort suchte, wartete Firxas, der von Mo ins Haus gezogen worden war, auf dem Sofa. Niemand hatte ihn hereingebeten, drum hatte er höflich gewartet. Terc glitt von seinen Schultern und verschwand in irgendeiner dunklen Spalten. Leise stieg Firxas über die Scherben und was noch alles hier herumlag von der Verfolgungsjagd. Aus einem Zimmer drang leises Schnarchen, was ihn nicht verwunderte, da es inzwischen Nacht geworden war.


    "Haben sie gesagt, dass wir über Nacht bleiben dürfen? Ich finde es merkwürdig, einfach hier ins Haus zu kommen. Hat Urako dir etwas angetan?"


    Er musterte seinen Mann von oben bis unten auf der Suche nach Blessuren, aber auf den ersten Blick war nichts zu sehen.

    Lange waren sie unterwegs und mussten sich überall durchfragen. Endlich erreichten sie das Anwesen von Hohenfelde. Firxas hatte gut 10 Kilo abgenommen vom vielen Marschieren und fühlte sich grauenhaft mager. Mo war ebenfalls dünner geworden, was bedeutete, dass er aus Firxas` Sicht nur noch aus Haut und Knochen bestand. Der Einzige, der fetter geworden war, war Terc, der sich noch immer von Firxas tragen ließ und ihn auf Demonai herumzukommandieren versuchte, nur, dass niemand ihn verstand.


    "Ich glaub, das hier müsste es sein", sagte er und schaute an dem großen Herrenhaus hinauf. "Zumindest steht da ein Moorkübel neben der Tür. Genau wie beim Geisterhaus." Um diese Jahreszeit sah Urakos Moorkübel besonders undekorativ aus. Es war einfach ein großer, mit matschigem Torf gefüllter Kübel, von dem die Pflanzen baun herunterhingen. In der Mitte lag eine kleine Schneescholle. Sie waren wirklich lange unterwegs gewesen.

    Morasa sah fertig aus, als Mauli sich von ihnen verabschiedete, damit sie weiterreisen konnten. Firxas erwiderte liebevoll den Kuss und nahm Morasas Hand, dann durchquerten sie gemeinsam die souvagnische Grenze. Das Land war schön, mit grünen, bewaldeten Hügeln, vielen Weinbergen und Obsthainen. Dazwischen vertreut lagen Gehöfte mit flachgiebligen, braun geziegelten Dächern. Sie folgten der gut ausgebauten Handelsstraße.


    "Kennst du den Weg?", fragte Firxas, nachdem sie eine Weile schweigend marschiert waren. "Mach dir keine Sorgen um Mauli. Er ist flink zu Fuß und kommt gut zurecht. Rakshanistan ist nicht weit und dort wird er gut versorgt, nehme ich an. Vielleicht geht er auch nach Naridien zurück. Er kennt sich da gut aus, er war früher Naridier."

    Sie boten schon ein ulkiges Bild, wenn sie nebeneinander standen: Firxas groß und massig wie ein Bär, Morasa klein und drahtig wie der Marder, in den er sich verwandeln konnte. Genau so unterschiedlich war auch ihr Charakter. Während Firxas in sich ruhte, war Morasa ein bissiges kleines Biest.


    Auf Firxas` Rücken hing - wie könnte es anders sein - der Düsterling Terc, der den Waldalben hasserfüllt aus zusammengekniffenen Augen anblinzelte. Vermutlich verhinderte allein die Anwesenheit von Firxas, dass die beiden sich in ein fauchendes Knäuel aus Krallen und Zähnen verwandelten. Tercs Augen waren blutrot, entzündet und tränten. Vermutlich war er wegen des Tageslichts, dem er in letzter Zeit viel ausgesetzt gewesen war, inzwischen erblindet.


    Ebenfalls mit von der Partie war der Ghul Mauli. Er hockte auf allen Vieren etwas abseits und spielte mit Steinen. Sie hatten ihm inzwischen ein Hemd, eine Latzhose und einen Strohhut besorgt, in der Hoffnung, dass er als harmloser Bauer durchgehen würde.


    Firxas stand neben Morasa und guckte möglichst unschuldig drein, während sie darauf warteten, was der Wachmann sagen würde.

    Firxas musste den Kopf in den Nacken legen, als der Düsterling in hohem Bogen und mit einem Wutschrei über ihn hinweggesegelt kam. Als er aufkam, stob eine Staubwolke. Morasa kam hinterhergestiefelt und verpasste dem Kerlchen noch einen Tritt und brüllte ihn an. Terc kroch rückwärts im Sitzen vor ihm davon, bis er mit dem Rücken an einen Baum stieß, wo er sich panisch dagegen presste.


    »Du, Mo ..«


    Mo wetterte weiter.


    »Mo, der versteht dich nicht. Der spricht nur Demonai.«


    Morasa schien das völlig egal zu sein, er beendete seine Tirade, ehe er Firxas fragte, ob sie zusammen Linhard folgen wollten. Firxas dachte einen Moment nach und kraulte seinem Freund nebenbei den Hinterkopf.


    »Urako wird auch dort sein. Wird das was mit euch beiden? Ansonsten folg ich dir gern. Es wäre gut verdientes Geld und ob wir nun in Naridien leben oder in Almanien, ist mir von der Sache her egal. Mein zu Hause ist, wo du bist. Der Rest ist zweitrangig.«


    Der Düsterling kroch derweil auf Maulis Rücken und klammerte sich dort fest. Von dort aus funkelte er Morasa hasserfüllt an. Mauli schien es egal zu sein, dass ein Düsterling auf seinem Buckel hockte, er wurde gerade von Mo am Kopf gestreichelt und hatte einen leckeren Fleischknochen zwischen den Fingern, an dem er genüsslich knabberte. Der Ghul war inzwischen fast vollständig regeneriert und stank kaum noch. Er konnte sogar schon wieder grunzen, stöhnen und stammeln. Bald würde er wieder sprechen können, wenn sie ihn weiter so gut fütterten. Er sah glücklich und zufrieden aus.


    »Aber dürfen Ghule überhaupt in Souvagne einreisen?«, gab Firxas zu bedenken. »Sonst müssen wir ihn als Souvagner tarnen. Ein paar bunte Klamotten und eine alberne Mütze dürften ja zu besorgen sein.«

    "Ich werde nicht streiten", antwortete Firxas Dave ruhig. "Urako ist manchmal schwierig, aber nach zwei Jahrzehnten bin ich daran gewöhnt und geh dem aus dem Weg. Warum er und Mo sich so sehr hassen, hat Mo mir erzählt. Von der Sache her müsste man sich wegen so was doch nicht derart reinsteigern. Aber das Problem bei den beiden ist, dass sie beide sehr ... temperamentvoll sind. Und stur! Keiner will nachgeben, jeder will unbedingt sein Gesicht wahren, selbst wenn das Blut schon fließt. Aber sie haben sich während des Hinflugs auf einen Waffenstillstand geeinigt. Wie ich Urako kenne, wird er den einhalten. Man kann ihm sicher einiges nachsagen, aber seine Versprechen hält er." Die Information galt nicht nur Davard, sondern auch Morasa, damit er sich etwas beruhigen konnte. Urako würde ihn tatsächlich in Frieden lassen, so lange ihre Vereinbahrung galt. Das hielt Morasa nicht ab, doch noch mal kurz zu schimpfen, mit dem Nachsatz versehen, dass er sich ja nicht mehr aufregen wollte.


    "Leute, wir haben doch wirklich andere Probleme", sagte Firxas etwas verzweifelt. "Könnt ihr beide nicht einfach einen klaren Schnitt machen und nochmal ganz von vorn anfangen? Ihr habt doch nun jeder dem anderen ausführlich klar gemacht, was er darf und was nicht, habt beide euer Revier abgesteckt. Ihr wisst, was den anderen aufregt und was der von euch erwartet, damit es nicht wieder eskaliert. Sollte es damit nun nicht langsam gut sein?


    Deinen Freund Mauli können wir nicht zurücklassen, Mo. So was macht man nicht. Besonders nicht, wenn er so eine treue Seele ist. Bezogen auf die Möbel ... wohin werden wir ziehen? In die Burg? Ich mag geflochtene Möbel, solche aus Rattan. Sie sind schön leicht, man kann sie einfach verrücken und wirken nicht so erdrückend wie welche, die ganz aus dickem Holz sind. In meiner alten Heimat hatte jeder solche Möbel, wir haben sie meistens noch mit bunten Decken und Kissen bestückt. Kannst du Rattanmöbel flechten?"

    "Danke, Dave", antwortete Firxas erleichtert. Der Magier war wirklich ein netter Kerl. Kein Wunder, dass Morasa und Urako ihn mochten. Er selbst mochte ihn auch, er glaubte, Dave konnte ein guter Kumpel sein. Nur die Warnung, sich von Urako und Varmikan fernzuhalten, verstand er nicht. Gewiss, sie hatten ein wenig gestritten auf dem Hinflug, aber für ihn war das alles schon wieder Schnee von gestern.


    "Ich werde den beiden aus dem Weg gehen. Dein Haus, deine Regeln." Er bedauerte das etwas. Er mochte keinen Streit und würde bevorzugen, wenn sie einfach normal miteinander umgingen. "Und du kannst als Marder in meinen Pullover, wenn es dir zu viel wird, Mo."

    Firxas wurde von Morasa am Arm mitgezerrt. Obwohl der Alb so dünn war, hatte er einiges an Kraft.


    "Von Mauli hattest du glaub ich schon erzählt, in Alessa ... wie kommt der hier her?" Er betrachtete den ausgefransten Leichnam, der besagter Mauli war. Firxas kratzte sich die Glatze. Auf seinem Rücken kletterte Terc herum und guckte mit. "Ich bin kein Nekromant, Morasa. Ich kann deinem Freund leider nicht helfen. Er sieht sehr angeschlagen aus. Hoffentlich tut ihm das nicht weh. Ich kann nur Wasser- und Geistmagie, beides eher, na ja, mittelprächtig."


    Mauli legte den Kopf auf dem Wannenrand ab und schien einzudösen.


    "Was machen wir mit ihm? So können wir ihn vermutlich nicht mitnehmen. Und bleiben können wir wohl auch nicht, bis er wieder heil ist."


    Terc begann, in seinem Ohr herumzupulen und sich das, was er fand, vom Finger abzulutschen. Firxas war vermutlich noch nie so sauber gewesen, wie seit er die kleine schwarze Plage auf dem Buckel mit sich rumschleppen musste.

    Firxas war froh, dass Morasa und Urako nun wenigstens einen Waffenstillstand ausgehandelt hatten. Er selber nahm sich vor, niemals je mit Morasa zu zanken. Der kleine Kerl konnte derart bösartig werden, dass es Firxas unheimlich war. Den Rest des Fluges hielt er engen Körperkontakt zu ihm. Terc widerum kletterte andauernd über sie hinweg und quetschte sich mal hierhin, mal dahin, ehe er sich dafür entschied, sich an Firxas`Vorderseite zu klammern, so dass der aussah wie jemand, der zwei Rucksäcke trug, einen auf dem Rücken und einen am Bauch. Er war groß und kräftig genug, dass es ihm nicht unbequem wurde. Dennoch würde er Terc gern irgendwie loswerden, der ihn langsam aber sicher zu stören begann.


    In Shohiro angekommen war er froh, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben. Er hatte den Flug kein bisschen genossen. Ihm tat alles weh und es ärgerte ihn, dass er nicht hatte selber fliegen können. Varmikan verschwand kurz. Zwei Zentauren kamen an seiner Statt angetrappelt, um die Neuankömmlinge zu begrüßen. Zuerst die heimgekehrten Familienmitglieder, dann die Gäste. Der Zebracentaur drückte jedem einen Pappbecher in die Hand und schenkte ihnen aus einer Kanne frischen Kaffee ein.


    Der Ponycentaur musterte Firxas interessiert. "Du musst Firxas sein. Urako hat uns viel von dir erzählt."
    Firxas zog ein gequältes Gesicht. "Nur Schlechtes, nehme ich an."
    Das Kerlchen grinste. "Natürlich. Hier, nimm einen Keks. Den kannst du in den Kaffee einditschen. Geheimtipp von Enzo."


    Auch Morasa bekam einen Keks, dann Urako und Kariakin.


    Varmi kehrte zurück mit Dave, der Mann, der Morasa hatte abblitzen lassen und den Urako scheinbar bewachte. Er wirkte etwas kühl, aber nicht unsympathisch. Firxas` Typ war er allerdings nicht. Dafür wirkte er zu sehr wie ein Zivilist, ihm fehlte das Ungehobelte, Raue, das Firxas anzog und von dem Morasa geradezu übersprudelte. Dave war zu steif und förmlich, zu penibel gepflegt, wirkte in seiner Robe wie ein Bibliothekar oder Bilanzbuchhalter, obwohl Firxas dessen beträchtliche magische Fähigkeiten durchaus spürte. Morasa hingegen war eine Kratzbürste ohne Manieren, lief in einem zerfetzten geringelten Schlafanzug herum und Firxas liebte ihn dafür, dass er so war.


    Dennoch erfüllte ihn Wehmut, als er Dave und das Haus sah. Urako hatte es am Ende doch nocht geschafft, eine Familie zu finden, in der er sich bestens aufgehoben zu fühlen schien. Scheinbar konnte man seine endlos vielen Macken hier auch gut ertragen. Vielleicht musste man ja so ein förmlicher Mensch wie Dave sein, um das auszugleichen oder so ein kleiner naiver Sonnenschein wie Gasmi es zu sein schien. Firxas`Hand schloss sich fest um die von Morasa. Sie würden es genau so schaffen. Auch sie würden sich ein zu Hause aufbauen!


    Firxas nahm die Phiole entgegen und spürte. Ja, das hier war tatsächlich Morasas Blut. Einen Augenblick lang hatte er noch befürchtet, dass man sie übers Ohr hauen würde. Dave entschuldigte sich bei Morasa und machte reinen Tisch. Seine Worte klangen aufrichtig. Auch Firxas sprach er die besten Glückwünsche aus. Sogar Varmikan schloss sich dem an.


    "Danke", erwiderte Firxas knapp und nickte kurz.

    Der arme Mo regte sich schon wieder viel zu viel auf. Firxas war froh, als er sich in einen Marder verwandelte und nicht mehr sprechen konnte, auch wenn das Kerlchen es sich nicht nehmen ließ, noch einmal bissig in Urakos Richtung zu giften. Urako lachte zum Glück nur und wandte sich kopfschüttelnd und grinsend ab, anstatt noch irgendeinen Kommentar zu erwidern.


    Firxas umfasste den schmalen Marderkörper mit einer Hand, die andere schob er unter das pelzige Hinterteilchen. Er hob Mo auf, drückte ihn an seine fleischige Brust und küsste ihn zwischen die Ohren. Dann schob er ihn unter sein Oberteil, das wegen seiner Leibesfülle so eng saß, dass Mo drunter klemmen blieb und sich gemütlich einkuscheln oder herumkrabbeln konnte. Er nahm das Bündel von Mos heruntergefallener bunt geringelter Kleidung und knotete sie sich mit den Ärmeln und Hosenbeinen um die Hüfte.


    Damit es endlich losging, kletterte Firxas als erstes auf den Greif. Auf seinem Rücken hing noch immer Terc. Urako sprang ebenfalls auf und setzte sich mit einigem Abstand an das andere Ende des großen Geschöpfes, so dass Varmi sich zwischen sie setzen musste. Gasmi setzte er natürlich so, dass er niemanden außer sich berühren würde. Er hatte sich nicht verändert.


    "Wir sind so weit", sagte Firxas.


    Er versuchte, sich nicht ansehen zu lassen, wie nervös es ihn machte, wieder zu fliegen. Er würde in großer Höhe auf das Können eines anderen angewiesen sein. Er würde erneut sehen, was er verloren hatte. Er konzentrierte sich, damit sein Herz und sein Atem ruhig blieben und er nicht den Schweif verkrampfte, sondern ihn gelassen herunterhängen ließ. Er achtete auf das Klopfen des kleinen Marderherzens und die Wärme, die von Mo ausging.


    "Gleich fliegen wir los, Mo", erklärte er. "Ich hab dich hier. Dir kann nix passieren."


    "Stimmt, der fällt ja weich", spottete Urako.

    Firxas fiel ein Stein vom Herzen. Endlich Frieden!


    "Ich glaube aber, ich möchte erstmal nichts mit Urako trinken gehen", entschied er, an Varmikan gewandt. "Es ist, wie Morasa sagt, wir haben uns nichts zu mehr sagen, was über Organisationszeug hinausgehen würde. Am Ende gibt es nur wieder böses Blut."


    "Ich wollte eh nichts mit dir trinken gehen", giftete Urako von der Seite. "Ich wollte mich nur über dich lustig machen."


    Firxas sagte dazu nichts. Wie er diesen Mann früher täglich in seiner Gegenwart hatte ertragen können, war ihm ein Rätsel, musste aber nicht länger seine Sorge sein. Mochte Gasmi sich mit ihm plagen.


    "Ich bin so weit, wir können gehen. Ich besitze kein Gepäck außer diesem Düsterling, was ich holen müsste und Mo auch nicht. Mo, wenn du müde bist oder dich unwohl fühlst, verwandel dich in einen Marder. Dann trag ich dich und du kannst eine Runde schlafen."


    Der Schäferhund setzte sich auf diese Worte hin neben den noch immer am Boden herumliegenden Leibdiener und machte auf diese Weise deutlich, dass er sie nicht auf der Reise begleiten würde. Firxas nickte ihm zum Abschied zu und Tsacko nickte zurück.

    Firxas war es unangenehm, dass Morasa in der Öffentlichkeit den Arm um ihn legte. Er schämte sich, besonders, weil er schon wieder sah, wie Urakos Augen feindselig auf der Hand an seiner Hüfte ruhten. Aber er war froh, dass Morasa noch da war und würde einen Dreck tun, sich jetzt aus seinem Arm herauszuwinden. Als auch noch der Hausherr persönlich aufkreuzte, wollte sein Schweif nervös peitschen und Firxas musste sich darauf konzentrieren, das ungezogene Körperteil davon abzuhalten.


    Er war dankbar für Ansgars besonnene Worte.


    Kurz darauf spürte er Varmikans Präsenz in seinem Hirn. Entgegen seiner Art, die auf Firxas ziemlich aggressiv gewirkt hatte, fühlte sein Geist sich deutlich angenehmer an, als das, was er zur Schau trug. Er spürte die Sorge Varmikans um dessen Familie, aber auch viel Wut auf Morasa.


    Firxas stupste ihn gedanklich beruhigend an, als würde er ihm kurz die Hand auf die Schulter legen.


    'Ich schwöre dir, dass ich niemals magische oder physische Waffen gegen dich oder deine Familie erheben werde, es sei denn zur Verteidigung. Ich kann aber nicht für Mo schwören. Er ist ein lieber Kerl, aber manchmal kann er ein bissiges Biest sein und wenn er wütend oder verzweifelt ist, ist er nicht immer vernünftig. Es gibt keine Garantie für sein friedliches Verhalten. Aber ich kann versuchen, beruhigend auf ihn einzuwirken.'


    Er war froh, als Morasa selbst Frieden versprach. Allerdings versprach er dies nur Varmikan und natürlich bemerkte auch Urako diese Formulierung. Wenn es noch irgendwie ging, wurde sein Gesicht noch bösartiger. Er hasste den Waldalben wohl wirklich wie die Pest. Wenn er Morasa in einem günstigen Moment in die Finger bekam, würde das in einem Massaker enden. Jetzt wand sich Firxas doch aus Morasas Arm heraus, ging zu Urako und drückte ihn. Der erwiderte die Geste sofort, er legte dabei eine Hand hinter Firxas' Kopf und presste ihn an seinen. Es war ein komisches Gefühl, seinen Ex wieder in den Armen zu halten. Eine seltsame Mischung aus Vertrautheit und Fremdheit, die er immer empfunden hatte im Zusammensein mit Urako. Ein Teil des Geistes von Urako war immer auf Distanz geblieben, Firxas unverständlich und fremd.


    "Bitte bleib friedlich", bat Firxas leise. "Du wolltest es wieder gut machen, was mit meinen Flügeln geschehen ist. Einverstanden. Ich gebe dir die Chance. Lass meinen Mann in Ruhe. Dann verzeihe ich dir. Das und alles andere."


    "Wie lange seid ihr schon zusammen?", fragte Urako.


    "Einen Tag und eine Nacht."


    Urako lachte. "Und da nennst du ihn deinen Mann? Einen Fick für eine Nacht? Bitte, Firxas! So naiv kannst du nicht sein. Er wird dir abhauen, wenn nicht heute, dann in ein paar Wochen. Irgendein Söldner aus deiner Einheit würde besser zu dir passen, den könntest du auch jeden Tag sehen und nicht aller paar Wochen mal für ein paar Tage. Es gibt wenige, die so lange auf dich warten würden. Aber das wirst du schon noch selber sehen. Wer bin ich, dir noch vorzuschreiben, was du zu tun und zu lassen hast? Du bist jetzt frei und ich werde dich nicht länger mit meinen Vorschriften quälen. Hast du mich eigentlich vermisst in dem Jahr?"


    "Manchmal."


    "Ich dich auch, Firx."


    Firxas fand, dass es nun Zeit wurde, die Umarmung wieder zu lösen, die ja eigentlich nur dazu gedacht gewesen war, Urako zu beruhigen und seine Angriffshaltung aufzulösen. Wahrscheinlich ging das gerade nach hinten los, denn Urako hielt ihn noch einen Moment fest und küsste ihn auf die Wange, ehe er ihn freigab. Na Prima. Firxas zog den Kopf ein, in der Erwartung, dass Morasa ihn nun zur Strafe mit wüsten Beschimpfungen überhäufte und ihn verprügelte, denn Firxas war es gewohnt, genau so behandelt zu werden.


    "Wir sollten heute Abend einen trinken gehen", fand der Henker. "Ich würde gern hören, was du in dem Jahr so getrieben hast. Oh, und falls ihr es noch nicht gemerkt habt - der Hund da ist ein Gestaltwandler. Er hat Firxas zugenickt."

    Die Krallen des Marders rutschten auf dem Eis immer wieder weg, als er versuchte, ins Gebüsch zu fliehen. Firxas griff mit einer Hand unter kleinen Körper, hob ihn hoch und presste ihn schützend an seine Brust. Er würde ihn nicht hergeben, egal, was sie anstellen mochten. Nicht, so lange er kämpfen konnte.


    "Ohne dich mag ich nicht mehr sein", flüsterte Firxas. "Wenn du mich wirklich schützen willst, dann schütze dich selbst. Ich werde dich ihnen nicht ausliefern. Wenn du fliehen musst, halte ich dir den Rücken frei." Er küsste den Marder auf den pelzigen Kopf.


    Wenn sich abzeichnete, dass es nicht länger möglich war, Morasa zu schützen, würde er den Marder wie einen Ball quer durch die Luft schleudern, weit fort ins Unterholz. Er wechselte einen Blick mit Tsacko. Der nickte. Der Hundewandler würde den Marder anschließend packen und mit ihm im Maul davonrennen. Als Hund war er um ein vielfaches schneller und ausdauernder als das kleine Tier. Varmikan war gut, aber auf so viele Gegner konnte er sich nicht konzentrieren, denn dann würde Firxas sich auf ihn stürzen. Dann würde der Hund mit dem Marder im Maul entkommen.


    Noch aber war es nicht so weit. Er hielt Mo ganz fest. Der Marder konnte seinen Herzschlag hören.


    Firxas, der sonst so ruhig blieb, blickte Urako mit einer Fratze der Wut an. Natürlich war er hier, um alles kaputt zu machen, weil er weder ihm noch Morasa das Glück gönnte. Firxas schickte ihm die Wut, die er spürte, ungefiltert herüber. Urako erschrak derart, dass er einen Schritt zurückwich. Dergleichen war der Henker von dem sonst so stoischen Firxas überhaupt nicht gewöhnt.


    "Fast hättest du es geschafft", schnaubte Firxas und presste den Marder an sich. "Wie kann in einer einzigen Person nur so viel Gehässigkeit und Bosheit sein! Ist das wirklich alles, was du der Nachwelt hinterlassen willst, wenn du dereinst den Löffel abgibst?"


    Urako sagte nichts. Er starrte ihn nur mit großen Augen an. Firxas wandte er sich wieder an Varmikan.


    "Bitte, was muss ich tun, damit du mir alles von Morasas Blut aushändigst? Lass uns eine geistige Verbindung eingehen, damit wir beide sehen, dass der andere es ehrlich meint. Ich will euch nichts Böses."


    Firxas fuhr seine geistigen Barrikaden herunter und lud Varmikan somit ein, die Verbindung nun herzustellen. Von seiner Seite aus gab es keinerlei Hintergedanken. Er wünschte sich nichts als die Sicherheit seines Partners.

    "Ich bleibe an deiner Seite, Mo", erklärte Firxas Ernst. Er würde nicht weichen, nicht einen Fingerbreit, bis zum bitteren Ende. "Wenn du gehst, dann gehe ich mit dir. Ich lass dich nicht allein. Schon gar nicht in deinem Zustand."


    Urako, dem das Blut vom Gesicht tropfte, war jetzt extrem auf Prass.


    "Es wäre mir neu, dass es eine Beleidigung ist, jemanden zu fragen, ob er zugenommen hat", höhnte der Henker. "Oder findest du es hässlich, wenn jemand ein paar Kilo Speck auf den Rippen hat? Dann ist Firxas ganz offensichtlich der falsche Partner für dich! Meine Frage, ob er zugenommen hätte, war als Kompliment gedacht! Muss Firxas jetzt annehmen, dass du ihn zu fett findest?


    Die Leute, die ich gehäutet und gefickt habe, waren Mörder, Räuber, Vergewaltiger, Kinderschänder, Kindsmörderinnen! Sie zu richten war mein Beruf! Ich bin nicht wie du herumgelaufen und hab harmlose Passanten gemetzelt, weil mir zu Hause langweilig war und ich gerne mal Jäger spielen wollte. Meine Handlungen waren professioneller Natur und amtlich legitimiert! Ach ja, und Firxas war übrigens mein Gehilfe, nur für den Fall, dass er dir das nicht gesagt haben sollte. Er war mein Folterknecht!"


    Firxas stöhnte und hielt sich die Ohren zu. Morasa und Urako würden niemals vernünftig miteinander reden, niemals! Es würde auf immer in einem Duell enden, wer die gemeineren Beleidigungen auf Lager hatte, die brutalsten Todesdrohungen oder noch Schlimmeres und obendrein wurde er jetzt noch gegen seinen Willen als Waffe ins Feld geführt. Der Frostalb mischte nun auch kräftig mit in der verbalen Auseinandersetzung und drohte damit, Morasas Verstand zu zerstören und ihn mit seinem Blut zu suchen und zu töten.


    "Wie viel?" Firxas trat einen Schritt auf den Frostalben zu. "Wie viel willst du, damit du mir das Blut von Morasa aushändigst? Wir werden nicht in Frieden leben können, so lange ihr ihn jederzeit aufsprüren, geistig fertig machen oder umbringen könnt. Merkst du nicht, dass er mit der Verzweiflung eines in die Ecke gedrängten Tieres kämpft? Er ist schwer verletzt! Er ist nervlich am Ende! Er kann einfach nicht mehr und weiß keinen anderen Ausweg, als zu kämpfen mit allem, was er hat. Alles, was er will, ist leben! Warum lasst ihr ihn nicht in Ruhe, warum verfolgt ihr ihn noch? Dass es Urako nur um die Aussöhnung geht, glaube ich so wenig wie Mo und ich kenne Urako eine Weile länger als ihr alle. Macht dem bitte ein Ende! Hört auf damit!


    Ich sehe vielleicht nicht so aus, aber ich habe sehr viel Geld. Ich habe als Söldner gelebt und Unterkunft und Verpflegung gestellt bekommen. Wo andere ihren Sold in den Vergnügungsvierteln Obenzas verprasst haben, habe ich es gespart. Fast alles ist noch da, der Sold eines gesamten Jahres, plus Ernstkampfzuschläge und Prämien für besondere Leistungen. Ihr könnt alles haben. Händigt mir Morasas Blut aus und ihr seht uns beide nie wieder.


    Mo, hör auf solches Zeug zu reden und ihnen zu drohen! Die sitzen am längeren Hebel, die sind eine Mördergilde mit zich Mitgliedern, etlichen Vernetzungen überall und unbegrenztem Budget! Die bringen uns um!"

    Firxas konnte so schnell nicht gucken, wie der bleiche Düsterling sich auf Mo stürzte. Sofort wirkte Firxas seinen Spezialzauber Aalglatt auf Morasa, so dass dessen Haut glitschig wie eine nasse Seife wurde. Nun packte er den Angreifer am Pullover und riss ihn von seinem Waldalben herunter. Greifschwanz und Finger glibberten einfach über Morasas flutschig gemachte Haut hinweg. Dort, wo der Wüterich versuchte, sich an dessen Kleidung festzukrallen, zerriss Firxas diese, indem er den Fuß gegen Morasas Rücken stemmte und den Düsterling mit beiden Händen von ihm wegzog. Jetzt sah die bunte Kleidung noch mehr nach Lumpen aus.


    Es kam wie es kommen musste - Urako mischte nun auch kräftig mit.


    Mit wütendem Geheul wirkte er den gleichen Zauber, so dass Gasmi aus seinem Pullover herausflutschte, auf dem Boden landete, wo er noch ein Stück weiter auf seinem Po schlitterte und herumkreiselte. Firxas war es einst gewesen, der ihn diesen Zauber gelehrt hatte und, so weit Firxas wusste, war es das erste Mal, dass er etwas Sinnvolles damit anstellte, anstatt ihn nur auf die Hose von irgendwelchen Leuten anzuwenden, die dann plötzlich in der Öffentlichkeit zu Urakos diabolischer Freude unten ohne dastanden. Kaum war Gasmi so aus Firxas`Griff befreit, schleuderte Urako einen Feuerspatz auf Firxas`Gesicht, den dieser im letzten Moment mit einem Wasserstoß blockte, den er aus einer nur wenige Meter entfernt stehenden Pferdetränke zog. Der Flammenspatz erlosch mit einem Zischen. Brüllend vor Wut setzte Urako mit einer Flammenpeitsche nach, doch auch diese wehrte Firxas mit der Wasserwand ab. Mit seiner stümperhaften Feuermagie hatte der Henker keine Chance gegen den gestandenen Kampfmagier.


    Rasch ließ Firxas einen Teil der Wasserwand unter Urakos Füßen gefrieren, so dass dieser mit beiden Füßen ausrutschte und mörderisch nach hinten auf die Schnauze flog. Es knallte, als er sich den Schädel auf dem gefrorenen Boden stieß. Ins Leere starrend blieb er liegen.


    Firxas zuckte bei dem Geräusch zusammen und betrachtete keuchend, was er angerichtet hatte. Es war das zweite Mal, dass er Urako gegenüber Ernst machte. Das erste Mal geschah es auf einen Befehl hin, da verlor der Kronprinz seine Frontzähne durch seine Faust. Das zweite Mal war heute und er tat es, um seinen Mann zu verteidigen. Mit einer Hand griff Firxas nach Morasas Kleidung und zerrte ihn wieder auf die Füße. Rasch befreite er ihn wieder von dem Zauber, damit er nicht ebenfalls ausrutschte, wie der herumkreiselnde Gasmi.

    Firxas vermied jeglichen Blickkontakt mit Urako. Die Begrüßung verletzte ihn. Er fühlte sich dumm, weil er nicht wusste, ob Urako ihn gerade beleidigt oder ihm ein Kompliment gemacht hatte. Beides wäre möglich und beides wäre gleich verletzend. Mit zwei kurzen Sätzen hatte Urako ihn vollkommen verunsichert und entwaffnet. Firxas senkte aus alter Gewohnheit den Kopf. Genau so verletzend war es, zu sehen, was für einen kleinen und schlanken Mann Urako nun hatte. Firxas fühlte sich fett und hässlich und der Traum von einer gemeinsamen Zukunft mit Morasa verblasste wie eine sich auflösende Nebelschwade. Auch Mo würde früher oder später Sehnsucht nach einem besser aussehenden Mann bekommen, der klüger und interessanter war. Was konnte er Mo schon bieten? Die Liste dessen war verdammt kurz. Urako hatte ihm lange genug eingetrichtert, wie wertlos und ersetzbar er war und Firxas war der Überzeugung, dass sein Ex in allen Anklagepunkten recht hatte. Das wurde ihm jetzt wieder schmerzlich bewusst.


    Als sie Janko ins Haus folgten, betrachtete Firxas Urako ohne ihn direkt anzusehen, aus dem Rand seines Blickfeldes. Sein Ex war noch vernarbter als früher, es sah aus wie die Überreste einer schweren Verbrennung. Firxas` Herz raste. Sein`Impuls war es, Mos Hand zu fassen, doch er wollte für den Notfall besser beide Hände frei haben. Er schätzte Urako anders ein, als dass dieser nun körperlich Stunk machen würde, aber bei Mo war er sich nicht sicher und er würde ihm, sollte das passieren, beistehen.


    Tsacko hatte sich mittlerweile beruhigt. Er trabte einmal um Janko, Mo und Firxas herum und streifte dabei mit der Flanke ihre Beine, um sie zu begrüßen und vermutlich auch, um den Neuankömmlingen zu zeigen, dass er zu ihnen gehörte.


    "Braver Hund", murmelte Firxas. Ihm fiel ein, dass Urako keine Hunde leiden konnte, weil er in jedem von ihnen einen Gestaltwandler witterte, der sich an einen ahnungslosen Nichtwandler heranschmiss und dessen Gutgläubigkeit ausnutzte. Wäre die Situation nich so angespannt, wäre es nun komisch, dass nun genau ein ebensolcher Wandler hier herumspazierte, der das Schmarotzertum zu einer regelrechten Kunst erhoben hatte.

    Das Erste, was Mo nach dem unsanften Aufwecken tat und nachdem man ihn mehr oder weniger einfach in seine Klamotten reingestopft hatte, war über Urako und seinen hellhäutigen Begleiter zu wettern. Mo gab sich dabei keinerlei Mühe, seine Anwesenheit am Fenster zu verbergen, während Firxas wenigstens seitlich hinter Rahmen und Gardine vorgelugt hatte, so dass man sie vermutlich schon von weitem sah. Dann küsste Mo ihn und ehe Firxas irgendwas erwidern oder tun konnte, raste er wie vom Korgox gebissen hinaus in den Vorhof.


    Firxas stöhnte und rieb sich das Gesicht, dann trabte er, sehr viel langsamer, mit Terc auf dem Rücken hinterher. Als er im Hof ankam, war schon Janko zugegen. Vermutlich hatte es einen Schlagabtausch gegeben, denn alle Anwesenden blickten ziemlich sauertöpfisch drein.

    Firxas schreckte hoch. Tsacko machte draußen Lärm, wahrscheinlich Besuch oder eine Katze. Er kratzte sich die Wampe und trat ans Fenster. "Sch...!" Der Fluch verebbte vor Schreck. Seine Augen wurden groß und er starrte Ungläubig auf die Gestalt, die da mit einem riesigen Greifen und zwei Begleitern angerückt war.


    "Mo, rasch! Zieh dich an! Urako ist da. Wir sollten zusehen, dass wir ihm nicht über den Weg laufen."


    Er merkte, dass sein Herz raste, als würde ihm ein Einsatz während der Schlacht bevorstehen. Er, der so wenig fürchtete, hatte Angst. Angst vor einem einzelnen Mann, der ihm nur bis zum Kinn reichte. Er zerrte sich in Windeseile die Klamotten über den Leib und half dann Mo, sich anzuziehen, der mit seinem verletzten Arm langsamer war. Derweile überlegte, wo sie sich verbergen konnten. Hoffentlich hatte Urako nicht vor, lange zu bleiben!

    "Ich mag dich auch, Mo", schnurrte Firxas. "Ich wollt`s nur noch mal hören, ob wir wirklich zusammenbleiben. Hab nicht oft so was gehört in meinem Leben. Ja, bin aufgedreht. War neu und war geil." Er genoss es, wie der Waldalb, der jetzt sein Waldalb war, sich an ihn anschmiegte und ihm den Speck an Brust und Bauch kraulte. "Keine Ahnung, warum die immer alle abgehauen sind, schön blöd waren die. Für dich nicht schön, aber für mich, weil ich dich jetzt hab dank denen."


    Er zog ihn noch ein Stück näher an sich heran. Während Mo in seinen Armen wegdöste, redete Firxas irgendwas vor sich hin, was ihm gerade einfiel. Er war von Natur aus nicht gerade gesprächig und es fiel ihm schwer, so lange am Stück zu sprechen. Er machte viele Denkpausen und sprach langsam, aber Mo hatte es sich gewünscht. Also redete er so lange von ihrer gemeinsamen Zukunft, wie er sie sich erträumte, bis sein Waldalb in seinen Armen eingeschlafen war.


    Firxas selbst blieb munter und schaute Mo die ganze Zeit an, so als ob er fürchtete, wenn er einschlief, könnte Mo nach dem Aufwachen nicht mehr da sein. Er lag ganz still, damit er ihn nicht weckte.


    Draußen kratzte plötzlich jemand an der Tür und greinte jämmerlich. Firxas konnte sich schon denken, wer das war. Genervt schnaubte er und wartete, dass es aufhörte. Doch das Greinen und Kratzen hielt an. Er zischte, damit Terc Mo nicht mit dem Krach aufweckte, doch als der seine Stimme hörte, wurde er noch lauter. Wütend ging Firxas zur Tür, riss sie auf, um ihn zusammenzustauchen, doch Terc flitzte auf allen vieren zwischen seinen Beinen hindurch, sprang ins Bett und rollte sich am Fußende ganz fest ein.


    Prima.


    Firxas brummte unwillig. Er musste noch mal mit Skondra reden, damit der dem Düsterlingkollegen erklärte, dass man an der Oberwelt Wert auf Privatsphäre legte und dass er und Mo nicht Tercs verdammtes Ersatzrudel waren! Terc starrte ihn mit riesigen, nassen, roten Augen an wie ein treuer Hund, den sein Herr bei Gewitter vor die Tür geprügelt hatte. Von wegen, Terc war bissig, kratzte und ätzte, wenn ihm was nicht schmeckte. Aber offenbar hatte wenigstens Mos Nasenlochfingergriff Wirkung gezeigt, er blieb ganz ruhig liegen.


    Firxas stieg wieder neben Mo ins Bett, dass die Matratze auf seiner Seite bis zum Lattenrost einsank und dann obendrein den Lattenrost durchbog, so dass Mo wieder ganz dich an ihn dran rollte und kuschelte sich mit ihm ein. Argwöhnisch schaute er in Richtung des Düsterlings, doch der blieb fest eingerollt liegen. Ein Grund mehr, nicht zu schlafen. Firxas hielt Wache, bis Mo von allein wieder aufwachen würde.

    Sie lagen ganz dicht aneinander. Die Beddecke, auf der sie lagen, war komplett eingesaut und voller nasser Flecken. Die Dienerin, die für das Wäschewaschen zuständig war, würde ihre Freude haben, besonders, wenn das Zeug inzwischen eintrocknete. Aber das brauchte nicht ihre Sorge zu sein. Dafür wurde die Frau schließlich bezahlt. Firxas war körperlich müde, aber geistig putzmunter und schaute Mo die ganze Zeit an.


    "Danke, Mo", schnurrte er, zutiefst befriedigt. Sein Arm lag quer über Mos Taille. Mo duftete nach Mann. Firxas sog seinen Geruch ein, um ihn sich einzuprägen. Seine Nase war nicht so gut wie die eines Düsterlings, doch besser als die eines Menschen. Frischen Geruchsspuren konnte er mit seiner Nase folgen. Wenn Mo irgendwo vor kurzem langgegangen war oder irgendwo gesessen hatte, würde Firxas es wissen. Er legte auch noch den Schweif über den näheren von Mos Oberschenkeln.


    "Bleiben wir zusammen?", fragte er. Er hoffte aus ganzem Herzen, dass es so war, gleichzeitig fürchtete er sich vor einer negativen Antwort.


    In Ansgars Schreibstube flog derweile ein Brieffalke durchs offene Fenster.


    Hey Ans,


    dein Lieblingskronprinz kommt in Kürze zu Besuch. Wir sind schon unterwegs. Du hast ja gemeint, Firxas und Morasa wären bei dir. Ich will mit Firxas reden. Sei so gut und sorg dafür, dass der nicht vorher abhaut. Notfalls gib ihm was zu essen. Ich bezahl dir die Unkosten. Ich hab ja zum Glück einen reichen Mann.


    Bis in ein paar Stunden.
    Urako