Der Schakal -- 200 n.d.A.
Die Jagd auf Linichi hatte in Obenza in den unteren Gefilden begonnen. Genau jener Linichi war Jozos Ziel. Die erste Verfolgung hatte er vermasselt und ihn versehentlich gewarnt.
Inzwischen war Linichi scheinbar über alle Berge.
Jozo hatte seine Spur durch die Distrikte Obenza´s verfolgen können. Aber Obenza war eine vertikale Welt für sich, ein unübersichtliches Labyrinth, in dem man mühelos untertauchen konnte. Nichts was Jozo besser wusste.
Sie hatten einen Tag damit verschwendet, in den örtlichen Spielhöllen und Bordellen nach einem Hinweis zu suchen. Sie hatten das Bild Huren, Dealern, Bettlern, Ganoven und Pennern gezeigt.
Sie waren nicht besonders vorsichtig vorgegangen, aber dass musste man in Obenza auch nicht sein. Gesucht wurde hier immer irgendwer, von irgendwem – das war nichts besonderes.
Zwar hatten sie noch keine Spur, aber eine Jagd die Jozo anfing führte er auch zu Ende, wenn ihn vorher nicht die Lust verließ.
Schließlich bot ihm ein kleiner Hehler einen Handel an. Er machte im hinteren Bereich eines Clubs im untersten Bezirk seine Geschäfte, wozu auch gehörte Linichi´s Taler zu waschen.
Danach hatte sich Linichi zurückgezogen, um Gras über „die Sache“ wachsen zu lassen.
Der Hehler behauptete, er wüsste wo man Linichi finden würde. Gegen eine kleine Gefälligkeit würde er selbstverständlich bereit sein, diese Information an Jo weiterzugeben.
Jozo hörte aufmerksam zu, als der Kerl ihm in Detail beschrieb, an was für eine Art Bezahlung er da dachte.
Aber das, was er verlangte, war Jo einfach zu intim, zu persönlich, sowas machte er mit anderen und ließ es nicht mit sich machen. Stattdessen streckte er seinen Arm über den Tresen und packte den Typen am Hinterkopf.
Gerade als er die Stirn des Hehlers zum fünften Mal auf die Tischplatte knallen wollte, fiel diesem ein wo sich Linichi aufhielt.
Linichi hatte sich in die "Freihandelszone" des untersten Distriktes zurückgezogen. Man fand ihn gewöhnlich im Club zum leckeren Langfinger wo er seiner Spielsucht und den Damen frönte.
Vicarri bedankte sich für die Information und beide verließen den Hehler. Sie liefen fast den ganzen Tag durch die unteren Bezirke, ehe sie ankamen und sich an die Arbeit machten.
Der Club war ein reines Klischee. Die Musik war so laut, dass man brüllen musste um sich zu verständigen. Die Beleuchtung war gedämpft, pulsierte aber in unregelmäßigen Abständen über die Tanzfläche und die Spieltische.
Der Laden war extrem überfüllt. Die meisten Gäste waren Touristen, die sich den Kitzel des Verruchten und Gesetzlosen aussetzen wollten. Man konnte zig Sprachen von zig Völkern aufschnappen.
An den dicht gedrängten Tischen wurde Karten gezockt. Hinter den Tischen befand sich eine Bühne, auf Mädchen zu seltsamen Rhythmen tanzten oder besser gesagt tanzen mussten.
Ein schwitzender, kleiner Glatzkopf forderte Jo mit einem Zwinkern zum Tanzen auf und wedelte mit einer dicken Geldkatze.
Jozo nahm das Geld und ließ den Mann einfach stehen, was Vicarri losprusten ließ. Der Kerl motzte und schimpfte hinter Jo her, aber ihm war es gleich.
Hinter der Bühne führte eine Treppe hinunter. Sie wurde von einem menschlichen Türsteher bewacht. Jozo drängte sich durch die Menge zu ihm hin und hielt ihm Linichis Bild unter die Nase.
„Schon mal gesehen?“, fragte der Goblin.
Der Bursche guckte nur finster, sagte aber keinen Ton.
„Hör zu, der Kerl wird wegen Mordes gesucht. Er hat eine vierköpfige Familie bestialisch abgeschlachtet – einziger Überlebender der Großvater. Der alte Mann schickt mich. Also mach das Maul auf“, ranzte Jozo.
`Eigentlich ist er der einzige Überlebende des Massackers und der Mörder bist Du Jozo, aber die Geschichte klingt auch gut´, dachte Vicarri gut gelaunt.
Der große Kerl blinzelte für einen Moment, ehe er sich wieder gefasst hatte. Aber das Zeichen von Mitleid, wenn auch nur für einen Sekundenbruchteil, reichte Jozo aus.
Ohne ein weiteres Wort wollte er sich an dem Türsteher vorbeischieben, doch dieser stellte sich ihm und Vicarri in den Weg.
Mit Daumen und Zeigefinger drückte Jo blitzartig fest auf eine bestimmte Stelle aufs Schlüsselbein des Kerls, und der riesige Brocken war eher auf den Knien als er sich vermutlich je träumen ließ. Und dass ohne überhaupt noch Widerstand leisten zu können. Seine Nerven waren paralysiert.
„Ist das nötig für so ein Stück Scheiße? Rutsch zur Seite, dann überlebst Du. Komm mir dumm und ich schlachte Dich aus“, sagte Jo.
„Ich hab nichts gesehen“, sagte der Türsteher und zog sich ächzend zurück.
„Wir auch nicht“, sagte Vicarri und folgte Jozo auf dem Fuße.
Sie gingen die Treppe hinunter und erreichten einen Gang, der mit einem grauenvollen bunten Teppich ausgelegt war. Die Tapeten waren vergilbt und alles erinnerte an den Slum den die unteren Gefilde darstellten.
"Jo das heißt ich schlachte Dich ab, nicht ich schlachte Dich aus", grinste Vic.
"Kleiner Klugscheißer", grinste Jo zurück.
Sie näherten sich vorsichtig der ersten Tür, flankierten sie links und rechts und klopften. Es kam keine Antwort, aber die hatten sie auch nicht erwartet. Jozo stieß sich an der Wand ab, holte aus und trat mit voller Wucht dicht unter das Schloss.
Die Tür krachte samt Rahmen in das Zimmer. Mit erhobenen Armbrüsten standen die beiden im Raum, aber es war niemand drin, den sie hätten hinrichten können.
„Eins weiter komm“, sagte Vicarri und schlich langsam vor.
Diesmal folgte ihm Jo. Sie gingen zur nächsten Tür und konnten gerade einmal klopfen, als eine Armbrustsalve durch die Tür antwortete.
Die Tür zersplitterte und Vicarri und Jo mussten gegen ihren Willen breit grinsen. Das war nach ihrem Geschmack. Wenn so ein Mistbock auch noch Widerstand leistete, gab es überhaupt keinen Grund mehr sich zurückzuhalten.
Spontan schrie Vicarri mit so viel Schmerz und Gejammer auf, wie er aufbringen konnte.
„Bei Ainuwar, ich verblute“, kreischte er und Jo biss sich in den Ärmel seiner Jacke. Sie hörten Gelächter und das Nachladen der Waffe.
Linichi betrat den Gang, die Armbrust im Anschlag, die Waffe auf sein vermeintliches Opfer gerichtet. Er konnte gerade noch erkennen, dass der Bursche gar nicht getroffen war, als ihm Vicarri die Handkante brutal ins Gesicht schlug.
Linichi´s Kopf prallte gegen den Türrahmen und Jozo trat ihm gegen das rechte Knie, während er ihm mit der linken Hand die Armbrust aus der Hand riss. Beide Manöver liefen fließend ab. Vicarri und Jo arbeiteten wie geschmiert zusammen.
Keine Minute später nach seinem Schuss, lag Linichi auf dem Boden und seine eigene Armbrust zielte auf ihn. Jozo umrundete ihn, und deutete Vicarri an den Gang zu sichern.
Er schaute kurz in das Zimmer, in dem eine kleine, bleiche Golbin lag. Verängstig hatte sie sich in die Decke gehüllt und starrte ihn mit großen Augen an. Jo nickte Richtung Hinterausgang und warf der kleinen, grünen Frau die Armbrust zu.
„Lauf Kleine, so lange Du noch kannst. Und töte alles, was sich Dir in den Weg stellt. Hau ab. Geschenk vom gelben Goblin“, grinste Jozo.
Sie schlang sich in ihren dünnen Fetzen, grabschte sich die Waffe und stürmte an ihnen beiden vorbei. Nicht ohne noch für einen Sekundenbruchteil stehen zu bleiben und Jozos Schulter zum Dank zu drücken.
"Enni, mein Name ist Enni", flüsterte sie.
"Jozo", gab der gelbe Goblin zurück.
Enni nickte und rannte davon.
Jo wiederrum drückte seine Armbrust in den Nacken von Linichi.
„Die Hände hinter den Rücken Du Wixxer. Du weißt ja wie´s läuft“, fauchte er.
Widerwillig gehorchte Linichi. Mit Handschellen fesselte Jozo ihm die Arme auf den Rücken.
„Aufstehen“, befahl Jozo.
„Lass mich gehen“, sagte Linichi, während er dem Befehl gehorchte, „Es ist nicht so wie Du denkst, ich habe den Kindern nichts getan“.
„Natürlich nicht, das war ich Du Trottel. Beweg Dich. Die Treppe rauf und zwar langsam“, zischte Jo.
Linichi setzte sich in Bewegung. Er drehte seinen Kopf gerade so weit, um noch erkennen zu können wohin er lief, und behielt trotzdem Jozo im Auge.
„Ich schwöre ich halte dicht, ich habe Dich nie gesehen“, versuchte es Linichi erneut.
„Interessiert mich nicht. Du lebst so lange Du läufst Linichi, nicht länger“, sagte Jozo kalt.
Linichi schüttelte den Kopf.
„Ich kann Dich bezahlen. Wie viel willst Du?“, fragte der Kerl.
„Fataler Fehler. Mir gehts darum, dass Du für immer die Schnauze hältst. Ich will Dich nur tot sehen, mehr nicht“, grinste Jozo.
„Natürlich geht es Dir ums Geld. Du bist doch Kopfgeldjäger oder?“, fragte Linichi.
„Ich? Nö. Sehe ich so aus? Nur Jäger, nicht mehr nicht weniger und jetzt halt´s Maul. Du beginnst mich zu langweilen“, sagte Jo desinteressiert.
Sie waren ungefähr auf der Hälfte der Treppe, als er den Rausschmeißer sah. Er gab ihm ein Zeichen und blockierte für jemand anderes den Weg. Jozo konnte nicht erkennen, was sich hinter dem breiten Typen abspielte.
Plötzlich änderte sich die Atmosphäre. Es war schlagartig totenstill in dem Club. Niemand war mehr zu hören. Die Schreie und das Gelächter der Gäste waren verstummt. Das verhieß nie was Gutes.
„Runter“, befahl er Linichi.
Hinter Linichis verwunderten Gesichtsausdruck konnte Jo sehen, wie der Türsteher zu Boden ging. Dahinter kam ein Mann zum Vorschein. Er war groß, schlank, mit breiten Schultern. Dieser Eindruck verstärkte sich noch durch die Schutzrüstung und Panzerung die er trug.
Seine Rüstung war mattschwarz, ebenso sein Helm. An seinem Gürtel hing eines der teuersten und besten Kampfmesser. Eine Repetierarmbrust steckte in einem Brusthalfter und ein rasiermesserscharfes, dünnes Schwert hatte der Kerl gezogen.
In dem Moment wusste Jozo, dass er nicht nur einfach Ärger bekommen würde.
Er wusste, dass er bis zum Hals in der Scheiße steckte.
Der Mann gehörte den schwarzen Panthern an.
Sie gehörten der absoluten Elite der Kopfgeldjäger an.
Die Büttel, die anderen Zünfte, die Vollstrecker oder selbst die Meuchelmörder mit denen man es schlimmstenfalls zu tun bekommen konnte, waren ein Witz gegen diese Burschen.
Schwarze Panther wurden aus sämtlichen Assassinen-Zünften rekrutiert. Ein Killer mit fast 100 Prozent Erfolgsquote und unumstößlicher Loyalität – sowas fand man in ihren Reihen.
Sie waren das Beste vom Besten, sowohl was ihre Bewaffnung als auch ihr Training und ihre Taktik anging. Sie waren die Gilde, die man dann anheuerte, wenn ein eigener Assassine die Flucht ergriffen hatte und man ihn zu Fall bringen musste.
Sie waren jene Jäger und Killer, die ausgebildet waren Killer zu jagen und zu töten.
Und sie zu beauftragen, war gewaltig teuer.
Innerhalb einer Millisekunde pumpte das Adrenalin diese Fakten in Jozos Hirn.
Die Treppe war eine Todesfalle.
Der Panther war bestimmt nicht allein.
Normalerweise arbeiteten sie im Quartett, was ihre tödliche Effizienz noch steigerte.
Noch während Jozo überlegte, fluchte er vor sich hin. Die geplante Fluchtmöglichkeit aus dem Club konnte er nicht nutzen, ohne der kleinen Frau und Vicarri in den Rücken zu fallen. Er würde vermutlich beide noch brauchen, er konnte sie nicht wegwerfen. Er musste einen anderen Weg finden.
Zu spät. Jo zuckte zusammen, als der Panther sein Schwert auf Jo richtete.
„Jozo Yamanlar“, sagte der schwarze Panther.
Der Helm verzerrte seine Stimme seltsam ins tonlose.
„Sie sind verhaftet. Sie werden des 204fachen Mordes beschuldigt und abgeurteilt. Lassen Sie Ihre Waffe fallen, ich bin berechtigt Sie notfalls zu töten. Geben Sie auf, dann wird Ihnen nichts geschehen.
Laut Suchprotokoll sind Sie in malgorische Sicherheitsverwahrung zu überstellen. In Abwesenheit wurden Sie zur lebenslangen Sicherheitsverwahrung verurteilt, aufgrund Ihrer Geisteskrankheit. Sobald Sie gesichert sind, können Sie das Urteil einsehen“, sagte der Panther freundlich.
„Du ich glaub der meint Dich“, lachte Linichi.
„Halt die Fresse“, fauchte Jozo.
Jo war mehr als unzufrieden und ließ seine Armbrust fallen.
„Sehr gut. Nehmen Sie die Hände über den Kopf und verschränken Sie die Finger“, befahl der Panther. Jozo gehorchte. Er versuche, die Kontrolle über die Situation zu behalten.
„Sie haben den Falschen erwischt…“, setzte er an.
„RUHE!“, bellte der schwarze Panther.
„Laut Protokoll Ihres Krankheitsbildes sind Sie manipulativ. Dass heißt sollten Sie noch einmal ungefragt das Wort an mich richten oder sollten Sie nochmal versuchen mit mir zu kommunizieren, muss ich das als Widerstand werten und werde Sie sofort exekutieren. Haben Sie das verstanden? Sie dürfen antworten“, sagte der Panther wieder freundlich.
„Ja verstanden“, antworte Jozo zerknirscht.
Linichi warf sich in die Brust.
„Sire Entschuldigung, aber dürfte ich bitte aus der Schusslinie treten?“, fragte er geradezu schleimig.
„Natürlich“, gestattete der Panther und legte seinen Kopf schief, als lausche er etwas unhörbarem, während sich Linichi neben den schwarzen Panther stellte und Jozo ein hämisches Grinsen zu warf.
„Sind Sie nicht Linichi der „Glücksspiel-Glückspilz“?“, fragte der Panther.
„Richtig der bin ich. Ein Profi auf meinem Gebiet. Die Karten sind meine Leidenschaft wissen Sie?“, erzählte Linichi leichthin.
„Genau wie Betrug in 117facher Form. Fahnungsobjekt 72.335 laut Liste“, sagte der Panther und feuerte eine Salve aus seiner Armbrust in die Brust von Linichi. Der Mann kippte tot zur Seite weg und man hörte Angstschreie von den Mädchen auf der Tanzfläche.
Ein kurzes befehlendes Bellen ertönte von einem anderen schwarzen Panther und sofort waren sie leise.
Jo musterte Linichi und grinste über beide Ohren.
"Der Glücksspiel-Glückspilz, man hatte der ein Glück", murmelte Jozo und zuckte mit den Ohren.
„Für ihn stand keine Ergreifung, sondern eine Liquidierung aus. Für Sie steht eine Inhaftierung aus, samt anschließender Sicherheitsverwahrung. Dass Sie nicht auf dem Block enden, verdanken Sie Ihrem Vater. Zudem werden Sie auch zum Schutz der unbescholtenen Bürger und zur Erforschung Ihrer Krankheit dem Tempel überstellt.
Ich denke damit können alle Seiten "leben". Drehen Sie sich um und gehen Sie die Treppe hoch Jozo. Vermeiden Sie alle plötzlichen Bewegungen. Wenn Sie versuchen mich zu treten oder zu fliehen, werde ich das Feuer eröffnen“, sagte der Mann wieder in seinem höflichen Singsang.
"Das ist fair, denn ich habe noch nie beim Kartenspielen gemogelt", murmelte Jozo.
Die Erkenntnis, dass er gefangen war, dass es keinen Ausweg gab, erfüllte Jozo mit Angst. Er drehte sich um, kämpfte gegen die aufsteigende Panik an und ging Stufe für Stufe die Treppe hinauf.
Als er oben angelangt war, hörte er Metall an Metall reiben und erschrak. Sie würden ihn fesseln. Logisch sie wollten, dass er sich nicht bewegen konnte. Er spürte den Lauf der Armbrust im Nacken und hörte den Befehl still zu halten.
Hände griffen nach ihm und fassten so hart zu, dass Jo die Gewalt dahinter spürte. Die "stählernen Hände" befingerten seine Hüfte und nahmen ihm seine zwei Messer ab. Die Hände setzten ihre Suche fort, wanderten über seinen Rücken, seinen Nacken, über seinen Schädel und die Arme hinunter – bis er komplett abgetastet war.
„Jetzt sind Sie sauber“, sagte der Panther während ein zweiter sich zu ihm gesellte und ihm die Handschellen reichte.
„Ich geh auf Nummer sicher und nehm die aus Leder. Ich denke doch dass unser Freund seine Hände nicht verlieren möchte und dann kooperativ bleibt – richtig? Antworten erlaubt“, sagte der erste Panther.
„Ich kooperiere doch schon“, sagte Jozo gleichmütig.
„Kann man das als Widerspruch werten? Er sagte zwar er kooperiert, aber die Worte klangen wie Widerworte. Wir sollten ihn disziplinieren. Ließ seine Akte, er sollte nicht in Haft kommen Jurig, glaub es mir. Das Ding ist ein Monster, ein kranker Irrer, ein schwebendes Schwert über unschuldigen Häuptern“, warf der zweite Panther ein.
`Wie poetisch´, grummelte Jozo gedanklich.
„Kooperation, ist kein Widerstand. Und Vertrag ist Vertrag. Sollte unser quittegelber Freund erneut ausbüchsen, fangen wir ihn wieder ein und streichen noch mehr Taler ein. Also was schert es uns“, sagte der erste Panther.
„Der Kerl ist ein kriminelles, mordendes, irres Subjekt. Dann sollten wir ihn wenigstens lebend unschädlich machen. Er muss doch nicht bei voller Gesundheit sein, wenn er vor den Richter tritt oder? Er ist gestürzt, hat sich das Rückgrat gebrochen. Ab dato ist die Gefahr vorbei. Irgendwas… Du verstehst schon“, lachte der zweite Panther.
„Was hast Du gesagt? Wir haben einen Ruf zu verlieren“, hakte der erste Panther nach.
„Schon verstanden“, antwortete der zweite.
Die Hände griffen erneut nach Jozo. Dieses Mal packten sie sein rechtes Handgelenk. Mehr konnte er nicht ertragen. Die Erinnerung an seine damalige Gefangenschaft im Tempel kam ihm wieder hoch. Nichts was er mehr verabscheute als angekettet, eingesperrt oder wem hilflos ausgeliefert zu sein.
Sie hatten versucht in Gefangenschaft seinen Willen zu brechen. Die Erinnerung, wie sie ihn halb tot gefoltert hatten nur um ihn zu heilen und es erneut zu versuchen, so lange bis er einknicken würde kam ihm wieder hoch.
Die Erinnerung an Schmerzen, die er sich vorher nicht mal vorstellen konnte. Sie wollten ihn brechen, eine ihrer Marionetten aus ihm machen. Er war nicht eingeknickt, er würde auch diesmal nicht einknicken.
Zur Hölle mit dem Pack, sollten sie ihn eben umnieten. Als das er sich brechen lassen würde von diesen Unwürdigen!
Er brüllte vor Wut, Angst und Zorn auf. Er wand sich, duckte sich und drehte sein Handgelenk so lange herum, bis er den Panther in seiner Gewalt hatte und nicht umgekehrt. Wie viele Handknochen er sich dabei brach war ihm im Moment egal, es war kein Vergleich zu dem, was sie ihm im Tempel erneut antun würden.
Mit Schwung warf er den schwarzen Panther über die Schulter und renkte sich beinahe das Kreuz aus, da der Kerl wesentlich schwerer war, als seine Statur vermuten ließ.
Als er sich umdrehte, explodierte ein rotes Feuerwerk hinter seinen Augen. Ein weiterer Schlag schickte ihn auf die Knie.
Jozo blinzelte und blickte auf. Der erste Panther richtete sich wieder auf und zwei weitere kamen hinzu. Das Quartett war zusammen. Wieder wurde er von einem Schlag getroffen, diesmal am Kinn. Er lag mit dem Gesicht auf dem Boden und konnte den verschütteten Schnaps riechen.
Stählerne Hände, eigentlich Hände in Stahlhandschuhen - griffen brutal nach ihm und verzweifelt versuchte er sich zu befreien. Er trat wie besessen um sich, erwischte einen der drei Panther vor der Brust mit einem brutalen Kick und dieser folg rückwärts die Treppe runter.
Der Kerl versuchte noch sich abzufangen, aber seine zu Klauen geformten Finger griffen ins Leere. Bis zu Jozo und den Panthern oben konnte man das Brechen seines Genicks hören.
Die Gesichter der drei verbleibenden Panther unter den Helmen wollte sich Jo in dem Moment lieber nicht ausmalen. Wütend schlugen und traten sie auf ihn ein und er versuchte sich so gut es ging zu wehren. Aber irgendwann hatte kaum noch Kraft.
Er wurde wie ein Stück Fleisch auf den Boden geknallt und ein Panther trat ihm mit dem Stiefel in den Nacken, während das Gewicht von den beiden anderen auf seinem Rücken seinen letzten Widerstand brechen sollte.
Er konnte Blut in seinem Mund schmecken. Er hob minimal den Kopf und blickte auf den Kampfstiefel des einen Panther.
Der Club war inzwischen völlig leer…
…bis auf Vicarri, den er durch den Rauchstangendunst auf sich zukommen zu sehen glaubte.
Jozo fragte sich, ob er aufgrund der Schläge halluzinierte. Vic trug ebenfalls eine dieser Armbrüste. Dann glaubte er zu sehen, wie Vic das Feuer eröffnete.
Die Panther waren zu vier Mann angerückt. Vicarri hatte unten Stellung bezogen um den Fluchtweg zu sichern, als neben ihm der Kerl in schwarzer Montur aufschlug, als sei er vom Himmel gefallen.
Er hatte sich sofort die Waffe gegriffen, und war nach oben geschlichen. Einfach loszustürmen, war bei diesen Leuten zu riskant. So hatte er wenigstens den Überraschungsmoment auf seiner Seite, und zweitens vertraute er voll und ganz auf die Fähigkeiten von Jozo. Er wusste wie tödlich Jo sein konnte, wenn er nur wollte.
Er sah ihn, sobald er wieder in dem Gang war. Sein Anblick erschütterte Vicarri und er empfand Mitleid mit seinem Kerl. Seine Kehle schnürte sich zusammen und er spürte den bitteren Geschmack des Adrenalins in seinem Mund.
Sie hatten Jozo umzingelt, und zwei von ihnen drückten ihn mit ihren Knien auf den Boden. Ganz so wie in seinem schlimmsten Alptraum.
Scheiß Panther in ihren Alptraumrüstungen. Ihre Rüstungen waren sowohl darauf ausgelegt sie zu schützen als auch Respekt einzuflößen und Jozo sah in diesem Moment wirklich winzig gegen sie aus, was Vicarris Beschützerinstinkt wachrief.
Aber das war nicht das Schlimmste. Das Schlimmste war, das Jo aus Mund und Nase extrem blutete und erneut versuchte, wieder auf die Beine zu kommen.
Jozo gab nicht auf!
Vicarri wusste, dass Jo nie aufgeben würde, sie würden ihn totschlagen.
Vicarri zielte auf den Hals des nächsten Panthers. Er wusste aus leidiger Erfahrung, dass die Panther einen Nackenschutz trugen. Dieser Schutz hielt allem stand, allerdings nicht ihren eigenen Spezialwaffen. In ihren Augen war es unmöglich einen der ihren zu entwaffnen.
Die Bolzen in diesem Magazin waren Spezialanfertigungen.
Normalerweise schoss Vicarri nicht mit einer Armbrust und schon gar nicht mit solchen Waffen. Erstens war es bei seinem Job nicht nötig und zweitens hatte er gar kein Geld für solche Spezialwaffen.
Er würde mehrfach nachsetzen müssen. Vicarri eröffnete das Feuer. Ein Schwarm von Bolzen durchbohrte den Hals des ersten Panthers und dieser stürzte tot zu Boden.
Er nutzte den Überraschungsmoment aus und konnte auf einen weiteren der Männer feuern. Er durchsiebte dessen Brust und brachte ihn mit sechs Treffern zu Fall.
Als der letzte der Panther das Gegenfeuer eröffnete sprang Vicarri in Deckung. Er hörte Glas und Holz splittern, der Lärm der Waffe wurde von der Musik übertönt die immer noch irgendwoher dröhnte.
Vicarri sprintete von Deckung zu Deckung während ihn der Panther verfolgte. Vic konnte die Schüsse die ihn knapp verfehlten, mehr fühlen als hören. Gerade als er dachte er würde es schaffen aus der Situation lebend herauszukommen war der Panther über ihm.
„Was für ein idiotischer Tod“, murmelte Vicarri leise während der Panther auf ihn herab starrte.
Die Sekunden zogen sich immer mehr in die Länge, als er auf den tödlichen Bolzen wartete. Vicarri fragte sich warum er noch lebte und der Panther nicht schoss. Worauf wartete der Kerl eigentlich?
Vicarri wirbelte herum, sprang in eine weitere Deckung und war bereit erneut zu feuern. Wozu jedoch überhaupt kein Grund mehr bestand. Der schwarze Panther ließ seine Armbrust fallen. Als Vicarri ihn genau musterte erkannte er, dass nun Jozo hinter dem Kerl stand und ihm die Armbrust eines Kollegen in den Nacken drückte.
"Alles in Ordnung Vic?", fragte Jozo und zog die Nase hoch.
"Alles gut Jo", antwortete Vicarri.
"Komm her, ist Deine Beute Baby", säuselte Jo und rotzte Blut weg.
Vicarri gesellte sich zu Jozo und starrte auf den Panther herab.
„Nimm den Helm ab“, befahl er.
„Sich zu demaskieren ist verboten“, sagte der Mann tonlos.
„Nun Du kannst es jetzt tun, oder ich pumpe Dir eine Salve in den Schädel und guck dann selber nach. Was meinst Du? Wie wollen wir vorgehen?“, fragte Vicarri und stieß ihm den Lauf der Waffe in die Rippen.
„In Ordnung. Dafür muss ich die Hände hochnehmen, ich werde nicht angreifen“, sagte der Mann. Er nahm langsam den Helm ab und bewegte sich dabei wie in Zeitlupe um seinen Feinden keinen Grund zum feuern zu liefern.
Jozo musterte den Kerl. Musterte die seltsame Narbe auf der Stirn.
„Guck hoch“, befahl Jo.
Der Panther gehorchte. Was immer der Helm sonst auch verbarg, der Panther darunter war trotz modernster Rüstung auch nur ein Mensch. Der Blick des Panthers verriet aber weitaus mehr.
Er hatte nicht nur den Kampf verloren, seine Augen sagten Jo und Vicarri, dass er mit dem Tod seiner drei Kameraden alles verloren hatte.
„Wenn Du lange genug geglotzt hast, bring es zu Ende „gelber Goblin“.
Schreib Dir auf die Fahne, dass Du kranker Bastard vier schwarze Panther getötet hast. Du und der Schakal, meine Hochachtung!
Ich würde Euch ja gerne vor Ehrfurcht vor die Füße kotzen, aber leider habe ich nichts gegessen vor dem Einsatz. Ich hoffe Ihr nehmt mir das nicht krumm“, zischte der Kerl.
„Nö, nicht sonderlich“, sagte Vicarri trocken und riss den Abzug durch.
Jozo betrachtete Vicarris Werk und nickte anerkennend.
„Du hast mir den Arsch gerettet Baby, heute Nacht komplett Deine Spielregeln Vic. Dein Rufname ist der Schakal? Klingt gut. Ich bin der gelbe Goblin", lachte Jo.
"Angenehm", grinste Vic.