Jaro Ballivòr
Der Wind im Schilf und das Plätschern des Wassers waren einen Moment lang die einzigen Geräusche am Ufer des Sees. Verdattert starrte Jaro Alaryah an und rührte sich nicht.
"Komm, schlag mich", wiederholte sie ihre Worte, ohne sich von der Stelle zu rühren.
"Aber ich kann doch nicht...", stammelte Jaro und wurde von einer erneuten Aufforderung unterbrochen. Zögerlich machte er einen Schritt auf sie zu. "Ich dachte, du könntest mir vielleicht ein paar Bewegungen zeigen, o-oder wie man eine Waffe führt..." - "Jaro", unterbrach Alaryah ihn abermals mit strengem Blick. "So schwer ist die Aufgabe wirklich nicht. Los jetzt! Wenn du etwas lernen willst, musst du schon tun, was ich dir sage."
Jaro schluckte schwer und nickte. Mehrfach öffnete und schloss er die Hände zu Fäusten und als er meinte, nah genug zu sein, setzte er einen halbherzigen Fauststoß in Richtung von Alaryahs Gesicht an. Mit hoch gezogenen Brauen lugte die Waldalbin neben Jaros ausgestrecktem Arm hervor. "Das sollte mich treffen?", fragte sie belustigt. Sie hatte sich keinen Schritt bewegt. "Du kriegst eine zweite Chance." Noch immer höchst unwohl in seiner Haut trat Jaro noch ein kleines Stück näher heran und probierte es erneut. Dieses Mal nahm Alaryah nur ganz leicht den Kopf zur Seite, sodass Jaros Hand ihre Wange beinahe strich. "Du greifst nicht an. Ich habe gesagt "Schlag mich", und nicht "streck deinen Arm in meine Richtung"." Beschämt nahm Jaro die Faust zurück. Na gut. Wenn sie darauf bestand, dann würde er eben richtig hinhauen. Alaryah nicht aus den Augen lassend, ging Jaro etwas in die Knie und nahm beide Fäuste hoch. Er zögerte einen Moment und ließ dann die Rechte nach vorne schnellen. Dieses Mal würde er treffen, er spürte es... und wieder sauste seine Hand knapp an Alaryahs Gesicht vorbei. Das Ausbleiben des erwarteten Aufpralls ließ Jaro beinahe das Gleichgewicht verlieren. "Schon besser. Und jetzt streng dich an dabei." "Ich strenge mich..." Ein Kopfschütteln Alaryahs ließ Jaro verstummen und er begab sich stattdessen wieder in Position. So ging es Schlag auf Schlag und stets wich Alaryah gerade so weit aus, dass Jaro kurz dachte, er hätte Erfolg, bevor seine Hand abermals ins Leere schoß. Schnell war er außer Atem und so sehr er sich auch anstrengte, so oft er sein Ziel auch änderte, vom Gesicht, zum Bauch, zu den Schultern, gelang es ihm einfach nicht, Alaryah auch nur zu streifen. "Das gibt's doch nicht", keuchte er und stützte sich auf seinen Oberschenkeln ab. Während er seinen Atem beruhigte, vernahm er plötzlich fröhliches Vogelgezwitscher, gefolgt von Flügelschlagen und dem Rascheln aus einem nahen Baum. "Du!", stieß er aus, als er den kleinen Sperling erkannte, der ihnen von Nativus' Heim bis vor die Tore Eichenhains gefolgt war. "Ja, lach du nur!" Jaro hatte aufgegeben, sich über die scheinbaren Gefühlsregungen des Vogels zu wundern, der wie zur Antwort noch lauter und fröhlicher trällerte. Bei Orils ewigem Licht - nun wurde er schon von einem Vogel ausgelacht! Die Erkenntnis stachelte Jaro an. "Dir werde ich es zeigen!", rief er dem Zaungast zu und hob die Arme. Er versuchte es mit Finten und verzögert, von der Seite, mit einem weiten Schwinger und mit Doppelschlägen. Wenn er auch noch immer nicht traf, hatte er nach einer Weile wenigstens den Eindruck, dass auch Alaryahs Atem schneller ging und schließlich nahm sie erstmals einen Arm zur Hilfe, um Jaros Schlag abzulenken. "Ha!", triumphierte er, als hätte er einen vollen Treffer gelandet und grinste Alaryah stolz an. Der Sperling hatte indes nur eine amüsierte Trällerfolge für ihn übrig.
Alaryah Schattenwind
Alaryah musste ein Kichern unterdrücken, als sich der Sperling an ihrem Vorhaben lauthals beteiligte. Sie freute sich, dass der kleine Vogel wieder da war. Jaros Schläge nahmen nun nach und nach Fahrt auf. Wieder war eine Parade mit dem Unterarm nötig, dann noch eine. Dies schien für einen Motivationsschub bei Jaro zu sorgen, dem Alaryah nun erst einmal einen Dämpfer verpassen wollte. Sie biss die Zähne aufeinander und ließ die von links heranfliegende Faust durch. "Uff!". Wärend der kleine Vogel wild mit den Flügelchen flatterte machte die Albin einen Satz zur Seite, wandte den Blick ab und beugte sich nach vorn über. Jaro schrie erschrocken und ungläubig zugleich auf. "Alaryah, verzeih, das wollte ich nicht!". Gerade, als er zu der Albin gehen und prüfen wollte ob es ihr gut ging, sprang sie nach vorn. Von unten kommend prallte Alaryah mit der Schulter in Jaros Magengegend, bekam irgendwie sein rechts Bein zu packen und brachte den Alb aus dem Gleichgewicht. Er strauchelte und fiel dumpf auf den Rücken, Alaryah landete neben ihm. "Was zum...?". Alaryah wirbelte herum und drückte Jaros Schulter nun mit aller Kraft auf den Boden. Dann presste sie ihre rechte Handkante an seinen Hals. "Siehst du?", fragte sie und grinste triumphierend. "Jetzt wärst du tot gewesen.". "Aber wa...". "Du darfst dich nicht ablenken lassen oder zögern. Unsere Gegner werden mit allen Mitteln versuchen zu überleben.". Jaro nickte. "Du hast ganz schön zugelangt.", sagte Alaryah dann gespielt empört und nahm die Hand von Jaros Hals. "Bewegungsabläufe oder der bessere Umgang mit einer Waffe, das machen wir aber nicht mehr heute.". Sie klopfte Jaro aufmunternd auf die Brust, erhob sich und reichte ihm die Hand. Er zögerte. "Komm schon, dieses Mal ist es kein Trick, versprochen.". Jaro ergriff Alaryahs Hand und schon bald stand er wieder.
"Los, noch einmal.". Dieses Mal verzichtete Alaryah auf weitere Täuschungsmanöver. Ab und an unterbrach sie ihre "Training" und erklärte Jaro, wie er Kräfte sparen oder seine Atmung regulieren konnte. Es würde sicherlich helfen. Ausdauer war im Kampf immer wichtig, egal ob mit oder ohne Waffe. Jaro versuchte die Anweisungen umzusetzen, doch schien es etwas zu viel für den Anfang. Alaryah schien zwischendurch zu vergessen, dass es Jaro und kein Waldläuferanwärter war mit dem sie es hier zu tun hatte...Jedoch erkannte sie wieder und wieder die Bemühungen und sprach das ein oder andere Lob aus.
"Gut so! Und dann trainieren wir als nächstes mit Übungswaffen.", verkündete Alaryah über den "Schlagabtausch" hinweg. "Gar kein Problem.", gab Jaro konzentriert zurück. Langsam drängte Alaryah Jaro nun zurück, fing an Druck aufzubauen. "Immer mit einem Fuß am Boden bleiben, sicherer Stand, Beine beim Schritt nicht überkreuzen.", rief sie Jaro in Erinnerung. Er schaute nun grimmiger drein. "Schon viel besser!".
Jaro Ballivòr
Es machte... Spaß! Eifer packte Jaro und er vergaß die Anstrengung, vergaß den Schmerz im Rücken von dem harten Aufprall, vergaß sogar das schadenfrohe Gezwitscher des kleinen Sperlings. Längst zitterten seine Beine vom tiefen Stand und den schnellen, kurzen Schritten, seine Arme schienen das Doppelte zu wiegen und Schweiß rann ihm den Rücken hinab. Trotzdem machte er immer weiter, folgte Alaryahs Anweisungen und probierte das ein oder andere selbst - wenn auch mit weniger Erfolg. Instinktiv tappte er in jede Falle, die ihm Alaryah stellte, die ihrerseits all seine Bewegungen vorauszuahnen schien. Zudem war Jaro einfach deutlich langsamer. Er merkte schnell, dass dies nicht allein an seinen bereits ermüdenden Gliedern lag. Während er über jeden Schritt und jede Armkombination nachdenken musste, schien bei Alaryah alles von selbst zu gehen. Erneut ging er ihr ins Netz und dieses Mal schlug er nur deshalb nicht auf dem Boden auf, weil Alaryah ihn vorher auffing und wieder auf die Beine schob. Jaro erinnerte sich an ihren Rat, nicht zu zögern, und setzte sofort einen Konter an. Alaryah fing ihn ab. "Das war... fies!", stellte sie fest. "Gut!", sie grinste und schon wieder fand Jaro sich in Rückwärtsbewegung vor. Wasser platschte und Jaro stoppte abrupt, blickte über die Schulter. Alaryah hatte ihn bis an den Rand des Sees gedrängt. "Hab deine Umgebung stets im Blick. Lass dich niemals in eine Sackgasse drängen." Jaro knirschte mit den Zähnen. <Zu Spät!>, dachte er und versuchte seitlich davon zu schlüpfen, doch es gelang ihm nicht. Schon drang Wasser in seine Stiefel ein und wenn es auch nicht eiskalt war, so hatte Jaro doch wenig Interesse an einem unfreiwilligen Bad. Er parierte einen Schlag in Richtung Schulter, verlor dabei aber das das Gleichgewicht. Wild mit den Armen rudernd kämpfte er gegen das Unvermeidliche an, während Alaryah ihn amüsiert betrachtete, die Hände keck in die Hüfte gestemmt. Im letzten Moment schoß Jaros Hand vor und er packte die Albin in der Armbeuge, um sie wenigstens mit sich zu reißen.
Alaryah Schattenwind
Es mochte der Albin nicht sonderlich gefallen, doch sie hatte Jaro unterschätzt. Zwar wollte sie ihn niemals in den See schubsen, doch hatte die ganze Sache eine gewisse Eigendynamik angenommen. Jaro versuchte sein Gleichgewicht zu halten, doch gelang es ihm nicht. Dafür schaffte er etwas anderes, nämlich Alaryah am Arm zu packen. "Neeein!", rief sie gerade noch mit überraschter Stimme - doch es war bereits zu spät. Ein lautes Platschen zerriss die umliegende, friedliche Stille und es war als hätte der halbe Wald den Lärm mitbekommen. Diese Stelle vom See war alles andere als tief, doch war es hier tief genug damit das Wasser die beiden verschlingen konnte. Unter Wasser riss sich Alaryah von Jaros Griff los und tauchte so schnell wie möglich wieder auf. Sie wischte sich Wasser und Haare aus dem Gesicht, prustete dabei und musste sich neu orientieren. Jaro tauchte ebenfalls wieder auf, etwas weiter links von ihr. "Das kriegst du wieder, das merke ich mir!", versprach Alaryah. Jaro lachte, während auch er das Wasser aus seinen Augen wischte. "Lach nicht, jetzt bin ich wegen dir patschnass!". Alaryah, die etwas weiter als knietief im kühlen Wasser stand, schlug gegen die Wasseroberfläche und schleuderte somit viele Tropfen in Richtung Jaro. "Warte ab, wenn ich dich zu fassen kriege!". Alaryah watete fest entschlossen durch das Wasser, direkt auf Jaro zu. Der kleine Vogel war am Ufer zurückgeblieben und hüpfte aufgeregt hin und her. Irgendwie schaffte es Jaro Alaryahs Griffen auszuweichen und schien auch schneller im Wasser voranzukommen. Er hatte fast das Ufer erreicht, da platschte es erneut. Alaryah war umgeknickt und daher erneut unfreiwillig abgetaucht. Sie rappelte sich wieder auf und schaffte es mit Jaros Hilfe problemlos aus dem See. "Alles gut, alles gut.", sagte sie dann und tatsächlich war das Laufen nach ein paar abgehackten Schritten wieder möglich. "Ich glaube das war genug Training für heute.", befand Alaryah und auch Jaro stimmte zu. Wie hätte es auch sonst weitergehen sollen, schließlich waren sie völlig durchnässt. "Lass uns erst einmal zurückgehen und etwas trockenes anziehen.", schlug Alaryah vor und so machten sie sich auf den Rückweg. "Gut gekämpft.", sagte sie beim gehen und gab Jaro einen sportlichen Schlag auf den Oberarm.
Jaro Ballivòr
Ein Grinsen breitete sich auf Jaros Gesicht aus. "Danke, du auch", feixte er und wrang beim Gehen sein Haar aus. "Tut mir leid wegen dem Bad. Ich konnte dem Vogel den Triumph nicht gönnen, nur mich baden gehen zu sehen." Ein letzter Ruf des Sperlings war die Antwort, dann verschwand er zwischen den Bäumen und kurz darauf kam Eichenhain in Sicht. "Oh, sieh nur, sie schließen schon das Tor!", rief Jaro aus und so rannten sie platschend und tropfend die letzten Meter den Weg entlang. Die Alben am Tor musterten sie skeptisch von Kopf bis Fuß, ließen sie dann aber ohne weitere Kommentare passieren. "So viel Zeit ist vergangen?" Es kam Jaro vor wie nichts. Seinen Beinen hingegen wie ein Tagesmarsch. Spätestens nach dem kurzen Lauf wollten sie ihm nicht mehr recht gehorchen und fühlten sich seltsam wackelig an. Auch musste er feststellen, dass er sehr durstig war. Und... war da sogar schon wieder ein Hungergefühl in seinem Bauch? "Du, Alaryah, was hältst du von einem kleinen Nachttrunk, wenn wir uns umgezogen haben?" ... und einem kleinen Happen, fügte er in Gedanken hinzu. Alaryah hielt sehr viel von der Idee, im Gegenteil: sie rügte Jaro sogar, dass er das nicht als selbstverständlichen Trainingsinhalt erkannt hatte.
Mit trockener Kleidung auf der Haut und der Euphorie aus der Übungseinheit im Blut, war Jaros Laune ausgezeichnet, als sie erneut die kleine Hütte verließen. "Ich muss kurz etwas erledigen, in Ordnung? In der Gespaltenen Eiche." Alaryahs Gesichtsausdruck sprach Bände. "Geht ganz schnell, versprochen! Und dann können wir woanders hin gehen oder uns etwas zu Trinken für Zuhause besorgen." Dieses Mal war es Jaro, der durch die Menge eilte und Alaryah, die ihm zu folgen versuchte. Mittlerweile kannte Jaro den Weg zu der alten Taverne sehr gut. Bevor er eintrat, lächelte er Alaryah, wie er meinte, vielsagend zu und schritt dann entschlossen an den Tresen. Der Schenker erkannte ihn und grinste abschätzig. "Sie bedient die Balkone", sagte er gewichtig, "was darf es denn sein?" Jaro schob zwei Münzen über den Tisch. "Eine Edelkastanie für die Dame. Ich kann leider nicht bleiben, ich habe schon Gesellschaft." Sichtlich irritiert griff der Alb nach den Münzen. "Alles... klar. Dann richte ich es ihr aus.." Jaro grinste Alaryah an, die ihm zögerlich in den Gastraum gefolgt war. "Danke! Bis zum nächsten Mal dann." Er hakte sich bei Alaryah ein und führte sie wieder zurück auf die Straße.
Alaryah Schattenwind
Jaro ging selbstsicher voran und gab dabei das Tempo vor. Alaryah hielt eingehakt mit einer Mischung aus Skepsis und Verwirrung Schritt. Was war da gerade genau passiert? Sie hatte erst das Schlimmste erwartet als Jaro das Gasthaus erwähnte, doch dann...ja, was war dann? Alaryah beschloss für sich, dass jetzt einfach nicht die Zeit für solche Gedanken war. Sie würde Jaro irgendwann darauf ansprechen, vielleicht morgen, vielleicht übermorgen...
Viele der Küchen hatten bereits geschlossen und auch die Tavernen leerten sich zusehends. Doch sollte Jaro sein Mahl noch bekommen. Ein Wirt brachte gerade die letzten Portionen aus einem großen Suppentopf unter die Passanten und lehnte sogar die von Jaro angebotene Bezahlung ab. Die Suppe war schon fast kalt, aber trotzdem lecker. Während Jaro dabei war die Schüssel zu leeren wechselten zwei Flaschen Wein den Besitzer. Alaryah verstaute die Ware in ihrem Beutel und zwinkerte Jaro zu, als dieser beim Klang von Glas auf Glas kurz von seiner Schüssel aufsah.
Nach der kleinen Mahlzeit schlenderten die beiden wieder zurück zu ihrer Behausung. Alaryah hatte wieder Jaros Arm gegriffen und so genossen sie die Ruhe und den Frieden in Eichenhain. Zwischendurch deutete Alaryah auf dieses und jenes und erklärte Jaro, der aufmerksam lauschte, etwas dazu. Tatsächlich verbanden mehr Erinnerungen die Albin mit diesem Ort als es zuvor den Anschein hatte.
"Ich habe eine Idee.", platzte es plötzlich aus der Albin heraus. Noch bevor Jaro wirklich reagieren konnte zog Alaryah ihn auch schon mit sich. Sie eilten zu ihrer Bleibe zurück, wo Alaryah Jaro ihr Bündel in die Hand drückte. Die Flaschen klimperten leise. "Hier, hol du schon mal Krüge. Ich bin mir sicher, dass da hinten noch irgendwo...". Die Albin führte ihre Gedanken noch etwas weiter aus, doch waren sie für Jaro nicht mehr wirklich nachvollziehbar, geschweige denn zu hörbar. "Was bitte?", fragte er noch, doch Alaryah war bereits verschwunden. So stand er da, mit ihrem Beutel in der Hand und wusste nicht so recht wohin. "Krüge.", erinnerte er sich und verschwand im Inneren.
Das Geräusch von krächzendem Stahl ertönte, als Jaro wieder ins Freie trat. Er hatte Alaryahs Bündel über die Schulter gelegt und zwei Krüge in der Hand. Die Albin erschien und die Quelle des Lärms wurde ersichtlich. Alaryah zog eine große Feuerschale hinter sich her, die für sie allein viel zu groß zum transportieren war. Schnell ging Jaro ihr zur Hand. Bald schon hatten die beiden etwas Holz aufgeschichtet und ein Feuer auf der dafür vorgesehenen Feuerstelle entfacht. Von dem Platz vor ihrer Hütte konnten sie sehen, dass andere Familien, Wachtposten und sonstige Bewohner es ihnen bereits gleichgetan hatten. Ruhe kehrte ein. "Setz dich zu mir.", sagte Alaryah und deutete auf den Platz neben sich. Sie hatte ein großes Fell ausgelegt, auf dem sie gemütlich Platz fanden. "Das war ein guter Tag.", fand Alaryah und ließ den Kopf auf Jaros Schulter fallen. Dann hielt sie ihm den Becher zum Anstoßen hin, während das Feuer laut knackte.
Jaro Ballivòr
zum ersten Mal verkrampfte Jaro sich nicht völlig, als Alaryah sich bei ihm anlehnte. Stattdessen schob sich ein Lächeln auf seine Lippen und er stieß seinen Krug gegen ihren. "Das war er... ist er noch immer." Den Blick unfokussiert auf die Flammen gerichtet, nippte er an dem Wein. Er war herber als die Fruchtweine, ohne aber bitter oder schwer zu sein. Eine sanfte Holznote begleitete seinen Geschmack, etwas, das Jaro bislang nur als Geruch gekannt hatte. "Das schmeckt...", einen Moment lang suchte Jaro nach Worten, "teuer", sagte er dann lachend, denn genau das traf zu. Vorsorglich stellte er den Krug neben sich, um nicht zu schnell zu trinken. Einen Wein wie diesen, sagte ihm sein Gefühl, trank man gemächlich. Sein Blick glitt über die Lichtpunkte der umliegenden Hütten und Verandas. Der Anblick war unwahrscheinlich beruhigend. "Stell dir einmal vor, wir wären hier zu Hause", sprach er ein plötzliches Gedankenspiel aus. "Bei gutem Wetter könnten wir immer hier außen sitzen, ein Feuer entzünden und die Beine ausstrecken..." Auch jetzt löste er den Schneidersitz und drückte die Knie durch. "Uh... ich glaube, das gibt einen furchtbaren Muskelkater. Aber ich will micht nicht beschweren!", fügte er schnell an. "Ich finde es toll, dass du dir die Zeit nimmst und mit mir trainierst." Wie von Zauberhand fand der Krug den Weg in seine Hand. Alaryah legte einen Scheit nach und das Feuer knisterte zustimmend, verströmte von Neuem den aromatischen Duft brennenden Nadelholzes. "So sehr ich mich freue, sie wieder zu sehen, hoffe ich doch, dass Kirona noch ein wenig zu tun hat", gab Jaro zu. "Dann können wir noch ein paar Tage hier bleiben. Wir können gemeinsam trainieren und einfach ein wenig ausspannen." Plötzlich wünschte Jaro sich nichts sehnlicher, als an Ort und Stelle sitzen zu bleiben. Ihre Aufgabe war erfüllt, vielleicht hatten sie das Grauen endgültig hinter sich gelassen. An einem Abend wie diesem, mit angenehmer Erschöpfung in den Gliedern, einem vollen Magen und einem vom Wein gelösten Geist, traute Jaro sich daran zu glauben.