Beiträge von Antoine

    Gil: *Die Gruppe musterte* Kennst Du die?


    Toni: *einen Schritt zurückweich* Nur den Robby da. Und der mag mich nicht.


    Gil: *Lex von der Leine nehm* besser ist das, die schauen was neugierig. Letztens hat einer nach Dir gesucht, ein Verwandter von Dir. Sagte mir Gustavo


    Toni: Ich hab keine Verwandten! Oder doch? *freu* Hast du ihm gesagt, wann ich wieder Dienst hab?


    Gil: Ich habe ihm nur bestätigt dass hier ein Toni arbeitet. Er war freundlich und ein Blondschopf wie Du, da wollte ich nicht gleich kratzbürstig sein, aber auch nicht zuviel ausplaudern. Ich habe gesagt er soll es die Tage wieder versuchen, Tagesschicht, vielleicht hat er Glück.


    Toni: Das wäre ja fantastisch! Wie heißt er?


    Teku: *Toni weiterhin mustere*


    Gil: Er stellte sich als Giovanni vor und so wie er den Namen aussprach scheint das auch wirklich sein Name zu sein. Also er ging ihm nicht fremd über die Lippen. Ich solle Dich von Vanni grüßen und er würde sich bei Dir melden, Du wärst nicht mehr allein. Er würde Dir was mitbringen. Damit Du ihn erkennst. Aber das wirst Du auch so, der Bursche ist weizenblond wie Du. Er hat schulterlange Haare ist aber dünner als Du, also hat nichts auf den den Rippen. Und er hat eine gewaltige Narbe im Gesicht, ihm fehlt ein Auge, man kann ihm kaum ins Gesicht gucken


    Toni: *abwink* Egal, wie er aussieht. Hauptsache, er kommt noch mal vorbei! Hat er gesagt, was er von mir ist? Mein Cousin oder so was? Wie alt war er?


    Gil: Nein das hat er nicht gesagt, aber ich vermute so in Deinem Alter oder ein bisschen jünger? Sein Alter war schwer zu schätzen aufgrund der Entstellung. Aber seine Erscheinung war so wie Deine recht jung und behände, also er schien flott zu Fuß zu sein wie Du. Da habe ich sicherheitshalber danach meine Taschen überprüft, nicht dass er Dein Hobby hat *grins


    Toni: *lach* Ach was, wer würde denn so was tun? Hoffentlich lässt er nicht so lange auf sich warten. Aber die da starren mich immer noch an.


    Gil: *langsam rübergeh* Pass schön auf Lex


    Teku: *gelangweilten Blick aufsetz*


    Gil: Gibts hier was zu sehen? Sonst geht weiter


    Teku: Ich guck mir den Kerl da an.


    Gil: Der Kerl ist ein Büttel und welches Problem hast Du mit ihm? Mach hier keinen Ärger Fremdländer


    Teku: Geht`s noch? Ich arbeite im Palast bei der Leibgarde! Du kennst mich! Ich will nur wissen, ob der gesund ist. Und ob sein Schwanz funktioniert.


    Gil: Rauchst Du Torf?


    Teku: Ist das so eine Fangfrage?


    Gil: Ich glaube es geht Dich nichts an, wessen Schwänze funktionieren. Ich kenne Dich nicht, verzieh Dich ehe Du eine Anzeige wegen groben Unfug bekommst


    Teku: Ich gehör dem Prince. Persönlich. Bin seine Spezialeinheit. Hab bei dem ein Stein im Brett. Ist mir neu, dass ein Schwanz was geheimes wäre.


    Gil: Ah... gut, dann zeig mal Deinen. Seit wann hortet der Prince Arashi?


    Teku: *grins und Schwanz raushol*


    Gil: oh man... Pack den wieder ein, was sollen sich die Leute denken!


    Teku: *anzieh* Die mögen den für gewöhnlich. Frag mal Toni, was seiner so treibt. Oder du weißt das sicher. Verrat`s mir.


    Gil: *Tekuro beäug* Seinem gehts besser als Deinem nach der Optik zu vermuten


    Toni: Nein, der funktioniert nicht, kein bisschen. Ist total klein und dünn und hängt nur rum.


    Gil: *Toni anstarr* hö?


    Toni: Und tropfen tut er auch. *rumfuchtel*


    Gil: Dann sollten wir vielleicht einen Heiler aufsuchen, gehen wir Toni... Lex komm *vorgeh und Toni im Auge behalt*


    Toni: Bloß weg hier!


    Gil: Ich komme ja schon *Toni mit in die Wache zieh* Was war das? Wer ist das? Was hast Du mit dem Arashi zu schaffen?


    Toni: Na das war einer von denen ... ja ... die Zelle damals. Wo ich dich noch fragte, ob die das dürfen!


    Gil: Scheiße, einer von Boldis Bande?


    Toni: Ja! Sein bester Freund!


    Gil: Beruhige Dich, er hat zur Wache kein Zutritt, er kann Dir hier nichts tun. Allerdings kann er Dir draußen auflauern. Wo ist Boldiszar?


    Toni: Ich weiß es nicht. Habe ihn ewig nicht gesehen. Der ist mit seiner ganzen Einheit verschwunden, zum Glück. Ich dachte, die sind vielleicht versetzt worden oder so. Aber jetzt kreuzt dieser Robby hier wieder auf!


    Gil: meinst Du man könnte mit dem Kerl mal unter vier Augen reden, zwecks Frieden? Ihr müsst Euch nicht lieben, aber Ihr beiden arbeitet für die Krone. Es nützt nichts, wenn Ihr Euch bei jedem Treffen angeht wie die Kesselflicker. Was meinst Du? Wäre das möglich?


    Toni: Du kannst sicher mit ihm reden. Er ist von der Leibgarde, die benehmen sich eigentlich. Nur mich hassen die.


    Gil: Weshalb was hast Du getan, bitte sag nicht Du hast sie ebenfalls bestohlen. Das sie Dich einmal quer durch die ganze Nacht jagen mussten, konnte ja nicht alles sein


    Toni: Kennst du Boldis Narbe? Das war ich.


    Gil: Ich verstehe, Du hast ihn gezeichnet und dass wird er Dir niemals verzeihen. Scheiße Toni. Da hilft alles reden nichts mein Bester. Sowas kann man nicht wieder gut machen


    Toni: *Kopfschüttel* Nein, aber die haben angefangen. Ich hab mich nur gewehrt. Das ist, ähm, dreißig Jahre her oder so. Aber die verzeihen das auch in hundert Jahren nicht.


    Gil: *Schaute Toni tief in die Augen* Ob sie angefangen haben oder nicht, dass ist schon längst vergessen Toni. Aber jeden Morgen schaut Boldiszar in ein vernarbtes, gezeichnetes Gesicht und dann sieht er Deines, weil Du es warst der ihm die Narbe zugefügt hat. Das hat sich in sein Gedächtnis eingebrannt. Seine Narbe, ist Dein Gesicht. Und erst wenn er Dein Gesicht ausgelöscht hat, wird der Schmerz der Narbe vergehen und er wird nicht mehr als erstes auf diese grauenvolle Wunde starren, die ihm ein anderer zugefügt hat. Das ist leider die bittere Wahrheit die mit solchen marzialischen Wunden einhergeht. Sie reichen nicht nur bis zu den Muskeln, Sehnen oder bis auf die Knochen, solche Wunden reichen bis hinab auf die Seele und hinterlassen dort schlimmere Spuren als eine Fleischwunde es jemals könnte. All die Schmerzen, all die Qual weißt Du wie er sie überlebt haben wird? Indem er sich vorgestellt hat, Du bist bald an seiner Stelle. Jeder Büttel, Gardist, Soldat kennt die beiden Wege Toni. Entweder schaut man sich an und sagt sich, ich erwische den Kerl, dass wird er keinem anderen mehr antun. Oder man wird zu jemanden der sagt, wenn ich so rumlaufen muss, dann mit mir die ganze Welt. Er ist ein Gardist Toni, er ist kein Monster geworden. Aber ein Opfer wird er irgendwann verlangen und das bist Du. Dessen bist Du Dir bewusst oder? Falls er Dich jemals in die Finger bekommt, wird das Dein Todesurteil sein. Ich sage das nicht um Dir Angst zu machen, sondern damit Du begreifst, wen Du auf den Fersen hast. Das ist kein Hass, dass ist Passion in finsterster Form. Es wird ihm ein Fest sein Dich zu zerstückeln und nichts und niemand wird ihn daran hindern können, wenn er mit Dir allein ist. Das Schlimme ist, er hat Leute die genauso denken. Die für ihn denken. Du musst sehr vorsichtig sein. Jede Handlung hat einen Preis Toni und ich bin bereit Dich aus dem Sumpf zu ziehen in dem Du steckst. Aber davor kann ich Dich vielleicht nicht bewahren und ob ich Dich beschützen kann, kann ich Dir nicht sagen. Ich kann Dich aber wenigstens warnen. Ob der Mann Dir verzeihen würde, wenn Du eine Aussprache suchst, kann ich nicht sagen. Manche tun es um selbst abschließen zu können. Die meisten nicht. Und dann sind da immer noch Leute wie dieser Tekuro, die sich dann sagen was Boldi in seiner Schwäche nicht schaffte, erledige ich für ihn. Sei vorsichtig Toni«, bat Gil.


    Toni: *ängstlich zur Tür schau* Ich hab früher bei so was einfach die Stadt verlassen. Ich war schon in ganz Souvagne, bis ich in Beaufort ankam. Jetzt kann ich nicht weiterziehen, sonst ist alles vorbei! Was soll ich machen, Gil? Die lassen nicht mit sich reden. Du hast gesehen, wie der mich schon wieder angeschaut hat!


    Gil: Eine ganz ehrliche Antwort? Auswandern oder Du bist tot Toni. Boldiszar ist ein Leibgardist. Kein Büttel, keine Stadtwache, kein Gardist, kein Hofgardist, kein Leibgardist - jetzt erst kommt Dein Boldi - er ist Coutillier der Leibgarde Unite B. Also so vergleichbar mit einem Offizier unter Soldaten und zwar ein erster Offizier. Er untersteht direkt dem Palaisin. Du hast einen sehr mächtigen Feind, der sehr viele Leute kennt. Und von denen werden ihm genug einen Gefallen schulden. Ledwick sucht Leute, wie ich hörte. Du wärst nicht allein, ich würde Dich begleiten, wenn wir die Erlaubnis erhalten. Ich möchte nicht zusehen wie sie Dich gewürfelt bestatten«.


    Toni: Du würdest mitkommen? Du würdest wirklich mitkommen? Ohne Verarsche jetzt? Warum solltest du das tun, du arbeitst hier, du kennst hier alles.


    Gil: Weil wir Freunde sind Toni, deshalb. Wen hast Du sonst? Und wen habe ich? Freunde stehen einander bei und ich bin Dein Freund. Ich habe hier keine Möglichkeit Dir zu helfen. Hätte ich sie, hätte ich es getan. Aber ich glaube nicht, dass ich eine Chance bei Boldi habe. Und falls doch, wie steht es mit seinen Freunden, Brüdern, Kameraden? Sie alle Toni wollen Dich tot sehen. Reicht da das Wort von Boldi, dass er Dir vergab? Falls er es überhaupt tut? Nicht mal dass glaube ich und ich muss sagen, ich verstehe es. Ich verstehe Euch beide. Er will seinen Feind zerschmettert sehen, der für all das Leid verantwortlich ist. Für ihn bist Du immer noch der gleiche miese kleine Penner, der ihn verletzte. Du bist nur eines - älter geworden. Für Dich ist die Zeit vorbei, Du bist erwachsen geworden, Du konntest es mehr oder minder abhacken. Du trägst auch nicht die Narbe im Gesicht. Im Gesicht Toni, es gibt kein Entrinnen von ihr. Jeder Blick in den Spiegel ist ein Blick in Tonis Augen für Boldi. Wohin willst Du gehen, wo er niemanden kennt in Souvagne? Und, so ehrlich muss ich sein, vielleicht ist selbst Ledwick nicht sicher. Aber es ist eine Chance«.


    Toni: »Ich habe ein paar Freunde von der Straße. Sonst habe ich niemanden. Aber wir müssen wenigstens noch warten, bis Vanni hier wieder aufkreuzt, vielleicht hilft er uns. Was ist eigentlich mit dir, Gil? Was ist mit deiner Familie? Und was ist mit deiner Narbe - du hörst dich so an, als ob du genau weißt, wovon du sprichst. Danke, Gil, danke, ich bin dir so dankbar! Ich weiß gar nicht, wie ich das je wieder gut machen kann.«


    Gil: Meine Eltern leben hier, aber wir sehen uns selten. Nicht weil wir uns nicht verstehen, einfach weil es der Beruf nicht so hergibt. Meine Narbe sagt mir genau dass, was ich Dir gerade erklärte. Vielleicht ist es nicht nur Boldi, der ein anderes Gesicht sieht Toni. Auch ich sehe beim Rasieren andere Augen die mich anstarren, selten meine eigenen. Und ich kann von Glück sagen, dass ich noch beide Augen habe. Aber in meinem Fall ist es nicht Dein Gesicht dass mich anstarrt. Das wissen wir beide, also keine Bange. Meine Familie das sind Lex und Du. Überleg Dir was Du tun möchtest Toni, es ist Dein Leben. Aber als jemand der eine derartige Narbe trägt, kann ich Dir sagen, dass sie tiefer reicht und oft mit einem spricht. Das wird Dir Giovanni auch sagen, falls er wieder auftaucht und ihn die anderen da nicht schon geholt haben. Überleg Dir ob Du es woanders versuchen möchtest. Ein Neustart sozusagen, vielleicht ist das etwas womit Boldi leben kann und Du auch. Nur schweig darüber, das bleibt unter uns bis zu der Stunde wo wir gehen«.


    Toni: »Wer hat dir das angetan? Wessen Augen musst du jeden Morgen beim Rasieren sehen? Ich werde schweigen über die Abreise, aber ich reise nur ab, wenn wer mitkommt. Ich hab endlich Arbeit, ich hatte noch nie im Leben Arbeit! Andere schimpfen darauf und ich bin einfach nur froh, nicht mehr betteln zu müssen. Ich habe sogar Schuhe, auch wenn ich die fast nie anziehe. Ein Neustart ... das hört sich wirklich gut an. Und die suchen da Büttel?«


    Gil: Gil zuckte die Schultern und grinste verlegen. »Das weiß ich nicht, aber sie haben so viele Männer verloren, da denke ich werden zwei die an die Tür klopfen doch sicher nicht abgewiesen. Und wenn wir dem Duc darum bitten uns abzukommandieren, wird er vielleicht zustimmen. Du musst Dich nur trauen mit ihm zu sprechen. Ich bin bei Dir, dort vor Ort wie auch hier. Du möchtest nicht einfach fliehen, dass wäre Landesverrat. Aber Du kannst auch nicht bleiben in ewiger Angst. Vielleicht weiß er einen anderen Rat. Aber für mich klingt das am Besten. Wieso sollten wir dort keine Arbeit finden? Man könnte doch für uns nachfragen«, schlug Gil vor. Er schwieg einen Moment und fasste sich über die Narbe in seinem Gesicht. »Ein scheinbar ganz normaler Einsatz, ein Dieb in dem kleinen Juweliergeschäft am Rande von Chateaub. Dort war ich Lehensgardist. Wir, Lex und ich, haben den Dieb noch im Laden gestellt. Auf frischer Tat ertappt. Aber das war kein gewöhnlicher Dieb, was immer er war er kämpfte wie ein Profi und ich meine damit ein Assassine oder ein Soldat. Ich hatte noch niemals Todesangst in meinem Beruf. An diesem Tag lernte ich sie kennen Toni. Und ich lernte kennen, wie gut wir auch sind, es gibt Leute die stecken uns locker in die Tasche. Ein kurzes Scharmützel und ich wäre beinahe in dem Juwelierladen gestorben. Eine seltsame, tanzende Halbdrehung und ein hauchdünnes Schwert zückte hervor, so als führte es ein Eigenleben. Die Klinge die mühelos durch alles Schnitt, hätte mir den halben Kopf wegrasiert. Von der Drosselgrube schräg hoch zur Stirn hätte sie geschnitten. Aber in dem Moment als der Kerl zuschlug, gruben sich die Zähne von Lex in seinen Körper und rissen ihn zurück. Die Schwertspitze von dem Kerl traf mich. Eine Schwertspitze die mir von der Drosselgrube bis über die Augenbraue das Gesicht aufschlitzte. Eine Schwertspitze einer Arashiklinge. Diese seltsamen halb gebogenen Klingen, ich werde diese Klinge ebensowenig vergessen wie die Augen. Denn das war alles was ich von dem Mann sah. Die Statur eines tödlichen Tänzers mit blauen Augen die seltsame grüne Sprenkel aufweisen. In seinen Augen las ich meinen Tod. Er trat Lex zur Seite und ich dachte er würde sie erschlagen, aber er ergriff den Beutel mit seiner Beute und verschwand in der Nacht. Ich lag wie ein blutender Maikäfer auf dem Rücken, zitterte, heulte, blutete und hatte mich vor Angst bepisst als Lex zu mir gekrochen kam und mir das Gesicht ableckte. Was immer das für ein Mann war, ich dankte Ainuwar auf Knien das Lex so scharfe Zähne und so einen scharfen Verstand hat. Und das der Kerl floh. Ich glaube er war kein Mensch, er war schnell, viel zu schnell. Seine Augen würde ich jederzeit wieder erkennen Toni. Frag nicht nach einen Namen, ich habe keinen für diesen Kerl. Ich weiß nur, dass er ein seltsames und sehr wertvolles Artefakt gestohlen hat. Genaueres gaben die Bücher des Juweliers nicht her. Er hatte es vergoldet. Von daher weiß ich wie Boldi sich fühlt. Ich mache ihm keinen Vorwurf, aber ich möchte auch Dich nicht verlieren«.


    Toni: »Das hat Lex gut gemacht. Sie hat nicht nur dich, sondern damit auch mich gerettet. Sie haben ihn nicht gefasst, so wie du redest. Den Kerl wirst du wieder erkennen, aber besser ist, du vergisst ihn einfach, wenn er so viele Jahre schon fort ist. In Ledwick wärst du auch vor ihm sicher. In Ordung, ich frage den Max, ob er uns dahin abkommandiert oder wie man das sagt. Ich kann das im Leben nicht wieder gut machen, womit habe ich das nur verdient! Ich habe auch eine Narbe.« Er schloss sein Auge und zeigte einen verheilten Schlatz an der Kante der Augenhöhle. »Da wollte ich eine Flasche mit dem Schädel öffnen und der Deckel hat mich geschnitten.«


    Gil: »Danke Toni, Du verletzt Dich an einer Flasche und ich war eine. Na wenn das nicht passt. Nein ich kann den Kerl nicht vergessen, ich muss wachsam bleiben. Wenn ich diese Augen sehe, dann muss ich Verstärkung rufen. Ich kann so eine Person nicht entkommen lassen. Vielleicht ist er auch schon tot, dass wäre schön. Aber vergessen werde ich diese Augen nie Toni. Wir fragen gemeinsam Max. Denn auch Boldi wird Deine Augen nie vergessen«, erklärte Gil und hakte ihn unter. »Gehen wir, jetzt«, sagte er, ehe Toni der Mut verlassen würde.


    Toni: »Du warst keine Flasche, der Kerl war einfach besser. Das nächste Mal bin ich dabei, auch wenn ich nicht viel nütze. Aber vielleicht kann ich ihn ablenken oder so.« Er ließ sich zu Maximilien bringen. »Die laufen uns hinterher!«, zischte er entsetzt und drehte sich immer wieder um.


    Gil: *Gil blieb stehen und funkelte Tekuro an* Verzieh Dich man, wir haben es begriffen und jetzt begreif Du es! Sonst zeigt Dir Lex die Richtung!«, knurrte Gil was auch Lex die Letzen hochziehen ließ.


    Teku: »Ich arbeite hier, ich muss hier langgehen«, knurrte er. »So was wie deine Töle frisst man in Arashima zum Frühstück!«


    Gil: »Toll und meine Töle sowas wie Dich hier. Hör doch einfach auf Mann! Toni weiß worum es geht, aber er wird sich sicher keine Ecke aussuchen zum Sterben. Die Sache ist über 30 Jahre her. Dass es für Boldi nie endet weiß er. Könnte er es ungeschehen machen, dann würde er es. Aber beides kann er nicht. Was soll er tun? Sich entleiben? Das Ihr ihn hasst, weiß er, dass weiß ich, dass weiß jeder der irgendwie betroffen ist. Dann ignoriert ihn doch wenigstens«.


    Teku: »Mann, ich will ihn nur anschauen, scheiße noch eins!«


    Toni: Toni packte Gilbert und rannte die letzten Meter zum Thronsaal, wo er hektisch an die Tür donnerte.


    Leibgardist: Einer der wachhabenden Leibgardisten musterte Toni mit strengem Blick. »Was stimmt mit Dir nicht? Was soll das Theater?«, fragte er schneidend und senkte die Helebarde ein Stück, während Gil beschwichtigend die Hände hob. »Also?«, hakte der Leibgardist nach.


    Toni: »Euer Kollege da verfolgt mich!« Hektisch blickte er nach hinten. Tekuro schlenderte mit harmlosem Gesichtsaudruck durch den Gang, blieb mit hinter dem Rücken verschränkten Händen stehen und besah sich ein Gemälde. »Wir möchten außerdem zum Duc!«, brachte Toni mit zitternder Stimme hervor.


    Leibgardist: »Das ist ein Kollege Du Schelm, der arbeitet hier! Natürlich »verfolgt« er Dich, wenn er hier lang muss. Stell Dich in die Reihe wie die anderen die einer Audienz bedürfen. Und eines sage ich Dir gleich, mach da drinnen so einen Zenober und ich ramme Dir die Helebarde in den Arsch dass der Duc die Spitze sieht während Du sprichst. Jetzt nimm da Platz und störe nicht weiter. Die Kollegen hier in Misskredit bringen, dass sind mir die richtigen«, knurrte der Gardist der Unite D.


    Toni: Hilfesuchend sah Toni Gilbert an, nur um sich bewusst zu werden, dass der auch nichts machen konnte. Er setzte sich auf einen Stuhl, mit dem Rücken zur Wand. Tekuro streckte die Schultern, dass sie knackten und setzte sich einen Stuhl neben ihn.


    Gil: »Ja das ist ein Kollege von Dir, aber auch jemand der Toni, also meinem Begleiter, an den Kragen möchte. Er will weder Dir noch Tekuro etwas, er möchte einfach nur in Ruhe leben. Und er wird im Thronsaal ganz gewiss keinen Ärger machen. Wir warten da einfach. Ganz in Ruhe«, sagte Gil ruhig und setzte sich neben Toni. Er rutschte nahe zu ihm auf, damit sich dieser etwas beruhigte und nicht vor Angst schlotterte. Er musste die Nerven behalten, wenn er mit dem Duc reden wollte.


    Toni: Toni war nicht gewohnt, solche Situationen gut auszuhalten. Er war schon oft in Gefahr gewesen, aber da hatte es niemanden geschert, wie er sich dabei verhielt, ob er sich wehrte, wegrannte oder schrie oder einfach nur wartete, bis es vorbei war. Er wusste, dass Tekuro ihm hier vor aller Augen nichts tun würde und ihn einfach nur durch seine Anwesenheit quälen wollte, aber leider gelang ihm das sehr gut. Der Kerl wippte mit dem Bein und knirschte so laut mit den Zähnen, dass Toni es hörte. »Wird es lange dauern?«, frage Antoine Gil, um sich abzulenken.


    Gil: »Dass kann ich nicht sagen«, erklärte der Büttel gerade als der Hofmarschall die Tür öffnete und eine alte Frau rückwärts den Thronsaal verließ. Er schaute in die Runde, aber Toni war der Einzige der dort noch mit Gil wartete. »Der Nächste bitte. Wem darf ich seiner Majestät melden?«, fragte der Hofmarschall.


    Toni: »Toni und Gil«, rief Antoine so deutlich wie er konnte. Anschließend nickte er, wie um sich selbst zu bestätigen.


    Hofmarschall: Der Hofmarschall verschwand im Thronsaal, kam kurz darauf zurück und machte eine einladende Geste. Mit Toni und Gil im Schlepptau betrat er den Thronsaal, verneigte sich tief vor dem Duc und kündigte die beiden Besucher an. »Eure Majestät Toni und Gil, die Euch zu sprechen wünschen«, sagte der Hofmarschall und verließ dann geschwindt rückwärts den Saal.


    Max: Maximilien Rivenet de Souvagne schaute auf die beiden herab und wunderte sich über deren Aufmachung, aber seine Verwunderung sah man ihm nicht an. »Wir grüßen Euch, mit welchem Belang tretet Ihr an Euren Duc heran Antoine? Wir hoffen Ihr habt Euch in Redlichkeit geübt«, sagte der Duc und musterte den Boldschopf.


    Toni: Antoine kniff die Augen zusammen. Er wusste noch, dass man dem Duc nicht in die Augen sehen durfte. Er wartete, dass er die Erlaubnis erhielt zu sprechen. Er schlotterte dank Tekuro am ganzen Leib.


    Max: »Unsere Frage beinhaltete die Aufforderung zu sprechen Antoine. Was führt Dich vor unsere Person? Es gibt keinen Grund zur Furcht«, sagte Maximilien ruhig.


    Toni: »Wir haben ge-gehört, dass es in Ledwick, dass da Männer gesucht werden. Und wollten fragen, ob man uns dahin abkommandieren könnte.« Er öffnete ein Auge und das blickte verstört zu Gilbert hinüber. Er wusste nicht, was eine Redlichkeit war.


    Max: »Dem ist so, Ledwick ist ein vom Krieg gebeuteltes Land das unsere Unterstützung bitter nötig hat. Ein Land dem der Krieg einen Großteil der Männer geraubt hat. Wir gehen davon aus, dass Du nicht grundlos um Deine Versetzung bittest. Hat es mit den uns bekannten Altlasten zu tun? Deine persönliche Fehde mit Chevalier Boldiszar de Bouvier? Oder handelt es sich um eine andere Unannehmlichkeit?«, hakte Max nach.


    Toni: »Chevalier Boldiszàr?«, wunderte Antoine sich und wurde daraufhin noch zittriger. »Ja, er will mich würfeln und zerstückeln und Robere läuft mir hinterher und starrt mich an! Ich hab Schiss und will das nicht mehr. Und wenn man in Ledwick eh Leute braucht ...«


    Max: »Du möchtest also einem Adligen, genauer gesagt Chevalier Boldiszar de Bouvier eine Mordplanung unterstellen, verstehen wir dies hier richtig? Du als Leibeigener wagst es einen der Edlen zu verleumden? Uns ist in keinster Weise bekannt, dass jener Edelmann Derartiges gegen Dich plant. Sollte dem so sein Antoine, erkläre unserer Person, weshalb Dich der Chevalier nicht öffentlich zum Tode verurteilte, oder jenes selbst vollstreckte? Hat jener Chevalier denn einen Grund dazu, Dich dem Tode zu übergeben? Der Adel ist jener Stand der uns vor dem Volke repräsentiert, Du solltest Deine Worte weiser wählen. Das Robere als Leibgardist hier »herumläuft« dürfte seinem Dienst entsprechen, sonst wären wir doch sehr verwundert, läge er den ganzen Tag im Bette und würde sich nicht rühren. Selten waren wir gezwungen dererlei zu erwähnen, aber Du erzürnst uns«, sagte der Duc streng.


    Toni: Toni schüttelte rasch den Kopf. Seine Knie zitterten. Er versuchte es noch einmal. »Ich vermute, Boldi könnte eventuell wegen der Narbe in seinem Gesicht sauer sein. Die hab ich ihm verpasst. Bitte versetzt mich doch einfach«, flehte er.


    Max: Der Duc schaute wohlwollend auf Toni herab. »Wir vergeben Dir Deine unüberlegten Worte. Natürlich wird es Chevalier de Bouvier schmerzen, was Du ihm vor langer Zeit angetan hast Antoine. Du hast ihn für den Rest seines Lebens gezeichnet. Wie kann ein Mann, gleichgültig wie edelmütig er auch ist, dies je vergessen? Jeden Tag wird er auf Neue daran erinnert. Durch Schmerz, durch sein eigenes Spiegelbild. Bist Du Dir dessen bewusst? Wir vermuten ja, sonst würdest Du nicht um Deine Versetzung flehen. Wir möchten von Dir wissen, ob Du Deine Tat bereust. Dann fällen wir unsere Entscheidung«, sagte Max zugänglich.


    Toni: Wie aus der Armbrust geschossen sagte er: »Ja, und wie ich das bereue! Ich war nur ein dummer Junge, genau wie Boldi und Robby. Das Heim ist Schuld. Wir haben uns um alles gekloppt und die waren immer zu zweit. Ich war allein, wie die meisten, aber die waren wie Brüder. Ich war so neidisch und so hungrig. Drum dachte ich, dass ich mich nur ein einziges Mal richtig durchsetzen muss. Ich wollte, dass sie sich nie wieder wagen, mir etwas zu tun und ich dachte ... das wir dann vielleicht Freunde sein würden.«


    Max: Der Duc musterte Antoine eine lange Zeit, er schaute auf Toni herab und tat etwas, was er nur selten jemandem im Thronsaal erlaubte. »Erhebe Dich Antoine und tritt vor uns. Wir möchten Dir in die Augen sehen«, erklärte Max freundlich.


    Toni: Toni rappelte sich zögerlich auf, blickte zu Gilbert herüber und kam dann in kleinen Schritten näher. Ganz vorsichtig hob er den Blick, aus Angst, gleich wieder einen Rüffel zu erhalten oder Schlimmeres. Er hatte die Drohung des Gardisten nicht vergessen.


    Max: Der Duc fasste Toni unter dem Kinn und schaute ihm tief in die Augen. Antoine spürte die seidenen Handschuhe auf seiner Haut, sie fühlten sich unerwartet kühl an, ein Zeichen von Seide dass dem jungen Mann nicht bekannt war. Aber sie waren auch unsagbar sanft und fein. Die Augen des Duc bohrten sich in seine, was immer der Großherzog zu suchen schien, er fand es scheinbar. »Wir erteilen Dir Absolution. Unsere Person, Duc Maximilien Rivenet de Souvagne, Großherzog Souvagnes durch Geburtsrecht, sprechen Dich von der Schuld frei. Die Schuld lastet letztendlich auf den Schultern all jener, die diese Umstände im Heim zu verantworten hatten. Gehe mit unserem Schutz und Segen«, segnete Maximilien den vor ihm Stehenden und legte Toni kurz die Hand auf den Kopf. »Geh in Frieden - Va en paix Antoine«.


    Toni: Es war schwierig für den ehemaligen Bettler, dem höchsten Mann des Landes in die Augen zu sehen. Toni verstand nicht alles, was der Duc ihm sagte. Von Absolution hatte er von einem Wandermönch mal was gehört, den er aber auch nur zur Hälfte verstanden hatte. Aber er verstand die Geste der Hand auf seinem Kopf und dass die Schuld als erloschen galt. »Danke, Majestät, Herr«, sagte er erstickt vor lauter Freude. »Danke! Muss ich noch irgendwas machen? Darf Gil mich begleiten?«


    Max: »Du darfst gehen oder bleiben, wie Dir beliebt. Du stehst ab heute unter dem Schutz der Krone. Falls Du gehen möchtest, so geh. Falls Du bleiben möchtest, so bleibe. Die Wahl liegt weder bei uns, noch wird sie das Schicksal entscheiden, nun liegt die Wahl allein bei Dir. Es wird so zu Protokoll genommen, dass Du unter unserem Schutze stehst. Ein Versäumnis von höherer Stellen, hatte diese Verkettung zur Folge dass ein kleiner Junge zum Messer griff um zu überleben, während ein anderer kleiner Junge für sein Leben gezeichnet wurde. Er wie Du Antoine hat besseres verdient. Das Wort Schutz und Schirm wurde hier gebrochen, wir leisten Wiedergutmachung. Wähle Deine Zukunft selbst Antoine unsere Unterstützung hast Du«, sagte Max freundlich.


    Toni: Toni brach in Freudentränen aus. Er trug sein Herz offen zur Schau und hatte auf der Straße nie gelernt, sich zu verstellen. Er freute sich einfach aus ganzem Herzen. »Danke, Majestät, danke!« Er musste sich ein Taschentuch nehmen und sprach nebenbei weiter. »Mir tut das wirklich leid, dass ich ihn so verletzt habe ... aber ich kann es nicht wieder gut machen. Ihm nur aus dem Weg gehen, damit er mich nicht sehen muss. Wenn ich darf, ziehe ich mit Gil nach Ledwick. Sind wir dann trotzdem noch Souvagner oder dürfen wir niemals zurück?«


    Max: Der Duc neigte leicht das Haupt, das royale Gegenstück im Thronsaal eines Lächelns. »Du bist und bleibst Souvagner, gleich wo Du Dich auf dieser Welt befinden magst. Wir haben Kraft unseres Amtes Dein Schutz wieder hergestellt. Ja Du bist Souvagner, ja Du bleibst Souvagner - wo immer Du wohnst. Du darfst über Deine Zukunft selbst entscheiden, dies sicherten wir Dir zu. Deine Wahl fiel auf Ledwick, so sei es. Wir werden Dir ein Empfehlungsschreiben ausstellen lassen und Dich nach Ledwick abordnen. Somit wird Dich der Duca als einen der unseren, sprich des Hofstaates empfangen. Erweise Dich würdig Antoine, Du repräsentierst die hiesige Dienerschaft. Wir werden Chevalier de Bouvier Deine Worte zukommen lassen. Auf das er Dir vergeben möge und die Schuld zuzuordnen weiß. Das Messer führten jene die Euch hungern ließen, nicht Du. Das Sendschreiben wird gefertigt, hole es Dir in der Amtsstube des Hofmarschalls ab. Wir wünschen Dir allzeit das Beste Antoine. Die Grenzen für unsereines sind stets offen, auch die Grenzen des Herzens. Ihr dürft Euch entfernen mit unserer tiefen Anteilnahme für das Geschehene, denn es geschah unter unseren Augen. Und mit unseren besten Wünschen, denn wir haben Wiedergutmachung geleistet«, entließ der Duc Toni, während Gil sich mit dem Ärmel die Tränen wegtupfte.


    Toni: Antoine verneigte sich tief, stammelte noch unzählige Male »Danke!« und ging rückwärts aus dem Thronsaal. Er stieß an der Tür an, verrenkte sich, um sie aufzuschieben und wartete auf Gilbert, den er auch hinausließ, ehe er sie schloss. Tekuro saß natürlich noch immer vor der Tür auf einem der Wartestühle und empfing ihn mit einem stechenden Blick. »Darf der mir noch was tun?«, fragte Toni Gil und hielt ihn am Ärmel fest.


    Gil: »Nein, da er sonst unverzüglich auf dem Block landen würde. Lass uns einfach gehen Tekuro«, sagte Gill, während einer der Leibgardisten aus dem Thronsaal kam und sofort seine Kollegen, einschließlich Tekuro, über den neuen Sachstand bezüglich Toni informierte, damit sie entsprechend handlungsfähig waren.


    Teku: Tekuro zog erst ein entgeistertes Gesicht und dann ein wütendes. Sein hasserfülltes: »SCHEISSE!!!!« hallte durch den ganzen Palast und bildete hundertfache Echos. Er schnaubte, warf den Kopf herum wie ein wütender Stier, wollte irgendwas kaputt machen und stürmte in die andere Richtung wie Antoine und Gilbert davon.


    Toni: Toni war so glücklich, dass er noch immer weinte. »Jetzt wird alles gut«, sprach er und wischte seine Augen. »Alles wird gut!«


    Hofmarschall:
    Der Hofmarschall streckte seinen Kopf aus dem Thronsaal. »Das heißt wenn hier überhaupt Merde, was soll dieserLärm?«

    (Fortsetzung)


    Gilbert Jardine
    Gilbert wartete einen Moment nach der Ankündigung, ehe er Antoine beschwörend anschaute. »Du wirst Dich dort drinnen absolut höflich und würdevoll verhalten. So gut, wie Du Dich noch nie im Leben benommen hast. Denn genau das steht auf dem Spiel - Dein Leben. Wir gehen hinein, Du wirst dem Duc und seinem Sohn nicht in die Augen schauen und Du wirst mit mir im ausreichenden Abstand stehen bleiben. Dort knien wir nieder. Warum ist klar, er ist unser aller Herrscher. Falls Du respektlos sein solltet, bringen Dir die Gardisten bestenfalls Respekt bei, schlimmstenfalls könntest Du als Krimineller Dein Leben verwirkt haben. Nicht dass der Duc jemanden für eine Kleinigkeit töten lassen würde, aber wissen wir ob er von einer Kleinigkeit ausgeht? Wir beide wissen nicht was im Bericht der Garde steht. Folglich geh vom Schlimmsten aus und hoffe das Beste. Bereit oder nicht, es geht los«, sagte Gilbert. Mit gemäßigtem Schritt betrat er den Thronsaal, dabei hoffte er, dass ihm Antoine folgte. Im ausreichenden Abstand blieb er vor dem Thron des Duc und seines Sohnes stehen verbeugte sich tief und ging auf ein Knie. »Herr habt Dank, dass Ihr uns ohne Termin empfangt. Unser Erscheinen ist von großer Eile. Der Beschuldigte Antoine versicherte glaubthaft, kein Verbrechen begehen zu wollen, vielmehr trieb ihn die Not. Da er einige Auseinandersetzungen im Kerker hatte, habe ich ihn direkt zu Euch gebracht in der Hoffnung, dass Ihr sofort über ihn Urteilen mögt«, erklärte Gilbert respektvoll.


    Maximilien Rivenet de Souvagne
    Maximilien musterte die beiden, die spontan um eine Audienz gebeten hatten. »Die Audienz wurde von uns gewährt. Tritt vor«, befahl Max Antoine.


    Antoine
    Antoine ging neben Gilbert, aber einen halben Schritt weiter hinten, damit er sich abschauen konnte, was dieser tat. So kniete auch er nieder. Sein Herz schlug so schnell, als würde er erneut gehetzt werden und seine schmerzenden Muskeln zitterten. Auf die Aufforderung des Ducs hin erhob er sich. Bei der Bewegung spannten sich seine Muskeln an und es wurde Flüssigkeit aus seinem Hintern gepresst. Antoine hoffte, dass man es nicht durch die Hose sah, da man ihm keine Unterhose ausgehändigt hatte. Er hatte große Angst und starke Schmerzen. Einen Moment blickte er hilfesuchend zu Gilbert, ehe er auf den Fußboden vor dem Thron blickte. »Hier bin ich, soll ich was sagen?«, fragte er ängstlich.


    Maximilien Rivenet de Souvagne
    »Du wurdest inhafiert aufgrund Einbruchs in unseren Palast, Diebstahl, Widerstand gegen die Staatsgewalt und so weiter und so fort. Dazu sollst Du logischerweise etwas sagen. Das heißt, wir gewähren Dir die Chance dazu etwas zu sagen, Du kannst auch schweigen und Dein Urteil empfangen. Wir raten Dir allerdings dazu Dich zu erklären«, sagte Max.


    Antoine
    »Also dazu möchte ich sagen, dass es mir leid tut. Ich hab was gestohlen, das gebe ich zu und es tut mir sehr leid, ich wusste nicht, dass es so schlimm für Sie ist. Da Sie doch so viel haben und ich fast nichts. Es ist nicht richtig, das weiß ich, man klaut nicht, aber ich hab kein Geld und gar nichts. Ich wollte es aber zurückgeben, doch jetzt ist es weg! Das ist keine Lüge, es ist verschwunden. Mir hat der nette Büttel hier gesagt, dass ich für ihn arbeiten kann und ich hab mir überlegt, dass ich das Geklaute vielleicht von meinem Lohn ersetzen kann. Also dass ich es abarbeite. Und ich ollte noch sagen, dass ich keinen Widerstand geleistet habe gegen die Gardisten, ich bin denen nur weggerannt.«


    Maximilien Rivenet de Souvagne
    »Sich der Verhaftung zu entziehen, ist Widerstand gegen die Staatsgewalt. Du hast der Order der Ordnungshüter nicht Folge geleistet, demzufolge haben sie Dich verfolgt und gestellt. Du bereust also Deine Tat, bist einsichtig und wirst uns den entstandenen Schaden zuzüglich einer Wiedergutmachung an die Gardisten leisten, indem Du Deine Schuld abarbeitest? Und Büttel Jardine ist bereit für Dich zu bürgen und Dich in seine Obhut zu nehmen? Wenn dies so ist, gewähren wir Dir eine zweite Chance. Wir sind stets dafür, jemanden eine zweite Chance zu gewähren. Du solltest also nicht leichtfertig damit umgehen. Bürgt er für Dich?«, hakte der Duc nach.


    Antoine
    »Ja, das hat er gesagt«, sprach Antoine und warf einen rückversichernden Blick in Richtung von Gilbert. Das hatte der zwar nicht gesagt, aber würde er nicht für ihn bürgen, hätte er ihn sicher nicht hierher gebracht. »Ja, ich bereue, dass ich geklaut habe. Und ich geb mein Bestes, um es wieder gut zu machen. Aber die Gardisten werden doch schon bezahlt für ihre Arbeit und die waren echt nicht freundlich, muss ich denen wirklich eine Entschädigung leisten?«


    Maximilien Rivenet de Souvagne
    Maximilien schmunzelte über die Erklärung von Antoine. »Die Gardisten werden von uns nicht nur bezahlt, sie unterstehen uns vollumfänglich. Unsere Gardisten haben wohl erwägte Aufgaben unter anderem den Schutz der Krone. Wenn nun jemand, wie Du, einen Einsatz der Gardisten außerhalb ihres Tätigkeitsfeldes verursacht, sind von dieser Person auch dahin gehend die Kosten zu tragen. Man nennt dies Verursacherprinzip. Du hast einen Gardisten-Einsatz verschuldet und somit hättest Du normalerweise den kompletten Einsatz der Gardisten auch bezahlen müssen. Jeden Mann und jede angefangene Stunde. Es kann nicht sein, dass die Allgemeinheit, oder wir für den Fehler eines anderen aufkommen, den dieser bewusst verursacht hat. Folglich werden normalerweise dem Verursacher auch die Einsätze in Rechnung gestellt. Der Einsatz war in Deinem Fall zwigend erforderlich, da Gefahr im Verzug war. Die Gardisten hatten weder die Zeit noch die Möglichkeit eine Einheit Büttel zu rufen um Deine Ergreifung in Auftrag zu geben. Damit war ihr Einsatz recht- wie auch zweckmäßig und von Dir wären diese Kosten zu tragen. Da Du aber mittellos bist, fallen die entstandenen Kosten der Staatskasse anheim. Das heißt unsere Person übernimmt für Dich persönlich diese Schuld. Du bist Gebührenschuldner was diesen Einsatz angeht, aber wir verzichten und schlagen diese Forderung nieder, da die Beitreibung bei weitem die entstandenen Kosten übersteigen würde. Ferner ist von der Erhebung einer Schuld abstand zu nehmen, wenn sie die zu belastende Person in Existenznot bringen würde. Du bist bereits in Existenznot, also wirst Du mit den Einsatzkosten nicht belastet. Da Du Dich aber freiwillig angeboten hast, das Diebesgut pikunär also geldlich zu ersetzen und einsichtig bist, sind wir Dir hier entgegen gekommen. Die Gardisten werden nicht dafür bezahlt freundlich zu sein. Bei Gardisten handelt es sich nicht um Service- sondern um Schutzpersonal. Wären sie freundlich gewesen, hätten sie ihren Job nicht ordnungsgemäß ausgeführt Antoine. Ich denke dass ist ehr in Deinem Sinne, als eine Brandmarkung als Dieb. Wir können Dir keine zweite Chance einräumen und Dich gleichzeitig finanziell ruinieren. Allerdings solltest auch Du gut überlegen, was Du den Gardisten unterstellst. All dies wäre nicht geschehen, wärst Du nicht in den Palast eingedrungen. Es lag in Deiner Hand, es war Deine Entscheidung. Noch Fragen?«, hakte Maximilien nach.


    Antoine
    »Darf ich wirklich was fragen?«, fragte Antoine. »Oder wird mir das dann auch irgendwie berechnet oder zur Last gelegt? Ich mein das nicht ironisch, aber ich bin so froh, dass ich diese Chance kriege und nicht auch noch ruiniert werde. Ich will das nicht wegen einer blöden Frage kaputt machen. Wobei, ich bin eigentlich nicht zu ruinieren, weil ich das schon bin. Aber ich will dann nicht irgendwas abgehackt kriegen oder eingesperrt werden.«


    Maximilien Rivenet de Souvagne
    »Wir meinen in unserem Amt stets dass was wir sagen Antoine. Wenn wir Dir erlauben uns etwas zu fragen, dann ist dies so. Also frage was Du uns fragen möchtest«, erklärte Max umgänglich.


    Antoine
    »Danke, das ist nett von Ihnen. Also erstens wollte ich fragen, wie hoch die Kosten sind, die ich zurückzahlen muss. Weil ganz ehrlich, ich glaube, der ganze Einsatz war viel teurer als die blöde Glasblume, die jetzt weg ist. Es sei denn, die ist doch aus Diamant, was ich ein bisschen gehofft habe, jetzt aber nicht mehr hoffe, weil dann zahl ich bis an mein Lebensende. Und dann wollt ich noch fragen, ob die Leibgardisten echt alles dürfen? Der Monsieur Jardine hat gesagt, dass das so ist. Aber dann könnten die das ja theoretisch auch ausnutzen und keiner macht was dagegen.«


    Maximilien Rivenet de Souvagne
    »Wie hoch die Kosten sind würde berechnet werden, müsste man Dir den Einsatz in Rechnung stellen. Das wird aber nicht geschehen. Von daher ist es müßig, jetzt das rechnen anzufangen oder eine Kostenaufstellung auszuarbeiten, die nicht beglichen wird. Die Blume war aus Kristall und nicht aus Diamant. Die Leibardisten sind der verlängerte Arm von uns über den Palaisin. Der Palaisin vertritt uns als Person als ausführende Gewalt in der Öffentlichkeit. Er vertritt uns, setzt unseren Willen um, er schützt unsere Person samt unserer Familie und unserem Hof. Da dies kein Mann allein bewerkstelligen kann hat der Palaisin die Leibgarde unter sich. Der Leibgarde ist alles gestattet um ihrer Aufgabe gerecht zu werden. Selbstredend könnte dies ausgenutzt werden. Hier greift die uralte Frage - wer wacht über die Wächter? Antwort - der Palaisin und in letzter Instanz unsere Person. Eventuell hast Du mitbekommen, was mit Wächtern passiert, die ihre Aufgabe zum Privatvergnügen missbrauchen. Sie werden öffentlich passend abgestraft. Und selbst ein Palaisin ist vor Strafe nicht gefeit, wenn er sein Amt missbraucht. Wer in so einem Amt wie auch Beruf nicht über die nötige Reife, Weitsicht und Loyalität verfügt ist nicht tragbar und wird von uns des Amtes verwiesen«, erläuterte der Duc.


    Antoine
    »Das hab ich so am Rande mitgekriegt, es wurde darüber geredet. Aber ich weiß nichts weiter da drüber. Was hatten die denn gemacht? Und wenn ich der Meinung bin, die haben mich zum Privatvergnügen gequält, was kann ich da machen? Der Büttel hier sagt, ich kann gar nichts machen.«


    Maximilien Rivenet de Souvagne
    »Hast Du für Deine Anschuldigung, dass Dich die Gardisten gequält haben sollen, Beweise?«, fragte der Duc offen. »Falls nicht, sind es nichts weiter als das - Anschuldigungen. Sollte es den Gardisten zu Ohren kommen und sie sich über Dich als Gefangenen beklagen wäre dies üble Nachrede oder sogar Verleumdung. Damit hättest Du erneut eine Straftat begangen. Verleumdung bedeutet Auspeitschung und Pranger. Also hast Du für Deine Anschuldigung Beweise in Form von Zeugen oder ähnlichem? Kannst Du zum Beispiel glaubhaft versichern, wer Dir geschadet haben soll? Falls ja, werden wir einen Geistmagier dazuziehen. Falls dieser feststellt dass Du gelogen hast, landest Du am Pranger, nachdem Du öffentlich ausgepeitscht wurdest. Denn in dem Fall hast Du versucht dass Ansehen der großherzoglichen Garde nachhaltig zu beflecken«, antwortete Max.


    Antoine
    »Beweise? Meinen Hintern«, lachte Antoine. »Also von einem weiß ich, wer das war, der bescheuerte Robere! Die anderen kenne ich nicht, aber die haben auch mitgemacht. Die sind sich alle gegenseitig Zeugen, aber werden wahrscheinlich eh lügen.«


    Maximilien Rivenet de Souvagne
    »Robere?«, fragte der Duc Retour. »Was genau tat er mit Deinem Hintern? Die Einheiten halten generell zusammen, da oft ihr Leben davon abhängt. Also berichte, was hat Robere Dir angetan? Und woher kennst Du den Gardisten namentlich?«.


    Maximilien Rivenet de Souvagne
    #


    Antoine
    »Er hat mich gefingert und gefickt«, antwortete Antoine unverblümt. »Was soll ich da um den heißen Brei reden. So war das. Ich kenn den und Boldi noch von früher, wir waren im selben Waisenhaus und konnten uns da auch schon nicht leiden. Ich kann ja nicht ahnen, dass die jetzt ausgerechnet hier sind!«


    Maximilien Rivenet de Souvagne
    »Wir vertagen Dein Urteil bis zur Klärung des Missbrauchs. Du wirst Dich unverzüglich beim Hofarzt einfinden und Dein Rektur untersuchen lassen. Danach wirst Du bei einem der Himmelsaugen vorstellig und zwar bei Chevalier Jules Seymour de Mireault. Er wird Deine Gedanken und Erinnerungen auslesen und im Gegenzug selbstverständlich die von Robere. Nach Klärung des Vorfalls urteilen wir. Solltest Du die Wahrheit gesagt haben, erlassen wir Dir sämtliche Kosten, da Du durch unsere Gardisten missbraucht worden bist. Solltest Du gelogen haben, wird Dein Strafmaß dementsprechend erhöht. Dein Begleiter wird Dich beim Hofarzt und bei Chevalier de Mireault abliefern. Wir sprechen uns nach Deiner Untersuchung und Auslesung wieder. Fürs Protokoll, das Urteil von Antoine ist bis zur vollständigen Aufklärung des Sachverhaltes ausgesetzt. Der Gardist der Unite B - Robere ist sofort über den vorgenannten Vorfall zu verhören«, befahl der Duc, ehe er sich erneut an Antoine und Gilbert wandte. »Deine Befehle sind Dir bekannt, Ihr dürft Euch verabschieden«, sagte der Duc.


    Antoine
    »Hey, danke«, freute Antoine sich und guckte, was Gilbert machte, um ihn imitieren zu können.


    Gilbert Jardine
    »Vielen Dank Eure Majestät«, sagte Gil. Gilbert verneigte sich tief, stand auf und verließ rückwärts den Thronsaal. Er gab Antoine ein Zeichen es ebenso zu halten und ihm zu folgen. Draußen vor der Tür wartete er auf ihn.


    Antoine
    Antoine ahmte Gilberts Verneigung und das Rückwärtsgehen nach, auch wenn es ihm ziemliche Schmerzen bereitete. Draußen richtete er sich auf und strahlte über beide Ohren. »Meinst du, das klappt? Das wär ja genial! Keine Strafzahlung und Robere kriegt sein Fett weg!« Die Gardisten neben der Tür versteiften sich etwas. Sicherheitshalber trat Antoine ein Stück weg. »Wo gehen wir als erstes hin?«


    Gilbert Jardine
    Gilbert starrte Antoine auf die Hose, als dieser rückwärts ging und musste sich ein Keuchen verkneifen. »Sag mal hast Du da drinnen nass gefurzt? Das ist doch wohl die Höhe!«, schnaubte Gil wütend.


    Antoine
    »Nee, ich hab doch gesagt, was die mit mir gemacht haben! Das läuft jetzt alles raus, wenn ich mich bewege. Sieht man das durch die Hose? Schöne Kacke.« Er grinste gequält.


    Gilbert Jardine
    Gilbert atmete tief durch und nickte knapp. »Ja man sieht es, zum Glück geht man rückwärts aus dem Thronsaal. Aber gut, dass ist ja ein Beweis. Mehr Beweis kann es nicht geben, es sei denn Du hast mit denen bewusst eine Orgie gefeiert. Komm wir müssen zum Medicus, wie der Duc befohlen hat. Bitt schwöre mir, dass Du nicht gelogen hast«, flehte Gil und gab den Weg vor.


    Antoine
    »Ich schwör es Ihnen«, erklärte Antoine fest. »Da wär ich ja schön blöd. Ich will ja die Arbeit haben. Ich hab noch nie gearbeitet! Einmal im Leben sollte man alles mal ausprobiert haben.« Er grinste immer noch. Trotz der Schmerzen und der Demütigungen, die er hatte erfahren müssen, schien er guter Laune zu sein.


    Gilbert Jardine
    Gilbert nickte anerkennend, auch wenn Antoine es flappsig sagte, aber die Bedeutung dahinter verstand er sehr wohl. Es machte ihn traurig und froh zugleich. »Gut, naja was heißt gut. Leider ist es dann passiert. Gut war daran gar nichts. Da hättest Du vermutlich lieber das Geld abgearbeitet, als das mitzumachen«, sagte Gil und ging Richtung Heilstube. Er hoffte das Benito anwesend war und dass der Heiler Zeit hatte. Falls nicht, dann mussten sie warten, anders ging es nicht. »Kannst Du zur Not überhaupt lange sitzen?«, fragte Gil besorgt.


    Antoine
    »Notfalls kann ich eine Weile stehen. Im Winter schlafe ich oft im Stehen, wenn es zu kalt ist zum Liegen oder zu nass und ich keinen ordentlichen Schlafplatz habe. Das geht schon. Was geschieht mit Robere, wenn die rauskriegen, dass es wahr ist?«


    Gilbert Jardine
    »Er wurde schon einmal für so etwas verurteilt, er ist dann ein Wiederholungstäter. Vermutlich wird die Strafe dann wesentlich härter. Damals, kam er an den Pranger, wurde ausgepeitscht und mit einem... also... so einem... Ding gebumst, so wie er sein Opfer schändete«, erklärte Gil. »Ja im Winter schlafen wir auch manchmal im Stehen, aber nicht aus Faulheit, sondern weil manche Einsätze so lange gehen und wir Bereitschaft haben. Du bist da, aber im Grunde doch nicht. Aber falls was ist, musst Du sofort da sein«, grinste er schief.


    Antoine
    »Ach, Sie schlafen im Dienst?«, fragte Antoine schmunzelnd. »Dann kann ich das Wichtigste ja schon mal, im Stehen schlafen und so tun, als sei ich aufmerksam. Dass der Robere so geendet ist, das wundert mich überhaupt nicht, der war als Kind schon ein Arsch. Der hat kleine Katzen gefressen und Mäuse und überhaupt alles, was sich bewegt hat der einfach aufgefressen. Der war wie ein Heuschreckenschwarm, da hat bald nix mehr gelebt außer die Leute. Vögel, Tauben, Eidechsen, Frösche, auch Insekten und Spinnen. Wird er da wieder öffentlich gebumst, wenn der das schon mal gemacht hat? Wieso darf so einer überhaupt noch seinen Dienst machen?« Antoine war gespannt auf den Heiler. Er war noch nie bei einem Heiler gewesen.


    Gilbert Jardine
    »Weil er wie Du eine zweite Chance erhalten hat. Jeder bekommt sie, oder fast jeder. Ein Mörder natürlich nicht. Ich schlafe nicht im Dienst, sondern in der Bereitschaft. Das ist kein Dienst, wird auch nicht angerechnet, jedenfalls nicht voll. Das klingt extrem seltsam, aber wenn ein Mensch Hunger hat, dann kann man mit allem rechnen. Wer weiß, was wir essen würden? Naja oder Du schon gegessen hast oder essen musstest? Davon kann sich niemand freisprechen. Ich würde auch lieber Insekten essen bevor ich verhungere. Ich meine, was er getan hat war grausam, wenn es stimmt. Aber deshalb ist er nicht an jedem Unrecht schuld. Es sei denn, wir weisen es ihm nach«, schmunzelte Gil und betrat die Heilstube. Antoine schlug ein Geruch von Kräutern und anderen Dingen entgegen die er gar nicht benennen konnte. Die Heilstube war leer. Niemand saß vorne und wartete.


    Antoine
    »Jedenfalls kann ich den nicht leiden«, erklärte Antoine. »Und ich hab auch schon Katzen gegessen, wer hat das nicht, aber ich hab sie nicht gequält. Und Spinnen, das ist mal echt ekelhaft, niemand hat da Spinnen gegessen, obwohl es nicht viel gab. Der war wie eine Fressraupe, kaum, dass Boldi weg war.« Neugierig schaute er sich in der Heilstube um.


    Gilbert Jardine
    »Setz Dich bitte hin, wenn es geht. Wobei nein, klopf mal, oder bimmele mit der Klingel an der Theke. So weiß ja niemand das wir hier sind«, grinste Gil. »Eigentlich könnte man sich Robere im Haus halten, falls man Ungeziefer hat«, flüsterte Jardine.


    Antoine
    Antoine feixte. »Der sollte es mal als Kammerjäger versuchen.« Er ging zur Theke und klingelte. Dann trat er zurück und guckte unsicher. Jetzt bekam er doch etwas Angst.


    Benito
    Als sich Antoine kurz zu Gil umdrehte und wieder Richtung Heilstube guckte, stand der Heiler vor ihm, ohne dass er ihn kommen gehört hatte. Benito musterte ihn total ernst von oben bis unten. »Da ist nichts mehr zu machen«, sagte er tonlos.


    Antoine
    Antoine erschrak dermaßen, dass er mit dem gesamten Körper zusammenzuckte. »Wa-was? Werde ich sterben?«, kreischte er fast ohne Stimme.


    Benito
    »Das auch, aber nicht heute, hier oder jetzt. Die Hose, sie ist völlig ruiniert. Der Fleck wird nie wider herausgehen. Ich rate zu einem neuen Beinkleid. So wie kann ich Dir helfen?«, fragte der Heiler freundlich.


    Gilbert Jardine
    Gil hatte die Luft angehalten und ließ sie nun geräuschvoll entweichen. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn und blinzelte Antoine verstört an.


    Antoine
    »Bei Ainuwar«, ächzte Antoine. »SIE haben Nerven! Das hab ich vorhin schon zu dem Büttel gesagt, aber Sie sind ja echt noch viel übler!« Sein panischer Gesichtsausdruck wurde zu einem Feixen. »Sie sollen sich meinen Hintern anschauen, meint der Duc.«


    Benito
    »Dann folge mir bitte nach hinten um Deinen Hintern zu entblößen. Erzähl mir was passiert ist. Irgendwas reingesteckt was nicht hineingehört? Muss es geborgen werden?«, fragte der Heiler grinsend.


    Antoine
    »Hehe«, lachte Antoine und folgte dem Heiler um die Ecke. »Da wurden viele Dinge reingesteckt, die da nix drin zu suchen haben, aber ich hoffe, die hängen alle noch an ihren Besitzern.« Er zog sich die besudelte Hose aus.


    Benito
    »Vermutlich hängen sie dort nicht mehr lange, wenn das so ist. Man kann schließlich nicht nur Hände und Köpfe abhacken«, gab Benito zurück. Er zündete einen eine große Öllampe an und stellte sie neben Antoine. Als dieser schon befürchten musste, der Heiler wollte ihn abfackeln, desinfizierte er sich mit der Flamme die Hände. Er untersuchte Antoine genau, ehe er ihn reinigte und behandelte. Antoine fühlte wie der Heiler ihn auch innerlich abtastete, aber dann war der Schmerz auf einmal verschwunden, ohne das er sagen konnte weshalb. Alles was zurückblieb war ein entspanntes Gefühl und Müdigkeit. Benito desinfizierte erneut seine Hände und deutete Antoine an aufzustehen. »Du wurdest geschändet, mehrfach und das nicht gerade sanft. Du warst verletzt, eingerissen und es hätte sich vermutlich noch schlimmer entzündet als es schon war. Nun ist alles in Ordnung. Du wirst Dich noch einige Tage schonen müssen, aber ich habe Dich geheilt durch Magie. Alles andere wäre wohl sehr langwierig und auch schmerzvoll geworden«, sagte der Heiler freundlich.


    Antoine
    »Oh, danke«, antwortete Antoine schläfrig. Er rieb sich die Augen mit der Faust. »Das ist echt nett. Hier sind alle so freundlich zu mir. Da muss man fast ein schlechtes Gewissen haben, was geklaut zu haben. Hacken Sie denen echt die Nudel ab? Das wär ja was.« Er gluckste leise.


    Benito
    »Keine Ahnung, aber glimpflich wird jemand bei so einer Tat nicht davon kommen. Davon kannst Du ausgehen. Du solltest Dir wirklich eine neue Hose geben lassen im Dienstbotenflügel. Sonst nützt die beste Heilung nichts, wenn Du verdreckt herumläufst. Stehlen muss hier niemand. Nun Du bist soweit wieder auf dem Damm und kannst los. Da Du zu mir gekommen bist, denke ich, Dich hat einer vom Hof geschickt«, sagte Ben.


    Antoine
    »Ja, der Duc war das«, erklärte Antoine und gähnte herzhaft. Er fühlte sich rundum wohl. »Mann, Sie würde ich öfter besuchen, wenn Sie mein Heiler wären.« Er zog seine schmuddlige Hose wieder über und ging zurück zu Gilbert. »Bin wieder fit.«


    Benito
    Benito verabschiedete Antoine mit einem freundlichen Lächeln und einem Kopfschütteln. »Normalerweise sind die Leute froh, wenn sie gesund sind. Dennoch, Danke für das Kompliment«, sagte er gut gelaunt und verabschiedete sich wieder in seine Heilstube.


    Gilbert Jardine
    Gilbert schaute sich Antoine genau an. Er ging aufrechter und nicht mehr schmerzgeplagt. »Du siehst besser aus, es scheint Dir auch besser zu gehen. Wie fühlst Du Dich?


    Antoine
    »Super, ich bin wieder gesund. Er hat mir einen Schuss Heilmagie verpasst. Aber ein bisschen müde bin ich jetzt. Wie bei einem langen Sonnenbad fühl ich mich gerade. Wo mussten wir noch hin?«


    Gilbert Jardine
    »Wir müssen noch zu einem Himmelsauge damit er Dich ausliest. Ich hoffe das geht gut. Denk bitte kein unanständiges Zeug, damit Du uns nicht blamierst. Ich hoffe das wirkt. Oder möchtest Du Dich erstmal eine Runde ausruhen?«, fragte Gil.


    Antoine
    »Kein unanständiges Zeug? An was soll ich denn sonst denken?« Er lachte, es klang leiser als sonst. Er rieb sich wieder die Augen. »Wenn wir schon mal dabei sind, gehen wir doch gleich zu dem Himmelsauge. Ich will nicht wieder so schnell zurück in die Zelle, ich kann später immer noch schlafen.«


    Gilbert Jardine
    »Ich meinte auch nicht in die Zelle, sondern dass wir uns draußen irgendwo hinsetzen, wo Du etwas dösen kannst. Kein unanständiges Zeug, außerhalb des Vorfalls. Nicht dass er uns noch rausschmeißt, oder denkt Du hast Dir alles zusammengesponnen. Bleib mit den Gedanken bei einem Thema. Wie sows funktioniert, weiß ich nicht. Aber beim Thema bleiben ist nie schlecht«, riet Gil Antoine.


    Antoine
    »Muss ich danach in die Zelle? Nein, ich will das hinter mir haben, lassen Sie uns bitte gleich da hin gehen. Ich denk nichts Schlimmes, versprochen. Sonst muss ich das bestimmt auch abbezahlen, den Einsatz vom Himmelsauge und dem seine blanken Nerven.«


    Gilbert Jardine
    Gil musste bei der Vorstellung losprusten, wie der Chevalier Antoine jeden einzelnen falschen Gedanken in Rechnung stellte. »Von mir aus, gehen wir direkt durch«, lachte er leise und führte Antoine zurück in den Palast. Er selbst war noch nicht in den Räumen der Himmelsaugen gewesen, also fragte er sich durch, bis er vor der Stube stand, die ihnen hier als Anlaufstelle diente. Er klopfte kurz und trat ein.


    Antoine
    Antoine hielt sich die ganze Zeit bei Gilbert und versuchte weder zu fliehen, noch verhielt er sich sonst auffällig, abgesehen davon, dass er ungepflegt war, zum Himmel stank, eine schmutzige Hose trug und sich sehr neugierig umschaute.


    Gilbert Jardine
    In der Stube war ein Schreiber anwesend der kurz aufschaute und ihnen zur Begrüßung zunickte. Dann kam ihnen auch schon ein junger Mann entgegen. »Wie kann ich Euch behilflich sein?«, fragte er freundlich. »Wir möchten zu Chevalier Jules Seymour de Mireault. Es geht um eine Klärung in einem Straffall. Er soll auf Anweisung des Duc, bitte diesen Mann und dessen Erinnerung auslesen«, sagte Gilbert freundlich. Der Mann nickte kurz und verschwand kurz im Hinterraum, ehe er wieder zurückkam. »Der Chevalier ist gleich bei Euch. Kommt bitte mit nach hinten durch«, sagte der junge Mann freundlich und brachte sie nach hinten, in eine kleine Bürostube. Dort deutete er auf einige Stühle, wo sie Platz nehmen konnten. Etwas zweifelnd schaute er die Hose von Antoine an und holte kurzerhand eine Tischdecke. »Setz Dich bitte darauf, damit die Möbel nicht eingesaut werden. Danke«, sagte er freundlich und ließ Gil und Antoine allein. Sie hatten ungefähr 10 Minuten zu warten, dann betrat ein hagerer, sehnig durchtrainierter Mann den Raum, dessen Gesicht noch mehr Narben zierten, als das von Gil. Und seine Narben waren nicht weniger auffällig. Er lächelte sie kurz zur Begrüßung an, was ihn eher schief grinsend aussehen ließ, durch die Narbe die quer über seinen Mund verlief.


    Jules de Mireault
    »Willkommen in der höfischen Amtsstube der Himmelsaugen. Ich hörte Ihr beide benötigt meinen Beistand? Worum geht es genau? Ich könnte Euch auch auslesen, aber zuerst möchte ich berichtet bekommen worum es ging. Der Duc höchstpersönlich schickt Euch also«, sagte Jules und setzte sich ihnen gegenüber.

    Gilbert Jardine
    Nachdem Antoine sein Glück innerhalb der Palastmauern versucht hatte, war nichts mehr wie zuvor. Nicht nur dass ihn die Leibgarde wie einen räudigen Straßenköter durch die dunklen Gassen der Nacht gehetzt hatte, nein sie hatten ihn auch gestellt. Aber damit hörte seine Tourtur noch lange nicht auf. Ein sehr altes Wiedersehen fand in der Zelle statt. Aber nun stand Antoine nicht mehr einfach einem Gleichen gegenüber, sondern einem Gardisten der Unite B und zwar DEM Gardisten. Die Narbe, die er ihm einst verpasst hatte, das halbseitige, ewige schiefe Grinsen dass er in das Gesicht von Boldi geschnitten hatte, grinste nun ihn verhöhnend und triumphierend an. Und sie kosteten ihren Sieg aus. Wie die billigste Straßendirne hatten sie sich an ihm bedient und ihn herumgereicht wie alte Flasche Fusel. Geschändet hatten sie ihn zurückgelassen und keines Blickes mehr gewürdigt. Das, was er als Nahrung erhalten musste, wurde ihm wie ein Tier in die Zelle geworfen. Mehr war er nicht für sie. Vielleicht hätten sie sogar ein Tier besser behandelt, denn hier unten ging es um weit mehr, als den reinen Versuch eines Diebstahls. Es ging um eine alte Schuld und Boldi hatte Antoine die Rechnung präsentiert. Antoine war gerade in einen unruhigen, schmerzerfüllten Schlaf gefallen, als ihn jemand an den Haaren auf die Beine und somit aus den Schlaf riss. Unsanft wurde er in einen anderen Raum verfrachtet, auf einen Stuhl gedonnert und man befestigte seine seiner Hände an einer stählernen Schlinge, die in einen massiven Tisch eingelassen war. Eine Chance auf Flucht konnte sich Antoine nicht ausrechnen. Der Stuhl, auf dem er saß und auch der Tisch waren fest am Boden verschraubt. Der Gardist, der kein Wort mit ihm gewechselt hatte, verpasste ihm einen Schlag vor den Hinterkopf und verließ wortlos den Raum. Erneut musste Antoine warten. Diesmal allerdings nicht so lange. Ein Mann betrat den Raum. Er hatte andere Kleidung an, als die Gardisten, wirkte aber von seiner Statur und seiner Körperhaltung ganz ähnlich. Sein auffälligstes Merkmal war eine lange Narbe die sein Gesicht zierte. Er setzte sich Antoine gegenüber hin, legte sein Schreibbrett ab und seinen Bleistift.


    Gilbert Jardine
    »Grüße. Mein Name ist Gilbert Jardine und ich bin der eingesetzte Büttel, der Dich zu Deinen Anschuldigungen verhören wird. Fangen wir mit Deinen persönlichen Daten an. Name!«, sagte Gilbert.


    Antoine
    »Antoine Davout«, antwortete der Gefangene leise und starrte auf die eisernen Handschellen, die seine Hände über eine Kette mit dem Tisch verbanden. Die höllischen Schmerzen, die er überall verspürte, verabschiedeten sich vollkommen in den Hintergrund. Er hatte große Angst davor, dass dieser Büttel ihn genau so behandeln würde wie die Gardisten und wagte nicht, ihm in die Augen zu sehen, sondern schaute nur auf seine gefesselten Hände.


    Gilbert Jardine
    »Antoine Davout, ohne festen Wohnsitz, geboren wann und wo, falls bekannt? Bist Du in einem Armenhaus gemeldet, oder verdingst Du Dich als Landstreicher?«, hakte Gilbert nach und notierte den Namen von Antoine auf seinem Bogen. Er musterte den Gefangenen genau und machte auch dazu einige Notizen, so dass man ihn jederzeit einwandfrei wiedererkennen konnte.


    Antoine
    »Irgendwann im Sommer 164. Wo, weiß ich nicht. Ich bin nirgendwo gemeldet.« Verstohlen schaute Antoine dem Büttel auf die Narbe und hoffte, dass der Kerl sie nicht auf die selbe Weise erhalten hatte wie Boldiszàr und er nun stellvertretend ein zweites Mal das Opfer einer verspätete Rache wurde. »Wann darf ich wieder gehen?«


    Gilbert Jardine
    »Die Fragen stelle ich Antoine. Aber da ich kein Unmensch bin, sobald Du abgeurteilt wurdest. Vermutlich Sommer 164, Geburtsort unbekannt. Hm. Wo bist Du aufgewachsen, weshalb ist Dir Dein Geburtsort unbekannt? Du weißt was Dir zur Last gelegt wird?«, hakte Gilbert nach. Er tippte sich kurz mit dem Stift gegen die Schläfe und schaute Antoine lange an. »Möchtest Du etwas trinken?«


    Antoine
    Antoine nickte. »Ja, bitte.« Er hoffte, dass der Büttel sah, dass er mitarbeiten wollte, indem er das Wasser annahm. Er klimperte mit der Kette, als er seine Hände bewegte und ihm fiel ein Stein vom Herzen, dass er offenbar irgendwann wieder freigelassen wurde und die Antwort nicht ›Überhaupt nicht‹ gelautet hatte. Zumindest, wenn Jardine nicht log, damit er mitspielte. Antoine leckte sich über die Lippen. »Waisenhaus Saint Aumery. Gehört zu den de Duponts. Ich wurde da abgegeben.«


    Gilbert Jardine
    Gilbert nickte zustimmend, ging kurz vor die Tür und etwas später brachte eine Dienerin Wasser, die Antoine aber keines Blickes würdigte. Gilbert goss ihm einen Becher ein und stellte ihm Antoine vor die Nase und notierte das Gesagte von Antoine fein säuberlich. »Du bist also Waise, im Waisenhaus aufgewachsen und dann auf der Straße gelandet. Die Scholle auf der Du lebest, war jene der Duponts. Bist Du je bei Deinen Herren vorstellig geworden und hast um Arbeit gebeten oder dergleichen?«, hakte Gil nach und lehnte sich zurück um sein Gegenüber genau zu mustern.


    Antoine
    Antoine trank etwas Wasser. Er musste den Becher dafür mit beiden Händen umklammert halten und stellte ihn anschließend wieder auf die Tischplatte. Er ließ ihn aber nicht los. »Nein, hab ich nicht. Und, äh, mir wird vermutlich zur Last gelegt, dass ich in den Palast eingedrungen bin. Weil Sie fragten.«


    Gilbert Jardine
    »Korrekt. Unerlaubtes Eindringen in den Palast samt Hof - gewertet als Einbruch, versuchter Diebstahl, Widerstand gegen die Staatsgewalt - ergo die Gardisten, Flucht vor dem Zugriff der Staatsgewalt. Das sind die schwerwiegensten Anklagepunkte. Ich möchte jetzt Deine Aussage dazu aufnehmen, wie sich der vor genannte Vorfall nach Deiner Wahrnehmung abgespielt hat. Beginnen wir ganz von vorne. Unerlaubtes Eindringen in den Palast. Erzähle«, wies Gil Antoine an und zückte den Stift. Dabei musterte er ihn aufmerksam und neutral. Es lag keine Feindseeligkeit in seinem Blick.


    Antoine
    Antoine umklammerte den Becher fest. »Ich wollte mir den Palast einmal von innen ansehen. Man hört so viele Gerüchte darüber und, äh, man kann sich das alles gar nicht vorstellen, wenn man so lebt, wie ich. Man hätte mich nicht reingelassen, man wird auch so dauernd irgendwo davongejagt, weil man schmutzig ist und die Leute denken, man will sie beklauen. Drum habe ich mich reingeschlichen und mich umgesehen. Aber diese Gardisten mit der Schwarzen Rüstung, sie sahen mich, da hatte ich noch nicht einmal den Eingangsbereich richtig verlassen. Sie wollten, dass ich sofort den Palast verlasse und ich bin davongerannt - nach innen. Ich hatte ja noch nichts weiter gesehen. Drum riefen sie wohl ihre Kumpels, es wurden irgendwie immer mehr und ich bekam Panik. Also flüchtete ich doch nach draußen und dachte, wenn ich den Hof verlassen habe, ist alles wieder gut. Aber das war es nicht, sie wollten, dass ich stehen bleibe. Ich wollte nicht verhaftet werden, drum rannte ich. Sie verfolgten mich über Stunden! Und bei den Lagerhäusern, da konnte ich nicht mehr. Sie haben mich verprügelt und mitgenommen, mich eingesperrt und wieder verprügelt.« Er verzichtete darauf, die Gardisten anzuschwärzen, ehe er nicht wusste, ob das nicht weitere Maßnahmen nach sich ziehen würde, weil der Kerl vielleicht mit ihnen verbündet war. »Und dann wurde ich hierhergebracht und jetzt kamen Sie. Also geklaut habe ich nichts, die haben mich durchsucht und ich habe auch keinen Widerstand geleistet, sondern mich ergeben.«


    Gilbert Jardine
    Gilbert musste bei der Beschreibung von Antoine doch hier und da schmunzeln. »Du hättest also gerne eine Führung durch den Palast gebucht, aber da es schon reichlich spät war, bist Du selbst durch die Räume flaniert, hast Dir die ausgestellte Kunst angeschaut, Dir Gedanken zu den Fresken und Deckengemälden gemacht und Dich gefragt wo die Hofbibliothek ist, als gerade die Gardisten um die Ecke geschossen kamen und feststellten, dass Du schmutzige Finger hast. Daraufhin haben sie Dich durch den Palast und die Nacht gehetzt? Ist das so richtig?«, lachte Gil.


    Antoine
    »Na ja, fast«, erwiderte Antoine. »Ich weiß nicht so viel über Kunst. Aber ich hab mir alles anschauen wollen, wie die Reichen so leben, ja.«


    Gilbert Jardine
    »Na dass kann ich nachvollziehen, aber um es Dir mitzuteilen, Du hättest den Palast zu einer Audienz betreten dürfen. Dann wird niemand abgewiesen, kein Bettler, kein Marquis. Du kannst sogar beim Duc vorstellig werden. Alles was Du tun musst, ist Dich anmelden und anstellen. Das funktioniert übrigens bei jedem Herren so, vom Chevalier bis zu unserer Majestät. Zurück zum ernst der Lage - hast Du etwas gestohlen? Beantworte die Frage ehrlich. Ich bin nicht Dein Feind, ich bin hier die einzige neutrale Person Antoine. Also verspiele Dir Deine letzte Chance nicht durch eine Lüge. Du bist kein Gauner, Du bist arm. Dass ist ein Unterschied in meinem Augen. Also, hast Du etwas gestohlen ja oder nein?«, fragte Gil ernst.


    Antoine
    »Ich wurde gründlich durchsucht, es wurde nichts gefunden, Sie können Ihre Kollegen fragen. Ich wusste nicht, dass man zu einer Audienz gehen kann. Das hat mir niemand gesagt.«


    Gilbert Jardine
    »Das war nicht meine Frage Antoine. Ich wiederhole, hast Du etwas gestohlen ja oder nein? Dein Diebesgut kannst Du auch auf der Flucht entsorgt haben oder Du hast es versteckt. Das man nichts gefunden hat, heißt nicht, dass Du nichts gestohlen hast. Es ist eine Tatsache die Du mir glauben kannst, wie alles andere auch. Jeder Souvagner kann seinen Herrn vom geringsten bis zum höchsten aufsuchen. Ob Du dran kommst, ist etwas anderes. Wenn 100 andere Personen vor Dir stehen, sieht es an dem Tag vermutlich schlecht aus. Also hast Du etwas mitgehen lassen?«, fragte Gil erneut.


    Antoine
    »Sie glauben mir doch eh nicht, wenn ich Nein sage. Und was für einen Unterschied würde es machen, wenn ich tatsächlich etwas geklaut hätte? Für mich einen Großen - entweder, weil ich davon was zu Essen kaufen kann oder, weil mir dafür die Hände abgehackt werden. Aber für die Adligen macht das überhaupt keinen Unterschied, egal, ob was fehlt oder nicht. Die würden das gar nicht merken.«


    Gilbert Jardine
    »Erstens, ob ich Dir glaube oder nicht, spielt keine Rolle. Ich werte die Fakten aus. Zweitens, woran machst Du es fest, ob jemand den Verlust bemerkt? Gleichgültig wie viel oder wenig jemand besitzt, es gibt ihm nicht das Recht zum Diebstahl. Sicher mag ein Adliger wesentlich mehr haben als Du, aber vielleicht hast Du etwas gestohlen, dass ihm viel bedeutet? Manche Dinge mögen viel wert sein und der Verlust schmerzt nicht. Manche Dinge sind kaum etwas wert, haben aber einen persönlichen Wert, den niemand ersetzen kann. Was wenn man Dir etwas derartiges nehmen würde? Zudem hättest Du ins Armenhaus gehen können, für die Verköstigung. Auf der Straße hausieren, dass muss niemand. Das Antoine ist entweder pure Unwissenheit oder freiwillig gewähltes Schicksal. Erstes kann und muss man verzeihen und korrigieren. Letzteres kann man nicht dulden. Landstreicherei muss hart bestraft werden. Denn man verweigert sich nur einem Armenhaus, wenn man nicht bereit ist, sich an Regeln zu halten, sich Regeln zu beugen und auch für seinen Lebensunterhalt etwas zu leisten. Jeder der hier etwas beitragen möchte, sei die Arbeit noch so nieder, wird hier auch satt. Ich spreche nicht davon Reichtümer anzuhäufen, sondern Deine tägliche Mahlzeit auf dem Teller zu haben. Nur davon. Verhungern muss niemand, der gewillt zur Leistung ist. Und wer gewillt ist, sein Leben ehrlich zu führen, wird in der Not zum Armenhaus gehen oder zum Lehnsherrn. Also Antoine, es macht einen himmelweiten Unterschied ob Du gestohlen hast und vor allem was. Hättest Du in der Küche eine gebratene Gans gestohlen, wird das völlig anderes gewertet, als wenn Du eine Kristallvase stiehlst. Verstehst Du das?«, erklärte Gil eindringlich.


    Antoine
    »Ja, das verstehe ich«, antwortete Antoine. »Aber waren Sie mal in einem Armenhaus? Wissen Sie, wie es da zugeht? Ich kenne viele, die lieber hungern und im Winter draußen übernachten, als dort. Da sind ein Haufen stinkender, übellauniger Besoffener, die dir das letzte Bisschen nehmen oder rübergerückt kommen und man kann kein Auge zutun. Schlafen Sie da mal nur eine Nacht und ich weiß, Sie werden Nein sagen. Die ganzen Gründe, die dagegen sprechen, gehen auch mir durch den Kopf. Es ist eklig, es stinkt, es ist eng, es ist gefährlich. Ich verstehe, dass Sie nur ihre Arbeit machen und nicht mit mir diskutieren wollen. Ich wollte Ihnen das nur mal sagen. Das ist nicht so einfach, wie Sie es darstellen. Und ich wusste nicht, dass man einfach einen Lehnsherren fragen kann. Die Adligen gucken nicht gerade freundlich und meistens geben die Armen mehr, wenn man bettelt, als die Reichen. Im Gegenteil, die wimmeln einen ab, wenn man sie um ein paar Kupferlinge anbettelt, schicken ihre Gardisten und die jagen einen fort. Drum kommt man da doch nicht auf die Idee.«


    Gilbert Jardine
    »Ich höre zu und ich versuche jenen zu helfen, die nicht kriminell sind. Denn genau dass ist die Aufgabe eines Büttels, die Rechschaffenen vor den Kriminellen zu bewahren. Wir sind die letzte Bastion am unteren Ende zwischen den Ehrlichen und dem Dreck. Und mit Dreck meine ich ganz gewiss nicht arme Menschen. Arm sein ist keine Schande. Das hat sich niemand ausgesucht. Es gibt sogar Adlige die verarmen und dann zu ihrem höheren Lehnsherrn gehen müssen. Solange Du bettelst, kann Dich jeder wegschicken. Aber wenn Du um Hilfe bittest, darf Dich kein Lehnsherr abweisen. Er kann es natürlich tun. Aber sollte sich Dein Chevalier-Lehnsherr so verhalten, könntest Du zum Comte gehen und davon berichten. Gut, welcher kleine Mann weiß dies und falls er es weiß, wer wagt es? Denn Du gehörst dann noch immer jenem Chevalier, der sich für das Anschwärzen irgendwann bedankt. Zu Deiner Erkläuterung der Armenhäuser. Ja leider geht es dort so zu. Die Frage die Du Dir stellen musst, ist warum. Das ist ja keine Regel die an der Tür ausgegeben wird. Jeder der dort übernachtet, den anderen bestiehlt, angeht oder angreift, trägt selbst dazu bei. Wieso gibt es kein Miteinander, keinen Zusammenhalt unter den Armen? Wieso ist es ein Gegeneinander? Fragt man sich zwangsläufig. Sicher kannst Du aufführen, hungere mal, dann weißt Du warum. Jeder kämpft um das letzte Stück Brot. Auch das verstehe ich. Aber in der Gemeinschaft würdet Ihr Schutz finden, so zerstört Ihr das bisschen selbst was ihr noch habt. Und wenn es Dich dermaßen stört, warum änderst Du es nicht? Du bist jung, wirkst nicht schwächlich, also wenn Du sowas mitbekommst, warum schweigst Du? Dort seid Ihr alle gleich. Wenn alle schweigen Antoine, dann wird sich nie etwas ändern. Wenn Du vielleicht einmal den Mund aufmachst und nur ein weiterer Bettler darüber nachdenkt, warum er gerade dem anderen grundlos das Leben schwer machte, hast Du vielleicht mehr erreicht als Du glaubst. Und dafür stehen unter anderem Büttel. Wir sind keine bezahlten Schläger, die ihren Unmut am Bettler auslassen. Aber auch Büttel sind Menschen, so kann es auch vorkommen, dass wenn man hundert mal vom selben Bettler geärgert wird, er es auf schmerzhafte Weise lernen muss, sich zu benehmen. Also ist im Grunde ein Rad und dreht sich weiter. Das Du verstehst, was ich Dir erkläre freut mich. Aber Du hast trotzdem geschickt versucht meine Frage nicht zu beantworten«, erklärte Gil.


    Antoine
    »Es gibt Zusammenhalt, sogar großen. Aber immer nur zwischen zwei oder drei Leuten, vielleicht auch mal vier oder fünf. Aber man bleibt nicht immer am selben Ort, Leute verschwinden plötzlich, weil sie weitergezogen oder umgekommen sind. Es wird immer wieder auseinandergerissen. Wenn man gemeinsam unterwegs ist, natürlich passt man aufeinander auf. Muss man, weil manche Leute einen angreifen nur dafür, dass man ein Landstreicher ist. Und man geht nicht in ein Armenhaus, wenn man allein ist, sondern immer zusammen, sonst ist es zu gefährlich. Man passt da schon aufeinander auf. Aber man will auch seine Ruhe haben und ist erschöpft. Wenn alle nur ihre Ruhe wöllten, ja klar, dann wäre es gut. Aber so ist es nicht. Irgendwer pöbelt immer, will was klauen oder ist einfach besoffen. Ich bin wehrhaft, aber will ich mich wehren, wenn ich eigentlich schlafen will? Es ist, wie sie das sagen, das ist ein Rad, das sich immer weiter dreht. Meist führt es in den Abgrund. Aber schauen Sie, ich gehöre zu den ganz wenigen, die kaum Trinken und keine Drogen nehmen. Das müssen Sie mir doch zugutehalten und gebadet bin ich im Sommer auch immer. Und sich so ein bisschen Würde zu bewahren ist nicht einfach, besonders im Winter, weil Schnaps gut wärmt und einen besser schlafen lässt trotz der Kälte. Auch bekommt man es manchmal geschenkt und will man immer ein Geschenk ausschlagen? Verstehen Sie? Trotzdem bin ich keiner von denen, die an irgendwas hängen geblieben sind und ich kenn da echt nicht viele. Also Sie meinen, ich brauch nur zu den Duponts gehen? Und was mach ich dann? Was soll ich denen sagen? Chevalier de Dupont, ich bin Landstreicher?« Antoine zuckte resigniert mit den Schultern. »Und jetzt werden mir auch noch die Hände abgehackt.«


    Gilbert Jardine
    »Dass Du einer ihrer Landsmänner bist, dass Du in Not bist und dass Du um ihren Schutz und um Hilfe bittest. Und genau dass müssten sie Dir gewähren. Du bist ihr Mann, ein Stück ihres Landes, ihr Schutzbefohlener, einer ihrer Herde. Wenn sie so nachlässig mit ihrem Gut umgehen, sollten sie überlegen was sie tun. Jedem Herr ist dran gelegen, dass es seinen Leuten gut geht. Denn geht es ihnen gut, geht es dem Land gut und er fährt gute Erträge ein. Damit geht es allen auf der Scholle gut. Kümmert er sich nicht, gibt es Landstreicher und Diebstähle, dann werden auch die arbeitenden Leute unzufrieden, fühlen sich nicht mehr sicher. Schlimmstenfalls muss ein anderer Lehnsherr einschreiten und dort für Ruhe sorgen. Würde das wie eine Grippe um sich greifen, dann müsste der Duc für Ruhe sorgen indem die Unruheherde ausgemerzt werden. Folglich ist es seine Pflicht schon einem einzigen Mann zu helfen, als kleiner Lehnsherr. So leicht kann man Frieden bewahren, indem man etwas gibt. Das hat nichts mit Almosen zu tun. Er soll Dir eine Arbeit geben, Verköstigung, einen Schlafplatz und Kleidung. Sagen wir, er hätte Dich bei sich am Hof untergebracht, auf einem Bauernhof oder ähnlichem. Ab dato hast Du Arbeit, Essen, Kleidung und keinen Grund kriminell zu werden. Wenn es Dir um Deinen Lebensunterhalt geht. Davon reden wir hier gerade. Nicht von jenen die Leute überfallen um sich zu bereichern. Die gibt es leider immer und die sind meist sogar nicht gerade arm Antoine. Du bekommst gar nichts abgehackt. Ihr findet Euch also in Grüppchen zusammen, nun das ist auch eine Lösung. Aber keine die dauerhaft wirkt oder? Tja wer kann jemandem verdenken sich am Schnaps zu wärmen, wenn er sonst nichts hat? Niemand, aber auch da muss ich wieder aufs Armenhaus verweisen. Und damit schließt sich dann der Kreis. Denn diese Person möchte aus den von Dir genannten Gründen dort nicht übernachten und wählt genau deshalb den Schnaps. Freiheit und Unfreiheit in einem, seltsam und traurig zugleich. Also hast Du gestohlen? Wenn Du Hilfe möchtest, antworte und antworte ehrlich«.


    Antoine
    Antoine seufzte und es war ein Geräusch der Erleichterung, weil er von den vorhandenen Wunden abgesehen unversehrt blieb und tiefster Resignation gleichermaßen. Er trank noch etwas Wasser. »Können Sie mir denn überhaupt helfen? Wie würde Ihre Hilfe aussehen?«


    Gilbert Jardine
    »Fürsprache, aber dafür muss ich wissen ob Du gestohlen hast, oder nicht. Und wenn Du gestohlen hast, was es wahr. Dann reden wir weiter«, schmunzelte Gil.


    Antoine
    Antoine grinste schief und feixte kurz. Er war, wie die meisten Landstreicher, niemand, der mit seinen Gefühlen hinter dem Berg hielt. »Sie machen das ganz schön geschickt. Jetzt muss ich aber wieder fragen, was Ihre Fürsprache denn für einen Unterschied macht vom Strafmaß her?«


    Gilbert Jardine
    »Das kann ich Dir ehrlich gesagt nicht beantworten. Aber es wird einen Unterschied machen, ob ich sage, ich halte ihn für umerziehbar, er ist ein Guter der nur Hunger hatte und Arm ist, oder ob ich nichts sage. Oder ob ich sagen muss Du bist krimineller Abschaum. Das wird schon etwas bewirken, denke ich«, grinste Gil.


    Antoine
    »Haben Sie den keine Erfahrungswerte? Klar haben Sie die. Macht Ihr Wort einen Unterschied, ich meine, Boldi wird auch seine Meinung vortragen und der hat mehr zu melden als Sie, oder? Ich will das hier echt nicht, ich will eigentlich nur hier weg und es Ihnen nicht schwer machen, aber Sie machen es mir auch nicht grad leicht, auch wenn Sie ein netter Büttel sind.«


    Gilbert Jardine
    »Danke, nun ich denke Boldi wird auch einen Bericht geschrieben haben. Und letztendlich wird der Duc über Dich entscheiden, da Du in sein Zuhause eingedrungen bist. Er könnte genausogut unsere Berichte zerreißen und sagen, Block. Oder er sieht Dich, hört Dich an und lässt Dich frei. Dazwischen ist alles möglich, aber wie jeder weiß, ist er ein gerechter und meist milder Mann, was seine Landsleute angeht. Du bist doch kein Fremdländer oder? Ich meine Du hast dahingehend hoffentlich nicht gelogen«, mahnte Gil.


    Antoine
    Antoine stöhnte gequält und rieb sich über das Gesicht. »Ich will gar nicht wissen, was der in seinen Bericht alles reingeschrieben hat, der hasst mich! Kann ich Sie nicht irgendwie bestechen, also das heißt dazu überreden, für mich zu sprechen? Ich hab nicht viel, aber das würde ich ihnen geben! Oder ich besorg ihnen, was Sie wollen oder ich arbeite es ab! Nein, ich bin kein Fremdländer, außer wenn meine Eltern Fremdländer waren.«


    Gilbert Jardine
    »Abarbeiten ist ein schönes Stichwort, den Rest des Angebotes habe ich akustisch nicht verstanden Antoine. Es lohnt sich auch für Dich garantiert nicht, diesen Satz zu wiederholen. Aber bleiben wir beim Thema Arbeit, welche Arbeit möchtest Du gerne annehmen?«, hakte Gil neugierig nach.


    Antoine
    »Hab ich mir schon gedacht, der letzte Büttel wollte da auch nicht mit sich reden lassen und der davor auch nicht. Entweder das stimmt überhaupt nicht, dass ihr alle korrupt seid, oder ich mach was falsch. Vielleicht sieht man mir an, dass es sich eh nicht lohnen würde.« Er grinste müde. »Ich kann nicht viel, aber ich bin stark und schnell. Ich kann auch gut klettern und schleichen. Und ich bin nett, wie sie ja sehen. Aber ich kann auch stinkig werden. Mehr kann ich nicht. Und ich sehe gut aus.« Er grinste etwas breiter.


    Gilbert Jardine
    »Nein....«, sagte Gil ganz langsam und extrem gedehnt, »wir sind nicht alle korrupt. Vielleicht mag es der eine oder andere Büttel sein, aber kein Mann wird Büttel wegen dem Verdienst. Sonst könnte er diesen Job nicht machen! Nun Du könntest einer von uns werden, eine Zeitlang um zu sehen wovon Du da überhaupt sprichst. Als Hilfskraft. Dein Aussehen interessiert keinen, echt nicht«, gab Gil zurück.


    Antoine
    »Echt? Sie würden mir so eine Arbeit besorgen? Hab ich Ihr Wort? Was springt für mich dabei raus, also wie viel verdiene ich? Ich hab ja auch gar nicht gesagt, dass Sie alle korrupt sind, das sagen andere, es ist nur ein Gerücht, ich hab`s nur mal ausprobiert, ob da was dran ist.«


    Gilbert Jardine
    Als ungelernte Arbeiter zum Beispiel als Tagelöhner, Knecht, Lehrling, Knappe, Stallbursche, Schankmagd, Waschfrau, Leichtmatrosin verdient man pro Tag oder einige Stunden dauerndem Auftrag 1 bis 6 Kupferlinge. Nicht mehr. Das Existenzminimum kannst Du mit einem Kupferling pro Tag und Person bewerten, dass ist der Wert von zwei Schalen Roggengrütze oder Bohnensuppe und ein Schlafplatz in der Scheune. Sprich das was Du zahlen würdest, wenn Du Dein Minimum selbst decken würdest, was sonst Dein Herr aufbringt. Je fähiger Du bist oder wirst, je höher steigt auch Dein Lohn. Aber als ungelernter fängst Du sehr klein an. Du hast mein Wort, wenn Du freigesprochen wirst, ansonsten würde Dir meine Zusage auch nichts nützen. Gerüchte gibt es viele, auch über Bettler und Landsteicher, würde ich dem glauben, dürfte ich nicht mal mit Dir reden oder? Irgendwo ist an jedem Gerücht ein Körnchen Wahrheit, weil es eine Person aus dem Bereich gab, die sich genau so verhielt. Aber darüber müssen wir uns jetzt keine Gedanken machen, sondern ich warte immer noch auf Deine Antwort Antoine«, sagte Gil.


    Antoine
    »Sie vergessen auch gar nichts. Jetzt bin ich aber in einer Zwickmühle«, maulte Antoine. »Weil angenommen, ich hätte wirklich was geklaut. Und es draußen versteckt, um es später abzuholen ... dann könnte ich das Ihnen jetzt nicht mehr sagen. Weil dann bin ich ein Dieb und kann nicht bei einem Büttel als Hilfskraft arbeiten und werde vermutlich auch so noch viel härter bestraft, als wenn ich nur im Palast mal gucken gewesen wäre.«


    Gilbert Jardine
    »Ja es sei denn Du hast dort einen Rinderbraten versteckt... gut den würde ich nun nicht mehr abholen und mir ins Gesicht drücken, dass könnte böse enden. Jedenfalls Verdauungstechnisch. Also spuck es aus, vielleicht höre ich nicht gut, falls es zu schlimm ist«, bot Gil an.


    Antoine
    Antoine drehte den Becher in seinen Fingern und blickte betreten sein verzerrtes, wackelndes Spiegelbild auf der Wasseroberfläche an. »Na schön«, schnaufte er. »Ehe die Leibgardisten wieder anrücken müssen ... es war so eine Diamantrose oder Glasrose.«



    Gilbert Jardine
    »Das ist nicht gerade etwas, dass man in der Kategorie »fällt nicht weiter auf« ablegen könnte. Eine Rose hat meist eine andere Bedeutung die ich Dir sicher nicht erläutern muss. Und das sie vermisst wird, ist selbstverständlich. Also Du warst geständig. Wo befindet sich das Diebesgut?«, hakte Gilbert nach
    .
    Antoine
    »Ich hab die Rose bei den Lagerhallen versteckt, als absehbar war, dass ich nicht davonkomme. Dann ist sie wirklich aus Diamant? Mann, hätte ich bloß nichts gesagt.«


    Gilbert Jardine
    »Das weiß ich nicht Antoine, vermutlich aus Glas oder Kristall. Aber eines wissen wir beide, es war vermutlich ein Liebesgeschenk. Und selbst wenn sie aus Diamant ist, möchtest Du dafür den Kopf verlieren? Ist sie das wert? Ich denke nicht. Gut wo genau hast Du die Rose versteckt, wir werden sie zurückholen und abgeben«, sagte Gil.


    Antoine
    »Kennen Sie sich da aus? Also da ist die gepflasterte Hauptstraße, die zu der Fuhrwerksstation führt. Dort ist ein Ladekran. Die Winde davon ist im oberen Stück hol. Da liegt immer Laub drin und dort hab ich sie reingesteckt.«


    Gilbert Jardine
    »Gut, wir beide werden die Rose abholen. Ich hoffe Du hast nicht gelogen. Und bitte, keine Fluchtversuche oder dergleichen Antoine. Du bist schnell zu Fuß, aber mein Hund Lex ist schneller. Also wirst Du mich brav begleiten, die Rose zurück bringen und dann sehen wir weiter. Du warst bis jetzt einsichtig und geständig. Versaue es Dir nicht. Sonst kommt es am Ende noch so, wie Du es nicht wolltest. Vielleicht schaffst Du es zurück auf den guten Weg, mit etwas gutem Willen sollte dass möglich sein. Und Deinen guten Willen zeigst Du damit auch dem Duc«, erkärte Gil.


    Antoine
    »Ich mach keinen Fluchtversuch. Legen wir die Rose einfach wieder zurück oder wolle Sie das da mit aufschreiben?« Er nickte in Richtung von Gilberts Unterlagen.


    Gilbert Jardine
    »Wir können die Rose nicht einfach zurücklegen. Was wäre, wenn wir genau dabei erwischt werden? Dann hätten wir Dir garantiert keinen Gefallen getan. Und ich gehe davon aus, dass dies hier der Anfang wird, endlich ehrlich zu werden. Fangen wir also direkt damit an. Du wirst die Rose dem Duc aushändigen, bei Deinem Verhör oder bei Deiner Verurteilung. Ich lasse Dir Sachen aushändigen und dann gehen wir los«, sagte Gil.


    Antoine
    »In Ordnung«, sagte Antoine und schloss kurz die Augen, schluckte und trank den Rest seines Glases aus, weil seine Kehle plötzlich so trocken zu sein schien. »So machen wir das. Ich mach nix Falsches. Ich bin sehr dankbar, echt, weil das müssen Sie nicht machen, Sie sind echt ein guter Mann, wirklich.« Antoine war zutiefst gerührt, so menschlich behandelt worden zu sein, nachdem man ihn erst derart gequält hatte. »Ich nutz die Chance und ich werd mein Bestes geben. Ich hab nur die eine Chance noch und ich war so lange auf der Straße. Irgendwann reicht es, ich werd auch nicht jünger.«


    Gilbert Jardine
    »Das wird keiner von uns, aber schön dass Du es so siehst«, antwortete Gil und ging zur Tür. Er sprach kurz mit dem Gardisten draußen und der Mann kam zurück, der Antoine zuerst in den Verhörraum geführt hatte. Er löste die Fesseln und zerrte ihn auf die Beine. Danach verpasste er ihm einen Stoß Richtung Ausgang. Vor der Tür mussten sie noch einen Moment warten, bis eine der Dienerinnen Antoine einfache Kleidung aushändigte. Es war ein schlichtes Hemd und eine Hose. Die würden fürs erste ausreichen, wenn sie unterwegs waren. Immerhin sollte er sich nicht noch als Flitzer schuldig machen. Gil wartete ab bis Antoine sich angezogen hatte, dann führte er ihn nach oben, wo Lex auf ihn wartete. »Nun denn, auf gehts«, sagte er zu Antoine.


    Antoine
    Antoine stolperte, als er in den Rücken gestoßen wurde. »Diese Leibgardisten stecken alle unter der selben Decke«, murrte er leise. »Einer hasst mich und jetzt hassen die mich alle, obwohl ich denen nie was getan habe.« Er zog sich an und freute sich, saubere, nicht stinkende und nicht zerrissene Kleider tragen zu können. »Soll ich vorgehen, ja? Oder wollen Sie Ihr Handschellendingsda mitnehmen?«


    Gilbert Jardine
    »Wir gehen gemeinsam und ich benötige die Handschellen der Gardisten nicht, ich habe eigene. So siehst Du wenigstens wieder vernünftig aus. Na komm. Sie halten zusammen Antoine, was hast Du erwartet? Dass sie sich bei Dir für den nächtlichen Dauerlauf bedanken?«, fragte Gil grinsend.


    Antoine
    »Die können ja zusammenhalten, aber müssen die deswegen immer alle die selbe Meinung haben? Und immerhin werden sie dafür bezahlt, dass sie ein bisschen rumgelaufen sind. Also ich finde, die übertreiben, echt.« Er zeigte Gilbert den Weg, aber sie kamen nur langsam voran, weil Antoine nur winzige Schritte gehen konnte. So dauerte es, ehe sie die Verladestation bei den Lagerhallen erreichten. »Was dürfen die Gardisten eigentlich alles? Dürfen die einen Gefangenen foltern?«


    Gilbert Jardine
    »Die Leibgardisten des Ducs dürfen alles um ihren Herrn zu beschützen. Also im Grunde ja, sie dürfen alles. Sie müssen für ihr Handeln nur den passenden Grund finden und schon ist fast jede Handlung legitim. Es sei denn sie betrifft jemanden, der einer anderen Obrigkeit untersteht. Dies wäre nur bei Leibeigenen der Fall. Also wenn die Gardisten jetzt den Leibeigenen von Comte xyz bewusst foltern, ohne dass ein Grund vorlag. Dann könnte der Comte Aufklärung verlangen. Aber behaupten die Gardisten, der Leibeigene hat durch seine Handlungen den Duc bedroht oder seine Sicherheit gefährdet, dann wird es schon schwierig. Normal sind sie eben dafür da, den Duc samt Familie zu beschützen und dafür haben sie weitreichende Freiheiten. Wo diese enden, tja. Und wenn es nötig sein sollte, an dringende Informationen zu kommen ist sogar Folter unter Umständen legitim. Stell Dir vor, ein Prince wurde entführt. Eine Person weiß wo er ist, schweigt aber. Was ist nun wichtiger? Das diese Person die es weiß nicht gefoltert wird? Dann stirbt der Prince vielleicht. Oder lässt man die Folter zu, erhält die Information und rettet den Prince? Folglich ist Folter bei Gefahr im Verzug oder bei Gefahr auf Leib und Leben erlaubt. Nicht nur bei der Leibgarde, generell bei der Garde oder bei den Bütteln. Es gilt bei uns der Opferschutz, kein Täterschutz. Der Täter hat sein Recht auf Unversehrtheit in dem Moment verwirkt, wo er zum Täter wurde. Kooperiert er nicht, wird die Staatsgewalt genau das anwenden was der Name verspricht. Gewalt. Folglich ja, sie dürfen foltern«, erklärte Gil freundlich.


    Antoine
    »Hm, war ja klar, dann finden die jetzt in Zukunft ziemlich viele Gründe, warum ich den Duc bedroht hätte. Die werden mir das Leben zum Abgrund machen oder mich umbringen«, murrte er und zeigte auf den Verladekran. »Da ist das Versteck.«


    Gilbert Jardine
    »Na noch bist Du nicht gefoltert oder ermordet worden. Hol die Rose raus, worauf wartest Du denn? Du wirst auch sprechen dürfen, davon gehe ich aus. Hast Du einen von ihnen angegriffen?«, fragte Gil vorsichtshalber nach.


    Antoine
    »Nein, ich bin nur abgehauen. Jetzt muss ich da aber hochklettern.« Der Kran wurde mit einem Seilzugsystem bedient und in einem horizontalen Zahnrad war von oben Laub hineingefallen. Antoine stieg einen Schritt nach oben und griff hinein, wühlte. Wühlte hektischer. Er kletterte ganz hinauf und warf das Laub heraus. »Sie war hier«, rief er gehetzt, »genau hier drin!« Es war kein Laub mehr darin, auch keine Glasrose, nur eine Art große Schraube. »Das gibt es doch nicht, ich schwöre, sie war genau in dem Loch!«


    Gilbert Jardine
    »Na die Schraube wirst Du kaum aus dem Palast gestohlen haben. Komm runter, wir gehen zurück. Also war dort die Rose? Falls nicht und sie ist woanders, sage es gleich Antoine. Für Spielchen dieser Art bin ich zu alt. Es geht um Deinen Kopf, nicht um meinen«, erinnerte Gil, während Lex Antoine musterte.


    Antoine
    Antoine kletterte wieder herunter und rieb sich verzweifelt die Haare. »Ich will Sie nicht verarschen, ich will ja die Arbeit haben! Ich hätte Ihnen doch sonst gar nicht gesagt, dass ich das Ding überhaupt mitgenommen habe!«


    Gilbert Jardine
    »Doch um zu wissen wie wertvoll es ist, die anderen hätten es Dir kaum gesagt«, hielt Gil dagegen. »Also sie war dort und ist nun weg. Entweder hat sie Ainuwar geholt, Du hast gelogen oder es war einer der Gardisten und der hat Dir ein schönes stinkendes Ei gelegt«, grinste Gil.


    Antoine
    Antoine sog scharf die Luft ein. »Na klar, das kann sein, die haben bestimmt gesehen, dass ich hier was versteckt habe! Was mach ich denn jetzt?« Ängstlich betrachtete er den Hund, der von der wachsenden Nervosität des Gefangenen scheinbar bereits unruhig würde. »Der ist gut erzogen, ja? Der beißt nicht einfach so?«


    Gilbert Jardine
    »Doch wenn er mich beschützen muss, beißt er einfach so. Ansonsten wenn ich ihm den Befehl erteile. Lass uns zurückgehen, ich werde mit den Gardisten reden. Na komm, es bringt ja nichts in ein leeres Versteck zu starren«, sagte Gil.


    Antoine
    Aufgelöst begleitete Antoine den Büttel zurück zum Palast.


    Gilbert Jardine
    Gilbert führte Antoine zurück zum Palast. »Am besten sagst Du wie es gewesen ist. Ich werde schauen, wann Du Deine Verhandlung hast«, erklärt Gil Antoine und ging mit ihm gemeinsam zu Boldi. »Hier ist der Gefangene wieder. Wann steht seine Verhandlung an?«, fragte er freundlich.


    Boldiszàr
    Boldiszàr ignorierte Antoine vollständig und blickte nur Gilbert an. »Übermorgen, er ist gleich früh der Erste.« Er war wenig begeistert, dass man dem Kerl saubere Kleidung ausgehändigt hatte, anstatt ihm seine alten Lumpen zu geben.


    Gilbert Jardine
    »Gut dann bin ich übermorgen früh wieder hier. Ich führe ihn zurück in seine Zelle«, sagte Gil und nahm Antoine mit sich. »Möchtest Du mir noch etwas sagen?«, hakte er nach und schaute sich dabei Antoine ganz genau an. Er hatte kein gutes Gefühl ihn hier noch einige Tage zurück zu lassen. Vermutlich würde er einen bedauerlichen Unfall erleiden. Das sagte ihm sein Instinkt und der hatte ihn noch nie betrogen.


    Antoine
    »Ja! Ich hab die Rose genau da versteckt, genau in dem Loch! Und noch was! Ich würde mich nie erhängen oder so was. Falls ich an meiner Unterhose an den Gitterstäben aufgehängt tot gefunden werde, dann waren die das! Ich mach so was nicht, ich mag mein Leben und ich will hier raus! Können Sie denen nicht sagen, dass ich fast schon so was wie Ihr Kollege bin?«


    Gilbert Jardine
    »Ich glaube Dir, dass Du Dich nie an Deiner Unterhose aufhängen würdest Antoine, Du hast keine an«, grinste Gilbert. »Dass wäre dann schon eine weitere Frage wert, woher die Unterhose kommt. Es sei denn Du hast sie einem Gardisten gestohlen«, erklärte Gilbert und führte Antoine zurück in den Palast und durch die Flure.


    Antoine
    »Sie haben Nerven«, ächzte Antoine. »Das war nur ein blödes Beispiel.«


    Gilbert Jardine
    »Ja die habe ich gerade wirklich...«, stimmte Gilbert Antoine zu und schob ihn vor den Thronsaal. »Wir bitten um eine Audienz«, sagte er zu dem wachhabenden Gardisten.


    Patrice de Vertcuis
    Patrice, der gerade Dienst als Wache des Thronsaals hatte, nickte kurz und trat ein. Er ging zum Thron und kniete in gebührendem Abstand nieder. »Majestät, ein Büttel bittet mit einem Gefangenen im Schlepptau um eine Audienz.«


    Maximilien Rivenet de Souvagne
    »Gestattet, bestelle sie herein, wir werden sie empfangen«, antwortete Maximilien freundlich.


    Patrice de Vertcuis
    Patrice verneigte sich und ging rückwärts wieder hinaus. Bei der Tür richtete er sich wieder auf. »Seine Majestät gewährt euch die Audienz«, antworte er. »Ihr dürft eintreten.«


    (Fortsetzung folgt)

    (Einige Wochen davor)


    Sie jagten ihn seit Stunden. Die Hitze des Tages war gewichen und nun war es Nacht. Er trug den Sommer auf der Haut, barfuß, in kurzen Lumpen und mit braungebrannter Haut, die sein helles Haar leuchten ließ. Er verbrachte fast den gesamten Tag unter freiem Himmel, schlug sich mit kleinen Diebstählen und Betteln durch. Dafür, dass er auf der Straße lebte, war er gut in Form, denn wer gut aussah, hatte es leichter, sich die eine oder andere Mahlzeit ausgeben zu lassen oder sonstige Geschenke zu erhalten. Dahingehend ging es ihm seit zweieinhalb Jahrzehnten ganz gut. Doch die Nacht warf schwarze Schatten und die Sommerhitze wich der Kälte der Sterne und der beiden Monde.
    Antoine hatte schon das eine oder andere Mal am öffentlichen Pranger gestanden, doch heute war er zu weit gegangen. Die Leibgarde des Großherzogs Höchstselbst war ihm auf den Fersen. Er glaubte nicht, dass er noch lange genug durchhalten würde, um den nächsten Sonnenaufgang in Freiheit zu erleben. Warum sie ihn so erbittert jagten, wusste Antoine nicht. Der feuchte Staub von herabgebröckeltem Putz verklebte seine Zehen, als er durch das verlassene Industriegebiet rannte. Lagerhallen und schweres Gerät zum Verladen dominierten das Viertel. Bei Nacht war hier nichts los, die Arbeiter waren nur am Tage zugegen. Es gab hier entsprechend kaum Licht, dem er ausweichen musste, von dem der beiden Vollmonde abgesehen.
    Zwölf Mann waren es, die an seinen Fersen klebten, in enge schwarze Kleidung gehüllt, von einer leichten, ebenfalls schwarzen Rüstung geschützt, die Gesichter von Visierhelmen verdeckt. Antoine hatte nicht damit gerechnet, dass sie ihm derart weit vom Palast weg folgen würden. Er war davon ausgegangen, dass sie bald umkehren und die Büttel der Stadtwache informieren würden, so dass er ein Zeitfenster erhielt. Stattdessen jagten sie ihn gnadenlos wie ein Rudel ausgehungerter Raubtiere einen einsamen Hirsch. Schnelligkeit war immer sein Freund gewesen, doch die Leibgardisten waren ausdauernd wie Wölfe und genau so gerissen. Sie schienen seine Fluchtroute vorherzusehen und hatten sich aufgeteilt, um ihm alle Wege abzuschneiden. Vier waren unmittelbar hinter ihm. Sie zeigten sich offen, gaben sich keine Mühe, in Deckung zu gehen, waren immer gerade weit genug weg, als dass er die Hoffnung nicht ganz verlor, sie vielleicht doch noch abzuhängen und weiter rannte, anstatt aufzugeben. Er wusste, dass sie ihn erschöpfen wollten. Er wusste es und war doch machtlos dagegen.
    Antoine kletterte eine verrostete Eisenleiter hoch und rannte über ein Laufgitter, das um das Gebäude herumführte. Seine Fußsohlen waren steinhart von Hornhaut und das Eisen störte ihn so wenig wie zuvor der scharfkantige Schutt. Die Leibgardisten legten die behelmten Köpfe in den Nacken und sahen ihm nach. Sie teilten sich erneut auf, zwei folgten ihm hinauf und zwei rannten unter dem Gitter entlang.
    Antoines Füße hämmerten auf dem Eisen, Rost rieselte hinab. Er konnte nicht mehr rennen, er schleppte sich nur noch vorwärts. Die Leibgardisten waren besser trainiert, agierten wie ein Mann, der sich in mehreren Körpern befand. Sie waren ein perfekt eingespielter Trupp von Elitekämpfern und sie hatten ihn bald. Was dann geschehen würde, wusste er nicht. In Anbetracht dessen, dass er im Anwesen des Ducs herumgeschlichen war, auf der Suche nach lohnenswertem Diebesgut, wurden ihm vielleicht die Hände abgehackt. Immerhin war er ins Heiligtum der Krone eingedrungen, das war noch etwas anderes, als auf dem Markt ein paar Würstchen zu entwenden oder bei einer einsamen Dame im Gegenzug für Schmeicheleien Geld zu leihen, dass er niemals zurückzahlte.
    Weil er nicht wusste, wo er sonst hin ausweichen sollte, kletterte hinauf er auf das Flachdach. Und dort standen drei Männer in Schwarz. Antoine konnte in seinen Gedanken regelrecht ihr gehässiges Grinsen hinter den Visieren sehen. In selbstsicherer Manier schlenderten sie auf ihn zu. Er blickte unter sich die Leiter hinab. Dort standen zwei weitere Gardisten und warteten. Sie kamen nicht hinterhergeklettert, sondern blickten nur hinauf. Er war gefangen, hing zwischen Himmel und Erde auf den rostigen Metallstreben, die nur wackelig mit der Wand verbunden waren.
    Er war kein Leichtgewicht, sondern war groß und stand gut im Futter. Jetzt im Sommer besonders, wo es überall in den Vorgärten Früchte zu holen gab und Vogelnester, die man plündern konnte. Er hielt die Leiter fest umklammert und ruckte mit dem ganzen Körper nach hinten, ein Mal, zwei Mal. Beim dritten Mal riss sie aus der Verankerung und kippte mit ihr über die eiserne Brüstung hinweg nach hinten. Der Horizont kippte ebenfalls. Antoine löste seine Füße und hielt sich nur noch mit den Händen fest, während er samt Leiter fiel. Die Leiter wurde immer weiter aus der Wand gerissen, die Schrauben lösten sich aus der Wand und flogen wie Geschosse durch die Luft. Fluchend gingen die Leibgardisten in Deckung.
    Etliche Meter über dem Boden traf sich die Leiter mit dem Geländer, das Eisen bog sich kreischend durch. Antoine ließ los und fiel die letzten Meter. Der Stoß des Aufpralls breitete sich in seine Beine aus und schien in seinen Knien zu explodieren. Er stürzte und rappelte sich langsam wieder auf, zu langsam.
    Ein Tritt in den Rücken schickte ihn wieder zu Boden. Erschrocken fuhr er herum. Die Vier Gardisten, die ihn gehetzt hatten, zogen ihren Kreis enger, die drei vom Dach seilten sich gerade ab. Antoine kam auf Hände und Knie und kassierte einen Schlag ins Gesicht. Sein Kopf flog herum, erneut landete er im Dreck. Diesmal blieb er liegen, in der Hoffnung, weiteren Misshandlungen zu entgehen.
    »Ich ergebe mich«, keuchte er. »Aufhören!« Er hob im Liegen die Hände. Eine gepanzerte Stiefelspitze wurde von hinten zwischen seine Beine gerammt und Antoine quollen die Augen aus den Höhlen. Er kotzte einen Schluck Magensäure aus. Seine Arme wurden auf seinen Rücken verdreht und fest miteinander verschnürt.
    »Aufstehen!« Die Gardisten traten ihn in die Seite, bis er mit tränennassem Gesicht auf die Füße kam. Wacklig blieb er stehen. Einer der Gardisten hatte sich vor ihm aufgebaut. Der Körperhaltung nach musste er sich zusammenreißen, den Dieb nicht an Ort und Stelle zu einem blutigen Klumpen zu verarbeiten. Antoine konnte sich nicht erklären, warum die Typen ihn dermaßen auf dem Kieker hatten, nur weil er in den Palast eingedrungen war! Er war nur ein lausiger Kleinkrimineller auf der Suche nach etwas Handlichem, das er mitgehen lassen konnte und jagten ihn wie einen Serienmörder.
    »Es tut mir leid«, ächzte er. »Ich wollte keinem etwas Böses, ich wollte nur irgendwas klauen. Ich bin von der Straße.«
    »Es war klar, dass du so geendet bist«, schnauzte der Leibgardist. »Hinterfotzigkeit war schon immer deine bevorzugte Art. Du hast in deinem Leben nie etwas zustande gebracht, hast dich deinen Problemen nie gestellt, sondern versucht, sie zu umgehen. Der leichte Weg, das ist dein Weg.«
    Antoine starrte den Leibgardisten mit offenem Mund an. Das Visier war wie eine schwarze Maske aus Eisen mit Luftschlitzen. »Wer seid Ihr? Kennen wir uns?«
    »Du wirst mich noch kennenlernen«, schnauzte der Mann. »Bringt die Drecksau ins Verlies B.«
    Antoine strengte sein Gedächtnis an, aber er konnte sich beim besten Willen nicht an die Stimme erinnern oder daran, irgendeinen Leibgardisten persönlich zu kennen. Vielleicht kannte er ihn aus einer Taverne? Sie führten den humpelnden und vor Schmerzen stöhnenden Mann zurück zum Palast und warfen ihn dort in einen unterirdischen Kerker. Sie zogen ihn aus und durchsuchten alle Körperöffnungen. Dabei gingen sie gründlicher vor, alses nach Antoines Meinung hätte sein müssen. Sie wechselten sich damit sogar ab und kontrollierten alles mehrmals. Panik stieg ihn ihm auf, als er merkte, in welche Richtung das Ganze sich entwickelte. Sie rückten von allen Seiten enger an ihn heran.
    »Leute, ich bin nur ein kleiner Dieb von der Straße«, beschwor er sie. »Ich habe nie irgendwem etwas getan! Nur ein paar Kleinigkeiten geklaut!«
    »Lüge, Toni. Ganz böse Lüge«, knurrte der Leibgardist, der gerade mit den Fingern seinen Hintern spreizte und dabei gar nicht sanft vorging.
    »Woher kennt Ihr meinen Namen? Hört auf damit!«, ächzte er.
    Der Kerl stand auf, packte ihn am Genick und presste ihn an die Wand. »Beine auseinander«, befahl er. Antoine rückte die Füße ein winziges Stück auseinander.
    Einer der umstehenden Leibgardisten, der bisher an der Wand gelehnt und zugeschaut hatte, trat nun herzu. Der Statur nach war es derjenige, der Antoine gestellt hatte und vermutlich der Anführer der Einheit. Er war nicht sehr groß, dafür bullig. Er öffnete den Verschluss unter seinem Kinn und nahm den Helm ab. Antoine traf fast der Schlag. Der Kerl hatte eine dicke rosa Narbe vom Mundwinkel bis fast zum Ohr. Wenn er ihn nicht an der Knollnase, den eisblauen Augen und den schwarzen, mittlerweile angegrauten Haaren erkannt hätte, dann an dieser Narbe, die er selbst ihm einst verpasst hatte.
    »Hör mal, Boldi...«, begann Antoine versöhnlich.
    »Gönn dir deinen Spaß, Robby«, sagte der zu dem Gardisten, der hinter Antoine stand, ohne auf den Gefangenen einzugehen. War das denn die Möglichkeit, der auch hier?! Wie viel Pech konnte man haben!
    Der Rest der Truppe stand um sie herum und riss einen blöden Spruch nach dem anderen. Robere machte sich rücksichtslos an Antoine zu schaffen, so wie er ihn schon während ihrer Kindheit gequält hatte. Nur, dass seine Grausamkeit nun, da sie erwachsen waren, jene aus ihrer Kindheit um ein Vielfaches übertraf. Boldiszàr verfolgte das Schauspiel mit ausdruckslosem Gesicht. Er selbst machte sich die Finger nicht schmutzig. Er tat jedoch auch nichts, um seinen Vollstrecker auszubremsen, sondern ließ ihm und den anderen, die mitspielen wollten, freie Hand. Als nacktes Häuflein Elend sank Antoine schließlich in der Zelle zusammen.
    Als die Leibgardisten endlich das Interesse an ihrem Spielzeug verloren und von ihm abließen, unterhielten sie sich über den morgigen Dienstplan. Antoine lag wie ein benutztes, zusammengeknülltes und weggeworfenes Taschentuch zwischen ihnen auf dem Boden. Stiefel traten über ihn Hinweg und die Eisentür wurde verschlossen. Antoine kroch in eine Ecke und versuchte, Speichel und die anderen Flüssigkeiten an der Wand abzuwischen. Eingerollt und in der Kälte des Verlieses frierend wartete er auf sein Verhör und seine Verurteilung. Die Hoffnung, dass er hier lebend rauskommen würde, hatte er sich aus dem Kopf geschlagen.