Beiträge von Indutiomarus von Hohenfelde

    Blut und Blessuren


    Hatte ihn Indu nicht vor den anderen gewarnt? Schwere Beute war dennoch... Beute. Mürrisch hockte Nico oben im Turm, von dem sein Widersacher nicht den Zugang gefunden hatte. Wie auch? Die Magie von Indu und Ditzlin verbarg dass, was für fremde Augen nicht bestimmt war. Und jene von Ditzlin schuf eine Mauer. Mauern konnten schützen oder einschließen. Nun manche Mauern taten beides.


    Nico nahm vorsichtig den Stofflappen weg und betrachtete seinen rechten Unterarm, der vom Ellenbogen an der Länge nach aufgeschlitzt worden war. Schmerzen.... Eine klaffende Wunde verursachte grausame Schmerzen, etwas das seine Mahlzeiten kennengelernt hatten, bevor sie seinen Hunger stillten. Für ihn selbst war dies eine ganz neue Erfahrung. Eine auf die er gerne verzichtet hätte, aber sie war notwendig gewesen, um sein Weltbild gerade zu rücken.


    Erste Lehrregel die er nun vollständig begriff und nicht nur Worte aus dem Munde seines Vaters waren, ein Opfer das sich wie keines verhielt, war auch keines!


    Richtig, dieses Opfer hatte sich nicht wie eines verhalten, es hatte weder gezittert, noch gebettelt, noch war es irgendwie zu beeindrucken gewesen. Nun doch... für einen Sekundenbruchteil stand Unglauben in den Augen dieses Blutbeutels. Aber was nützte das? Er wusste er war schnell, schneller als die meisten die ihn umgaben und so taten als könnten sie ihm etwas beibringen. Er wusste er war ein Kind und hatte noch so viel zu lernen. All das was ihm sein Vater geschenkt hatte, war ein Buch... nein eine Bibliothek an Wissen... und er hatte nicht einmal das erste Buch aufgeschlagen um die erste Seite zu lesen!


    Er war ein kleiner, arroganter Schnösel, der sich in Papas Schutz sonnte und meinte die Welt zu kennen. Er kannte seine Welt mehr nicht und diese bestand auf Vaters Turm. Nicodemus war wütend, unsagbar wütend. Aber nicht auf seinen Bruder den er so gerne ausgetrunken und ausgeweidet hätte. Auch nicht auf seinen Vater, seine Wut galt allein ihm selbst. Warum war er ständig in letzter Zeit so jähzornig und bockig? Er konnte es sich selbst nicht erklären.


    Doch der Schnitt heute hatte wie eine Buchhalternase einen Schnitt unter diese Billanz gerissen. Der andere in seiner Schulter war nicht der Rede wert. Bestenfalls ein Schmiss der sich bereits wieder schloss.


    Die Tür ging und fiel scheppernd ins Schloss, so das Nico fast augenblicklich senkrecht im Bett saß. Indu war mit wenigen Schritten bei ihn, ergriff ihn am Arm und zerrte ihn auf die Füße. Ein Zischen versteckte sein Wimmern, so fest umfasste sein Vater den lädierten Arm.


    "Was beim Abgrund ist das?", fragte Indutiomarus mit einer Stimme schärfer als geschliffener Stahl.

    "Ein Schnitt...", antwortete Nicodemus kleinlaut.


    Die bleichen Augen seines Vaters verfinsterten sich und für einen Atemzug bekam Nico einen Eindruck davon, wie Indu wohl wütend aussehen musste. Aber so schnell wie das Unwetter über dieses Anlitz gezogen war, verschwand es wieder.


    "Das weiß ich Nico.... wer hat das getan? Besser gefragt... wo hat er es getan? Wo warst Du?", hakte Indu mit milder Miene nach. Er liebte dieses Kind, aber leicht war es nicht ein Kind zu erziehen. Insgeheim fragte er sich, wie das andere Väter hinbekamen, was er nun hinbekommen musste. Der Erzhexer ließ den Arm seines Sohnes los und untersuchte die Wunde behutsam.

    "Unten... ich habe unten im Fuße des Turmes Geräusche gehört... jemand war dort.... warm, Blut auf Beinen...

    Einer meiner Brüder dem Geruch nach. Er kämpfte besessen, mit einem Dolch und er war verdammt schnell... angstlos... mörderisch...


    Ich hatte solchen Hunger Indu... ", erklärte Nicodemus schuldbewusst.

    "Nico wir alle haben hier ständig Hunger.... es gibt nicht mehr genug für jeden von uns... deshalb die Kriege... Ich werde das Problem lösen... ich löse es...", antwortete der Erzhexer Indutiomarus seinem Sohn und küsste ihn auf die Stirn.


    Er rief mental nach einem der Heiler und der nächsten Mahlzeit, beides in einer Person.

    Blut


    Ein seltsames Knirschen erfüllte den Raum, ein Geräusch das Indutiomarus nicht direkt zuordnen konnte. Die Nacht war aufgezogen und hatte sein Gemach in völlige Finsternis gehüllt. Nicht das dies den Erzhexer jemals gestört hätte. Die Finsternis war sein Reich, der Mantel der alles verdeckte und ihn schützend umarmte. Der das verbarg, was anderen zu sehen nicht gestattet war.


    Der bleiche Blick des uralten Magiers wanderte nach oben. Mit einem lauten, dumpfen Krachen knallte eine Leiche neben Indu auf den Boden. Die schwarzen langen Haare fielen ihm über die Schultern, als er den Toten betrachtete. Die Kehle des Mannes war zerfetzt und sein Körper war übersäht von Schnitten, die ihm mächtige Klauen zugefügt hatten. Ein Toter war im Hause Hohenfelde kein ungewöhnlicher Anblick. Dieser Tote jedoch war anders, er war bleich und völlig blutleer.


    Das einzige Geräusch war das kurze Seufzen von Indutiomarus als er erneut den Blick hob. Hoch oben auf dem schmalen Geländer dass zum Dach führte, hockte Nicodemus im Schatten wie eine überdimensionale Katze. Seine schwarzen Krallen waren in das Holz gegraben, sein reißzahnstarrender Mund triefte vor Blut. Mit dunklem, brennendem Blick starrte Nicodemus zu seinem Vater herab. Indutiomarus nahm eine bequemere Haltung ein und erwiderte den Blick ohne mit der Wimper zu zucken.


    Er sah wie das Leben zurück in die Augen von Nico sickerte und das Raubsüchtige aus ihnen verschwand. Mit einer Hand wischte sich Nicodemus über das Gesicht, um das letzte Blut aufzufangen und aus der Handfläche zu lecken.


    "Komm herunter Nico. Dambur Jenbruck war nicht als Speise gedacht.... nun sei es drum, was nützt ein Lehrer, der sich überrumpeln lässt... Komm her Nico", sagte Indutiomarus leise.


    Nico stellte bewusst für einen Moment die Ohren auf Durchzug und porkelte mit einer seiner Krallen zwischen seinen Zähnen, ehe er gewillt schien dem Ruf seines Vaters zu folgen. Gemächlich kletterte er zu Indutiomarus herab und schaute zu seinem Vater auf. Indu betrachtete seinen Sohn wohlwollend. Nicodemus hatte die weichen, sanften Gesichtszüge von Ditzlin, die Indutiomarus so liebte. Die spitzen Ohren hatte er von ihm. Indu nahm die Hände von Nico in seine und drehte sie mit den Handflächen nach oben und betrachtete sie eingehend.


    "Was hast Du empfunden... als Du Dambur getötet hast...?", fragte Indutio ohne jede Anklage in der Stimme.

    "Hunger", antwortete Nicodemus und schloss seine kräftigen Hände um die seines Vaters.


    "Hunger.... ja Hunger Nico...", antwortete Indutiomarus und küsste seinen Sohn auf die Stirn, der ihm fast bis zur Schulter reichte.




    ****

    Indutiomarus grinste ein Haifischgrinsen.

    "Das ist eine gute... sogar eine hochinteressante Frage... davon ausgehend alle Drei würden es ernst meinen, dem Thron entsagen und nie wieder das Haus Hohenfelde betreten? Sie würden dem Namen ebenso völlig entsagen? So lange ich auf dem Thron sitze... dürften sie ziehen.


    Würden sie zurückkehren würde ich sie eigenhändig töten....

    Mein Vater und dessen Vater hätten anders gehandelt...

    Aber ich bin weder der eine, noch der andere...


    Aber sagen wir sie gehen, ehrlich... sie halten sich an den Pakt, sie dürfen gehen.

    Da alle drei fort wären, wäre es an der Zeit einen neuen Sohn zu zeugen... einen der den Thron besteigen wird...", antwortete Indutiomarus.


    Für einen winzigen Augenblick dachte er gut gelaunt und voller Liebe an Nico der oben im Turm schlief, oder wer weiß was anstellte und an seinen Mann Ditzlin. Dieser Sohn war längst gezeugt... und es war an ihm, das Haus nach seinen Wünschen und Bedürfnissen umzuformen. Er selbst trug zu schwere und zu alte Ketten...


    "Aber Dalibor dass wird nicht geschehen. Arbogast war genau das bereit zu opfern, was er so sehnlich zu schützen gedenkt... sein Leben. Dunwolf oder auch Leopoldius würde niemals ihr Leben in meine Hände legen... Arbogast hat es mit dieser Bitte getan...


    Zuvor hat dies keines meiner Kinder getan Dalibor...


    Dafür legte Dunwolf sein Leben in die Hand von Poldius und er behütete es...

    Ganz so grausam wie alle behaupten sind wir nicht... nicht immer... nicht jeder von uns...


    Aber vielleicht spielt Poldi auch nur mit Dunwolf, wie eine Katze mit einer gefangenen Maus... wer weiß?

    Du hast Schneid Dalibor... pass auf Dich auf... nur weil Arbogast geht und ich ihn ziehen lasse, heißt dass nicht dass seine Brüder es auch so sehen... Du verstehst? Geh mit meinem Segen Prinz des Hauses Eibenberg...", erklärte Indu schlicht wie freundlich.

    "Damit ist der Pakt geschlossen. Ihr habt meine Zustimmung. Eine Investition? Die Sichtweise gefällt mir... Weise Worte Dalibor, doch weise Worte eines jungen Geistes... Solange es Personen gibt, die für Euch das Schwert ergreifen, könnt Ihr den Rechenschieber nutzen. Aber schaut Euch um... und dann beantwortet Euch selbst die Frage... wie viele Generationen wird Eure "Rechnung" noch aufgehen?


    Vielleicht habe ich nur zu vieles sterben sehen, als dass ich die Welt mit Euren Augen betrachten kann...

    Nur zu fragt, was immer Ihr fragen möchtet", bot Indutiomarus an.

    Indutiomarus biss ein Stück von dem Trockenfleisch ab, das Geräusch erinnerte an eine Schere aufgrund der messerscharfen Zähne. Nachdenklich kaute der Erzhexer, während sein Gast seine Beweggründe offenbarte. Arbogast hatte seinen Antrag Dalibor gegenüber aufrichtig gemeint. Die Botschaft die Dalibor kristallklar herausgelesen hatte lautete, Arbogast wollte leben...


    Eine aufrichtigere Bitte konnte es wohl kaum geben. Aber wollten sie das nicht alle? Weshalb dachte Arbogast führten sie diese endlosen und leidigen Kriege? Aus Freude? Jeder konnte auf dem Schlachtfeld als Verlierer zurückbleiben, dass musste auch Arbogast klar sein. Jeder Erzhexer wusste darum. Sie alle häuften Macht an, in der Hoffnung derart mächtig und abschreckend zu werden, dass niemand es wagte sie anzugreifen.


    Doch am Ende waren sie es oft selbst, die gezwungen waren ein anderes Haus anzugreifen und es zu schleifen. Manche mochten daran Freude haben, andere Ehre darin sehen, aber letztendlich war es nur eines... der Wunsch zu leben. Denn starb ein anderes Haus, überlebte damit das eigene. Man nahm sich, was man zum Leben ja zum Überleben auf dieser Insel benötigte. Es war das Gesetz der Natur, die Regel von Jäger und Beute. Wer nicht fraß, wurde gefressen...


    Das Ende spitzte sich so langsam zu... der Teich war leergefischt und zurückgeblieben waren die größten, gefährlichsten und mächtigsten Messerfische. Fische die selbst die Wasserwarane und andere Räuber nicht fürchteten, die gefürchtet wurden. Die selbst ein Aschegritzrar im Wasser zerfleischten. Aber auch ihr Bestreben war nur eines... Leben, Überleben...


    Indutiomarus lehnte sich langsam zurück und sein Gesicht wurde etwas vom Schatten des Ohrensessels verborgen. Nachdenklich faltete er die Finger und dachte über die offenen Worte von Dalibor nach. Möglicherweise wirkte dies unhöflich, aber er hatte eine Macht und ein Alter erreicht, wo man auf Höflichkeiten und derartige Dinge keinen Wert mehr legen musste. Falls doch, tat er es aus freien Stücken heraus.


    "Offene Worte Prinz Dalibor aus dem Hause Eibenberg... selten dass man in diesen Mauern derart ehrliche Worte vernimmt. Ihr erwartet folglich eine gleichwertige Antwort und ich bin gewillt sie Euch zu geben.


    So manch einer meiner Vorfahren hätte das was mein ältester Sohn getan hat, als Verachtung oder Herausforderung betrachtet...

    Möglicherweise sogar als Beleidigung oder Kränkung... aber ist es das?

    Nein... es ist weder das eine noch das andere Dalibor... es ist dass was Ihr sagtet... eine aufrichtige Bitte.


    Jene Bitte galt aber nicht nur Euch, auch wenn sie Euch vorgetragen wurde, diese Bitte galt ebenso uns... Unser Sohn erbittet... Gnade...

    Etwas das in diesem Hause üblicherweise nicht gewährt wird... erbeten wurde sie oft Dalibor. Stumm flehend, vor Schmerzen schreiend, oder in völliger Verzweiflung murmelnd...


    Viele Männer taten dies Dalibor, Männer von denen Du es niemals erwartet hättest...

    Gnade, Erlösung, Befreiung, dass war das Bestreben von ihnen... die meisten erlebten sie nicht, wie erhofft...

    Oder besser gesagt, sie erlebten sie gar nicht, denn die Freiheit lag im Ableben. Meist durch die Hand der Brüder oder des Vaters...

    Oft auch durch die eigene, wenn alles Leid an Maß überschritten hatte, dass für andere nicht vorstellbar ist...


    Derartiges Leid habe ich nie über meine Söhne gebracht... weder über die jetzigen Drei... noch jene Trios davor... wisse dies Dalibor...

    Du sprachst von Freundlichkeit... diese Offenbarung ist tatsächliche Freundlichkeit... ein Entgegenkommen...


    Ich werde Dir erläutern worum es geht, auch wenn Du es nicht verstehen musst...

    Betrachte diese Insel Prinz, wir Großhäuser sind vermutlich der letzte Akt dieses Theaterstücks. Wir alle wollen leben und wir alle sind Raubtiere. Um zu leben haben wir alle gejagt, getötet und gefressen. Jetzt sind nur noch Großräuber unterwegs in deren Kielwasser die kleinen Aasfresser mitschwimmen. Du siehst, Arbogast ist nicht allein mit seinem Wunsch...


    So manch einer mag Kriege führen, weil es ihm danach gelüstet... den meisten jedoch gelüstet es danach zu überleben. Macht und Magie anhäufend, die einen Angriff allein schon abwehrt. Würde ein kleines Haus Euch angreifen? Nein. Würdet Ihr es angreifen? Willentlich? Möglicherweise nicht... sollten Euch aber die Vorräte ausgehen Dalibor... dann werdet auch Ihr zum Schwert greifen, anstatt zur Feder. Ihr werdet um Euer Überleben kämpfen und Ihr werdet andere dafür töten...


    Ich bin kein Mann des Krieges... aber ich bin ein Hohenfelde... meine persönlichen Interessen liegen nicht darin Kriege zu führen, aber ich führe sie. Mir liegt persönlich nichts daran meine Söhne zu töten, aber ich töte sie. Mir lag auch nichts daran meinen Vater zu töten, aber ich tötete ihn. Weshalb? Weil auch ich leben möchte Dalibor...


    Meine Söhne, gleich wie sie heißen fallen, wenn sie nicht gewillt sind den Thron zu besteigen. Um ihn zu besteigen müssen sie der Tradition folgen. Der Thron Dalibor ist ein einziger Sitzplatz, also müssen zwei Brüder weichen und ein Vater...


    Und hier kommst Du... und bittest um die Hand und das Leben von Arbogast...

    Weichen heißt er muss als Hohenfelde aus der Erbfolge völlig verschwinden... sterben... sterben muss er nicht... nicht in meinen Augen...

    Seine Bitte beinhaltet etwas, dass mir persönlich nach einem sehr langen Leben gewährt wurde Dalibor. Etwas womit ich für mich nicht gerechnet hätte...


    Folglich bietet ich Dir... und ihm... einen Handel an...

    Da er nicht mehr zu unserem Hause gehört, gibt es keine Mitgift. Allerdings gewähre ich ihm, sein persönliches Hab und Gut zu behalten. Möge er daraus seine Mitgift begleichen.


    Arbogast geht mit meiner Erlaubnis... er verlässt dieses Haus, er legt den Namen Hohenfelde ab, er entsagt dem Thron und der Erbfolge völlig. Er kehrt niemals zurück... er ist ab Eurer Vermählung ein Eibenberg und so hat er sich zu verhalten... Dann werde ich ihn als solchen akzeptieren. Er ist ein freier Mann...

    Kehrt er jedoch zurück und greift er in das Spiel ein... kehrt er ins Spiel zurück.... er weiß was damit gemeint ist... werde ich ihn persönlich richten....

    Es ist eine einmalige Chance Dalibor... etwas dass ich mir vor langer Zeit selbst gewünscht hätte...


    Deine Antwort Dalibor... mit Zustimmung des Pakts, gehört Arbogasts Leben Dir... Entscheidest Du Dich dagegen, kann er jederzeit nach Hohenfelde zurückkehren... zu den bekannten Bedingungen. Schutz wird es für ihn hier nicht geben...


    Was ist er Dalibor? Untersteht Arbogast Dir als Dein Mann als Eibenberg oder bleibt er ein Hohenfelde?
    Wähle Dalibor... die Entscheidung überlasse ich Dir... Arbogast von....?",
    antwortete Indutiomarus mit nicht zu deutendem Ton, vielleicht wenn man ganz genau hinhörte, schwang ein Ton Schwermut mit.

    Während sich Indutiomarus sichtlich gut gelaunt zurücklehnte, wurde Warthstein im hinteren Bereich des Thronsaals fast so bleich wie der Erzhexer.


    "Gleich von wo aus man mich erdolchen würde, diese Person wäre ein Idiot... aber nicht mehr sehr lange. Welch angenehme Überraschung... ich grüße Euch ebenso Prinz Dalibor von Eibenberg....", gab der Fürst zurück und lehnte sich nach vorne, um Dal noch genauer zu betrachten.


    "Unser Sohn Arbogast hielt um Eure Hand an... erstaunlich... das er uns davon nichts berichtete... etwas ungezogen... aber sei es drum. Euch verbindet was Dalibor? Ihr gedenkt sein Werben zu erhören? Weshalb steht er dann nicht an Eurer Seite? Oder ist es so, dass Ihr bei mir vorsprecht, während Arbogast bei Eurem Vater zu Gast ist?", hakte Indutiomarus nach und stand auf, zeitgleich ging jeder im Thronsaal auf die Knie.


    Indu warf einen Blick über seine Gefolgschaft, ehe er Dalibor anblickte.


    "Die Antwort gebt Ihr mir in privater Runde in meinem Lesezimmer. Betrachtet Euch als Gast... der Familie... sozusagen, als Verwandten", erklärte der alte Hexer erstaunlich umgänglich und gab den Weg vor.


    Warthstein eilte vorneweg, sah zu dass er den Fürsten überholte und lief vor um ihnen die Türen zu öffnen. Dalibor blickte während der Führung auf Indutiomarus Rücken. Die langen, schwarzen Haare reichten ihm weit über die Taille. Das Alter des Erzhexers war nicht zu schätzen. Hochgewachsen war er, wie die meisten Hohenfelde und dünn. Noch dünner als Arbogast. Dalibor erhielt durch die Position eine gute Aussicht auf jenen Mann, der die Geschicke des Hauses Hohenfelde lenkte und er sah, wovon die meisten nur hinter vorgehaltener Hand schwatzten, er sah die langen, spitzen Ohren des Erzhexers.


    Der Weg führte tief in die Feste hinein, sie passierten einige schwere Türen, aber Dal merkte auch, dass es in diesem Bereich wohnlicher wurde. Selbstredend hatte diese Familie eine andere Form von wohnlich, aber hier war der Boden nicht mehr blanker Stein, sondern schwerer Teppich. Ihre Schritte waren nicht zu hören und die magischen Feuer schienen in besonderer Form. Einige waren geschwungene Schnörkel, andere sahen aus wie Schriftzeichen.


    Vor einer magisch gesicherten Tür blieben sie stehen und der Erzhexer berührte sie kurz. Ein Blick über die Schulter genügte und Caspar blieb mit gesenktem Haupt zurück. Indutiomarus machte erneut eine einladende Geste, gab aber dennoch die Führung in den Raum. Damit demonstrierte er, dass hinter der Tür keine Falle lauerte.


    Dal betrat nach Indutiomarus den Raum und stand schlagartig in einem Gemach, indem es sich wohlfühlen ließ. Der Boden war nicht nur mit Teppich belegt, nein es lagen verschiedene Teppiche aus, die eine angenehme Isolierung gegen die Kälte bildeten. Die Wände waren bis zur Decke mit dunklen Bücherregalen gefüllt und dennoch stapelten sich einige Bücher auf einem Tisch.


    Schwere Ohrensessel standen um einen Tisch und Indutiomarus machte es sich in einem dieser Sessel gemütlich. Dal hörte das im Kamin ein Feuer knisterte und zusätzlich Wärme spendete. Der ganze Raum strahlte entgegen aller Vorstellung die man über die Feste Hohenfelde hatte Behaglichkeit aus.


    "Nehmt Platz und erzählt mir in aller Ruhe von Eurem Vorhaben. Ihr möchtet also meinen ältesten Sohn ehelichen.... Er hielt um Eure Hand an. Weshalb? Sprich Weshalb hielt er um Eure Hand an und wieso möchtet Ihr ihn ehelichen? Sprecht offen... ", sagte Indutiomarus und nahm sich einige dunkle Streifen aus einer Schale. Er schob sie in die Mitte des Tisches, um Dal dazu einzuladen.


    Indutiomarus gefiel die Idee, auch wenn er ganz andere Beweggründe hatte der Ehe zuzustimmen. Aber bevor er eine entgültige Entscheidung traf, wollte er die Beweggründe von Dalibor und Arbogast erfahren. Sollten ihm die Fakten nicht schmecken, würde die Entscheidung anders ausfallen. Gemütlich in den Sessel geschmiegt wartete er auf Dalibors Antwort.

    Die Bitte wurde mit Verwunderung in der Feste zur Kenntnis genommen. Wie ein Lauffeuer verbreitete sich die Kunde hinter vorgehaltener Hand, dass ein Gast nach einer Audienz verlangt hatte und zwar beim Erzhexer höchstpersönlich. Und jene Audienz bekam der Gast auch, Indutiomarus war sehr vieles unter anderem war er neugierig. Den verstaubten und vermummten Gast führte eine Eskorte in eines der Gästezimmer. Ein junger Magier blieb bei ihm zurück, während sich die Wachen scheinbar vorerst verabschiedeten.


    "Eure Bitte wurde an den Erzhexer herangetragen und er hat dieser entsprochen. Möchtet Ihr Euch vorher frisch machen, oder gedenkt Ihr in derartiger Aufmachung vor den Fürsten dieses Hauses zu treten?", fragte Caspar von Warthstein, einem kleinen Haus dass dem der Hohenfeldes diente. Ein sehr kleines Haus, was Caspar scheinbar mit Ehrgeiz wettmachen wollte.


    Interessiert musterte er den Gast.


    "Falls Ihr eine Erfrischung wünscht, lasse ich nach einem Diener schicken, Ihr habt Euren Namen nicht erwähnt, wen genau darf ich dem Erzhexer melden?", fragte er geschmeidig wie eine kleine Baumnatter die es sich zur Angewohnheit gemacht hatte, zwischen gigantischen Würgeschlangen zu leben und dort ihr Auskommen zu finden.


    Einen Augenblick später verharrte der Magier und schüttelte leicht den Kopf.

    "Folgt mir bitte, der Erzhexer verlangt umgehend nach Euch", erklärte Caspar der ein klein wenig enttäuscht darüber war, persönlich nichts in Erfahrung gebracht zu haben.


    Dalibor verließ gemeinsam mit Warthstein das Gästegemach und wurde durch die finstere Feste geführt. Selbst von innen wirkte das Bauwerk wuchtig, massiv, abweisend und zum Teil bedrohlich. Scheinbar war sie aus Granit oder Basalt erbaut worden, denn die Farbe der Steine war genauso trostlos wie die Welt vor den Mauern. Sobald sie an Bewohnern von Hohenfelde vorbei liefen, schauten sich diese nach ihnen um.


    Scheinbar war seine Ankunft bereits in aller Munde. Der Weg war weit, aber nicht so finster wie es zuerst den Anschein gehabt hatte. Magische Feuer erhellten mit blauen Flammen den Weg und warfen tanzende Schatten an die Wände. Vor einer gewaltigen Doppeltür blieb Caspar stehen. Leise sprach er mit einer der beiden Wachen, die knapp nickte. Die Tür wurde geöffnet und gemeinsam mit seinem Führer betrat Dalibor den Thronsaal der Feste Hohenfelde.


    Dal spürte, dass es seinem Führer nun etwas mulmig wurde. Der Weg zum Thron hin, war mit Menschen gesäumt, die alle die gleiche Ausstrahlung hatten wie das Gemäuer. Einem Spießrutenlauf gleich, hielt Warthstein den Blick nach vorne gerichtet, allerdings gesenkt, denn dort saß sein Fürst auf dem Thron und schaute ihnen mit bleichem Gesicht entgegen.


    Caspar blieb im gebührlichen Abstand zum Thron stehen und verneigte sich tief, so tief dass sein langes Haar dabei die Bodenfliesen berührte.


    "Mein Fürst, ich führe den Gast in Euren Thronsaal der dringend eine Audienz bei Euch verlangt hat. Sein Name und Begehr ist mir nicht bekannt, verzeiht", sagte Warthstein ergeben und zog sich dann so schnell zurück, als hätte ihn jemand an einem Seil aus dem Thronsaal zurückgerissen.


    Indutiomarus schenkte dem jungen Magier nur einen winzigen Augenblick Beachtung, ehe sich sein Blick auf den Gast heftete.

    "Ein vermummter Gast... ich hoffe doch kein... gedungener... Mörder?", schmunzelte Indutiomarus und machte eine einladende Handgeste.

    Enthüllte Verhüllungen


    Der Morgen graute und hüllte das Land in ein nasses, klammes und matschiges Schweigen. Indutiomarus stand am Fenster seines Turms und blickte auf das Land hinab. Grau. Mit diesem einen Wort ließ sich im Grunde die ganze Insel und ihr Leben beschreiben. Alles auf Asa Karane war grau. Der Himmel, die Erde, die Berge, die toten Wälder, die Festungen und ihre Bewohner.


    Grau...


    Indutiomarus drehte sich um und betrachtete Nicodemus, welcher neben der Feuerschale ruhte und langsam wach wurde. Selbst Nico war grau, aber seine Gedanken waren es nicht. Niemals hatte er in seinem Leben Leid erfahren und wenn es nach Indutiomarus ging, dann sollte es auch so bleiben. Doch diese Insel verlangte von jedem ihren Preis.


    Nicodemus streckte sich wie eine Katze und gab dabei ein Geräusch von sich, dass verdächtig nach einem Schnurren klang. Der schwere Pelzmantel rutschte dabei von seinem schlanken, sehnigen Körper. Mit dem breiten Handrücken wischte sich Nico über die schläfrigen Augen und setzte sich auf. Mit leuchtendem Blick schaute er seinem Vater entgegen, was Indutiomarus gerührt lächeln ließ. Seine Zähne waren ebenso scharf wie die seines Sohnes, nur war Nico mit den Atributen eines Jägers auf die Welt gekommen.


    Der Erzhexer schritt an seinem Sohn vorbei und strich ihm dabei durch das Haar. Für einen kurzen Augenblick verließ er das Schlafzimmer. Es dauerte nicht lange, dann kehrte er mit der Nahrung für sein Kind zurück. Blut. Erneut gab es heißes Würzblut. Indutiomarus reichte Nicodemus den Becher. Mit beiden Händen nahm ihn der junge Mann entgegen und trank genüsslich den ersten Schluck.


    Indu setzte sich neben ihn und legte Nicodemus dabei den Mantel um die Schultern. Für einen Moment schwiegen beide einmütig und schauten in die Glut des herabgebrannten Feuers. Der Fürst des Hauses Hohenfelde rutschte ganz nah zu seinem jüngsten Sohn auf und legte ihm dabei einen Arm um die Schulter. Nico blickte von seinem Becher auf, schnupperte nach Indu und schaute in den Becher.


    Die Lippen seines Vaters kräuselten sich zu dem Lächeln, dass den meisten das Blut in den Adern gefrieren ließ.


    "Du witterst richtig mein Sohn, Du hast weitaus mehr von mir bekommen, als mein Blut.

    Es ist nicht lange her Nico, da habe ich unten im Thronsaal einen Deiner Brüder geschlagen... bevor Du fragst, er hat nichts falsch gemacht. Der Hieb war eine Machtdemonstration, ein Verweis auf seinen Platz. Aber er war noch mehr, viel mehr, dieser Hieb erfolgte zu Deinem Schutz... er war Tarnung, Verhüllung.


    Dir enthülle ich diese Verhüllung Nico, denn Du bist mein Kind, entstanden aus reinem Herzen und der Liebe von zwei Personen...

    Mehr noch, entstanden aus allem was ich zu geben habe...


    Ich bin alt Nico, sehr alt... ich habe Dinge gesehen und erlebt, die keiner sehen oder erleben sollte. Gleichfalls habe ich derartige Dinge getan. Von all meinen Taten war eine einzige völlig selbstlos... Du.


    Einst klammerte ich mich an meine Existenz, wie ein Ertrinkender an ein Stück Holz auf hoher See. Mein Dasein war stets ein Kampf... ein Überlebenskampf Nico. Und dann trat vor gar nicht allzulanger Zeit Ditzlin in mein Leben. Und von einer bloßen Existenz die ich krampfhaft mit allen Mitteln verteidigte wandelte es sich in ein tatsächliches Leben. Hier im ewigen Grau Asa Karanes fand ich Farbe, Licht, Leben und... Liebe.


    Ich war mächtig Nico, sehr mächtig... und ich sage bewusst war mein Sohn.

    Alles was ich zu geben hatte, gab ich Dir.


    Einst wollte ich zu den Ewigen aufsteigen, aber lohnt es sich eine derartige Existenz auf die Ewigkeit auszudehnen? Das habe ich mich gefragt. Nein. Aber es lohnt sich, einem so wertvollen Schatz wie Liebe Leben einzuhauchen.


    Und so schuf ich Dich, mit Liebe, Blut und Magie. Mit fast allem an Magie was ich hatte... sogar meiner eigenen Essenz Nico...

    Herangewachsen bist Du in dem Gefäß, dass ohne Ditzlins Liebe mein Seele aufgenommen hätte...

    Genährt habe ich Dich von meinem Blut...


    Sollte uns heute ein anderes Haus angreifen... es läge nicht mehr in meiner Macht uns zu verteidigen...

    Ebensowenig werde ich einst ein Ewiglicher werden Nico. Das Gefäß für meine Ewigkeit habe ich liebenden Herzens an Dich abgetreten, es wurde Deine Wiege... anstatt mein ewiger Sarg...


    Und so trägst Du all das in Dir, was ich Dir geben konnte. Meine Magie, mein Blut, meine Liebe und meinen Segen.

    Sollte mein Schaffen den Untergang dieses Hauses besiegelt haben, dann sei dem so. Aber Magie ist nicht die einzige Macht, Nico. Noch gilt mein Wort und wir haben ein Bündnis mit den Kutten.


    Doch wisse eines Nico, sollte dieses Haus fallen, verteidige es nicht mit Deinem Leben.

    Das einzige was sich hier zu retten lohnt... das bist Du.


    Geh in diesem Fall, schwing Dich auf Flarinar. Reite auf seinen Schwingen der Nacht nach Wigberg. Jenes Haus dass mir ein Leben und Liebe schenkte und einen Sohn. Bei ihnen bist Du sicher.


    Aus diesem Grund schlug ich Deinen Bruder unten im Thronsaal. Ich habe eine magsiche Macht demonstriert, die ich nicht mehr habe. Es würde eine Ewigkeit dauern sie mir wieder anzueignen. Aber auch diese Ewigkeit habe ich nicht mehr Nico... Ich gab beides auf, für Dich...".


    Die Antwort von Nicodemus war eines Hohenfelde völlig unwürdig, er umarmte seinen Vater voller Liebe und mit Tränen in den Augen.



    ****

    Die Liebe eines Vaters


    Sturm zog auf und kündete von der kalten Jahreszeit auf Asa Karane. Wind und Wellen peitschten mit unbändiger Kraft gegen das Gestein der Insel. Heulend tobten Eisschauer über das Land. Grau, wie alles war auch das Eis dass vom Himmel fiel mit Asche vermischt. Es bildete seltsame Schlieren in der Luft, die einen auch ohne Kenntnisse der Insel davor warnten, sich jetzt im Freien aufzuhalten.


    Wie messerscharfe Dolche, fielen diese kleinen harten Eisscherben vom Himmel, was es genau damit auf sich hatte, wusste niemand. Vielleicht ein Überbleibsel aus einem längst vergangenen Krieg. Möglicherweise auch eine Auswirkung dessen, was sie der Insel und sich selbst angetan hatten. Niemand wusste es so genau, aber jeder wusste instinktiv was er bei diesen Stürmen zu tun hatte.


    Wie klein und schäbig die Hütte auch war, jeder war in diesen Zeiten froh über ein Dach über dem Kopf.


    Die Hütte des Erzhexers Indutiomarus von Hohenfelde war alles andere als klein oder schäbig, aber auch die Feste von Hohenfelde musste gegen dieses Wetter gesichert werden. Alles war fest verschlossen, verrammelt und mit Magie zusätzlich geschützt. Die Insel war in der kalten Jahreszeit geneigt sich einen Teil dessen zurückzuholen, was man ihr geraubt hatte.


    Ein junger Mann saß im Schlafzimmer des Fürsten. Bleich mit schneeweißem Haar und sehr kräftigen Händen die an Pranken erinnerten. Die Krallen die sie trugen, taten ihr Übriges dazu bei. Fast wirkte er von der Größe wie ein Kind. Doch mehr kindliches als die Körpergröße hatte er nicht an sich. Er war eine kleine Ausgabe eines Erwachsenen, der fest in den dichten, schweren und extrem wertvollen Pelzmantel von Indutiomarus vor der großen Feuerschale saß und sich wärmte.


    Als der Erzhexer sein Schlafzimmer betrat, schaute der junge Mann mit einem Gesichtsausdruck auf, den man nur sehr selten in diesen Mauern sah. Nicodemus lächelte seinen Vater herzlich an. Zeitgleich bekam er von seinem Vater einen großen Becher gereicht.


    "Trink und lass es Dir schmecken. Geht es Dir besser?", erkundigte sich Indu, schlang sich eine Decke um die schmalen Schultern und setzte sich neben seinen Sohn. Er betrachtete ihn eingehend, ja er kam nach Ditzlin, ganz eindeutig.


    Nicodemus nahm einen Schluck von dem heißen Blut, dass mit Gewürzen abgeschmeckt war. Dabei schaute er in die Flammen und rutschte zu seinem Vater auf.


    "Ja vorhin war mir so schrecklich kalt, alles tat mir weh. Die Wärme hat geholfen, so wie Du gesagt hast. Bleibst Du was hier?", fragte Nico hoffnungsvoll und hielt den Becher in beiden Händen, um sich daran ebenfalls zu wärmen.


    Indutiomarus legte die Decke mit über Nicos Schultern und streckte die Füße Richtung Feuerschale aus. Gemütlich lehnte er sich an seinen Sohn und nickte.


    "Heute machen wir es uns hier gemütlich. Ich bleibe bei Dir und bald wird auch Dein Vater Ditzlin wieder Zuhause sein. Da bin ich mir ganz sicher Nico, nur bei diesem Wetter kann er nicht reisen. Das ist zu gefährlich. Der Eissturm wird bald nachlassen. Aber bis dahin bleiben wir im Turm und machen es uns im Schlafzimmer am Feuer gemütlich", antwortete Indu und gähnte müde hinter vorgehaltener Hand.

    "Indu ich bin immer im Turm", grinste Nico schelmisch und trank einen Schluck Würzblut.


    "Das bist Du aus gutem Grund. Die Feste ist für Dich nicht sicher. Wie das aus meinem Munde klingt... Dann sollte ich dafür sorgen nicht wahr? Der Turm ist der sicherste Ort der Feste. Und im Turm sind meine Privatgemächer der sicherste Ort. Deshalb lebst Du hier. Sobald Du ausgewachsen bist, wirst Du mich begleiten. Vorher möchte ich Dich sicher verwahrt wissen. Noch bist Du nicht soweit, dass Du an meiner Seite wandeln kannst Nico.


    Und selbst Personen wie ich haben Widersacher. Es gibt zig mächtige Häuser und einige Fürsten. Sie alle säßen nicht auf ihrem Thron wären sie dumm, einfältig oder schwach. Es sind mindestens gleichwertige Gegner, unterschätze sie niemals.


    Zur Zeit ist das Machtgefüge ausgeglichen, jeder weiß was er hat, keiner möchte es verlieren. Bis dato stabile Zeiten, sehr fragile... stabile Zeiten... aber stabil. Dennoch wird Kuttenthal nicht grundlos einen Pakt mit uns gegen Kaltenburg geschlossen haben....


    Nun noch muss ich Dich nicht mit der Politik und den Machtkämpfen der Häuser belästigen, jedenfalls heute nicht. Nur so viel Nico, wandelst Du an meiner Seite, haben Dich die anderen Erzhexer und jeder der sich einen Namen machen möchte im Auge. Du trittst in Erscheinung... verstehst Du?


    Ab dato hast Du Feinde und jene die Deine Gunst erringen wollen. Und manchmal Nico... sind beide kaum zu unterscheiden...


    Deshalb lebst Du hier in diesem Turm, wohlbehütet. Manchmal mag es langweilig sein, aber es ist die Eintönigkeit der Sicherheit. Eines der höchsten Geschenke dass ich Dir erweisen kann. Du und Ditzlin Ihr bedeutet mir alles, vergiss das nie...", erklärte Indutiomarus und nahm einen Schluck Blut aus Nicodemus Becher.

    "Ich werde es nie vergessen Indu... Ditzlin und ich werden es nie vergessen", antwortete Nico und schmiegte sich an.


    "Sobald Du ausgetrunken hast, mache ich Dir Dein Bett. Versuch ein bisschen zu schlafen", flüsterte Indutiomarus und küsste seinen Sohn auf die Stirn.

    "Weckst Du mich, wenn Ditzlin nach Hause kommt?", bat Nico und trankt glücklich seinen Becher aus.


    "Selbstverständlich", schmunzelte Indu.



    ****

    25.09.400 v.d.A. - Charbogen-Ergänzung:

    - Arbogast ist verzweifelt darüber, was im Thronsaal geschah


    Link:

    RE: Kapitel 10 - Im Agonarium



    Asa Karane, Buch 1, Kapitel 10, Im Agonarium


    Hände


    Indutiomarus hatte sich in seinen Turm zurückgezogen. Selbst Bertrand von Ahrenmark, die Zunge des Hauses Hohenfelde, hatte der Erzhexer heute nicht mehr sehen wollen. Das ganze Geschmeiß und Geschiss von Höflingen, Günstlingen und anderen Speichelleckern dass sich wie Madengezücht in seinem Thronsaal wand und um den Thron schlängelte, war ihm heute nur noch zuwider.


    Was alles versuchte im Kielwasser der Macht mitzuschwimmen, war unglaublich. Jeder versuchte von der Beute des Großen, einen Bissen abzubekommen. Sie waren nichts magische Aasfresser, in der Hoffnung durch eine Tat gesehen und erhoben zu werden. Sie umschwänzelten ihn, versuchten seine Gunst zu erringen und wussten nicht, wie sehr sie ihn damit abstießen.


    Indutiomarus stellte sich an das Fenster und schaute von oben herab auf die immergraue See. Erneut zog ein Sturm auf, der sich an der Feste Hohenfelde brechen würde. Wie das uralte Gemäuer, das Stürmen und Wogen von Sturmfluten trotzte, so trotzte er selbst den menschlichen und magischen Unwettern, die sich in der Festung abspielten.


    Indu schloss für einen Moment die Augen, drehte sich um und bückte sich nach seinem gewaltigen Hund. Die langen Haare fielen ihm nach vorne, als er sich zu dem riesigen Tier auf den Boden setzte. Mit einer unwirschen Bewegung wischte er sie nach hinten und kraulte den Bauch von seinem Hund. Das Tier war ihm seit Jahren treu und eine der wenigen Leben die Indutiomarus etwas bedeuteten. Er sollte ihm so langsam mal einen Namen geben, aber was Namen hatte konnte benannt werden....

    Und was benannt werden konnte....


    Indutiomarus führte den Gedanken nicht zu Ende, sondern erhob sich. Sanar eilte zu seinem Meister und reichte ihm die Krallenbewehrte Hand. Der graue Tiefling zog den Erzhexer auf die Beine und grinste sein messerscharfes Grinsen. Indutio tätschelte zuerst den Kopf des Hundes, dann des Düsterlings, ehe er sich zum Tisch wandte und ins Phylakterium schaute.


    "Geht es ihm gut?", fragte der Erzhexer mit erstaunlich sanfter Stimme, so wie er immer von Nico oder Ditzlin sprach.


    "Bestens Herr bestens! Ich habe ihn mit Zähnen und Klauen verteidigt", antwortete Sanar eifrig.


    Indu musterte den Düsterling erstaunt.


    "Gegen wen?...", hakte der Fürst misstrauisch nach.

    "Gegen jeden der es wagt sich ihm zu nähern. Heute wagte es keiner Meister. Niemand", gab Sanar zurück und betrachtete zufrieden seine scharfen Krallen.


    Für so eine trottelige Antwort, wäre so manch einer gestorben aber Sanar und sein Rudel waren etwas anderes. Düsterlinge dachten anders und sie zollten wahrer Macht und Stärke Respekt. Nico war in besten Händen, solange Sanar über ihn wachte. Natürlich hatte Indu ihren Sohn abgeschirmt. Magie wie diese musste erst einmal gebrochen werden. Und falls es tatsächlich ein anderer Erzhexer bis in den Turm zu Nico schaffte, nun dann war das letzte Bollwerk sein Hund und Sanar. Vielleicht lächerlich im Vergleich zu dem was der Angreifer bis dahin geleistet hatte, aber Sanar kannte die Fallen und er würde den Angreifer sie Nico mit sich in den Tod reißen.


    "Sanar.... heute bin ich nicht aufgelegt... für Wort oder Gedankenspiele... aber Du hast Deine Aufgabe gut erledigt. Er schläft", kaum hatte Indu die Worte ausgesprochen, schreckte Nico hoch und schaute sich witternd um.


    "Bei Euren Welpen großer Meister, wäre ich auch wütend. Sehr wütend. Wo ist der zweite Herr? Wo ist Euer Mann?", fragte Sanar und schaute ins Phylakterium.


    "Ditzlin...", sinnierte Indutiomarus.

    "Genau der Herr", stimmte Sanar zu, ohne zu merken, dass dies keine Frage gewesen war.


    Die bleichen Lippen von Indutiomarus kräuselten sich zu einem Schmunzeln. Düsterlinge hatten nicht nur scharfe Zähne und Krallen, sie hatten auch einen scharfen Verstand und sie besaßen die Gabe, ihn trotz aller Widrigkeiten aufzumuntern. Sie hatten etwas, dass er ihnen neidete, sie hatten ein Rudel. Er hingegen war einsam.


    Wobei das stimmte nicht mehr.

    Ditzlin.


    So hieß die Erlösung von der Einsamkeit. Seit er seinen Mann gefunden hatte, hatte er weder eine andere Person angefasst, geschweige denn nur an sie gedacht. Erst mit Ditzlin hatte er gelernt, was es hieß Zuneigung und Liebe zu empfinden. Was es bedeutete, neben jemanden zu liegen ohne Angst haben zu müssen. Ständiger Argwohn war sein Begleiter gewesen, ein Hohenfelde schlief mit einem offenen Auge, sonst schlief er für immer mit aufgeschlitzter Kehle.


    Ditzlin bedeutete ihm alles, er bedeutete ihm mehr, als er sich selbst. Kein guter Verlgeich, denn es gab kaum jemanden den er so wenig verstand und derart oft verabscheut hatte wie sich selbst. Schuld daran war sein Vater und er ebenso. Der eine flüsterte ihm grauenvolle Lügen ein und er...


    ....er hatte sie ihm geglaubt. Bis zu dem Tag wo er sich fast selbst verlor. Wo er nicht mehr wusste, wo seine Gedanken anfingen und die Einflüsterungen aufhörten. Wo die abgelegten Verwahrstücke seines Vaters waren oder was seine eigenen Erinnerungen entsprach. Und als der Tag der Tage kam, als sein Vater beschlossen hatte, das er nicht für die Klinge seiner Brüder taugt, aber sehr wohl als magische Munition.... da hatte er das Joch abgestreift.


    Ungelenk, plump, einfältig, aber mit einer Macht die ihnen beiden gehörte. Für eine Sekunde waren sie verbunden gewesen und er hatte die Macht von Krotorius gegen ihn gewandt. Ein ungleicher Kampf, mit ungleichen Mitteln bis Hilfe eintraf und ihm beistand....

    Nein er hatte nicht vergessen woher er kam, wie er am Pfahl Tag ein und aus in seinem eigenen Dreck hockte, geschoren wie die Sklaven die sie verheizten....


    Eine Hand die sich nach ihm ausstreckte bedeutete Schmerz.... auf allen ihm bekannten Ebenen...

    Ditzlin hatte ihn gelehrt, dass eine Hand wesentlich mehr war, als das. Das sie einen halten, trösten, streicheln und lieben konnte.


    Indu beugte sich über das Phylakterium und seine Haare fielen wie ein schwarzer Vorhang um das Gefäß mit ihrem kleinen Sohn, der zu ihm aufschaute. Sein schlohweißes Haar wirkte fast wie Daunen und stand wirr von seinem Kopf ab. Seine kleinen Ohren waren spitz, nicht so lang und schmal wie die seinen, aber sie waren eindeutig spitz. Indu schmunzelte Nicodemus an.


    Zeitgleich vermisste er seinen Mann, den er gerade jetzt dringend brauchte.

    Was hätte er für eine Umarmung von Ditzlin gegeben? Seinen Beistand? Oder auch seinen weisen Rat?


    Die Frage war, was war dort unten im Thronsaal eigentlich geschehen?

    Was hatte es zu bedeuten, dass Leopoldius Dunwolf die Hand reichte, anstatt ihn zu töten?

    Was?


    Indutiomarus griff auf seine Magie zu und zerstörte das Phylakterium ohne Nico dabei zu verletzen. Ganz behutsam nahm er ihn aus den Überresten seiner Geburtsstätte und barg ihn in beiden Händen. Das kleine Wesen rollte sich in seinen Handflächen zusammen und schmiegte sich schnurrend ein. Das musste er von Ditzlin haben....


    Hände.... Hände die behüteten...

    Und Hände die sich reichten....


    Der Mann dessen Alter nicht abzuschätzen war, legte sich in seine Schlafstätte und bettete Nicodemus auf seinen Bauch. Geschützt durch Macht und Magie und die Liebe eines Vaters, in dessen Händen sein Leben lag.


    Hände...



    ****



    22.09.400 v.d.A. - Charbogen-Ergänzung:

    - Indutiomarus greift Dunwolf im Thronsaal an

    - Leopoldius verschont seinen Bruder



    Link:

    RE: Asa Karane Kapitel 08 - Chaos in Kaltenburg



    Asa Karane, Buch 1, Kapitel 8, Chaos in Kaltenburg


    Indutiomarus machte eine wegwerfende Handbewegung und Dunwolf ging neben seinem Bruder keuchend in die Knie. Einen Augenblick herrschte Totenstille in dem Thronsaal. Alles was sie hörten waren die abgehakten Atemstöße, die eher einem Röcheln denn Atmen glichen. Ehe der Erzhexer von Dunwolf abließ und sich Leopoldius widmete.


    "Eure Absichten scheren uns nicht.... solange Ihr nicht Eurer Bestimmung folgt....


    Noch ist dies unser Haus Leopoldius... möchtest Du Absichten hegen? Dann schneide Deinem Bruder die Kehle durch...

    Stattdessen zieht Ihr in Eintracht gemeinsam los... und so kehrt Ihr auch zurück....


    Verstörend....


    Wozu Amias dienen sollte.... interessiert uns nicht... es obliegt allein uns zu entscheiden, wer hier welche Stellung und welchen Rang bekleidet.... wer nützlich und wer nutzlos ist.... wer lebt... wer stirbt... wer zum Lebenden degradiert wird...


    Wir Leopoldius nehmen uns was wir wollen, als Erzhexer.... möchtest Du Dir etwas nehmen... werde endlich einer....

    Angemerkt... ab diesem Zeitpunkt möchtest Du auch nichts mehr... Du willst... und Dein Wille ist Gesetz für alle anderen...

    Bis dato meine Brut... werdet Ihr mit unseren Entscheidungen leben müssen.... falls Ihr sie überlebt....


    Raffinesse ist nicht Eure Stärke.... vielleicht sollte Amias Euch Nachhilfe geben.... falls Ihr so nicht lernt.... wie man andere hintergeht...

    Dann vielleicht wie man würdig untergeht... nun wobei... das müsst Ihr nicht lernen... Im Keller ist es gleich wie würdig man abging...

    Du darfst Dich mit Dunwolf zurückziehen und dem fetten Fuchs... wir erwarten Euch später....


    Vorab sind Amias und Cinjamin unsere Gäste....


    Wir richten Ditzlin und Nicodemus die besten Grüße von Euch aus.... verabschiedet Euch und zwar schleunigst...", antwortete Indu wie splitternde Knochen unmissverständlich.


    Dunwolf kämpfte sich zurück auf die Beine und hielt sich den Schädel, während er seinen Bruder für einen Sekundenbruchteil hilfesuchend anstarrte.


    Indutiomarus wandte sich indes Amias zu, so als wären seine Söhne und Wittelspitz bereits gegangen.


    "Unser Begehr die Lagepläne der Feste, der Burg, samt Posten und deren Besetzung.

    Die Auflistung aller Magier und Fähigkeiten....

    Du bist dem Prinzen derart nahe gewesen.... Du bist ein Quell des Wissens....", säuselte Indutiomarus.


    Information war Währung, gleich was seine Söhne sagten, gleich was Leopoldius vorschlug, Wissen verwarf man nicht. Die Denkweise die Leopoldius vorgeschlagen hatte, war eines Hohenfeldes würdig. Aber Indu folgte hier anderen Pfaden, jenen seines Mannes. Weshalb einem Mann Wissen entreißen, wenn er es selbst offenbaren konnte? Wieso ein Buch verbrennen, anstatt es aufzubewahren und stets nachlesen zu können? Dieses Buch konnte er sogar zurück in die Bibliothek geben und es würde neues Wissen erlangen.


    Oh ja, hier war der Weg der Wigbergs viel erfolgversprechender als sein eigener. Sein Mann wäre vermutlich stolz auf seine Entscheidung, gleich wie zahnlos sie auf den ersten Blick anmuten würde. Indutiomarus wechselte kurz die Position auf dem Thron der Qualen. Niemand saß lange in der selben Haltung auf diesem Thron, Stillstand war der Tod und Herrschaft sollte niemals bequem sein, daran erinnerte der mächtigste Sitzplatz in der Feste.


    Amias noch ein Buch der sieben Siegel, vielleicht würde er sie aufschnappen lassen ohne Siegelbruch.

    Verlockend.




    Leopoldius blickte auf seinen am Boden knienden Bruder herab. Das magische Feuer ließ Leopoldius' Gesicht unnatürlich fahl wirken. Er legte Dunwolf langsam die Finger um das Kinn und hob etwas seinen Kopf, so dass Dunwolfs nackter Hals sich streckte. Sicher wäre es nun ein Leichtes gewesen, Dunwolf zu töten, um dem Mann zu gefallen, den andere Vater nannten ... ihm sanft die Klinge über die Kehle zu ziehen und einen Platz in der Thronfolge weiter nach vorn zu rutschen. Doch das Herz von Leopoldius war schwarz vor Hass. Und so tat er das, was seinen Vater am meisten ärgern würde.


    Leopoldius lächelte seinem Bruder zu und der Griff um sein Kinn blieb zärtlich. Er reichte Dunwolf die Hand und zog ihn auf die Beine, um mit ihm gemeinsam den Thronsaal zu verlassen. Ein Blick über die Schulter in Richtung Wittelspitz riet dem Fuchs, der Aufforderung von Indutiomarus besser Folge zu leisten und die Brüder nach draußen zu begleiten.


    Einen Moment lang ... nein. Der Moment war verstrichen.


    Sie standen im kaum durch das alchemistische Feuer erhellten Gang, aus dem ein kalter Hauch ihnen entgegenwehte. Die Hände lösten sich. Leopoldius ging in Richtung der Treppe.




    Dunwolf blickte seinen Bruder an, gleich welche Pläne er gehegt hatte, hier endete es. Mitten im Thronsaal vor den Augen aller, zu Füßen seines Vaters der ihn wie Dreck gefällt hatte würde er sterben. Er konnte sich kaum noch rühren, sein Geist der es sonst mit anderen Gegnern problemlos aufgenommen hatte, versagte. Die uralte Bestie auf dem Thron saß nicht umsonst dort. Sein Leben würde vergehen und das seines "Vaters" verlängern. Der Kreislauf würde ewig währen, wie "Vater".... wie Indutiomarus....


    Und in nicht ferner Zukunft würden Arbo und Leopoldius ihm folgen... in den Tod und nicht in den Nexus, denn Indu würde sicher nichts von ihnen übrig lassen. Er hasste sie vermutlich nicht einmal... er verachtete sie... wie weggeworfener Abfall lag er hier und mehr war er für seinen Vater auch nicht...


    Ein Kehlschnitt schmerzte nicht, der Schnitt war kalt, rasch und für den Bruchteil einer Sekunde fragte sich das Opfer ob überhaupt etwas geschehen war.... bis der Schnitt aufklaffte und damit der Verstand aufschrie... Dunwolf hatte es miterlebt... war mit manchen verbunden gewesen die er selbst auf jene Art getötet hatte... Neugier, krankhafte, düstere, morbide Neugier die jedem Hohenfelde innewohnte....


    Nun würde Poldi die Erfahrung machen.


    Er irrte sich... niemals zuvor hatte sich Dunwolf so geirrt. Heute war er es der eine Erfahrung machte, die in der Welt der Hohenfeldes, ja auf ganz Asa Karane extrem selten war.


    Die Erfahrung hieß Gnade.




    ****

    Indutiomarus wusste nicht ob er sich gerade vom Schicksal verscheißert fühlen sollte oder nicht. Zum Glück übernahm zum Teil den Job dann Amias von Wolkenhaim. Wobei dieser ihn mit seinen kleinen Spitzen sogar wieder aufheiterte. Möglicherweise nicht beabsichtigt, aber er verschaffte ihm kurzzeitig gute Laune. Sollte er sich die Füßchen vertreten und in Erfahrung bringen, was es zu ermitteln gab. Indutiomarus war neugierig und die ganze Aktion würde seine Söhne regelrecht zuwider sein. Was das Vorhaben noch versüßte.


    Mit wohlwollender Miene, einer Katze gleich die eine Maus zwischen den messerscharfen Fängen hatte, lächelte Indutiomarus zurück. Jeder wusste, dass ein zähnestarrendes Lächeln hier ehrlichen Herzens war. Und so ging ein erstauntes Raunen durch die Reihen.


    "Natürlich hat er gelogen.... Amias, weshalb sollte Lepoldius uns die Wahrheit sagen?

    So etwas fängt er sicher nicht an. Wobei er heute etwas sehr Sonderbares begonnen hat....

    Etwas dass vermutlich sehr bald im Keim erstickt wird....

    Solche Dummheiten rächen sich... früher oder... später...

    Meist früher... sehr früh...


    Eure Doktrien brachte Euch nicht zu Fall Amias... sondern Schwäche...

    Vielleicht wäre ein passendes Bündnis die Lösung gewesen...

    Aber wäre... hätte... wenn... vielleicht...

    All dies nützt Dir und Deinem Haus nichts mehr...


    Du kannst möglicherweise einen Bruchteil ermessen... dessen wie wir uns fühlen aber alles?...

    Nein alles bei Leibe nicht Amias... Wie könntest Du auch?...

    Geh mit meinem Wohlwollen.... allein schon deshalb, weil Du unsere Brut vergrätzt hast Amias...

    Auf bald... letzter aller Wolkenhaimer... Gast des Erzhexers Indutiomarus...", schmunzelte Indu.


    Damit war für alle klar, sollte man diesen Mann anrühren, wüssten sie wer ihnen dann als Feind die Stirn bot.


    Cinjamin schaute nervös zu Boden und hoffte, Amias würde ihn mitnehmen und an einem sicheren Ort verwahren. Irgendwo weit weg von Lepoldius, Dunwolf, Hohenfelde an sich, Asa Karane oder alle dem was ihm sonst noch das Leben zum Abgrund machte im Moment wie auch generell.

    Hände


    Indutiomarus hatte sich in seinen Turm zurückgezogen. Selbst Bertrand von Ahrenmark, die Zunge des Hauses Hohenfelde, hatte der Erzhexer heute nicht mehr sehen wollen. Das ganze Geschmeiß und Geschiss von Höflingen, Günstlingen und anderen Speichelleckern dass sich wie Madengezücht in seinem Thronsaal wand und um den Thron schlängelte, war ihm heute nur noch zuwider.


    Was alles versuchte im Kielwasser der Macht mitzuschwimmen, war unglaublich. Jeder versuchte von der Beute des Großen, einen Bissen abzubekommen. Sie waren nichts magische Aasfresser, in der Hoffnung durch eine Tat gesehen und erhoben zu werden. Sie umschwänzelten ihn, versuchten seine Gunst zu erringen und wussten nicht, wie sehr sie ihn damit abstießen.


    Indutiomarus stellte sich an das Fenster und schaute von oben herab auf die immergraue See. Erneut zog ein Sturm auf, der sich an der Feste Hohenfelde brechen würde. Wie das uralte Gemäuer, das Stürmen und Wogen von Sturmfluten trotzte, so trotzte er selbst den menschlichen und magischen Unwettern, die sich in der Festung abspielten.


    Indu schloss für einen Moment die Augen, drehte sich um und bückte sich nach seinem gewaltigen Hund. Die langen Haare fielen ihm nach vorne, als er sich zu dem riesigen Tier auf den Boden setzte. Mit einer unwirschen Bewegung wischte er sie nach hinten und kraulte den Bauch von seinem Hund. Das Tier war ihm seit Jahren treu und eine der wenigen Leben die Indutiomarus etwas bedeuteten. Er sollte ihm so langsam mal einen Namen geben, aber was Namen hatte konnte benannt werden....

    Und was benannt werden konnte....


    Indutiomarus führte den Gedanken nicht zu Ende, sondern erhob sich. Sanar eilte zu seinem Meister und reichte ihm die Krallenbewehrte Hand. Der graue Tiefling zog den Erzhexer auf die Beine und grinste sein messerscharfes Grinsen. Indutio tätschelte zuerst den Kopf des Hundes, dann des Düsterlings, ehe er sich zum Tisch wandte und ins Phylakterium schaute.


    "Geht es ihm gut?", fragte der Erzhexer mit erstaunlich sanfter Stimme, so wie er immer von Nico oder Ditzlin sprach.

    "Bestens Herr bestens! Ich habe ihn mit Zähnen und Klauen verteidigt", antwortete Sanar eifrig.


    Indu musterte den Düsterling erstaunt.


    "Gegen wen?...", hakte der Fürst misstrauisch nach.

    "Gegen jeden der es wagt sich ihm zu nähern. Heute wagte es keiner Meister. Niemand", gab Sanar zurück und betrachtete zufrieden seine scharfen Krallen.


    Für so eine trottelige Antwort, wäre so manch einer gestorben aber Sanar und sein Rudel waren etwas anderes. Düsterlinge dachten anders und sie zollten wahrer Macht und Stärke Respekt. Nico war in besten Händen, solange Sanar über ihn wachte. Natürlich hatte Indu ihren Sohn abgeschirmt. Magie wie diese musste erst einmal gebrochen werden. Und falls es tatsächlich ein anderer Erzhexer bis in den Turm zu Nico schaffte, nun dann war das letzte Bollwerk sein Hund und Sanar. Vielleicht lächerlich im Vergleich zu dem was der Angreifer bis dahin geleistet hatte, aber Sanar kannte die Fallen und er würde den Angreifer sie Nico mit sich in den Tod reißen.


    "Sanar.... heute bin ich nicht aufgelegt... für Wort oder Gedankenspiele... aber Du hast Deine Aufgabe gut erledigt. Er schläft", kaum hatte Indu die Worte ausgesprochen, schreckte Nico hoch und schaute sich witternd um.

    "Bei Euren Welpen großer Meister, wäre ich auch wütend. Sehr wütend. Wo ist der zweite Herr? Wo ist Euer Mann?", fragte Sanar und schaute ins Phylakterium.


    "Ditzlin...", sinnierte Indutiomarus.

    "Genau der Herr", stimmte Sanar zu, ohne zu merken, dass dies keine Frage gewesen war.


    Die bleichen Lippen von Indutiomarus kräuselten sich zu einem Schmunzeln. Düsterlinge hatten nicht nur scharfe Zähne und Krallen, sie hatten auch einen scharfen Verstand und sie besaßen die Gabe, ihn trotz aller Widrigkeiten aufzumuntern. Sie hatten etwas, dass er ihnen neidete, sie hatten ein Rudel. Er hingegen war einsam.


    Wobei das stimmte nicht mehr.

    Ditzlin.


    So hieß die Erlösung von der Einsamkeit. Seit er seinen Mann gefunden hatte, hatte er weder eine andere Person angefasst, geschweige denn nur an sie gedacht. Erst mit Ditzlin hatte er gelernt, was es hieß Zuneigung und Liebe zu empfinden. Was es bedeutete, neben jemanden zu liegen ohne Angst haben zu müssen. Ständiger Argwohn war sein Begleiter gewesen, ein Hohenfelde schlief mit einem offenen Auge, sonst schlief er für immer mit aufgeschlitzter Kehle.


    Ditzlin bedeutete ihm alles, er bedeutete ihm mehr, als er sich selbst. Kein guter Verlgeich, denn es gab kaum jemanden den er so wenig verstand und derart oft verabscheut hatte wie sich selbst. Schuld daran war sein Vater und er ebenso. Der eine flüsterte ihm grauenvolle Lügen ein und er...


    ....er hatte sie ihm geglaubt. Bis zu dem Tag wo er sich fast selbst verlor. Wo er nicht mehr wusste, wo seine Gedanken anfingen und die Einflüsterungen aufhörten. Wo die abgelegten Verwahrstücke seines Vaters waren oder was seine eigenen Erinnerungen entsprach. Und als der Tag der Tage kam, als sein Vater beschlossen hatte, das er nicht für die Klinge seiner Brüder taugt, aber sehr wohl als magische Munition.... da hatte er das Joch abgestreift.


    Ungelenk, plump, einfältig, aber mit einer Macht die ihnen beiden gehörte. Für eine Sekunde waren sie verbunden gewesen und er hatte die Macht von Krotorius gegen ihn gewandt. Ein ungleicher Kampf, mit ungleichen Mitteln bis Hilfe eintraf und ihm beistand....

    Nein er hatte nicht vergessen woher er kam, wie er am Pfahl Tag ein und aus in seinem eigenen Dreck hockte, geschoren wie die Sklaven die sie verheizten....


    Eine Hand die sich nach ihm ausstreckte bedeutete Schmerz.... auf allen ihm bekannten Ebenen...

    Ditzlin hatte ihn gelehrt, dass eine Hand wesentlich mehr war, als das. Das sie einen halten, trösten, streicheln und lieben konnte.


    Indu beugte sich über das Phylakterium und seine Haare fielen wie ein schwarzer Vorhang um das Gefäß mit ihrem kleinen Sohn, der zu ihm aufschaute. Sein schlohweißes Haar wirkte fast wie Daunen und stand wirr von seinem Kopf ab. Seine kleinen Ohren waren spitz, nicht so lang und schmal wie die seinen, aber sie waren eindeutig spitz. Indu schmunzelte Nicodemus an.


    Zeitgleich vermisste er seinen Mann, den er gerade jetzt dringend brauchte.

    Was hätte er für eine Umarmung von Ditzlin gegeben? Seinen Beistand? Oder auch seinen weisen Rat?


    Die Frage war, was war dort unten im Thronsaal eigentlich geschehen?

    Was hatte es zu bedeuten, dass Leopoldius Dunwolf die Hand reichte, anstatt ihn zu töten?

    Was?


    Indutiomarus griff auf seine Magie zu und zerstörte das Phylakterium ohne Nico dabei zu verletzen. Ganz behutsam nahm er ihn aus den Überresten seiner Geburtsstätte und barg ihn in beiden Händen. Das kleine Wesen rollte sich in seinen Handflächen zusammen und schmiegte sich schnurrend ein. Das musste er von Ditzlin haben....


    Hände.... Hände die behüteten...

    Und Hände die sich reichten....


    Der Mann dessen Alter nicht abzuschätzen war, legte sich in seine Schlafstätte und bettete Nicodemus auf seinen Bauch. Geschützt durch Macht und Magie und die Liebe eines Vaters, in dessen Händen sein Leben lag.


    Hände...

    Indutiomarus machte eine wegwerfende Handbewegung und Dunwolf ging neben seinem Bruder keuchend in die Knie. Einen Augenblick herrschte Totenstille in dem Thronsaal. Alles was sie hörten waren die abgehakten Atemstöße, die eher einem Röcheln denn Atmen glichen. Ehe der Erzhexer von Dunwolf abließ und sich Leopoldius widmete.


    "Eure Absichten scheren uns nicht.... solange Ihr nicht Eurer Bestimmung folgt....

    Noch ist dies unser Haus Leopoldius... möchtest Du Absichten hegen? Dann schneide Deinem Bruder die Kehle durch...

    Stattdessen zieht Ihr in Eintracht gemeinsam los... und so kehrt Ihr auch zurück....

    Verstörend....


    Wozu Amias dienen sollte.... interessiert uns nicht... es obliegt allein uns zu entscheiden, wer hier welche Stellung und welchen Rang bekleidet.... wer nützlich und wer nutzlos ist.... wer lebt... wer stirbt... wer zum Lebenden degradiert wird...


    Wir Leopoldius nehmen uns was wir wollen, als Erzhexer.... möchtest Du Dir etwas nehmen... werde endlich einer....

    Angemerkt... ab diesem Zeitpunkt möchtest Du auch nichts mehr... Du willst... und Dein Wille ist Gesetz für alle anderen...


    Bis dato meine Brut... werdet Ihr mit unseren Entscheidungen leben müssen.... falls Ihr sie überlebt....


    Raffinesse ist nicht Eure Stärke.... vielleicht sollte Amias Euch Nachhilfe geben.... falls Ihr so nicht lernt.... wie man andere hintergeht...

    Dann vielleicht wie man würdig untergeht... nun wobei... das müsst Ihr nicht lernen... Im Keller ist es gleich wie würdig man abging...

    Du darfst Dich mit Dunwolf zurückziehen und dem fetten Fuchs... wir erwarten Euch später....


    Vorab sind Amias und Cinjamin unsere Gäste....

    Wir richten Ditzlin und Nicodemus die besten Grüße von Euch aus.... verabschiedet Euch und zwar schleunigst...", antwortete Indu wie splitternde Knochen unmissverständlich.


    Dunwolf kämpfte sich zurück auf die Beine und hielt sich den Schädel, während er seinen Bruder für einen Sekundenbruchteil hilfesuchend anstarrte.


    Indutiomarus wandte sich indes Amias zu, so als wären seine Söhne und Wittelspitz bereits gegangen.


    "Unser Begehr die Lagepläne der Feste, der Burg, samt Posten und deren Besetzung.

    Die Auflistung aller Magier und Fähigkeiten....

    Du bist dem Prinzen derart nahe gewesen.... Du bist ein Quell des Wissens....", säuselte Indutiomarus.


    Information war Währung, gleich was seine Söhne sagten, gleich was Leopoldius vorschlug, Wissen verwarf man nicht. Die Denkweise die Leopoldius vorgeschlagen hatte, war eines Hohenfeldes würdig. Aber Indu folgte hier anderen Pfaden, jenen seines Mannes. Weshalb einem Mann Wissen entreißen, wenn er es selbst offenbaren konnte? Wieso ein Buch verbrennen, anstatt es aufzubewahren und stets nachlesen zu können? Dieses Buch konnte er sogar zurück in die Bibliothek geben und es würde neues Wissen erlangen.


    Oh ja, hier war der Weg der Wigbergs viel erfolgversprechender als sein eigener. Sein Mann wäre vermutlich stolz auf seine Entscheidung, gleich wie zahnlos sie auf den ersten Blick anmuten würde. Indutiomarus wechselte kurz die Position auf dem Thron der Qualen. Niemand saß lange in der selben Haltung auf diesem Thron, Stillstand war der Tod und Herrschaft sollte niemals bequem sein, daran erinnerte der mächtigste Sitzplatz in der Feste.


    Amias noch ein Buch der sieben Siegel, vielleicht würde er sie aufschnappen lassen ohne Siegelbruch.

    Verlockend.

    Indutiomarus verschränkte seine langen, krallenbewehrten Finger über seinem nicht vorhandenen Bauch.


    "Man kann mehr begehren als Fleisch Amias... Magie... Macht...

    Das was Du angeschnitten hast.... Deine Verschneidung... genau aus diesem Grund hat man Dich Deiner Männlichkeit beraut...

    Sie haben Dein Haus geschliffen... sie halten Dich zum eigenen Hohn.... wohlwissend... dass sich Dein Haus nie wieder erheben wird...


    Die Sonne? Amias.... Licht wird überbewertet.... Sehne Dich nicht nach dem Licht.... wenn Dich die Dunkelheit umarmt....

    Du wärst bereit Kaltenburg zu verraten.... ein feiner Charakterzug der von Stärke zeugt... die manchen Anwesenden fehlt....

    Informationen Amias sind Währung...


    Bieten? Wir bieten nichts Amias.... wir gewähren... bestenfalls....

    Alles was wir wünschen.... könnten wir uns auch mit Gewalt nehmen....

    Aber wieso einen willigen und fähigen Geist schaden?

    Du bist bereit Deine Herren ans Messer zu liefern... wir sind bereit sie zu schneiden....

    Nun fragen wir anders.... was wünscht Du Dir Amias?


    Erzähl uns Deine Wünsche... gleich wie geheim.... verwegen.... grauenvoll....

    Wir hören zu... und entscheiden was wir Dir gewähren werden....


    Und eines Tages Amias... wirst Du begreifen.... das man Dir nicht alles raubte....

    Das Wichtigste haben sie Dir gelassen.... unwissend und unfähig wie sie sind... sie erkennen nicht Dein Potential....

    Sei es drum.... das ist nicht unser Problem.... und Deines schon gar nicht Amias.... es wird Dir zum Vorteil gereichen....

    Nun?", sagte Indu aufmunternd, dem die hinterhältige und freundliche Art von Amias gefiel.


    Leopoldius und Dunwolf sollten sich an dem jungen Mann ein Beispiel nehmen.

    Indutiomarus Lippen kräuselten sich zu einem zähnefletschenden Lächeln, so dass man seine messerscharfen Zähne sah.


    "Du bist so vieles mehr Amias...

    Ein Sklave mit einem gewaltigen Titel...

    Ein Fürst der sein Haus nicht fortführen kann....

    Ein Diener der nicht dient...

    Ein Tänzer... der ganz andere Tänze bestreiten wird...


    Deine Worte sind wie süßer Honig im Ohr Amias von Wolkenhaim... Titel, Ränge, all das ist bedeutungslos in unserem Reich. Wer was ist Amias entscheiden wir, sonst niemand. Es kamen Bettler und blieben als gemachte Männer... es kamen Zungen und verloren den Kopf... es kamen Herrscher und wurden Knechte... was wirst Du werden Amias?


    Kaltenburg....

    Dein Haus wurde geschliffen und Du wurdest das Spielzeug dieses... Prinzen....


    Sprich offen.... was ist Dein Begehr? Unser Schutz und Schirm Amias?

    Darüber lässt sich reden.... Wir sind ganz.... Ohr....", erklärte Indutiomarus in aller Seelenruhe, während er den gehörnten Kopf seiner Taudisschwinge tätschelte.

    Indutiomarus hob kurz die Arme und breitete sie fast väterlich, freundlich aus. Dabei wirkte er fast wie eine gigantische Fangschrecke.


    "Er sitzt weder neben mir...

    noch ist mein Bauch mit seinem Fleisch gefüllt lieber Leopoldius....

    scheint er wäre nicht zugegen...", gab Indutiomarus zurück, mit einer Freundlichkeit bei dem es den Anwesenden einen Schauer über den Rücken jagte.


    "Es sind also Tänzer... nun wie wäre es dann mit einer Vorführung? Die beiden sollen vortreten... ich will sie mir anschauen...

    Du übernimmst die Verköstigung der Gäste... so spendabel... es ist uns Recht Leopoldius... werde nur nicht zu weich....

    In einer Welt aus Magie und Stahl... hat das gewisse Nachteile...", sagte Indu mit einer Spur tatsächlicher Freundlichkeit.


    Er deutete mit einem seiner langen, bleichen Finger auf Amias und winkte ihn heran.

    Festung Hohenfelde. Was so einfach auszusprechen war, hatte einen messerscharfen Beiklang. Der Name stand für eine uralte Tradition der Klingen aus der Dunkelheit. Alexander hatte gewusst, wer Poldi war, er selbst hatte es ihm gesagt. Aber bis dato hatte kein Fuchs einen Fuß in die Feste der Wölfe gesetzt. Die Heimat der Hohenfeldes war ein blutiges Bollwerk aus Stein, Stahl und vor allem uralter mächtiger Magie.


    Ein schwarzes Leuchtfeuer in der ewigen Nacht Asa Karanes war Hohenfelde, mächtig, uralt und von einer seltsamen, durchtriebenen Intelligenz die etwas Morbides, Widernatürliches hatte. Leopoldius führte sie durch das gewaltige Anwesen. Wie auch Kaltenburg war dies eine Burg. Sie beherrbergte nicht nur die tatsächliche Festung, sondern im Grunde alles was Hohenfelde ausmachte, von Mann bis Maus. Aber vermutlich waren selbst hier die Mäuse Mörder.


    Immer tiefer drangen sie in das Reich des Hauses Hohenfelde ein, bis sie letztendlich die Festung und sogar den Thronsaal betraten. Riesig war der Saal und finster. Etwas anderes anzunehmen, wäre unsinnig gewesen. Sie schritten den langen Weg bis zum gewaltigen Thron hinab, die Familienangehörigen, Verwandte, Bekannte, Höflinge und Günstlinge des Hauses säumten den Weg wie lauernde Hyänen. Ein falscher Schritt, eine falsche Geste, eine unbedachte Handlung und man würde sie vor den Augen des Rudelführers zerreissen.


    Erzhexer Indutiomarus von Hohenfelde saß mächtig und bleich auf seinem Thron. Die scharf geschnittenen Gesichtszüge gaben dem Mann ein noch unwirklicheres Aussehen. Für den Fuchs sah es fast so aus, als wollten sich seine Knochen von innen ihren Weg nach außen schneiden. Alles an diesem Mann war eckig und irgendwie scharfkantig.


    Für einen winzigen Bruchteil einer Sekunde erlaubte sich von Wittelspitz einen Blick in das Gesicht, ohne dem Früsten dabei in die Augen zu schauen. Die Ohren. Es entsprach den Tatsachen, was andere Häuser munkelten. Aber was spielten die Ohren für eine Rolle, wenn man mit den Arschbacken auf einem Thron saß und über Leben und Tod entschied?


    Die Worte von Poldi brachten die Gedanken des Fuchses zurück in die Gegenwart. Und schlagartig wurde Alex die tatsächliche Bedeutung von Leopoldius Worten bewusst. Von wessen Blut dieser Mann war, mit dem er sich derart vorzüglich vergnügt hatte und den er nicht nur in die Arme, sondern auch ins Herz geschlossen hatte. Das uralte Blut von Leopoldius saß auf dem Thron von Hohenfelde und starrte mit blassen Augen auf sie herab. Als suchte er förmlich nach einem Grund sie in den Abgrund zu schicken.


    "Leopoldius..... Dunwolf....

    Wie wir sehen seid Ihr beide wohlbehalten zurück.... erstaunlich....


    Du hast uns etwas mitgebracht Leopoldius....

    Zwei Kastraten und einen fetten Fuchs.... interessant.... berichte....", antwortete Indutiomarus seinem Sohn mit einer Stimme wie knirschendes Eis.


    Die umstehende Schar gab leises Gelächter und Gezischele von sich und keiner wirkte so fehl am Platz wie Alex von Wittelspitz, dessen feuerrote Haare in einem Meer von schwarzen Haaren regelrecht zu leuchten schien.

    17.01.(2020) - Charbogen-Ergänzung:

    - Die Schaffung von Nicodemus


    Asa Karane, Kapitel 05 - Humunkulus

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    Asa Karane Kapitel 05 - Humunkulus




    Humunkulus


    Ditzlin stand gemeinsam mit Indutiomarus in dessen düsteren Labor. Dunkel war es, doch diesmal wurde die Finsternis von Abertausenden kleinen blauen Lichtern erhellt, die sie wie ein Wirbelsturm umtosten.


    Sie beide, Ditzlin und Indutiomarus, standen im Auge des Sturms.


    Ein grauenerregendes Wehklagen ging von den Lichtern aus. Die Töne schwollen an und ab, mit dem kreisenden Flug der Lichter.


    Das Gesicht von Indu war in einer Konzentration versteinert, zu der die meisten Menschen nicht fähig waren. Weder jene ohne, noch mit magischer Gabe.


    Vor ihm auf dem Tisch waren Dinge ausgebreitet, von denen Ditzlin nicht wusste worum es sich dabei handelte. Ein großes Glas erinnerte an die gläsernen Kugeln, in denen sich manche winzige Moosgärten anlegen.


    In diesem Glas war jedoch.... Nichts.


    Der Sturm der Seelen umwirbelte sie schneller und Indutiomarus hob eine Krallenbewehrte Hand, wie ein Dirigent des Todes.


    Ohne Vorwarnung packte er Ditzlins Arm und schlitzte diesen mit dem messerscharfen Ritualdolch auf.


    Das Blut ließ er in das seltsame Gefäß fließen. Einen Augenblick später folgte sein eigenes Blut.


    Heiss mischte es sich mit dem von Ditzlin.


    Der alte Magier legte beide Hände auf das Phylakterium und seine Konzentration wurde noch tiefer.


    Aus dem Wehklagen der Seelen wurde ein infernalisches Kreischen, als sie in das Gefäß und das Blut hineingezogen wurden.


    Dann war es vorbei.

    Stille.

    Ohrenbetäubenden Stille.


    Die Lichter waren verschwunden, sie standen in einer Nacht des Abgrundes, so schwarz, dass nicht nur einfach die Abwesenheit von Licht Ursache war.


    Allein die Augen des Magiers und das Blut im Phylakterium glimmten unheilvoll.


    Es dauerte, viel länger als Ditzlin vermutete, dann zog sich die Blutlache zusammen, als hätte sie ein Eigenleben entwickelt.


    Die Krallenbewehrten Hände von Indutiomarus strichen über das Glas des Phylakteriums als ob diese Ton formen würden. Kalter Schweiß stand ihm auf der Stirn und rann seine Schläfen hinab.


    Eine Kugel formte sich mitten aus der Blutlache. Drehte und wand sich bis sie nach oben schaute und sich ein Gesicht aus dem roten Lebenssaft schälte.


    Ein Mund öffnete sich, mehr Schlitz in einer roten Masse als wirklich Mund und gab den Blick auf messerscharfe Zähne preis. Ein Kreischen wie nicht von dieser Welt entrangt sich einer frisch geformten Kehle.


    Mehr und mehr nahm das Wesen Gestalt in dem magischen Gefäß an, bis letztendlich ein winziger roter Mann im Phylakterium lag. Das Lebewesen sah aus wie gehäutet.


    Indutiomarus war blasser als ihn Ditzlin je gesehen hatte.


    Zitternd lag das kleine Geschöpf in seiner magischen Brutkammer. Der alte Magier übergoss es mit Einem Schwall Blut, dass sofort von dem Winzling absorbiert wurde.


    Ein weiterer Schwall folgte, den das frisch geformte Leben mit langer Zunge aufleckte.


    Es wuchs! Nach seinem ersten Mahl war es nun bereits Hand groß, doppelt so groß wie nach seiner Schaffung.


    Indutiomarus öffnete die Augen und verschloss das Phylakterium. Ein Schimmer überzog das Gefäß, es war magisch gesichert.


    "Unser Kind.... geschaffen durch Blut.... und Magie....


    Und genau dies ist seine Nahrung.... Blut und die darin enthaltene Magie.... die Lebensessenz....


    Er muss das rauben.... was ich ihm widerrechtlich schenkte.... Lebensessenz.... da er sie beständig.... verliert.....


    Alles hat seinen Preis....

    Damit er leben kann.... muss er töten....


    Die Ehre liegt bei Dir Liebster...

    Gib ihm einen.... Namen.... ", bat Indutiomarus, während sich seine Krallen in den Tisch gruben, um sich abzustützen.


    "NICODEMUS", erklärte Ditzlin feierlich.

    "So sei es....", schmunzelte Indu erschöpft.




    **




    Das Ritual war längst beendet, doch der Zauber ungebrochen, der sich in Ditzlins goldbraunen Augen spiegelte. Er aß nicht, er trank nicht, er saß nur auf dem Holzstuhl des Labors und betrachtete seit Stunden ihren gemeinsamen Sohn. Die Lehne hatte er nach vorn zwischen seine Beine gedreht, so dass er die Unterarme auflegen und sein Kinn darauf betten konnte. Sein Blick war auf das Glas auf dem Tisch gerichtet, das genau vor ihm stand, sicher eingefasst, so dass es nicht herunterfallen konnte.


    Und er sang. Leise und schön klang seine Stimme.


    "Nicodemus, Hohenfeldes Sohn,


    geliebtes Kind seiner Dunkelheit

    Spürst du den Lebenshunger schon?


    Möge die Nacht dein Schutzmantel sein.


    Nicodemus, Wigbergs Sohn,


    geliebtes Kind seines Wissens Schein.

    Spürst du auch den Wissendurst schon?


    Möge die Neugier dein Leuchtfeuer sein.


    Nicodemus, reinster Sohn,


    aus zweier Väter Blut gemacht,


    geleitet von Licht, umarmt von der Nacht,

    wir lieben dich, darum fürchte dich nicht."


    Man sagte es so alltäglich dahin, von wem man abstammte, doch dieses Wesen war wirklich aus ihrem Blut erschafffen worden und weder Samen noch Schoß hatte es dafür bedurft. Ditzlin leckte mit der Zungenspitze durch die klaffende Schnittwunde an seinem Arm. Er würde sie nicht nähen lassen, er wollte, dass die Narbe so wulstig und deutlich wie möglich wurde.


    "Nicodemus", lockte er mit einer Stimme, die sonst nur Indutiomarus in ihrer Sanftheit kannte. Sein Sohn presste die winzigen Hände an die Scheibe, weil Ditzlin aufgehört hatte zu singen und vielleicht versuchte, er hinter dem Glas etwas zu erkennen. Ob ihm das gelang oder ob seine Äuglein noch reifen mussten, konnte Ditzlin nicht sagen. Sein Gesicht war nur eine Handbreit von dem Glas entfernt. Er öffnete den Verschluss. Nicodemus hatte schon gelernt, dass es gleich Blut gab, wenn der Deckel geöffnet wurde, er wurde nun ganz unruhig. Ditzlin stach mit der Klaue seine Wunde an und fütterte sein Kind erneut, das sich unter dem heißen Tropfenregen wand, während es die Nahrung absorbierte.


    "Nummer vier in der Reihe der Söhne", sagte Ditzlin und verschloss den Deckel sorgfältig wieder. "Nicht lange und dann wirst du Nummer eins sein."




    **




    Indutiomarus hatte sich zurückgezogen. Er benötigte einen Moment der Ruhe um für sich selbst erneut Kraft zu tanken. Die Diener waren dabei, die verbrauchten Leichen der Sklaven in kleine Teile zu hacken. Ein Teil landete in den Trögen der Taudisschwingen, ein anderer Teil landete auf den Tellern der Sklaven. Das Blut von den Essenzopfern war schwarz, trocken und nutzlos geworden. Es floss nicht mehr durch ihre Adern, da es jenem magischen Funken beraubt worden war, der jedem Lebewesen inne wohnte. Sie waren Hüllen aus Fleisch, nicht mehr war von ihnen übrig geblieben.


    Indu hatte sich in seinem Studienzimmer eingeschlossen, welches genau über dem Pferch der Essenzsklaven stand. Dieser Umstand war kein purzer Zufall, sondern das Studienzimmer befand sich in einem Turm der Hohenfeldefeste. Leitungen aus purem Gold führten hinauf in das Zimmer und speisten einen Brunnen, der Jahrhunderte später jeden Vampir glücklich gemacht hätte.


    Die Quelle des Blutes lang zig Etagen tiefer und wurde durch einen einfachen Mechanismus in Gang gesetzt, ein Sog zog das Blut welches aus den Opfern gepumpt wurde nach oben. Der Brunnen wurde nur dann in Gang gesetzt, wenn Indutiomarus Blut, Essenz oder beides für seine Magie benötigte. In diesem Haus schien alles auf seine nonverbalen, magischen Befehle zu gehorchen.


    Heute benötigte er eine Stärkung, also genoss er nicht nur einen ausgiebigen Trank, sondern auch die darin enthaltenen Lebensfunken. Dennoch fühlte er sich schwach, eine Schwäche für die manch anderer gemordet hätte, hätte er nur ein einziges Mal über das Potential dieses Magiers oder eines anderen Fürsten verfügen dürfen.


    Aber die teilten nicht... nicht auf diese Art und Weise.


    Der alte Magier ließ sich in seinen großen Sessel sinken, seinen tatsächlichen Thron. Seine Klauen ruhten auf den Armlehnen, während er in Trance versank. Sein gewaltiger Bärenhund hatte die Ohren aufmerksam nach jedem Feind gespitzt, wobei es schon weitaus mehr bedurfte um in den Turm und durch diese Tür zu kommen. Der Hund gab Indu jedoch ein Gefühl von Geborgenheit, deshalb war er stets anwesend.


    Die Trance des Magiers weitete sich aus, vertiefte sich und er leerte einen Pferch voller Essenzsklaven, um seine eigenen Reserven wieder aufzufüllen. Die Sklaven in dem großen Verschlag brachen als vertrocknete, verdorrte Hüllen zusammen, während weiter über ihnen ein Wesen ihre Seelen verschlang um seine eigene neu zu stärken.


    Stunden später gesellte sich Indu zu Ditzlin ins Labor und betrachtete das kleine Geschöpf im Phylakterium. Er hatte so gerade noch die Stimme von Ditzlin gehört, die ihrem Sohn etwas vorsang. In den eisigen Augen des Fürsten von Hohenfelde stand etwas, was man selten sah - Rührung.


    Wieder war der kleine Kerl gewachsen. Er hatte nichts Infantiles an sich. Nicodemus sah aus wie ein geschrumpfter, gehäuteter, erwachsener Mann, der noch einiges zu seiner vollständigen Entwicklung benötigte. Der Kleine versuchte sich in dem Gefäß aufzurichten, aber er schien damit noch Schwierigkeiten zu haben.


    "Ich habe ihn nach Besten Wissen geschaffen... ich habe die Essenzen verbunden... und das Blut mit ihnen geformt...

    Der Mensch.... ist ein seltsamer Apparatus.... Liebster.... so effektiv.... und doch so anfällig....

    Ein Konstrukt bei dem Abertausende Komponenten ineinander greifen.... sich verzahnen.... zusammenwirken....

    Nimm nur ein Zahnrad aus diesem Uhrwerk.... und die ganze wundervolle Konstruktion.... versagt....


    Das was man sich durch Magie oder auch Alchemie zunutze machen kann... um Feinde auszuschalten... durfte mir hier nicht passieren.... keines der Zahnräder durfte ich vergessen... keinen Knochen... keine Sehne.... nichts.... oder er wird nicht sein....


    Aber er ist....

    Und dennoch verlangt das Leben einen Preis....

    Er wird ewiglich existieren.... solange er trinkt.... solange er die Essenzen zu sich nimmt... die seiner Seele fehlen....


    Das Phylakterium verwahrt ihn.... es kann sogar Seelen verwahren....

    Er hingegen kann es nicht....

    Seine Seele ist kein geschlossenes Konstrukt..... sie wuchs nicht.... sie wurde von mir geformt....


    Ich habe versucht mit meinen bescheidenen Mitteln Perfektion zu schaffen....

    Die wichtigsten Dinge die ein Mann haben muss hat er....

    Zähne, Hunger, Gier, Trieb, Blutdurst.... der Rest wird sich Dank dieser dunklen Gaben fügen....


    Möge er ein Fürst unter Fürsten werden....

    Ein Jäger der Jäger jagt....


    Er kann sich vermehren.... aber auch seine Vermehrung wird geschrieben in der Magie des Blutes.... und dargereicht mit seinen Zähnen....


    Ist er nicht.... wunderschön?", fragte Indutiomarus und klopfte gegen das Gefäß.


    Nicodemus schaute in die Richtung und fauchte, so dass man seine messerscharfen Zähne sah.

    "Schau ihn Dir nur an...", gurrte Indu.




    **




    Ditzlin drehte den Stuhl, so dass die Lehne nach hinten zeigte, und zog sich Indutiomarus auf den Schoß. Einfach aufzustehen und ihm den Platz anzubieten wie einem Greis, wäre ein Unding gewesen. Man wies einen Hohenfelde nicht auf eine Schwäche hin und so umging Ditzlin elegant diesen lauernden Fauxpas. Die Fürsorge gegenüber Indutiomarus musste anders aussehen als das, was andere unter Fürsorge verstanden ... eine stetige Huldigung und Ditzlin huldigte ihm nur allzu gern. Es wurde ihm mehr als nur vergolten.


    Er strich das lange Haar mit der Nase aus Indutiumarus' Nacken und biss zärtlich hinein. Sacht nur heute, ohne ihn zu verletzen, denn er hatte genug geblutet.


    "Er ist wundervoll. Und ich denke, die Perfektion ist dir gelungen. Er hat keinen Makel. Er wird geistige Qualitäten entwickeln müssen, um das lebensnotwendige Blut zu erjagen, denn seine Beute ist stark und wehrhaft und nicht minder gerissen, wenn er es nicht nur auf Sklavenblut abgesehen hat und auch das wird es einst nicht mehr geben. Wir verbrauchen diese Insel immer schneller, alle Magier von Asa Karane tun das, denn jeder spürt, dass das Ende naht. Alles, was uns bleibt, ist die anderen nach und nach auszulöschen, um ihren Verbrauch zu beenden und unseren eigenen zu reduzieren.



    Die Drosselung des Verbrauchs ohne Einschränkung der Sicherheit wäre der Garant für das dauerhafte Überleben. Das ist, woran das Haus Wigberg arbeitet. Sie sind extrem sparsam im Verbrauch ... und dennoch sind sie noch hier, als ein Haus von nur sechsen."




    **



    "Hinterm Horizont geht es weiter.... so heißt es in einem alten Bardenlied, dass in den Tavernen meiner einstigen Heimat gesungen wurde... Warum soll es nicht andere Gestaden geben... mit anderen Stränden.... neuen Möglichkeiten... neuen Opfern... neuen Landen die nur darauf warten von uns unterjocht zu werden?


    Maßlosigkeit.... mag für manche ein Frevel sein.... aber wo wäre ich heute, hätte ich mich nur einen Tag zurückgehalten?

    Ich sage ich Dir, wo ich wäre.... unten im Keller... anstatt oben im Turm Ditzlin...


    Nein Sparsamkeit mag eine Zier der Wigbergs sein.... es mag Euer Weg sein.... meiner ist es nicht.... Stell Dir vor alle Häuser würden fallen... alle Fürsten.... wieso sollte ich dann nicht etwas dem Land zurückgeben können? Etwas von der Macht.... die wir dazu benutzen mussten unsere Feinde zu vernichten....


    An dem Tag.... wo das letzte Haus zu Asche zerfällt.... wird aus der Asche neues Leben erblühen.... das Leben.... dem ich gestatte zu existieren.... jenes welches ich formen werde.... und erneut werde ich es sein.... der einem kargen Felsen Leben einhaucht....

    Das ist mein Plan Ditz.... ob es so kommen wird.... wer weiß?


    Aber auf nichts Geringeres arbeite ich hin.... Allmacht.... Ich finde sie steht mir....", lachte Indutiomarus leise und selbst die Lache des Mannes hatte einen bedrohlichen Unterton.



    "Magie wild.... stark.... ungezähmt... fließt durch seine Adern.... oh er wird jagen.... so wie es sich für einen Scharfzahn gehört... anders als wir.... er verspürt einen ewigen Hunger....

    So soll es sein.... niemals wird er faul und träge... der Hunger treibt ihn an.... Er wird Schmerzen leiden... sollte er hungern...

    Schmerz erinnert ihn daran wer er ist.... was er ist.... welche Aufgabe und Macht ihm innewohnt....


    Aber er ist nicht nur ein Raubtier.... er ist viel mehr.... er ist unsere Liebe und Blut....

    Wir werden ihn geheimhalten.... bis zum Tage seiner vollen Entfaltung...", flüsterte Indutiomarus und steckte einen Finger in das Glas.


    Nicodemus schnupperte daran, dann biss er zu.


    "Schau ihn Dir an, mehr Biss als seine Brüder und kaum eine Nacht alt.... die Dreistigkeit hat er von Dir Ditz", lachte Indu stolz.




    **



    Doch es ist keine Zier, Indu", antwortete Ditzlin und schmunzelte, als ihr Söhnchen versuchte, seinen Vater zu beißen, obwohl sein Mund noch nicht einmal die Fingerkuppe hätte umschließen können. "Es handelt sich um eine Strategie. Eine, die sich bewährt hat. Ich sage das nicht, um die deine herabzuwürdigen ... sondern als Tipp, einmal vorbeizuschauen bei Fürst Enderlen. Es ist still im Hause Wigberg hinter den vier Bergen, doch glaub mir, dort herrscht mehr Leben als noch anderswo. Und ob es hinter den Horizonten Lande gibt, die lohnen, steht auf einem anderen Blatt. Vielleicht sind sie so wie dieses am ausbluten? Darum meine Bemerkung. Vielleicht kennt mein Vater Mittel und Wege, die auch deiner Magie nützen könnten. Einige von den Kaltenburgs sind daran interessiert ... wir stehen in gutem Kontakt zu ihnen. Mir wäre daran gelegen, wenn es nicht sie sind, sondern Hohenfelde, die von der Kunst meines Vaters profitieren.


    Unseren Nicodemus zu verbergen, halte ich für den besten Weg. Er ist zwar ein winziger Mann, aber dennoch auch eine Art Baby."




    **




    Indutiomarus lehnte sich zurück, so dass er mit dem Rücken Ditzlin berührte. Er wusste, dass es sein Mann nur gut mit ihm meinte, aber jemand anderes um Hilfe zu bitten, kam ihm irgendwie... falsch vor. Allerdings war Wissensaustausch keine Bitte um Hilfe, sondern eine Art Zusammenarbeit. Indu rieb sich das Kinn und dachte über die Worte von Ditzlin nach. Für einen Wigberg waren sie vermutlich so klar und logisch wie ein reiner Gebirgsbach, die es einst gegeben hatte. Aber für ihn, einen Hohenfelde der alten und harten Schule, taten sich dort nicht die vier Wigberge, sondern ein ganzer Gebirgszug an Fragen auf.


    Und diese Fragen schufen neue Fragen. Allen voran, konnte er Enderlen vertrauen? Er kannte die Antwort, nein.

    Als Fürst konnte man niemandem vertrauen, nicht mal sich selbst. Denn wer wusste schon, wie er in jeder Situation reagierte? Selbst bei sich, musste man das Unplanbare einplanen.


    Auf der anderen Seite war Wissensvermehrung genau dass, was er anstrebte. Wissen war Macht und Macht hielt einen am Leben. Oder man schuf daraus sogar neues, wie der kleine Nicodemus bewies.


    "Wahre Worte Ditz, von unseren beiden Standpunkten ausgesehen, ist es für Dich ein leichtes. Für mich ist es schwer, mich jemanden anzunähern. Wir sind zurückhaltend, nun vielleicht nicht auf den ersten Blick, aber dass was unser Innerstes angeht. Und ich bin wohl einer der Zurückhaltensten.... Ich weiß Du meinst es gut.... ich werde Deinem Rat folgen....


    Nico ist ein Baby, er wird schon bald ein erwachsener Mann von natürlicher Größe sein Ditz.... aber dennoch ist er infantil. Er hat keine Lebenserfahrung... ich könnte ihm meine übermitteln.... aber das könnte seinen jungen... zarten Geist zerstören... und ich halte es für eine Art..... gewaltsame.... geistige..... Penetration..... die.... die.... ich ihm nicht antun werde.....


    Nicht alles Leid.... nicht jeder Schmerz.... ist körperlichen Ursprungs....

    Genau genommen beginnt jedes Leid im Geist.... eine Person....


    WER.... beschließt Dir etwas anzutun.... und tut es....


    Es gibt Dinge die brennen sich schlimmer als Brandeisen in Deine Erinnerungen.... Du wirst sie niemals vergessen....

    Und dies versehentlich in seinen Geist zu geben.... das wäre einem Frevel gleich....


    Er wurde in Liebe nicht in Leid geschaffen....


    Nun die Sklaven würden sicher was anderes behaupten", grinste Indutiomarus, so dass sich seine blutleeren Lippen kräuselten. Eine Geste um seine eigenen Worte etwas zu überspielen.


    Wobei hatte er das nötig? Ditzlin war die einzige Person die jemals von ihm derartige Worte gehört hatte. Der einzige Mensch zu dem er jemals derart offen und ehrlich war. Die Verstellung, das zurechtrücken der Maske war hier im Angesicht ihres Blutes unangebracht. Indu drehte sich zu seinem Mann herum, wie ein Schlangenmensch und küsste ihn sanft auf den Mund.


    Indutiomarus schlang Ditzlin einen Arm um den Hals und kraulte ihn vorsichtig.


    "Du musst ihn am besten stündlich füttern, dann wächst er gut heran... Und ich muss ihn rechtzeitig aus dem Gefäß holen, damit er sich nicht verletzt....

    Bei der nächsten Vereinigung zeige ich Dir meine alte Heimat Ditzlin.... und ich zeige Dir die Fratze.... damit Du verstehst.... Nicodemus wird so etwas nicht durchmachen, er ist so winzig und so vollkommen.... Nein er kann mich noch nicht beißen... aber auch der Wille dazu zählt...


    Zeig mir dass Du mein Mann bist...", forderte Indutiomarus, während sich Nicodemus im Glas wie eine Katze putzte und leise vor sich hin grollte.




    **




    Ditzlin schmunzelte, als ihr Söhnchen kleine Knurrlaute von sich gab. In dieser Größe klang das noch niedlich, in einigen Jahren würde dieses Geräusch eine ganz andere Wirkung haben. Wobei es im Moment so schien ... war das ein Schnurren?


    Indutiomarus Arm zog sich fester um seinen Hals. Ditzlin wandte seine Aufmerksamkeit seinem Mann zu, den Mann, mit dem er heute auf magischem Wege Vater eines gemeinsamen Kindes geworden war. Sie waren Väter ... konnte man jemandem eine schönere Liebeserklärung machen? Ditzlin verwandelte das Ziehen von Indutiomarus in ein Schieben seinerseits. Indutiomarus sank rücklings auf den Boden. Hart war es da, doch hart war auch der Thron, auf dem er saß.


    In diesem Moment fasste Ditzlin einen Entschluss. Er würde nicht warten, bis Indutiomarus seine anderen drei Söhne eigenhändig beseitigt hatte. Er würde das für ihn tun. Sie wurden ihm langsam zu gefährlich, er sah, wie sie ihre Bündnisse schmiedeten, ihre Fäden enger um den Mann zogen, den er liebte. Indutiomarus brauchte sie nicht mehr. Er hielt sie ohnehin für Schwächlinge. Ditzlin würde ihm die Arbeit abnehmen. Zum Wohl des Indutiomarus von Hohenfelde, zum Wohl ihres Sohnes! Der Entschluss beflügelte seine Lust. Oh, sie würden leiden, daran hatte nicht nur Indutiomarus Freude. Sie teilten diese Leidenschaft.


    Er senkte seinen Körper auf Indutiomarus nieder. Sein Blick loderte vor Verlangen, als er sich den Raum schuf, den er mit seinem Körper in ihm beanspruchte. Er schonte den alten Mann nicht. Ihn zu schonen, käme einer Beleidigung gleich. Ditzlin liebte ihn mit ungezügelter Leidenschaft, Schweiß trat auf ihre Haut und in den Regalen klirrten die Gläser im Takt.




    **




    Er lag auf dem harten Boden und genauso gab es ihm sein Mann, hart. Sie besiegelten ihre Liebe in dem Labor, wo sie aus ihrem Blut und ihrer eigenen Magie Leben geschaffen hatten. Indutiomarus grub seine Krallen in den Rücken von Ditzlin und schaute nach oben. Der Winzling im Glas schaute zurück. Er drückte sich sein rotes Gesichtchen an dem Glas platt und beobachtete sie.


    Indu musste über das Verhalten von Nico grinsen und legte seinen Kopf wieder auf den Boden ab. Er umschlang Ditzlin mit den Beinen, biss ihm mit einem schnellen Biss in die Lippen, grub seine eigene Zähne in seine Lippe und küsste ihn voller Leidenschaft. Sie schmeckten Blut, das selbe Blut, dass Nicodemus geschaffen hatte und der sie nun mit brennendem Blick durch das Phylakterium beobachtete.


    "Wir.... werden beobachtet...", schnurrte Indu, dem kleinen Nico ganz ähnlich.


    Seine Krallen strichen den schlanken, festen Körper von Ditzlin hoch und kosteten jeden Zentimeter von ihm aus. Indu umfasste die Hüfte von Ditz und rollte sich mit ihm herum, so dass er auf seinem Mann saß. Grinsend beugte er sich zu dessen Gesicht herab, so dass Ditzlin die messerscharfen Zähne von Indutiomarus sah. Die schwarzen Haare von seinem Mann fielen ihm ins Gesicht, während sich die Klauen sanft in seine Brustmuskeln gruben.


    Indus Grinsen wurde breiter, ehe er sich ruckartig zurücklehnte und anfing seinen Mann zu reiten. Sollte der Kleine im Glas doch gucken, so lernte er wenigstens was. Er lehnte sich weiter zurück, so weit, dass er mit einer Hand mit Ditzlins Juwelen spielen konnte.


    "Wann... besuchen wir Enderlen?", fragte er keuchend vor Lust.


    Er schloss die Augen, warf den Kopf nach hinten und konzentrierte sich. Ditzlin lag im Gras... sanft wogte es im Wind, während sein Mann nackt und blass auf ihm saß. Zu seiner linken Hand sah Ditz eine gewaltige graue Feste aufragen, derren Banner im Wind flatterten, er kannte die Banner.... Hohenfelde...


    Auch diese Festung stand auf einem gewaltigen Hügel, ein Wasserfall ergoss sich seitlich aus dem Felsen, woher er gespeist wurde konnte Ditz von seiner Position aus nicht erkennen. Hinter sich hörte er den Ozean donnern. Die alte Feste musste ganz ähnlich gelegen haben, wie die Festung, in der sie sich gerade liebten....


    Die Festung war in drei Stufen unterteilt, während am Himmel über ihnen graue Wolken dahintrieben, wie zerfetzte Watte. Sogar den Geruch von Meer, Salz und Felsen hatte er in der Nase, zeitgleich roch er den Duft von seinem Mann. Das war einst die Heimat von Indutiomarus gewesen vor langer Zeit.... vor sehr langer Zeit.


    Schlagartig wurde es eisig und Ditzlin schien am Boden festzufrieren, sein Atem stieg in eisigen Wolken auf. Für den Bruchteil einer Sekunde stand ein Mann neben ihnen. Hochgewachsen, gertenschlank, sehnig, wie eine tödliche Viper in einer schwarzen Robe. Er neigte den Kopf leicht, so dass Ditzlin in die Kapuze schauen konnte...


    Lange dunkelbraune Haare und derart hellblaue Augen, dass der Blick derart stechend war, dass schon allein sein Starren schmerzhaft wurde. Seine Lippen teilten sich zu einem ganz ähnlichen Kräuseln, wie das von Indu, die Gesichtszüge, die Gestik, es war eindeutig wer dieser Magier war... Indutiomarus Vater...


    Neben ihm materialisierte sich ein Kind, klein, blass, wohl schwarzhaarig aber kahlgeschoren und mit mehr blauen Flecken als Ditzlin zählen konnte. Die Narben an seinem Körper verrieten Ditzlin, wessen Blut hier geraubt worden war. Es trug nichts außer einen Lumpen um die Hüfte und ein Messingjoch um den Hals... besitzergreifend legte der Kerl seine Klauenhand auf den Kopf des Jungen und der Blick des Kindes erstarb in absolutem Grauen...


    Die beiden Gestalten verschwanden mit der Nacht, als diese von der Erinnerung fortgerissen wurde. Die Wärme und das Leben kehrte in Ditzlins Körper zurück, er spürte die Dielen unter seinem Rücken und die Lippen von Indutiomarus auf den seinen.




    ****

    15.01.(2020) - Charbogen-Ergänzung:

    - Indutiomarus und Ditzlins Liebe

    - Blutmagie und Kinderwunsch

    - Indutiomarus erklärt Ditzlin, dass es vor ihm "keinen anderen Ditzlin" gab. Es gab vorab niemanden den er liebte oder vertraute



    Asa Karane, Kapitel 04, Zwei Wigbergs in Hohenfelde

    Link:

    Asa Karane Kapitel 04 - Zwei Wigbergs in Hohenfelde




    Indutiomarus legte sich ins riesige Bett und betrachtete Ditzlin der nackt wie ihn die Götter geschaffen hatten, ins Schlafzimmer schritt. Indu liebte dessen geschmeidige Gestalt, die Art wie Ditzlin sich bewegte, aber es war nicht nur das. Er liebte wie dieser Mann dachte, eine Mischung aus Nähe und Distanz, aus Sorge und Brutalität.


    Ditzlin war kalt, berechnend, intelligent, willensstark, sadistisch, liebevoll und treu. Er war durch und durch ein Wigberg, die Stärke lag bei ihnen im Zusammenhalt, die Stärke der Hohenfelde lag in der gnadenlosen Selektion. Aber gemeinsam waren sie etwas, dass ihre beiden Familien allein nie erreichen konnten...


    Das wussten auch Dunwolf und Harubold, oder sie spürten es... instinktiv...


    Indu schob die Gedanken beiseite, denn im Moment wollte er nur eines spüren... Ditzlin.

    Er ließ sich weiter in die weichen, schwarzen Nurnack-Felle sinken, strich mit den Krallen durch den zarten Flaum, der weicher kaum sein konnte.


    "Warum bist Du überhaupt zu einem von ihnen freundlich?", lächelte Indutiomarus.

    "Freundlichkeit wird als Schwäche ausgelegt... es ist unwichtig was Leopoldius, Arbogast oder Dunwolf von Dir halten... einzig und allein meine Meinung und mein Willen ist hier maßgeblich... ".


    Die Stimme war nur noch ein raues Flüstern, ein kurzer Druck in Ditzlins Schädel, eine Präsenz die sich wie schwarze Fäden in seinen Gedanken ausbreiteten, aber von denen keine Gefahr ausging. Alles um ihn herum verschwamm und das riesige Bett, samt seinem Gastgeber standen nicht mehr im Schlafzimmer der Hohenfelde Feste, sondern es stand an den Gestaden eines Strandes.


    Indutiomarus schaute Ditzlin in die Augen, Augen die so hell waren, dass sie fast silbern-weiß wirkten. Ein Mann der mehr Erfahrung in seinem Blick liegen hatte, als er nach seinen Gesichtszügen haben dürfte. Er war ein Mann ohne Skrupel, ohne Gewissen, aber das war er nicht grundlos. Er war ein Mann dessen Seele einst verkauft worden war, verschachert, bevor er überhaupt begriff, dass er so etwas wie eine Seele besaß. Eines hatte sich in das eingebrannt, was von seiner Seele übrig war, dass man töten musste um zu überleben...


    Es war der Strand, von dem Indutiomarus einst geträumt hatte. Ein gestohlenes Schiff, ein unbekannter Strand, vielleicht war es gar kein See, sondern sogar ein Ozean. Das Schiff war silbern, seltsam sah es aus, aus einem Material dass Ditzlin unbekannt war. Das Schiff stand an einer geschützten Bucht, alles um sie herum war nur Fels, es war öde und Staub wirbelte auf...


    Es gab keine Spur von Leben. Sie waren die einzigen Wesen auf dieser Welt und sie waren hier angekommen...

    Gestrandete... Gerettete.... Asa Karane...


    Sie begannen mit Arbeiten... untersuchten das Wasser, die Luft, den Fels... und sie woben Magie... Einige Pflanzen die sie aus der alten Heimat mitgebracht hatten, pflanzten sie in der Nähe des Wassers... Teile warfen sie sogar hinein... Sie stürzten in die Wellen und wurden davon getragen... beseelt mit Leben, Magie und getragen durch Blut...


    Funken von Leben, in einer Welt aus Tod und Asche... daher stammten sie... Und die Gestrandeten schenken einem nackten Felsen Leben, sie die sonst nur den Tod brachten...


    Das war der erste Tag auf der Insel... Morgen und Abend zugleich für sie und das Land...


    Indutiomarus wusste, irgendetwas schaffte es immer... wenn es nur hart und zäh genug war, würde etwas überleben... Wochen vergingen und schon sahen sie das erste zarte Grün. Algen die sich vermehrt hatten... Pflanzen die sich an Steine krallten. Die Zähen hatten überlebt... Nach einigen Monaten hatten sie sich in den Buchten ausgebreitet...


    Glänzende Schleier im Wasser, grün auf den Felsen... das erste Grün dass den Kopf erhob und bald zur majestätischen Größe heranwachsen würde. Indu begann einige der Pflanzen zu hüten, ein Teil starb... so war es immer. Ein anderer Teil überlebte, wenn man ihn beschützte...


    Die Härtesten verdienten seinen Schutz, sie blühten, bildeten Samen und verbreiteten sich über die Insel. Mit Hilfe von Magie und dem Nordwind wurde die Insel von Leben erfüllt. Es war ihre Welt...


    Mit der Zeit spürten sie, dass die eigenen Kräfte schwanden, aber die Welt um sie herum war erstarkt. Sie gingen zu dem Strand, dort wo das seltsame Schiff stand... dort wo alles begann... und hier würde auch ihr Neuanfang erblühen... Sie hatten ihre eigene Welt gegründet, Pflanzen gezogen, Lebewesen geformt, sie waren das gewesen, mit Schweiß, Blut, Macht und vor allem Magie...


    Und nun galt es, das Rad des Lebens wieder in Schwung zu bringen... das was man säht, dass wird man auch ernten... Gemeinsam ließen sie ihre mentalen Barrieren fallen... er war mächtiger und hungriger als sie und er zerriss die geistigen Barrien zu ihren Körpern... die Bindung war unwiderruflich getrennt.


    Er fraß, er nährte sich... er überlebte, während er aus ihren körperlichen Überresten die Lebenden schuf... Nun war er frei... für immer...


    Ein schwarz-grüner Ozean brandete an das Bett, in dem Ditzlins Mann auf ihn wartete... er war die Blume die er hütete, während er die anderen wie Getreide erntete...


    Die messerscharfen Krallen streckten sich liebevoll nach ihm aus.



    **



    Wie immer leistete Ditzlin keinen Widerstand, als Indutiomarus in seinen Geist eindrang. Jede Weigerung wäre vergebens gewesen und hätte nur unnötigen Schmerz verursacht. Locker lassen ... geistig wie körperlich. Indutiomarus konnte bei Ditzlin etwas spüren, dass er von seiner Familie nicht kannte, vielleicht von überhaupt keinem anderen Menschen: Vertrauen. Ditzlin liebte ihn mehr, als jeder andere den uralten Magier liebte und er war vielleicht der einzige, der ihm vertraute. Ob das Vertrauen berechtigt war, wusste Indutiomarus allein. Ditzlin war bereit, es darauf anzulegen, sich völlig in seine klauenbewehrten Hände fallen zu lassen, auch auf die Gefahr hin, eines Tages zerrissen zu werden. Mit einer Liebe, die jeder Beschreibung spottete und die Harubold völlig verkannte, blickte er den hageren alten Mann an, strich ihm nun seinerseits mit den eigenen schwarzen Klauen über die Haut. Sie waren so unterschiedlich und doch so gleich ... sie waren die Sonne und der Himmel, sie waren Daibos und Oril, untrennbar, wenn es nach Ditzling ginge, auch wenn er wusste, dass er nicht der Einzige im langen Leben von Indutiomarus gewesen war und auch nicht der Letzte bleiben würde.


    Ditzlin gab sich dem Erinnerungsgespinst hin. Er sah, wie sie strandeten und wie sie fielen und nur wenige überlebten. Ein Theaterstück voll Schönheit, Schmerz und Nostalgie, dem er gern beiwohnte.


    Als die Wellen das Bett küsten, erhob er sich, stieg zwischen Indutiomarus Beine und lehnte sich nach hinten an ihn an. Gemeinsam blickten sie über die wogende See. Er spürte die Rippen an seinem Rücken, die sich sanft hoben und senkten, darunter schlug das Herz, das nicht ganz vollkommen finster war.


    "Die Blumen ... dein Garten."


    Er griff nach der runzligen Hand und küsste sie liebevoll. Natürlich war es die Macht von Indutiomarus und die Grausamkeit, zu der er fähig war, die Ditzlin gereizt hatte, doch das war nicht, warum er nun hier war. Inmitten all den Speichelleckern und Arschkriechern wie Vanessa gab es einen, der den alten Mann aus ganzem Herzen liebte und nur ihn. Wenn Harubold tatsächlich genau so empfand für Dunwolf ... Ditzlin dachte scharf nach.


    "Du solltest die Liason zwischen Harubold und Dunwolf unterbinden, bevor sie zu fest wird. Mit Harubold hätte er eine zuverlässige und effektive Waffe in der Hand. Eine, die kein Interesse am Platz an der Spitze hat, sondern an ihm. Harubold würde ihm so wenig einen Dolch in den Rücken rammen wie ich dir, mein Gemahl.


    Ich bin freundlich zu meiner Umgebung, weil ich auch nicht den gezogenen Dolch vor mir hertrage, wenn er Blut kosten soll, sondern ihm verborgen im Ärmel trage. Aber Leopoldius schafft es, dass ich ihm den Dolch an die Kehle halten will. Bevor du nun deine Klauen in mein Fleisch schlägst, wisse, dass ich deine Regeln akzeptiere und keinen Hohenfelde anrühren werde in dieser Weise. Nur ein Hohenfelde hat das Recht, einen Hohenfelde zu töten. Ich weiß es und ich füge mich diesem Dekret, auch wenn es mir schwer fällt, an seinen Sinn zu glauben, aber ich wuchs auch anders auf.


    Die Lebenden, die du aus den Überresten der Gefressenen schufst ... wer waren sie? Und wie hast du das bewerkstelligt, oh Blume der Finsternis?"


    Eine Zunge, genau so lang und wendig wie die von Indutiomarus, strich ihm von unten über den Kiefer.



    **



    "Betrachte Dich als meinen Ehemann und töte ihn... wenn Dir danach ist... er ist alt genug sie zu verteidigen... überlebt er - schön. Stirbt er - schön. Damit hätte er sich als unwürdig disqualifiziert... Warum sollte ich die Liebschaft von Dunwolf zu Harubold unterbinden? Lass die beiden doch... sie lieben sich... Dunwolf verbindet weit mehr mit Haru, als reines Kalkül... hochinteressant...


    Wie lange hält diese Liebe... wenn die Macht der Angst zuschlägt?

    Das kann ich nicht wissen... drum... am Besten... testen...


    Du kannst freundlich sein zu wem Du willst Ditz... aber dann beschwere Dich nicht, wenn der Rest nunmal nicht freundlich ist... was scheren Dich die Launen von den Milchgesichtern? Noch haben sie nicht ein einzigen Zug gewagt... Diese Welt bringt nur schwächliche Mütter hervor... nutzlose Schösse...



    Jede der Schlampen die ich bestiegen habe und meinen Samen an sie verschleuderte, war die Zeit nicht wert, die ich in sie investiert habe... wo liegen die Schwächlinge? Unten im Keller und erfreuen sich bester Gesellschaft... wenigstens haben sie etwas Gutes im Leben vollbracht... mich genährt...


    Würde man diese nutzlose Brut fragen, würde es sicher auch diese Weichwanzen mit Stolz erfüllen, ihrem Vater wenigstens auf diese Weise gedient zu haben... wo sie ansonsten völlig nutzlos waren... unnötige Fresser... irgendwas muss schief gelaufen sein... Und ich befürchte, die anderen haben sich die Zähne auch nicht redlich verdient... diese kleinen Luschen werden so langsam aber sicher lästig...


    Hast Du Arbos geheimes Spielzimmer gesehen? Hat er Angst vor einem Schlag, vor einem Tritt, oder davor seinen Gespielen niederzuringen? Was ist nur mit der Jugend von heute los? Früher hat man sein Gegenüber in den Gehorsam gepeitscht, wenn er nicht die Beine breit machte... heute schneiden sie ihnen einfach die Arme und Beine ab und hängen sie hin... er sammelt Löcher... und ist das größte Arschloch unter ihnen.... ich weiß nicht wie lange ich mir diesen Schluff noch antue...


    Manchmal ist er so hart, so willenstark, dass ich Hoffnung hege... und dann kriecht er abends wieder in diesem Raum der Jämmerlichkeit und vergnügt sich an totem Fleisch... er ist nicht mal ein Fleischformer, er erschafft nichts... er nimmt nur...



    Ich sollte ein Kind rein in Magie zeugen... was meinst Du? Leihst Du mir dazu Dein Blut?

    Wie man Leben schafft? Leben liegt im Blut...

    Blut ist Leben...

    Leben ist Magie...


    Verwandelte Leben in Magie... also raube die Essenz...

    Oder verwandelte Magie in Leben... hauch etwas von Deiner Essenz ein...


    Rauben oder Schenken Ditzlin...

    Nehmen oder Geben...


    Das was wir anderen stehlen können um uns fast an Unsterblichkeit zu laben, dass können wir ebenso verschenken... aber ein Leben rein aus Blut zu schaffen erfordert gewaltige Konzentration und die mächtigsten Essenzsprüche in umgekehrter Form... ich würde mein Blut nehmen und das Deine... aber wir würden Leben benötigen zum Formen, zum Verfestigen... zum Wandeln... Aber es geht... schau Dich um... was ich im Kleinen schuf... muss auch im Großen gehen...



    Die Lebenden schuf ich aus den Überresten meiner gerichteten Verwandten... aus jedem nahm ich einige Fetzen Fleisch und das Ergebnis kennst Du... sie sind Fleischfetzen, nicht mehr, nicht weniger... ein Experiment...



    Die Willensschöpfung ist kein Mythos.... unbelebtes Fleisch wiederzubeleben ist keine Kunst.... schaffe Fleisch... forme es... belebe es, dass ist eine andere Aufgabe... keine unmögliche.... aber eine gewaltige...



    Alles was wir benötigen ist ein eiserner Willen.... Blut... maßlose Opfer... und Zeit... sehr viel Zeit...

    Dazu später mehr... was ich benötige ist Dich....", gurrte Indutiomarus.


    Indu rollte Ditzlin auf den Bauch und strich ihm über den Rücken ehe er sich auf ihn ablegte. Seine schwarzen Haare fielen Ditzlin über die Schulter und Ditz roch die Mischung aus den Alchemistischen Zutaten und anderen Dingen, mit denen sein Gefährte tagtäglich hantierte. Selbst der Geruch von Indu war betörend und verstörend zugleich.


    Er fühlt wie die Zunge von Indu sein Rückgrat hochwanderte, ehe sich die Zähne in seinen Nacken und dessen Schwanz in seinen Hintern bohrten. die Welt um Ditzlin verblasste, als Indu ihn fest umarmte, körperlich wie mental...


    Die Finsternis umschlang das Licht.



    **



    Als Ditzlin erwachte, war es finster. Das Meer war fort, der Strand, die Blumen. Die Gegenwart hatte sie wieder. Er spürte den harten Leib von Indutiomarus hinter sich liegen, fühlte ihn atmen und das Herz gleichmäßig pochen. Sein pechschwarzes Haar ruhte auf Ditzlins Flanke, zusammen mit der klauenartigen Hand, die nun ganz schlaff war. Ditzlin war glücklich, wie immer, wenn sie beide sich dermaßen innig Zeit füreinander nahmen und die Intrigen und das ewige Spiel draußen vor der Tür beließen. Diese Stunden waren wertvoll und nach Ditzlins Dafürhalten zu kurz. Er umschloss Indutiomarus' Handgelenk mit den Fingern und zog ihn noch fester an sich, wobei er eine halbe Rolle vollzog, so dass sein Mann halb auf ihm zum Liegen kam.


    "Liebling", sprach Ditzlin sanft, um ihn schonend zu wecken. "Liebling, ich möchte noch ein wenig mit dir Reden und die Zeit nutzen die wir haben."


    Er drehte sich in die andere Richtung, Indutiomarus entgegen und nun lagen sie Bauch an Bauch. Durch die schmalen, trockenen Lippen blitzten die Zähne, nicht minder scharf wie die von Ditzlin. Ditzlin ließ keinen Zweifel daran, dass er die Ideologie von Indutiomarus aus ganzen Kräften unterstützte, er trug die gleichen Zähne, die gleichen Klauen und sie teilten ganz ähnliche Neigungen. Er hatte mitunter eigene Vorstellungen, sicher, nicht alles war ihm verständlich, war er doch gänzlich anders erzogen worden, doch nach außen hin waren sie eine einzige Macht und Ditzlin würde seinem Mann nicht öffentlich widersprechen oder an ihm zweifeln.

    "Ich habe über die Erinnerung nachgedacht, die du mir gestern gezeigt hast und über deine Worte, die gleich edlen Blutstropfen in mein Gehör perlten."




    **




    Indutiomarus ließ Ditzlin gewähren, auch wenn er so liegen blieb, als wäre er noch am schlafen. Es waren die intimsten Momente, neben denen, wo sie sich liebten. Ditz zog ihn auf sich und säuselte ihm Worte wie Honig ins Ohr und Indu wusste, dass sie genau so gemeint waren, sie sein Mann sie flüsterte.


    Er war die einzige Person, die jemals aufrichtig und ehrlich zu ihm gewesen war. Soweit es Indutiomarus möglich war, war er es ebenso zu Ditzlin. Manche Dinge verschwieg man besser, aber dies geschah um Ditzlin zu schützen. Er hatte keine Angst vor Vorrat, nicht von dieser Seite, nicht von diesem Mann...


    Und sollte Ditzlin ihn eines Tages doch verraten, dann war das der Preis, den er für all das was er vorher erhalten hatte, gerne zahlte... auch wenn die Tat nicht ungesühnt bleiben würde... das konnte sie nicht... das durfte sie nicht...


    Er hatte Tausende in den Tod geschickt, Leben entrissen, Essenzen verschlungen, Magie daraus gezogen... Hass, Furcht, Wut, er hatte so viele Gründe gehabt, wie er Morde begangen hatte, nur hatte er niemals aus Liebe getötet... wäre es jemals notwendig, dann wäre Ditzlin der Einzige, dem dies je widerfahren sollte... vielleicht sogar in Gnade, sollte das Schicksal es einst fordern...


    Aber vor dieser letzten Option, stand seine Macht, die Macht die er sich so teuer so dem Fleisch seiner Feinde geschnitten hatte...


    Ditzlin hingegen war nicht in Geberlaune, er wollte ihn nicht gnädigerweise kraulen und schlafen lassen. Wieso auch? Er war schließlich wach und nun hatte sein Mann auch wach zu sein... Indutiomarus schlug ein Auge auf und verkniff sich ein Schmunzeln. Reden wollte er! Ihm stand der Sinn nach was ganz anderem, wo er in das morgendliche Gesicht von seinem Mann sah.


    "Reden... Ditz es ist vermutlich gerade mitten am Tag... wo anständige Leute schlafen... aber gut, Du weißt ich tue fast alles für Dich... reden wir...", murmelte Indutiomarus und rutschte so nah, dass sich nicht nur ihre Bäuche, sondern auch ihre Schritte berührten.



    "Die Erinnerung... sie ist alt Ditz... aber eine die mir sehr am Herzen liegt... Worüber hast Du nachgedacht? Was möchtest Du von mir wissen?", fragte Indu und spielte mit den Krallen in den Haaren seines Liebsten.




    **




    Ditzlin blinzelte ihn verträumt an, während die Klauen durch sein Haar fuhren, was nicht darüber hinwegtäuschen durfte, dass er putzmunter war. Als Wigberg hatte er einen anderen Tag-Nacht-Rhythmus als sein Lieblings-Hohenfelde.


    "Du sprachst von einem gemeinsamen Kind, wenn ich das recht verstanden habe. Einem Kind von dir und mir. Es hört sich an wie ein Traumgespinst, doch wenn du schon einmal Leben erschaffen hast, kannst du es wieder. Aber wie? Wie soll unser Kind entstehen und heranreifen? Ich stellte es mir vor, sein schönes Gesicht, dachte daran, welch edles Geschöpf daraus erwachsen müsste, wenn wir uns körperlich vermählen könnten in fruchtbarer Weise. Unsere Herrlichkeit würde sich potenzieren, denn an uns sind keinerlei Makel zu finden. Es wäre das schönste, das machtvollste Wesen unserer Insel. Aber es wäre auch in höchster Gefahr, so lange es jung ist.


    Drei, Indu. Drei Söhne hattest du stets. So viele sind es nun. Aber wie viele Drei gab es zuvor? Arbogast als Ältester wird wissen, dass seine Tage gezählt sind, wenn unser Kind im Thronsaal dem Hofstaat vorgestellt wird, damit sie seinen Namen preisen und seine Brüder ihn verfluchen können. Und auch die Sanduhr der beiden anderen rieselt alsdann schneller, denn deine Söhne scheinen mir stets annähernd gleich alt zu sein. Das wird sie aggressiv machen und ein Baby bedarf des Schutzes, es kann nicht Werkzeug der Selektion sein, so lange es hilflos ist. Wie gedenkst du zu verfahren?"


    Der Gedanken an ein gemeinsames Kind erschien Ditzlin merkwürdig, waren sie beide doch nur dazu bestimmt, Kinder zu zeugen, doch wie sollte es ausgetragen werden? Seine langen Klauen verletzten Indutiomarus nicht, als Ditzlin die in samtgleiche Haut geborgenen Juwelen streichelte.


    "Aber ich dachte an mehr, noch, an den Anbeginn des Lebens auf Asa Karane, oh Stern der Finsternis", säuselte Ditzlin. "Denn wie kam es, dass die Wege der Häuser sich trennten? Und wie entstand Wigberg, sofern du davon weißt?



    Und eine letzte Frage vorerst. Ich gehe nicht davon aus , dass ein Mann wie du über all die Jahrhunderte einseitig lebte und dem körperlichen Genuss allein frönte, ohne die anderen Freuden, die wir beide nur teilen. Ich fragte mich, ob es vor mir bereits einen Ditzlin gab und was mit ihm geschah?"




    **




    Indutiomarus schloss die Augen und für einen winzigen Moment krallen sich sein Nägel in Ditzlins Haare. Er entspannte bewusst seine Hand und gab seinen Mann frei um ihn wieder liebkosen zu können.


    "Die letzte Frage ist... ungeheuerlich Ditzlin von Wigberg... Es gab niemanden! NIEMANDEN... hörst Du? All die Jahre... als ich ein Nichts war... wen hätte es geben sollen? Es gab nur mich... Schmerz... Leid... und die höhnischen Fratzen meiner Peiniger... und am Ende? Da gab es nur noch mich... wo war ihr Lachen da?


    Ihre grinsenden Gesichter... in Todesangst verzerrt... und dennoch nicht das wahre Ausmaß begreifend... was ich ihnen antun würde... ihnen angetan habe... und jederzeit wieder tun würde...


    Das was wir haben Ditzlin.... DAS HIER... das hatte ich nie zuvor besessen...

    Es gab niemanden wie Dich... man hasste mich... verachtete mich... quälte mich... später fürchtete man mich... sei dem so.... der Lauf der Welt... meiner Welt...


    Aber Liebe? Ich weiß nicht ob wir uns tatsächlich lieben Ditzlin... aber wenn Liebe dass ist... was ich für Dich empfinde...

    dann liebe ich Dich...


    Es gab keinen vor Dir... es gibt keinen nach Dir... und fragst Du erneut, endet es... weil Du mich damit in Frage stellst und meine Gefühle zu Dir...", knurrte Indutiomarus.


    Indu schwieg einen sehr langen Moment, wo er mit seinem Geist woanders war, das spürte Ditzlin und er sah es seinem Mann auch an. Als er wieder vollständig in seinen Körper zurückgekehrt war, küsste er Ditz auf den Kopf.


    "Du bist manchmal eine wahre Pest... vielleicht liebe ich Dich deshalb", lachte Indu leise.


    "Zur Frage, kennst Du die Legende des Homunkulus des Menschleins? Mit diesem Begriff bezeichnet man einen künstlich erschaffenen Menschen. Die meisten Unwissenden speisen dieses Wissen, wenn sie es denn haben als Mythologie ab... es ist kein Mythos...


    Es ist die Verbindung von uraltem Wissen, Magie und Alchemie...

    Manche der Altvorderen verwendeten den Begriff auch um auf die Ambivalenz von Magie und Technik zu verweisen... welche Technik... nunja... magische Technik zogen sie wohl nicht in Betracht.



    Der ersten Legende nach wird ein Homunkulus geschaffen indem man...

    Luft in Wasser...

    Wasser in Blut...

    Und danach Blut in Fleisch verwandelt...


    Der zweiten Legende nach...

    Muss man 40 Tage die Samen eines Mannes, in einem Gefäß mit wärmenden Pferde- oder anderen Mist verlaufen lassen...

    Was sich dann rege... sei einem Menschen gleich... doch es sei durchsichtig....

    Vierzig Wochen lang muss dieses Wesen bei konstanter Wärme mit dem Arcanum des Menschenblutes genährt werden...

    So entstehe ein Kind... kleiner... als ein natürlich geborenes...


    Die dritte Legende besagt...

    Nach der alchemischer Grundlage scheint jedes Organische Material Seelenstoff zu enthalten... die Essenz...

    Aus diesem könne man theoretisch neues künstliches Leben gestalten...

    Durch die Destilation von Menschenblut und der daraus gewonnenen Essenz des Seelenstoffes... kann eine menschliche Gestalt entstehen...


    Die letzte der Legenden... ist keine... sie birgt das uralte Wissen, einer längst vergessenen Technik... in Verbund mit Magie und Alchemie...

    Allen Legenden ist gemein, dass man dazu Blut benötigt... Das ist korrekt...

    Man benötigt Blut... Seelenessenz... man benötigt ein Gefäß...

    Und man benötigt Macht um all diese Komponenten umzuformen...


    Erinnere Dich... aus Blut wird Leben, aus Leben wird Magie...

    Aus Blut wird Magie... und aus Magie... wird Leben...


    Wir benötigen ein Phylakterium, in dem unser Blut... unser Kind heranwächst... geschützt... abgeschirmt...


    Unser Blut wird nicht bedroht werden... sobald es seinen ersten Atemzug im Phylakterium nimmt... werden die anderen Drei ihren letzten aushauchen... Ihre Daseinsberechtigung ist erloschen...

    So lange es im Phylakterium ist, ist unser Blut unantastbar...


    Das zu unserem Kind mein Liebster...


    Wie viele der Drei es vorab gab? Oh... sie waren unwerte Geschöpfe... ich muss nachdenken...", antwortete Indutiomarus. Der alte Magier verharrte und dachte mit gerunzelter Stirn nach.



    "Es müssen 15 Generationen Kinder gewesen sein... hier auf Asa Karane... 15 Generationen... jeweils drei Söhne... 45 Söhne liegen unten auf Eis...


    Die anderen Familien erreichten diese Insel später... ein klein wenig später... da hatten wir die ganze Arbeit schon geleistet... und ich habe mir all das hier aufgebaut... viele kamen und gingen... Das Leben ist dem Meer sehr ähnlich Ditz... Du bist ein Kleinod, dass mir das Schicksal an den Strand spülte...", sagte Indu liebevoll und biss ihn fest in die Schulter.



    ****