Beiträge von Matteo Bruno

    Für einen Moment keimte die Freude in Matteo auf, als er bemerkte, dass Vittorio ihm Glauben schenkte. Natürlich waren einige Details unklar, welche aber durchaus plausibel erklärbar waren, doch benötigte es dafür sicherlich ein wenig mehr Zeit, als ein einfaches Gespräch auf dem zerstörten Hof der Burg Drakenstein. Zumindest konnte Matteo für sich behaupten, endlich eine Wirkung auf das Geschehen in Ehveros zu haben, womit er seine Dienlichkeit für Ledwick unter Beweis stellen konnte.


    Doch als Vittorio davon sprach, er müsse die Sache ohne weitere Verbrechen aushebeln können, weil er dazu ausgebildet worden sei, stockten für einen Moment Matteos Gedanken. Ich soll was? Nicht nur, dass es für ihn fast schon unwahrscheinlich schwer schien, eine solche Aufgabe ohne Netzwerk von Agenten und Spionen anzugehen, obendrein durfte er seine Waffen nicht gegen die Menschen erheben, die seiner liebsten Heimat schaden wollten. Das war der erste Moment seit Langem, in dem er Wut in seinem Bauch aufsteigen spürte. Es klang alles für ihn wie ein Hohn. Natürlich glaubte man ihm nicht, aber wollte Vittorio nicht erkennen, dass er nur Gutes für sein Land im Sinn hatte? Offenbar nicht. Vielleicht war er auch blind wegen der doch eindeutigen Ablehnung, zumal Matteo nicht wusste, wie er das anstellen sollte, als den Tod zu bringen.


    Doch Matteo begehrte nicht auf. Was brachte es ihn schon? Besonders als der Kommandant erklärte, dass Matteo auf diesen Garlyn angewiesen sei und auf diesen aufpassen solle, kam sich Matteo schließlich ganz nieder vor. Als Sklave war er Demütigungen gewohnt, doch griff Vittorio etwas an, was Matteo zuletzt heilig war: Seine Zuverlässigkeit und den Wunsch seinem Land zu dienen. Doch statt auch nur ein Widerwort zu bringen, verbeugte sich Matteo und antwortete ruhig: "So soll es geschehen, mein Herr. Fragen habe ich keine. Ich werde mich sofort auf den Weg machen."


    Zwar fragte Matteo anschließend noch, ob er seine Waffen zurückerhalten könne, doch dies wurde ihm unter eindringlichen und bestimmenden Gründen verwehrt. Also musste er noch nackt hinausziehen. Ein Umstand, der ihm gar nicht schmeckte. Doch auch davon ließ er sich neben eine rleichten Anspannung nichts anmerken und machte auf den Absatz kehrt, auf direktem Wege aus dem Hof hinaus. Doch nicht etwa zu Garlyn, der noch immer auf der Wiese zu warten schien, nein. Matteo beschloss sich seinen eigenen Plan. Etwas, was er seit Jahrzehnten nicht mehr getan hatte.


    Statt also den Befehlen zu gehorchen, wich er Garlyn weiträumig aus und plante alles weitere gedanklich. Zuerst brauchte er neue Dolche, dann einen Weg ach Ehveros. Wenn man ihn nicht offiziell die Menschen aus den Weg schaffen lassen, den Verbrechern ihre gerecht Strafe zukommen lassen wollte, würde Matteo dies selbst in die Hand nehmen. Damit stand sein Plan. Zwar war sein Weg auf der Suche nach zweifelsfreier Unterstützung für ihn umsonst gewesen, doch wenn dies der Preis war, war er willig, diesen zu bezahlen.

    Es war für Matteo eindeutig, dass seine Worte nicht überzeugend gewesen sein mussten. Letzten Endes war er auch nicht für das Sprechen, sondern für das Töten ausgebildet worden. Seine Aufgabe war es meist nicht, ein Publikum durch Worte von einer Sache zu überzeugen, sondern das gänzliche Gegenteil war der Fall. Wer nicht spurte, wurde eliminiert. Durch Matteos Hand. Zumindest war es zu den Zeiten so, als er Nataniel diente. Aber nun war es etwas komplett anderes. Hier konnte er niemanden einfach beseitigen, nur um die Ziele eines Herren durchzudrücken. Zum ersten Mal in seinem Leben hatte er reden und jemanden überzeugen müssen. Und Matteo hatte das Gefühl, dass er versagt hatte. Fürchterlich.


    Auf die grobe Zusammenfassung des Kommandanten nickte Matteo nur knapp. Dem gab es nichts hinzuzufügen. Stattdessen musterte er Vittorio genau. Es fiel Matteo schwer, ihn einzuschätzen oder gar abzulesen, was seine Gedanken waren. Natürlich hätte er ihn auch auslesen können, aber dies wäre niemals Sinn und Zweck der Sache gewesen. Ganz abgesehen davon, dass dies in diesem Moment gar nicht gekonnt hätte.


    So kam schließlich die abschließende Frage seitens Vittorio, was dieser nun machen sollte. Mit ausdrucksloser Miene fand Matteo eine direkte Antwort darauf: "Mich hinrichten für den Mord an einem Adligen, der unter das Hoheitsgebiet von Ledwick fällt. Meine Geschichte klingt absurd, gar unglaubwürdig, wenn man nicht das gesehen und erlebt hat, wie ich es getan habe. Das wäre vermutlich die beste und vernünftigste Variante."


    Im nächsten Augenblick spannte sich Matteo an. Seine Stimme tiefer, in seinen Augen musste sich ein Feuer widerspiegeln: "Oder Ihr geht den Hin- und Beweisen nach, welche ich Euch geliefert habe. Damit verhindern wir einen zweiten Krieg, welcher aus den Schatten geführt wird, schlagen einen Aufstand nieder, bevor er überhaupt ausbricht, wenn es nicht gar schon zu spät ist. Wenn ich schon losgeschickt wurde, um die ersten Soldaten auszuschalten, dann hat es vermutlich schon begonnen. Doch würde ich Euch dienen, Ledwick, in der Armee oder in einer anderen Abteilung, dabei helfen, Ledwick zu schützen und etwas zu verhindern, was fatal für das Land werden könnte - meine Heimat."

    Nun spürte Matteo, wie die ganze Spannung umschlug. Anfangs dachte er, dass er Vittorio davon überzeugen und endlich jemanden gefunden hatte, der seiner Geschichte anhören würde. Doch wie es nun aussah, hatte sein Gedächtnis bei den Namen ihm einen Streich gespielt, weswegen der Kommandant vor ihm stutzig zu werden schien. Aber generell waren die Fragen Vittorios sehr logischer Natur. Das Dumme an der Geschichte war, dass Matteo sie kaum bis gar nicht zu beantworten wusste. Seine ganze Haltung spannte sich an. Er spürte, wie eine Schweißperle an seiner Schläfe hinabrann, während sein Blick weiterhin starr gegen den Boden gerichtet war. Auch die Rüge hatte es in sich. Sollte er sich einfach ergeben, all das vergessen, die Strafe davontragen und es sein lassen? Die Antwort war klar: Nein. Matteo würde nicht aufgeben.


    Entgegen seiner Ausbildung und Erziehung erhob Matteo nun den Blick, fixierte den Kommandanten vor sich und erläuterte die Dinge, wie sie waren: "Er ließ mir das Lesen beibringen, damit ich die gestohlenen Informationen seiner Feinde aufnehmen und mündlich überliefern kann." So viel zum Thema des Lesens. Für mehr war es nicht. Doch jetzt nützte es Matteo als Talent, um sich besser zurechtzufinden. Diese Aussage untermalte er mit einem kurzen Blick, ehe erneut den Brief mit den Namen aufschlug und nach diesen Ausschau hielt. Zur Korrektur sagte er dann: "Bei den Namen habe ich mich vertan, verzeiht. Es war Ritter Roland von Korre." Das reichte, um den Brief wieder zu verstauen, ehe er die Dokumente verstaute. Dieses Mal war ihm alles egal. Entweder gewann er oder verlor alles. Zumindest war er in dem Wissen, seiner Heimat einen Dienst erweisen zu wollen.


    Für einen Moment schloss Matteo die Augen, atmete tief durch, als er sie wieder öffnete und sich in seinen Augen ein gewisses Maß Wut widerspiegelte, als er die folgenden Worte auf die erste Frage ausspuckte: "Weil ich Graf Nataniel von Volkin nach meinem Ansetzen auf Besatzungstruppen und dem Auffinden dieser belastenden Dokumente persönlich getötet habe. Diese Dokumente habe ich aus seinem Haus, um genauer zu sein seinem Büro. Ihr könnt gern dort jemanden hinschicken und seine Leiche bergen."


    "Um eure zweite Frage zu beantworten, das entzieht sich vollkommen meiner Kenntnis. Vielleicht ist es einfach gewesen, mit Sklaven Nachwuchs zu zeugen, welcher dann von Geburt an als Sklave sein Dasein fristet. Ich kann nur mutmaßen, dass es sie damit zu gehörigeren und vor allem effizienteren Objekten macht." Matteos Blick blieb fest, seiner Sache überzeugt. Auch wenn er keinerlei Ahnung hatte, wie dieses Geschäft lief, erschien dies für ihn als logischer Gedanke.


    Schließlich ließ Matteo einen kurzen Moment Pause, ehe er fortfuhr: "Wir hatten nicht immer diesen Zweck. Zuvor wurden wir dazu ausgebildet, um die Konkurrenz auszuschalten, deren Betriebe zu schwächen, Dinge zu stehlen, solche Sachen. Die Ausbildung, wie sie im Vertrag festgehalten ist, wurde vielleicht vor einem Jahr beschlossen, um die Sklaven auf eine eventuelle Besatzung und deren Brechen vorzubereiten. Ich habe von diesen Männern gelernt, militärische Taktiken zu erkennen, zu umgehen und zu durchbrechen."


    Hinter seinem Rücken spannten sich seine Hände an, als Matteo die letzte Frage im Kopf reflektierte. Doch dafür gab es nur eine richtige Antwort: "Diese Antworten treffen somit auf eure letzte Frage ebenso zu. Nachdem ich Nataniel getötet hatte, floh ich, nahm die Ausrüstung und versuchte mich an die Besatzungstruppen zu wenden, stieß aber immer wieder auf Unverständnis. Deswegen stehe ich jetzt hier. Ihr seid der Erste, der mir richtig zuhört, wofür ich euch danken muss." Damit zeigte Matteo eine tiefe Verbeugung, die er nach wenigen Momenten wieder löste.

    Matteo wurde sofort hellhörig, als Vittorio davon sprach, dass er in seine Heimat zurückkehren und Verwandte seine Identität bestätigen könnten, damit er zurück in ein normales Leben fände. Ob meine Eltern mich überhaupt erkennen würden? Leben sie überhaupt noch dort? Bei diesen Gedanken wurden für einen Augenblick seine Knie zittrig, nur für den Bruchteil einer Sekunde, aber er konnte damit nicht unterdrücken, welche Gefühle diese Worte in ihm auslösten. Angst, Verzweflung, Wut. Alles kroch aus seinem Bauch seinem Halse empor. Es war mühselig, es einfach zu schlucken und bei der Sache zu bleiben.


    Dabei war es eine große Hilfe, dass der Kommandant die Sache doch ernster zu nehmen schien, als anfangs gedacht. Matteo spürte, dass der Mann vor ihm seinem Anliegen Gehör schenkte. Zwar wurden Matteos Behauptungen nur durch die Dokumente in seiner Tasche getragen, aber diese gaben nur in kryptischen Zeichen und Worte ihren Inhalt preis. Vermutlich eine Kodierung. Ob das ausreichte?


    Doch eines nach dem Anderen. Der Kommandant wollte Erklärungen, welche er bekommen sollte. Deshalb versuchte Matteo das Wort Assassine so detailliert wie nur möglich zu schildern: "Ich bin ebenso ein Assassine. Man nennt sie auch gemeinhin Meuchelmörder, doch sind Assassinen in ihrer Profession effizienter, präziser und schneller. Ein Assassine wird sein Leben lang nur darauf trainiert, so schnell, leise und tödlich zuzuschlagen, dass man ihn selbst am hellichten Tage nicht kommen und gehen sieht. Was am Ende bleibt, ist der tote Körper seines Ziels, ohne eine Spur des Assassinen. Es bedarf jahrelanges Training, Vorbereitung und vor allem Informationen, um einen Assassinen effizient zu machen. Ein Assassine ist letzten Endes wie ein Soldat eines Heeres - nur aus dem Schatten heraus."


    Als diese Definition aus der Welt geschaffen war, zog Matteo schließlich demonstrativ ein Bündel an Dokumenten hervor, welches er bei Nataniel hatte mitgehen lassen. "Briefe, Verträge und Urkunden. Während ich bezeugen kann, dass ein paar der Dokumente von Nataniel von Volkin stammen, fallen nur zwei weitere Namen auf. Graf Robert von Nauen, wie Nataniel ein Geschäftsmann, nur mit der Spezialisierung auf Sklaven und deren Zucht. Jener hat wohl, laut einem Brief und zwei Urkunden, nicht nur normale Menschen wie mich entführen lassen, um sie dann als Sklaven zu brechen, sondern diese dann auch weiterverkauft - wie mich an Nataniel von Volkin. Unterstützt wurden beide von Geldern und Waffen von dem Ritter Roland von Nauen. Die Gelder und Waren gehen hauptsächlich zwischen den drei Männern hin und her. Doch die ausgebildeten Sklaven werden weitergegeben. Ab dort kann ich nichts mehr mit den Informationen anfangen, da dort eine Art verschlüsselte Sprache verwendet wird. Ich denke, dass der Begriff Hunde für die Sklaven steht. Allerdings weiß ich nicht, was folgender Satz bedeuten soll: 'Die Hunde werden wie vereinbart zu den Wölfen gebracht, damit die Jagd beginnen kann. Fenrir wird glücklich darüber sein.' Das steht in einem Brief von Nataniel von Volkin an Robert von Nauen. Leider habe ich keine Ahnung, der oder was die Wölfe, geschweige denn Fenrir ist."


    Das Matteo dies alles aus seinem Gedächtnis hatte holen können, fand er selbst bewundernswert. Die ausführlichen Fassungen fanden sich natürlich den Briefen wieder, doch waren es die wichtigsten Informationen. Bis ihm noch etwas einffiel. "Ah! Bevor ich es vergesse. In einem der Briefe steht etwas von der Schwächung ledvigianischer Truppen durch brachialen Einsatz von Anschlägen. Ergänzend dazu findet sich auch eine Liste von fünf Namen. Euer Name ist mir gerade daruaf eingefallen, aber ich müsste noch einmal nachschauen, welche anderen Namen es sind. Es ist eine bloße Liste mit Namen. Keine Details, außer dem militärischen Dienstgrad und Symbole dahinter, wie ich sie noch nicht gesehe habe."

    Nachdem Matteo merkte, dass man dem Vertrag keine Beachtung schenkte, zog Matteo diesen missmutig zurück und packte ihn sich selbst in die Tasche. Hatte man doch kein Interesse an diesen wertvollen Informationen? Matteo war sichtlich verwundert über diese plötzlichen Anweisungen, wie er sich hinzustellen oder zu geben hatte. Einerseits folgte er seinem Instinkt zu gehorchen, andererseits hatte er innerlich das Gefühl, dass dieses ganze Spiel das Wichtigste nur hinauszögerte. Doch wenn es bedeutete, dass man ihn endlich angemessen anhörte, spielte er dieses Spiel mit.


    Also lockerte Matteo seine Position, steckte den Brief weg und nahm die von ihm gewünschte Position ein. Dennoch blickte er dem Kommandanten nicht in die Augen, sondern nur vor dessen Füße. Zuerst widmete er sich der Frage, wobei sich ein verwunderter Gesichtsausdruck auf seine Züge abzeichnete: "Nein, Herr. Meine Eltern stammen aus Riva Verde." Irgendwie wollte Matteo diese Frage nicht ganz verstehen, schien sie doch völlig vorbei an der Situation.


    Doch dabei beließ er es nicht, weshalb er sofort zu erzählen begann: "Nataniel von Volkin, ein Verräter Ledwicks, raubte mich im Alter von zehn Jahren meiner Eltern in Riva Verde und machte mich zum Sklaven. Die in dem Vertrag aufgeführten Lehrmeister bildeten mich in den Künsten des Infiltrierens, Ausschaltens von Zielen und in der Geistmagie aus. Ich, genau wie zahlreiche andere Sklaven, ob geraubt oder gekauft, sollten zu Assassinen ausgebildet werden, um die ledvigianischen Truppen in Ehveros auszudünnen und wichtige Personen des Heeres auszuschalten. Dazu flossen zahlreiche Gelder in alle Richtungen, während der Adel Ehveros' auf diesem Wege seine Macht und Reichtum sichern will. Ein Aufbegehren des Adels, wenn man so will."


    Konzentriert rief sich Matteo alle Einzelheiten der Dokumente ins Gedächtnis, an die er sich erinnern konnte. "Mit aus den privaten Schatzkammern der Adligen finanzierten Ausbildungen und Käufen an Kampfkraft soll im Untergrund somit eine Sklavenarmee geschaffen werden, die die Truppen in Ehveros schwere Schäden zufügen und zum Rückzug zwingen soll. Der offene Krieg, den Ehveros verloren hat, will dieser nun mit Menschen wie mir gewinnen - aus dem Schatten heraus. Jeder höherrangiger Kommandant und Befehlshaber ist ein potenzielles Ziel dieser Anschläge. Die Sklaven hingegen sind ersetzlich, genau wie ich. Wir wurden nur darauf erzogen, unseren Herren zu gehorchen und unsere Ziele auszuschalten. Doch ich erkannte, was dieser Mann vor hatte, als er mich auf die ersten Soldaten ansetzte, um zu schauen, wie ich mich schlage. Ich habe keinen Ledvigiani getötet. Sondern nur die Hinweise auf die Machenschaften entdeckt."


    Mit jedem weiteren Wort spannte sich Matteo Körper an. Immer mehr wuchs in ihm die Angst, dass man ihn für seine in seinen Augen richtigen Taten nun bestrafen würde, obwohl er konkrete Hinweise für ein Geschehen lieferte, welche auch den Kommandanten selbst betreffen konnte. "Verzeiht, wenn ich es auf diesem Wege sage, mein Herr, aber ich glaube, auch euren Namen in einer Dokumente entdeckt zu haben. Ich fürchte, dass ihr eines der Ziele seid und Ihr Euch umgehend schützen müsst." Das erste Mal in seinen Jahren als Sklave lag Feuer in seinen Worten. Pure Überzeugung in dem, was er von sich gab und wie er es formulierte. Matteo wusste nicht was das Gefühl war, doch ein ferne Erinnerung gab eine neblige Antwort - Stolz.

    Selbstverständlich ließ sich Matteo fürs Erste von den Männern des Kommandanten abführen. Offenbar war dieser kaum erfreut über das Auftreten Matteos, wofür sich dieser rügen musste, fand er seine Handlung aber auch notwendig, damit er überhaupt so nahe an den Kommandanten hatte kommen können. Ansonsten hätte ihn niemand vortreten lassen, wobei sich Matteo nicht einmal sicher war, ob man ihm wie zahlreiche Männer zuvor überhaupt Glauben geschenkt hätte. Daher wollte er es sich nicht auch gleich ganz verscherzen mit einem Mann, der genug Einfluss hatte, um seinen Erkenntnissen Gewicht verleihen konnte. Aus diesem Grund wehrte sich Matteo auch nicht, dass man ihm die Waffen abnahm und festsetzte, so lang der Kommandant noch mit seinen Anliegen beschäftigt war. Dabei hielt er seine Arme konsequent nach oben, wenn er sie abstützen musste hinter seinem Kopf, aber er nahm sie niemals herunter und gab auch den Vertrag in seiner Hand nicht her.


    Dann kam der entscheidende Moment, an dem man Matteo wieder vor den Kommandanten führte. Dessen Blick wich er aus, blickte in gelernter Manier zu Boden und gab auch keine weitere Regung von sich, während er Vittorio genau zuhörte. Die zahlreichen Fehler die Matteo vorgeworfen wurden kränkten ihn zutiefst. Nichts tat ihm mehr weh, als von einem Höherrangigen zu hören, wie schlecht er sich verhalten hatte. Man konnte ihn noch so sehr schlagen, demütigen und physisch verletzen, das machte ihm nichts aus. Wenn man ihn jedoch tadelte, wenn er meinte gute Arbeit zu leisten, war es für ihn vergleichbar mit einem Schlag in die Magengrube - auch wenn er es sich nicht ansehen ließ. Schmerz zu zeigen war verboten.


    Aus diesem Grund berichtigte er augenblicklich, kaum hatte der Kommandant ausgesprochen, seine Fehler: "Mein Name ist Matteo Bruno. Ich bin ein ehemaliger Sklave von Nataniel von Volkin, einem verstorbenen Adligen aus Ehveros. Dieser besaß Dokumente, teilweise von ihm unterzeichnet, die eine Verschwörung von Adligen in Ehveros belegen, unter anderem dieser Ausbildungsvertrag. Die darin erwähnten Männer bildeten auch mich aus. Doch damit nicht genug, habe ich auch weitere Dokumente bei mir, um die Schuld und Existenz eines solchen Netzwerks zu belegen."


    Statt einen Schritt auf Vittorio zu zu machen, reichte Matteo den Vertrag an einer seiner Leibwachen weiter. Matteo selbst hielt seine Hände oben, gut sichtbar für alle Anwesenden. Seine Hoffnung lag darin, dass es ausreichen würde, um die ersten Wogen zu glätten und seinen Nutzen für Ledwick zu zeigen. Nur so konnte er seine gerade begangenen Fehler wiedergutmachen und zeigen, wie dienlich er seiner Heimat sein wollte.

    Matteo Bruno


    Allein der ausdrückliche Wunsch auf den Namen eines Gottes zeigte Matteo, wie er sich beeilen und seinen Auftrag ausführen sollte. Auf diese Weise verbeugte er sich tief, offenbarte seinen Nacken, während er selbst sprach: "Euer Wunsch ist mein Befehl, mein Herr." Ohne weiterer Verzögerung machte sich Matteo auf den Weg zu den Ruinen, die von den Soldaten Ledwicks umgeben waren, was es zu keiner einfachen Aufgabe machen würde, hineingelassen zu werden. Wenn Garlyn nicht hineingelassen wurde, dann Matteo sicherlich nicht. Also hieß es, auf die Fähigkeiten seiner Ausbildung zurückzugreifen, um seiner Heimat dienen zu können. Das war etwas, worauf Matteo sicherlich stolz sein konnte.


    Es brauchte dabei nur wenige Momente für Matteo, um die Routen der Wachen zu erfassen und eine Schwachstelle zu erfassen. An einer Stelle im Mauerwerk klaffte ein Loch, welches ins Innere der Ruinen führen würde. Es war tief und breit genug, dass er selbst bequem hindurchschlüpfen konnte und die Wachen kamen im Minutentakt an dieser Stelle vorbei. Viele vermochten in diesem Spalt nichts weiter als einen Schaden in der Mauer zu sehen, Matteo hingegen sah eine Möglichkeit seine Mission zu erfüllen.


    Dementsprechend passte er den perfekten Zeitpunkt ab, an dem er unauffällig in die Spalte kletterte und in deren Schatten verschwindete. Der Bruch war kaum breit genug, um seine Statur zu fassen, aber es reichten Kraft und Beharrlichkeit aus, sich schließlich in das Innere des Mauerwerks zu quetschen. Zwar bekam dabei seine Rüstung den ein oder anderen Kratzer ab, seine Unterkleidung riss irgendwo auf Bauchhöhe, aber Matteo selbst blieb unbeschadet, als er auf leisen Sohlen hinter den Mauern landete. Sofort suchte er sich Deckung, während er die Umgebung sondierte.


    Es herrschte ein reges Treiben innerhalb der Mauern. Wachen kommen und gingen, räumten das Chaos auf, welches Matteo bereits zu nutzen plante. Der Schutt bot genug Deckung, in dessen Zuge er sich unentdeckt fortbewegen konnte. Selbst der helllichte Tag würde nicht in der Lage sein wollen, ein Licht auf Matteos Tun zu werfen, ehe dieser sein Ziel gefunden und dieses konfrontiert hätte.


    Mit aufmerksamen Augen sondierte Matteo seine Umgebung, erkannte zwei Wachen, welche sich sogleich an seiner Position vorbeibewegen würden, aber so sehr mit dem schweren Stück Gestein beschäftigt waren, dass sie ihm kaum Beachtung schenkten. Die meisten Wachen an diesem Ort schienen mehr damit beschäftigt aufzuräumen, als wirklich zu bewachen. Wer rechnete auch schon damit, dass sich jemand in eine Ruine schleichen würde?


    Kaum haben die Beiden seine Position passiert, huschte Matteo zur nächsten Deckung und überblickte den Hof. In der Nähe des Bergfrieds erblickte Matteo schließlich sein Ziel. Vittorio schien beschäftigt mit seinen Soldaten. Die Beschreibung auf den Mann traf zumindest zu, sodass Matteo davon ausging, dass es sich um die gesuchte Person handelte. Nun musste er nur noch näher herankommen, um schließlich ohne Störung auf Vittorio zugehen zu können. Das war sein Ziel. Würde er vorher entdeckt werden, schmiss man ihn vermutlich raus oder griff direkt an. Das durfte nicht passieren.


    Also schlängelte sich Matteo katzengleich durch die Ruinen. Stück für Stück näherte er sich Vittorio, welcher sich selbstverständlich zu bewegen pflegte, doch kam Matteo näher. Auch als einer der Soldaten einer seiner Bewegung bemerkt hatte, konnte er einer Entdeckung mit einer gekonnten Finte entgehen. Es war leider zu einfach, den jungen Soldaten mit einem weiteren Geräusch abzulenken und ihn auf eine völlig falsche Fährte zu locken. Diese Männer waren offenbar vielleicht gut in einem Krieg, doch im Bewachen von Dingen waren sie nicht so fähig, wie es sich Matteo erhofft hatte.


    Genau aus diesem Grund überbrückte Matteo letzten Endes den Rest des Weges mit gekonnten Schritten, bis er sich nur noch wenige Meter von Vittorio entfernt hinter einem Trümmerteil befand. Nun war der Moment gekommen. Tief atmete Matteo durch, ehe er den Vertrag aus der Tasche zog, sich offen aus seiner Position erhob und zeigte. Dabei hielt er seine Hände leicht erhoben, mit den Handflächen zu Vittorio gerichtet, machte er einige Schritte auf diesen zu, blieb aber in gebührlichem Abstand. "Kommandant Pollarotti, ich wurde von Garlyn geschickt, weil ich Hinweise für die hier stattgefundenen Hinweise habe auftreiben können. In meiner Hand halte ich einen Vertrag, der die Ausbildung von Sklaven zur Infiltration und gezielten Schwächung ledvigianischer Kräfte festhält. Er stammt von einem Adligen aus Ehveros."

    Matteo Bruno


    Offenbar war dieser Garlyn kein Mann, welcher sich sonderlich um Gepflogenheiten oder Manieren scherte. Im Gegenteil. So wie dieser sich gab, entsprach er mehr und mehr dem Bilde, welches er sich selbst zugeschrieben hatte. Das Bild eines Söldners. Doch war es nicht Matteos Aufgabe, geschweige denn Recht, sich darüber ein Urteil zu bilden. Besonders Matteo durfte sich solche Dinge in seiner Stellung nicht erlauben. Stattdessen stand er einfach nur stramm, mit dem hinter dem Rücken verschränkten Händen und wartete auf eine Reaktion des Söldners. Diese fiel jedoch recht nüchtern aus, weswegen Matteo Zweifel bekam, ob sein Anliegen wirklich gehört werden würde.


    Allerdings setzte sich Garlyn in Bewegung, wies Matteo an, an diesem Punkt zu warten, was dieser auch ohne eine Muskelregung machte. Er war es gewissermaßen gewohnt, angewurzelt an einer Stelle zu stehen oder zu hocken. Dabei fuhren seine Gedanken herunter, damit sein aktiver Verstand sich nicht mit Dingen wie Langeweile auseinandersetzen musste.


    So dauerte es für Matteo nicht einmal eine Minute, da kam Garlyn wieder zurück. Weiterhin mied Matteo dessen Blick, hörte ihm aber aufmerksam zu. Infiltrieren und ausfindig machen? Das war eines seiner leichtesten Übungen. Mit ernsten Blick betrachtete er die ihm entgegengestreckten Unterlagen, nahm sie aber schließlich an. Für einen kurzen Moment sortierte er sie nach Wichtigkeit, bis ein Brief ganz oben lag, der den Ausbildungsvertrag von einem Dutzend Sklaven darstellte. Darin war geregelt, wie viel zwei Ausbilder mit den Namen Noan und Julianus Damkir für die Ausbildung erhalten würden. Daraus war ersichtlich, dass diese die Sklaven für Kampf und Infiltration ausbilden sollten, spezialisiert auf gezielte Attentate und Schwächung. Nataniel von Volkin war der Geldgeber.


    "Das werde ich erledigen, mein Herr. Diese Dokumente werden ihn erreichen. Mein Name ist Matteo Bruno." Seine Stimme klang demütig, als ob er seinen Namen nur zögerlich oder gar widerwillig aussprach. "Wenn Ihr es wünscht, werde ich mich jetzt auf den Weg machen, die Dokumente zu überbringen."

    Matteo Bruno


    Das war zumindest ein kleiner Erfolg! Das erste Mal wollte jemand die belastenden Dokumente sehen, auch wenn Garlyn selbst sehr gelangweilt schien, fast schon, als ob er Matteo nicht glauben würde. Trotzdem gab es diesem Grund zur Hoffnung, war er bisher doch immer auf taube Ohren gestoßen und nun zumindest jemand, der irgendwas davon lesen wollte. Stolz keimte in Matteo auf, als er schließlich an seine Tasche griff und nach den Dokumenten kramte. Den Blick hielt er dennoch bedeckt, wagte es gar nicht, Garlyn überhaupt in die Augen zu blicken.


    "Hier, bitte sehr, mein Herr. Ich hoffe, es ist zu Eurer Zufriedenheit."


    Im nächsten Augenblick hatte Matteo die Dokumente in der Hand und gab sie dem Söldner ohne zu zögern. Wertvolle Briefe und Informationen, die Hinweise und einige Namen enthielten, die im Zusammenhang mit einem geplanten Aufstand standen. Korrespendenzen zwischen Adligen, die sich über den Kauf von Sklaven und deren Ausbildung zur Sklavenarmee unterhielten. Zeitgleich noch ein oder zwei Veträge für Lehrmeister in vorwiegend zerstörerischer Magie und in den Kampfkünsten.


    Soweit Matteo das hatte beurteilen können, sind die Informationen recht vage gewesen. Sie reichten meist nicht mehr als über ein paar Namen, Zahlen und Coderwörtern heraus, sie belegten aber eindeutige Vorhabungen zu einer Rebellionen gegen die Besetzung Ehveros' durch Ledwick. Das musste reichen, um Garlyn davon zu überzeugen, dass Matteo in einer guten und dienlichen Sache kommen musste. Auch wenn es sich für jemanden wie Matteo nicht ziemte, trat er dennoch nervös von einem Fuß auf den anderen, während er seine Hände wieder hinter dem Rücken verschränkte. Das war seine Chance, seinem Land dienen zu können. Hoffentlich erkannte Garlyn das auch an.

    Matteo Bruno


    Was war nur in diesem Land los? Im Grunde stand es Matteo nicht zu, diese Frage zu stellen, während er seiner Heimat entgegenschritt, doch dieser Gedanke drängte sich unweigerlich auf, als er blickte, was der Krieg mit dem Land machte. Oder eher, was er mit dem Land gemacht hatte. Die Menschen schienen zu hungern. Er selbst hatte Wucherpreise für Essen zahlen müssen, weswegen sowohl sein Geldbeutel als auch sein Magen leer waren, kaum hatte er die Grenze überschritten. Dem ganzen Bilde zum Trotz erblickte Matteo immer wieder Soldaten und Ledvigiani, welche sich sorgsam um die geschundene Bevölkerung kümmerte, um dieser aus den Nachwirkungen des Krieges zu helfen. Eine helfende Hand in einem schwelenden Konflikt, wie ihn sein alter Meister hatte schüren wollen. Mit Matteos Hilfe. Dieser bereute es keine Sekunde, dieses hässliche Gesicht zerfetzt zu haben, wenn er solche Taten gegen seine treue Heimat geplant hatte.


    Mit den Dokumenten in der Tasche bahnte sich Matteo einen Weg durch das kriegsgebeutelte Land, auf der Suche nach jemanden, welcher sich seiner annehmen konnte. Doch die meisten Soldaten wiesen ihn einfach ab, hörten ihm nicht einmal zu, sondern taten Matteo als verrückten Spinner ab, der irgendwelche Geschichten erfand. Dabei wollten sie nicht einmal etwas von den Dokumenten sehen. Sicherlich hatten sie geglaubt, Matteo würde die Geschichte erfinden, um am Ende Geld abgreifen zu können. Doch nur er wusste, dass es absolut nicht der Wahrheit entsprach, sondern er rein aus dem Glauben an seine Heimat handelte. Doch offenbar war sein Wort nicht viel Wert, wenn er die gesamte Zeit auf diese Weise abgewiesen wurde.


    Seine Reise führte Matteo letzten Endes nach Drakenstein, welches einem einzigen, großen Schlachtfeld glich. Die Burg selbst lag in Trümmern, zur dessen Beseitigung die ledvigianischen Truppen eingesetzt worden. Auch hier zeichnete sich ein Bild des Sieges, den Ledwick über das Land gebracht hatte. Vielleicht war an diesem Ort, besetzt mit Truppen Ledwicks, eine Person zu finden, die ihm endlich zuhören würde? Eine Person, die ihn zurück zu seiner Heimat bringen konnte, damit er seinem Zweck des Dienens seiner Heimat zugeführt würde? Doch zuerst musste er überhaupt eine Person davon überzeugen. Oder überhaupt wissen, mit wem er sprechen sollte.


    Jeder der Soldaten musste wissen, wo sein Befehlshaber war und wohin man sich wenden konnte, wenn man eine Frage hatte. Drum machte Matteo einen Schritt auf einen der Soldaten zu. Zwar wirkte der Kerl mit einem wütenden Bürger beschäftigt, dieser zog aber bereits in der nächsten Sekunde von dannen. Zufrieden sah er nicht aus, wohingegen der Soldat schlichtweg genervt wirkte. Zumindest machte seine Miene mit dickem Vollbart keinen gerade glücklichen Eindruck, während er sich selbst Dreck von der Rüstung puhlte.


    Darauf ging Matteo direkt auf ihn zu, stellte sich vor ihn, wich seinem Blick aber aus. „Seid gegrüßt, mein Herr!“, grüßte Matteo mit hinter dem Rücken verschränkten Händen. Er konnte die Füße des Soldaten sehen, welche sich zu ihm wandten, doch für den ersten Moment kam kein Ton. Während um sie herum Trubel war, schienen sie in einer Blase des Schweigens gehüllt, bis einige Sekunden vergingen.


    „Was ist denn bitte mit dir los? Kannst du nicht geradeaus schauen wie jeder andere auch?“ Der Spott lag in der Stimme des Soldaten. Offenbar wusste er nicht, wie man diente und dass man Höhergeborenen mit einem derartigen Respekt begegnete. Doch Matteo wollte ihm nicht verübeln, hatte er selbst nicht das Privileg, dagegen aufzubegehren.


    Weiterhin auf den Boden blickend, antwortete Matteo schließlich: „Mir geht es gut. Ich will Euch ausschließlich den nötigen Respekt zollen, den Ihr verdient, mein Herr.“ Vor ihm klimperte es. Die Füße traten auf und ab.


    „Ah ja. Was auch immer du geraucht hast, du solltest besser die Finger davon lassen. Na ja, egal. Was willst du?“


    „Ich wünsche eine Audienz bei einem höheren Befehlshaber, wenn es mir gestattet ist, mein Herr. Ich habe Briefe und Dokumente, welche auf ein Netzwerk bestehend aus Adligen hinweist, welche sich gegen die Befreiung Ehveros soll. Diese Informationen haben höchste Dringlichkeit. Also flehe ich euch eindringlich an, mir die Möglichkeit zu gewähren, diese einem Taktiker oder Befehlshaber zu überbringen.“


    „Ach du Scheiße, wo bist du denn entflohen? Bist du ein Sklave oder sowas? Ach, weißt du was, interessiert mich eigentlich ‘nen Scheiß. Da. Geh in die Richtung. Da haben wir einen höheren Befehlshaber. Vittorio sein Name. Wenn er nicht greifbar ist, wende dich an Garlyn. Er ist da auch mit drin. Glaube ich.“


    Nur für einen Augenblick blickte Matteo nach oben, doch nicht etwa in das Gesicht des Soldaten, sondern entlang seines ausgestreckten Armes, der in eine Richtung deutete. Schließlich senkte er seinen Blick wieder. „Vielen Dank, mein Herr. Ich werde Euch nicht weiter belästigen.“ Mit einer kleinen Verbeugung verabschiedete sich Matteo, als er mit gesenktem Blick an dem Soldaten vorbeilief, bevor er seinen Kopf wieder erhob.


    „Was für’n Spinner“, hörte er hinter sich abschätzig sagen, doch war es Matteo egal. Ein solches Urteil durfte sich nur ein Meister bilden. Dieser Soldat mag ihm überlegen sein, doch sie durften kein Urteil über ihn fällen, welches Bestand hatte. Nur ein Meister durfte das. Zumindest hatte es Matteo so gelernt.


    Schließlich folgte Matteo geradewegs die gezeigte Richtung, bis er schließlich auf noch mehr Soldaten oder dergleichen traf. Die meisten wirkten schwer damit beschäftigt, Leichen abzutransportieren, die noch frisch waren. Dabei war der Krieg an diesem Ort doch vorbei? Wie kam es, dass dort noch gekämpft wurde? Hatte Matteo etwas verpasst? Über die Fragen setzte er sich im nächsten Augenblick hinweg und hielt weiter di Augen nach einer Person offen, die die Ausstrahlung von Dominanz innehatte. Doch konnte Matteo niemanden finden, der auch nur im Ansatz Soldaten kommandierte. Die meisten von ihnen schienen von sich aus beschäftigt, weswegen Matteo einfach zu der erstbesten Person schlenderte, die er antreffen konnte.


    Ein Mann, er wirkte älter, graues Haar und Bart, saß auf Gras, während er dem Treiben in der Umgebung zuschaute. Ganz nebenbei rauchte dieser etwas, somit schien er frei zu haben oder eine Pause zu machen. Also trat Matteo an den Mann heran, mit dem gleichen Respekt, den er zuvor den Soldaten gezollt hatte, ehe Matteo seine Stimme erhob: „Mein Herr, verzeiht die Störung, doch ich bin einem wichtigen Anliegen unterwegs. Einer der Soldaten hat mich mit meinem Anliegen an einen Befehlshaber namens Vittorio oder dessen scheinbaren Stellvertreter Garlyn verwiesen.“


    Für einen Moment pausierte Matteo sein Sprechen, ehe er fortfuhr: „Ich habe Dokumente, die auf eine Verschwörung und Rebellion des Adels von Ehveros hindeuten. Könnt Ihr mir sagen, wo ich einer der beiden Personen finde, um diese Dokumente zu übergeben?“

    Name: Matteo Bruno

    Volk: Ledvigiani

    Gilde/Gruppe: ehemaliger Sklave eines Herrn aus Ehveros

    Alter: 32

    Größe: 1,86m

    Statur: athletisch

    Beruf: Assassine (in blindem Gehorsam)

    Herkunft: Ledwick, Riva Verde

    Derzeitiger Wohnort: kein Wohnort

    Familienstand: ledig

    Sprachen: Asameisch


    Aussehen:

    Wenn man Matteo ansah, erkennt man nicht im ersten Moment, dass er ein Mann ist, der den größten Teil seines Lebens in Sklaverei verbracht hat. Er ist ein großgewachsener und stattlicher Mann, der ein schmales aber durchaus robustes Kreuz besitzt. Seine Muskeln sind klar definiert, aber nicht überproportioniert, was bei seinem Beruf ein Hindernis darstellen würde. Im Ganzen kann man Matteo also definitiv als attraktiven Mann ansehen.


    Untermalt wird dies durch seine maskulinen Züge im Gesicht, welche die nötigen Kanten und Rauheiten besitzt, damit er als ein klassischer, männlicher Vertreter seines Volkes zählen kann. Seine grün-braunen Augen schauen aufmerksam in die Gegend, während sein genereller Gesichtsausdruck meist als empfindungsarm zu beschreiben ist. Selten sieht man auf Matteos Gesicht ein Lächeln oder überhaupt einen Ausdruck einer Emotion. Nicht einmal das Rümpfen seiner recht durchschnittlichen Nase ist zu erblicken, genau so wenig wie seine schmalen Lippen auch nur eine Regung zeigen.


    Auf seinem Haupt sitzt eine streng-gebundene Haarmähne, welche er stets zu einem kleinen Zopf an seinem Hinterkopf bindet. Das schwarze Haar hingegen untermalt seinen kühlen Ausdruck, dessen Härte von einem Drei-Tage-Bart komplementiert wird. Dazu befindet sich um sein rechtes Auge eine Narbe, welche, die Augenhöhle auslassend, mittig von oben herab nach unten bis zu seiner Wange geht.


    Generell wirkt sein Körper geschunden und gezeichnet. Zahlreiche Narben an seinem Leib zeugen von den verschiedensten Verstümmelungen und Folter an seinem Körper. Schnitte, Bisse, schlecht verheilte Wunden und Verbrennungen zieren seinen Körper. Besonders betroffen ist sein Oberkörper, allem voran an seinem Rücken, aber auch Arme und Beine sind nicht ganz unbetroffen.


    Anzutreffen ist Matteo stets in seiner dunkel gefärbten Lederrüstung, die eng an seinem Körper anliegt. Die Rüstung scheint aus seinem Guss zu kommen und sich an seinen Körper anzuschmiegen wie eine zweite Haut. Nur selten, meist während er in Ruhezeiten schläft oder seinem Meister dient, kann man ihn auch in einfacher Kleidung antreffen, bestehend aus Leinenhemd- und Hose, sowie einfache Schuhe.


    Charakter und Mentalität:

    Wenn man Matteo in Gesprächen erlebt oder ihn generell in der Öffentlichkeit erblickt, bekommt man schnell einen Eindruck, wie er in fremder Gesellschaft agiert. Zurückhaltend, ruhig und unauffällig. Letzteres zumindest soweit es sein generelles Aussehen möglich macht. Er selbst ist aufgrund seiner Ausbildung und seiner Tätigkeit stets darauf bedacht, nicht zu viel Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Diese Art von Aufmerksamkeit ist ihm auch entsprechend unangenehm. Sobald er in die Aufmerksamkeit von zu vielen Personen auf sich zieht, tritt Matteo den Rückzug an.


    Jahrelange Folter, Indoktrinierung und Ausbildung haben Matteo zu einem Mann geformt, der nichts anderes als Gehorsam und Loyalität kennt. Seine eigenen Bedürfnisse stehen immer unter denen einer anderen Person. Aufgrund seiner langen Zeit als Sklave ist es ihm zudem auch fast unmöglich, ein eigenständiges Leben zu führen. Es braucht einen sehr eindringlichen und umfassenden Grund, dass sich Matteo zu eigenwilligen Handlungen verleiten lässt. Andernfalls orientiert er sich an seinen Nächsthöheren, den er entsprechend mit seinem Leben beschützt.


    Zudem spricht Matteo selten und auch meist nur, wenn er dazu aufgefordert wird oder eine Situation dies erfordert. Zwar kennt er sozialen Umgang und normalen zwischenmenschlichen Kontakt, doch treibt man ihm das während seiner Ausbildung aus, was zur Folge hat, dass er nur ein Wort spricht, wenn es die Situation erfordert. Trotzdem darf man ihm nicht aberkennen, dass dieser Kern in ihm noch vorhanden ist und erweckt werden kann, braucht es aber die richtigen Mittel und eine gesunde Beziehung dafür.


    Auch wenn Matteo den Großteil seines Lebens als Sklave verbringt, schlägt sein ungebrochenes Herz dennoch für Ledwick, seine Heimat. Seit seiner Kindheit fühlt er sich mit seiner Heimat verbunden. Dementsprechend gilt seine größte Loyalität seiner Heimat Ledwick, welche er genau wie seinen Meister bis aufs Blut verteidigen würde. Meist geht diese Landestreue über die Treue zu seinem Meister hinaus, wenn diese nicht Beide miteinander zu tun haben.


    Fähigkeiten:

    Selbst wenn Matteo nur in einigen Bereichen trainiert ist, hat er dort doch eine Spezialisierung entwickelt, die für seine Zunft außergewöhnlich ausgeprägt sind. Da zählen zu den Fähigkeiten folgende Dinge:


    • Verdeckte Operationen: Geübt auf leisen Sohlen zu gehen und mögliche Geräuschquellen zu erkennen, ist es Matteo möglich, sich beinahe lautlos und wie ein Schatten fortzubewegen. Dazu kommt seine Fähigkeit, die meisten Schlösser knacken und sich bewusst durch seine Umgebung bewegen zu können.
    • Kampf mit Dolchen: Ausweichen, kleine Schäden anbringen und das in hoher Frequenz. Mit seiner Wendigkeit und Schnelligkeit kann sich Mateo gegen seine Gegner behaupten. Vor allem wenn diese von ihm überrascht werden, ist sein Ziel, mit zahlreichen kleinen Schnitten und Stichen sein Ziel zu töten. Dies gelingt ihm auch, sogar im offenen Kampf, wenn auch ausschließlich gegen ungepanzerte Ziele.
    • Geistmagie der Stufe 3: Im Zuge seiner Ausbildung lernt Matteo den offensiven Einsatz von Geistmagie. Zudem beherrscht er alle Zauber, die mit dieser Stufe einherkommen.


    Religion:

    Unter keinen Umständen ist Matteo gläubig. Sein Leben und seine Lehren haben ihn gezeigt, dass die Einzigen denen es zu glauben wert ist, diejenigen sind, die man sein Land und seinen Meister nennen kann. Auf die Verehrung eines Gottes würde Matteo niemals kommen, auch wenn er sich deren realer Existenz bewusst ist. Deshalb würde er diese Götter auch nicht verschmähen oder ärgern.


    Stärken und Schwächen:

    + Durch seine erlernte Profession ist Matteo der perfekte Einbrecher und Meuchelmörder. Kalt, effizient und lautlos. Selten hinterlässt er spuren und wenn er auf der Jagd ist, sollte man ihm nicht im Wege stehen.


    + Seine bedingungslose Loyalität und Treue machen ihn zu einem perfekten Bediensteten und gegebenenfalls auch Sklaven. Wenn sich Matteo einem Meister verschworen hat, weicht er treu und loyal niemals von dessen Seite.


    + Hingabe und Fokus auf seinen Aufgaben ermöglicht es Matteo, diese gewissenhaft zu erfüllen und alles Mögliche zu erfassen. So ist er aufmerksamer als die meisten und entdeckt Dinge, die anderen vielleicht verborgen gewesen wären.


    - Die Loyalität und Treue haben aber auch die Kehrseite, dass Matteo schnell zur Unselbstständigkeit neigt und generell von dieser kaum etwas besitzt, sofern er sich nicht in einem Auftrag befindet. Meist wartet er nur auf den nächsten Auftrag und erfüllt nebenbei seine Grundbedürfnisse. Nur mit den richtigen und behutsamen Mitteln ist es möglich, seinen menschlichen Kern zu erreichen.


    - Sein Kampfstil ist vielleicht schnell und effizient, aber gleichzeitig auch unwirksam gegen Gegner mit Ausdauer und Panzerung. Gegen einen Ritter oder gerüsteten Soldaten kommt Matteo nicht an, sofern er keinen entscheidenden Vorteil hat.


    - Für soziale Interaktionen ist Matteo kaum zu gebrauchen, sofern man ihn nicht behutsam an diese heranführt. Daher muss man sich darauf einstellen, dass man mit ihm keine tiefen Gespräche führen kann, wenn man nicht Matteos Kern erreicht hat.


    Reiserucksack:

    Im Grunde hat Matteo kein Hab und Gut. Alles was er besitzt, sind die Gaben seines Meisters, die auch weiterhin diesem gehören. Zumindest nach den Gesetzen. Dazu zählt die Rüstung Matteos, die seine hauptsächliche Kleidung darstellt. Die einzige Wechselkleidung, die er bei sich trägt, sind ein weißes Hemd und eine Hose, bestehend aus weißem Leinen, während er leichte Lederschuhe hat, mit denen man gemütlich durch die Stadt schlendern kann.

    Diese bewahrt er in einem kleinen Lederranzen auf, in dem er auch ein Dietrichset und ein wenig Proviant aufbewahrt, genauso wie einen Geldbeutel, um notfalls etwas kaufen zu können.


    An seinem Gürtel sind zwei Dolchscheiden angebracht, welche entsprechend für die beiden Dolche ausgelegt sind. Diese tragen die Namen, die Matteo diesen selbst gab: Reißzahn und Klaue. Diese sind immer griff- und einsatzbereit, um ein weiteres Mal Blut zu schmecken.


    Biografie:


    In dem beschaulichen und schönen Riva Verde beginnt das Leben Matteos, geboren als Sohn des Töpfermeisters Leano und der Markthändlerin Ella Bruno. Während Leano eine eigene Töpferwerkstatt betreibt, vertreibt seine Frau Ella die entsprechenden Kunstwerke auf dem schwimmenden Markt in Rida Verda. Das Geschäft läuft gut, wodurch Matteo in einen gut behüteten, vielleicht nicht reichen, aber durchaus wohlhabenden Haushalt geboren wird. Unter diesen Umständen hat er die Möglichkeit, eine normale Kindheit zu erleben, wie man sie aus normalen Umständen kennt. Niemand tut ihm weh, er hat viele Freiheiten und eine Menge Möglichkeiten.


    Dadurch stehen ihm an diesem Ort viele Wege offen. Während seiner ersten Lebensjahre wird er natürlich behütet. Ihm mangelt es an nichts. Kein Hunger, keine Obdachlosigkeit, nicht einmal das Fehlen von Liebe seiner Eltern bleibt ihm fern, da sich die Familie Bruno gut um ihren Nachwuchs kümmert. Andere Kinder seines Alters können nicht von diesem Glück reden, wird Matteo doch nur zögerlich in den Arbeitsalltag seiner Eltern eingeführt. Während er also bei seinem Vater in der Werkstatt sich selbst am Töpfern probiert, hilft Matteo gelegentlich bei seiner Mutter auf dem Marktstand aus, um die gefertigten Stücke an den Mann zu bringen. Wirklich harte Arbeit kann man das nicht nennen, doch Matteos Eltern versuchen, ihm eine unbeschwerte Kindheit zu ermöglichen.


    So entwickelt sich Matteo auch zu einem gesunden, 10-jährigen Jungen heran, welcher weder seinen Spieltrieb verliert noch Schwierigkeiten damit hat, Freunde zu finden oder auch einmal zu arbeiten. Er besitzt ein gesundes Verhältnis zu sich und der Welt, auch wenn es schwer ist, an einem Urlaubsort wie Rida Verda bleibende Freunde zu finden. Doch ihn kümmerte es nicht, besinnt er sich doch auf das, was er hat und ist dankbar dafür.


    Sein Schicksal wendet sich schlagartig gegen ihn, als er in seinem Alter von zehn Jahren auf dem Weg nach Hause, welches in den äußeren Bezirken der Stadt liegt, von einem Fremden angesprochen wird. Seine Eltern haben ihn niemals in der Hinsicht erzogen, dass man mit Fremden nicht sprechen und einfach weitergehen sollte, ließ sich Matteo dazu hinreißen, dem Fremden Vertrauen zu schenken und ihm zu folgen. Was für ihn anfangs nur ein netter Mann ist, der ihm etwas zeigen und vielleicht etwas Gutes tun möchte, entpuppt sich schnell als der Wendepunkt seines Lebens.


    Ehe sich Matteo versieht, schlägt man ihn nieder und er verliert das Bewusstsein. Dies hat auch zur Folge, dass sich Matteo nicht mehr an den Mann oder die Momente davor erinnern kann. Für ihn bleibt dieser Mann immer ein Geist, an den sich sein Kopf nicht mehr erinnern will.


    Das Nächste woran sich Matteo erinnern kann, ist bei einem weiteren, fremden Mann aufzuwachen. In einem kalten Bett, ohne Kissen oder Decke, zwischen Wänden die ihn an eine Gefängniszelle aus den Erzählungen seiner Freunde und Eltern erinnert. Derweilen stellt sich der Mann als ein Adliger aus Ehveros vor. Nataniel von Volkin. Ein Mann, der gleich von Anfang an klarmacht, dass Matteo ihn nur seinen Herrn nennen soll. Was Matteo zuerst für ein Spiel hält, wird in den nächsten Momenten bereits bitterer Ernst, als Nataniel den Jungen zwingt, sich zu entkleiden und nur eine einfache, eines Sklaven angemessene Tracht zu tragen. Als sich Matteo darauf weigert, dem Folge zu leisten, handelt er sich die ersten Schläge seiner Ausbildung ein. Der Junge bekommt Angst und gehorcht, aus Furcht vor weiteren Schmerzen.


    Darauf beginnt für Matteo eine wahre Hölle auf Asamura. Zuerst werden dem Jungen jede Art von Widerstand und genereller Selbstständigkeit ausgetrieben. Über Geistmagie, Schläge und auch Folter wird ihm sein einziger Zweck eingeprügelt: seinem Herrn Nataniel zu dienen. Anfangs schafft es Matteo sich gegen die Folter und Misshandlungen zu wehren, doch je länger es andauert und desto geringer die Aussichten auf eine Rettung sind, schwindet die Hoffnung aus seinem Verstand immer und immer mehr. Aus dem unschuldigen, eigentlich wohlbehaltenen Jungen wird ein Sklave geformt, dessen einzige Daseinsberechtigung nur daraus besteht, seinem Herrn zu dienen und dessen Wünsche zu erfüllen. Einerseits aus Schutz, andererseits aus Gehorsam schloss Matteo selbst schließlich auch den Rest seines Selbst in einen Kokon in seinem tiefsten Inneren weg, damit dieses seinem neuen Meister nicht in die Quere kommt. Matteos Wille ist gebrochen.


    Ganze zwei Jahre braucht es für diesen Prozess, doch schließlich wird Matteo seinem weiteren Zweck zugeführt. Sein neuer Meister bildet ihn selbst, aber lässt ihn auch in den Künsten der Geistmagie und des Dolchkampfs unterrichten. Dazu kommen Stunden von geübten Verbrechern, die dem Jungen zeigen, wie man Schlösser knackt, sich effizient bewegt und schleicht, sowie jedes noch so hochgesicherte Areal betreten kann, ohne gesehen zu werden. Es ist eine lange, harte Ausbildung, in der ihm immer wieder eingebläut wird, dass diese Fähigkeiten allein dem Zwecke seines Meisters dienen und auch nur diesem gehören.


    So vergehen Jahre, in denen Matteo von einem einst glücklichen und unschuldigen Jungen zu einer lebenden Waffe geformt wird. Mit dem Erreichen seines zwanzigsten Lebensjahrs, als sich Nataniel schließlich sicher ist, dass Matteo folg- und gehorsam basierend auf blinder Unterwerfung ist, setzt Nataniel seinen Sklaven das erste Mal als Assassinen ein. Zuerst sind es nur unliebsame Konkurrenten, Händler oder jemanden, der dem Adligen einfach nur auf die Nerven geht. Mit dieser Zeit formen sich die Fähigkeiten Matteos derweilen zu einem perfekten Maß, sodass er seinem Zweck als dienende Waffe schließlich nachkommt.


    Zwischen den Aufträgen muss er seinem Herrn in anderen Zügen dienen. Seien es Hausarbeit, Botengänge oder aber persönlichere Dienstleistungen, Matteo gehorcht, ohne zu zögern und ist darauf erzogen, nichts anderes in seinem Leben mehr zu erreichen. Für Nataniel ist Matteo nicht mehr als ein Objekt, welcher er nach Belieben benutzen kann. Dieser Persönlichkeit nimmt sich Matteo auch an, gehorcht nur noch dem Befehl seines Herrn Nataniel. Sein Herr ist für ihn sein einziger Lebensinhalt. Egal, was Nataniel von ihm verlangte.


    Bis des einen schicksalsvollen Tages, an dem Nataniel zum wiederholten Mal Matteo auf ein Ziel ansetzt. Bisher ist sich Matteo nicht bewusst, wen oder was er für Nataniel aus dem Weg räumt, doch an diesem Tag braucht es nur einen kleinen Anstoß, um etwas in dem jungen Mann auszulösen.


    Als er auf einem weiteren Auftrag ist, Besatzertruppen des mittlerweile besetzten Ehveros auszuschalten, weckt ein Gespräch von Soldaten über die Stadt Rida Verda verborgene, unterdrückte Erinnerungen des mittlerweile 32-jährigen. Er will zum Schlag ausholen, doch die aufkeimenden Erinnerungen, Bilder alter Tage, die in seinen Verstand schossen, aber auch zwei bestimmte Namen, hindern ihn schließlich daran, den tödlichen Streich auszuführen. Ella und Leano.


    Dieses Lostreten einer einzelnen Erinnerung, löst in seinem Kopf entgegen jedes Trainings eine Lawine aus, die ihm schließlich einen Funken des Alten selbst spüren lässt. In diesem Moment wird ihm bewusst, dass es falsch ist, diesen Auftrag auszuführen. Für sein Heimatland Ledwick, aber auch seine Eltern Ella und Leano. Selbstständig bricht Matteo den Auftrag und kehrt zu seinem Meister zurück. Matteo hingegen belügt Nataniel, den Auftrag erledigt zu haben und fasst einen Schluss, den er noch am selben Abend umsetzt.


    Als Nataniel am Abend nach den persönlicheren Diensten verlangt, sieht Matteo seine Chance gekommen. Hinterrücks ermordet Matteo seinen Meister, bevor dieser auch nur einen Finger krumm machen kann. Nun bemerkt er aber die Lücken in seinem Plan, da er nicht weiß, wie er weitermachen soll. An diesem Ort bleiben konnte Matteo nicht. Doch er weiß auch nicht, wohin er gehen oder wie er ohne einen Meister einen Weg finden soll. Das Einzige was ihm in diesen Moment einfällt, ist die Flucht nach vorn nach Ledwick. Doch um dort angenommen zu werden, fürchtet Matteo einen Beweis zu benötigen, um seine Validität nachweisen zu können.


    Demnach durchsucht er die Gemächer und Schreibräume seines alten Meisters, versucht Briefe, Verträge und Listen zu sammeln, die auch nur darauf hindeuten, dass Nataniel gegen Ledwick und dessen Besatzung von Ehveros vorgehen will. Ohne diese Dokumente genau zu lesen, schnappt er sich diese, Hauptsache er flieht so schnell wie möglich von diesem Ort. Dabei lässt Matteo neben ein paar einfach Sachen einen gefüllten Geldbeutel mitgehen, um sich auf der Reise versorgen zu können.


    Mit dem nötigsten Gepäck zieht er nun los und marschiert unaufhörlich in Richtung der ledvigianischen Grenze. Dabei hat Matteo nur ein einziges Ziel: seine Heimat beschützen und die Erinnerungen bewahren, die er an diese hat. Auch wenn er Matteo nun frei ist, weiß er, dass er nicht ohne einen neuen Meister auskommt. Er wird seinem Land dienen und jedem, mit dessen Hilfe er es beschützen kann.