Ein ernstes Wörtchen
An der Mole verabschiedete Tazio sich vorerst von seinem Schwiegervater. Er hoffte, dass Maximilien die rasante Fahrt mit dem Trimaran gefallen hatte. Als Ledvigiano war Tazio natürlich ungeheuer stolz auf sein schnelles Schiff, das in vielerlei Hinsicht Halterin etlicher Rekorde war. Während Maximilien noch mit dem Capitano plauderte, henkelte Tazio sich Linhard unter, damit dieser sich nicht verdrückte.
Er führte ihn über die Piazetta durch die Porta della Carta, die sogenannte Papierpforte, welche das Nadelöhr zum Innenhof des Palasts bildete. Man nannte das Tor so, da es in der Regel für alle offen stand und man hier bei den Wachleuten Schreiben für die Krone abgeben konnte. Auch diente sie als eine Art Informationstand und die Guardianos der Hofgarde, die hier ihren Dienst versahen, mussten allerlei Fragen beantworten können. Als der Duca mit dem ersten Ehemann seiner Frau sich näherte, salutierten sie, auch wenn Tazio in seiner salzwassergetränkten Seemannskleidung gerade nicht sehr aristokratisch wirkte.
Im Innenhof gab es zwei Trinkwasserbrunnen, einen für die Bevölkerung und einen für den Palast, die aus unterschiedlichen Zisternen unterhalb des Hofes gespeist wurden. Das Volk durfte sich hier frei bedienen. Vom Innehof aus führten mehrere Treppen hinauf in die erste Etage des Palazzo Ducale. Weitere Wachleute neben den untersten Stufen schauten sich genau an, wen sie hineinließen und wen nicht. Dies hier waren keine Guardianos, sondern Pretorianos, die Leibwache der Krone, die man anhand ihrer schwarzen Rüstungen sofort erkannte. Und sie waren weitaus grimmiger und wortkarger als ihre Kollegen von der Hofgarde. Auch sie salutierten, was aufgrund ihrer Rüstung, der Stiefel und der Hellebarde mit einem eindrucksvollen Knall einherging.
"Ich bringe dich zuerst zu meinen persönlichen Heilern", erklärte Tazio. "Sie werden dich körperlich und magisch untersuchen und je nachdem, was sie sagen, sprechen wir uns gleich danach oder später."
Gesagt, getan. Linhard musste geschlagene fünf Stunden die unterschiedlichsten Untersuchungen seines Körpers über sich ergehen lassen. Ihm wurden von Dantoine Fragen gestellt, die so persönlich waren, dass er vermuten musste, sie wären Teil seiner Strafe. Gleichzeitig las Aurelien all seine Gedanken zu sämtlichen Gesundheitsthemen aus. Am Ende wussten sie alles und Aurelio übermittelte sämtliche Ergebnisse in Echtzeit an Tazio. Am Ende der Tortur durfte Linhard sich wieder anziehen und die Heilstube verlassen. Auf dem Weg zu ihren Gemächern winkte ein Pretoriano ihn in eine Nische, wo sich ein Alkoven befand. In seinem Inneren befand sich rundherum ein gemütliches Sofa und in der Mitte ein Tisch mit einer kalten Platte zum Naschen und Tee.
Tazio bat ihn hinein und der Pretoriano verschloss von außen die Holztür. "Und, was hat Dantoine gesagt?" Er wusste alles bereits, aber er wollte es gern noch einmal aus Linhards Mund hören. "Wie geht es dir?"