Nesthäkchens Neugier
Die Tage verstrichen wie zäher Sirup, in denen Marthis seinen Bruder nicht sprechen konnte. Alles hatte damit angefangen, dass ein Gast über ihrer Feste, nach seinem Bruder schreiend verlangt hatte. Ein Hohenfelde auf einer ihrer Taudisschwingen. Normalerweise verhieß es nichts Gutes, wenn man jemanden aus diesem morbiden Haus der langen Dolche begegnete. Aber dieser Mann war allein angereist und Dalibor war bereit gewesen, den Gast zu empfangen und ihm sein Gehör zu schenken. Solch eine Kunde verbreitete sich wie ein Lauffeuer in der Feste. Vermutlich war dies in jeder Feste so. Jeder wollte die Neuigkeiten zuerst hören und auch weitertragen. Wer etwas wusste, war gefragt. Gefragt hatte sich Marthis auch so einiges.
Was hatte den Mann veranlasst nach Eibenberg zu reisen und dies allein? Weshalb verlangte er lautstark nach seinem Bruder Dal, anstatt nach ihrem Vater? Und was hatte der ganze Trubel zu bedeuten, dass man einen Hohenfelde bei ihnen einquartierte und sogar verköstigte? Fragen über Fragen die nur einer klären konnte, Dalibor. Gut Marthis hätte auch den Gast selbst fragen können, aber er hatte sich damit begnügt, ihn in Augenschein zu nehmen und zu grüßen. Er wollte klare Fakten und kein seichtes Geseier. Wobei er nicht davon ausging, dass sich ein Hohenfelde in derartige Ergüsse erging. Dennoch wollte er lieber mit seinem Bruder sprechen, da er so genau wusste dass er danach noch alle Körperteile hatte.
Nun hätte er etwas verloren, hätte der Hohenfelde auch etwas verloren, kurzum alles. Aber Marthis war nicht darauf aus, jemanden zu provozieren oder sich selbst in Schwierigkeiten zu bringen. Er wollte wissen was hier los war und was Dalibor so schnell hatte auf einem Schlitten abreisen lassen. Der hohenfeldische Gast blieb derweil wo er war, aß und las und hatte schienbar den Spaß seines Lebens auf ihre Kosten. Wenig entzückend.
Der Morgen graute und Marthis war früh erwacht, wie üblicherweise. Kaum dass ihn sein Leibdiener gewaschen und hergerichtet hatte, machte er sich auf den Weg zu seinem Bruder. Er klopfte gut gelaunt, seinen Leibdiener samt Frühstück im Schlepptau. Sicher war Dal nach der langen Reise ebenso erschöpft wie hungrig.