Der Raum wurde nur von Fackeln beleuchtet, welche jeweils neben der massiv wirkenden, mit Eisenriegel versehenden Holztür befestigt waren. In einer Ecke tropfte Wasser von der Decke auf den gepflasterten Steinboden. Im Raum befanden sich außerdem ein Stuhl an dessen Armlehnen sich eiserne Ringe zur Fixierung der Handgelenke befanden. Weiterhin befanden sich im Raum ein weiterer Stuhl ohne Fixierung und ein einfacher Tisch der auf einer seiner Seiten eine Angel hatte wo man eine Kette durchziehen konnte. Die Luft in dem Raum war feucht und roch modrig. Bartholomäus von Bärenstein kannte diesen Raum zu gut. Schon als Kind hatte er diesen Raum kennengelernt natürlich nicht hier in Wolfenfels sondern in Drakenstein. Damals saß er auf dem Stuhl mit dem Fesseln und beantwortet dem ihm gegenüber sitzenden Hauptmann die Fragen, welcher dieser stellte. Zu mindesten so lange bis Isack kam und ihn abholte. Nun jedoch war er es der jemanden von einem Verhör abholte. Karvin war der Name des Jungen welcher als Bediensteter für einen reichen Bürger arbeitet. Er solle etwas gestohlen haben. Etwas sehr wertvolles. Doch Bartholomäus wusste das Karvin nie etwas stehlen würde, denn der Junge war kein Dieb. Er war ein Spion und einer seiner besten. Er versorgte ihn mit Informationen über den reichen Bürger welcher zufälliger Weise für das Amt des Richters kandidierte. Also musste einer von Ivana's Dieben, für die er auch Informationen sammelte, etwas verfrüht zu geschlagen haben. Bei dem Diebesgut handelte es sich um ein wertvolles Schwert welches von Zwergen geschmiedet wurden war. Es würde bei dem richtigen Hehler einen netten zweistelligen Goldbetrag erzielen und doch wollten sie dieses wertvolle Stück erst stehlen wenn der Besitzer Richter geworden wäre. Wenn er diese Person in die Finger bekam dem er es verdankte erneut hier zu sein, ja dieser Person würde er erst mal eine mehrstündige Standpauke halten. Vielleicht ihr etwas Angst machen und den Rest Ivana regeln lassen.
Plötzlich ging die Tür auf und Bartholomäus der mit dem Rücken zu dieser gestanden hatte drehte sich um. Im Türrahmen stand ein älterer Herr mit gepflegten Vollbart, Glatze und einem verärgerten Gesichtsausdruck. Sir Nicolas Wächter war der Name des Mannes, der gleichzeitig außer dem edlen Namen auch eine edle Rüstung trug. Der Harnisch war aus edlem Leder welches auf der einen Brustseite Grau und auf der anderen Schwarz gegerbt wurde. Der Waffenrock welcher ebenfalls die Farben trug schmückte noch ein edles Schwert. Dem Hauptmann der Stadtwache ging es anscheinend richtig gut. Wächter trat in den Raum und hinter ihm wurde die Tür geschlossen. Er setzte sich auf dem Stuhl ohne Fesseln und gebot mit einer Handbewegung das Bartholomäus sich auf dem gegenüberliegenden Stuhl setzen sollte. Doch Bartholomäus schritt nur auf die andere Seite und lehnte sich an die Wand. „Nun Sir Wächter...“ begann er mit seiner tiefen Bassstimme das Gespräch „Wie sieht es aus bekomme ich Karvin?“. Der Hauptmann der Stadtwache verzog keine Miene und machte mit seiner gerümpften Nase und den zusammengezogen Augenbrauen, deutlich das er sich nicht wohlfühlte und eine immense Wut hatte. Er beugte sich zu Bartholomäus vor und sagte mit unterdrückter Wut in der Stimme „Nein, das läuft dieses Mal nicht so. Ihre kleine Pranke hat dieses eine Mal den falschen Mann beklaut und so wie es sonst immer läuft wird es dieses Mal nicht laufen können.“. Die Verachtung schwang mit jedem Wort des Hauptmannes nach. Er billigte das was Bartholomäus machte zwar, gefiel ihm aber nicht. Obwohl der werte Hauptmann keinen Deut besser war als der angebliche Wirt. Und das würde er ihn auch noch unter die Nase reiben aber zuvor wollte er wissen was sich an dem Vertrag, welchen er mit dem Hauptmann geschlossen hatte, geändert habe und so fragte Bartholomäus mit etwas Desinteresse in der Stimme „Warum nicht so wie immer? Es wandert etwas Kupfer und Silber in eure Tasche und ihr lasst mich meinen Jungen mit nach Hause nehmen. Wenn es natürlich nicht reicht würde ich es sogar ein Goldstück noch obendrauf legen.“. Nun lehnte der Sir Wächter sich zurück und verschränkte die Arme vor seiner Brust. „ Es geht nicht um die Bezahlung, ich kann es einfach nicht machen!“ sagte er. Diese Worte stimmten Bartholomäus nicht gerade milde und er merkte wie Wut in ihm aufstieg. Doch versuchte er sich nichts anmerken zu lassen und fuhr statt dessen mit Desinteresse fort „Warum könnt ihr es nicht machen?“ er beobachtete seinen Gegenüber der sich ebenfalls nichts anmerken lies und fuhr ruhig fort „Ich vermute mal das ihr Angst habt, da es sich bei der betroffenen Person um einen potenziellen Chef geht, der euch des Amtes entheben könnte in dem er dem Grafen von Wolfenfels erzählen könnte das ihr den Dieb habt laufen lassen der ihm so ein kostbaren gestohlen hat.“. Bartholomäus Blick hefte sich nun auf den Hauptmann welcher schwer schluckte. Treffer dachte er sich und holte nun sein Ass aus dem Ärmel. Er ging auf den Sitzenden zu und stellte sich vor ihm. Nur der Tisch war noch zwischen ihnen, auf den Bartholomäus sich nun lehnte und nach vorne sich beugte. Langsam und mit etwas bedrohlicher Stimme die an ein Flüstern erinnerte sprach er nun „Ihr habt zwei Möglichkeiten. Die erste ihr übergebt mir meinen Jungen und ihr werdet heute noch euren Rücktritt erklären. Als Nachfolger wählt ihr Samael Natas aus und danach verlasst ihr die Stadt.“ bei diesen Worten kam Kampfgeist in den Hauptmann und er legte die Hände auf die Lehne des Stuhls und lehnte sich nach vorne. Hass, Verachtung und Abscheu lagen in seinen Blick und er wollte gerade etwas erwidern als Bartholomäus fortfuhr „Oder ihr lasst es zu das mein Junge gehängt wird für eine Verbrechen was er nicht begangen hat und ihr stimmt den Richter zufrieden. Jedoch verspreche ich euch das dann ein Brief den Grafen erreicht, in dem Beweise liegen das ihr euch von jedem Verbrecher der Stadt habt schmieren lassen, das dadurch eine junge Frau zur Hure gemacht wurde, welche dann noch vergewaltigt wurde von euren Männer und ihr dagegen nichts gemacht habt. Da es sich bei besagter Frau um eine entfernte Verwandte des Grafen handelt wird dies zu eurer Entlassung führen und zu eurer Festnahme. In dem Gefängnis wird man euch dann zusammen schlagen, Demütigen und wer weiß noch was sie mit euch anstellen werden. Doch zum Schluss bevor ihr gehängt werdet werde ich euch einen Besuch abstatten bei dem ihr Qualen erleiden werde wie nie zuvor. Ich werde euch Beine und Arme raus reißen, eure Gesicht zerkratzen eure Augen ausstechen und ich werde Sorge dafür tragen das eure Wunden versorgt werden so das am nächsten Tag nur eurer von Wunden übersäter Körper und mit eurem zerkratzen Gesicht gehängt wird!“ Angst trat in die Augen des Hauptmannes und ein leichter Film von Schweiß war auf seiner faltigen Stirn zu sehen. Bartholomäus fuhr nun noch leiser fort „Ihr wisst das ich das tun werde, ihr habt eure Männer gesehen welche die Frau vergewaltigt haben?“. Die Augen des Hauptmanns weiteten sich und im fahlen Schein der Fackeln war der Angstschweiß nun deutlich zu sehen. Er hatte damals dem Tier in sich freien Lauf gelassen. Die Leichen wurden in einem Zustand gefunden das selbst der Bestatter sich übergeben musste. Bartholomäus richtete sich wieder zur voller Größe auf schaute den Hauptmann an und sagte dann „Ihr habt eine Stunde Zeit! Schickt Karvin zu meinem Wirtshaus und es wird euch nichts geschehen. Sollte er nicht dort erscheinen so werden die Dinge in Kraft treten!“ Ohne eine Antwort ab zu warten durchschritt er den Raum und ging durch die Tür. Eine andere Sache musste noch erledigt werden.
Es war Abend geworden und die Nachtwächter zündeten die Laternen an. Es hatte geregnet und das Kopfersteinpflaster war an einigen Stellen noch rutschig. Langsam und gemütlich schlenderte er die Straße entlang und schaute neugierig in manches Haus. Ivana hatte ihren Boten zwar gedrängt das er sich sofort zu ihr zu begeben habe und der Knabe hatte sich auch recht bemüht, doch Karvin war wichtiger und nach diesem hitzigen Gespräch brauchte er etwas zur Beruhigung. Und so bog er in Bäckerstraße ein wo die Zunft der Bäcker war. Sein Ziel lag am Ende der Straße. Das Geschäft von Bäcker Gerhard, ein aufrechter Bürger und einer jener Bäcker die ihr Geschäfte auch noch etwas später geöffnet hatten. In der gesamten Straße roch es nach Brot, Süßwaren und anderen leckeren Sachen. Bartholomäus hob die Nase und sog die Aromen ein. Er erreichte die Tür des Geschäft und trat ein. Ein Glöckchen bimmelte und aus dem hinteren Teil des Geschäfts drang eine Stimme „Ich bin gleich bei ihnen“. Bartholomäus grinste als er die Stimme des Chefs erkannte. Er entschied sich die Warte zeit mit dem Beschauen der Auslagen zu versüßen. In einer lagen Brote, in einer anderen kleine Brötchen, wieder in einer anderen Kuchenstücke. Aber sein Kuchen war nicht dabei. Er hatte damals den Meister extra damit beauftragt. „Ah Herr von Bärenstein!“ erklang eine freundliche Stimme hinter ihm und als Bartholomäus sich umdrehte sah er den kleinen Mann dazu. Er war rundlich, hatte zwei schwarze Knopfaugen, einen für sein Gesicht zu großen Schnauzer unter einer recht Schnabel ähnlichen Nase. Gerhard hob die Hand und sagte dann „Ich weiß warum sie hier sind. Ich werde es gleich holen!“. Kaum hatte er das letzte Wort gesprochen drehte er sich um und verschwand in seiner Backstube. Bartholomäus schmunzelte und dachte bei sich das es dem kleinen Mann auch gut tun würde mal etwas langsamer zu arbeiten. Plötzlich riss eine scharfe Stimme ihn aus seinen Gedanken „Ach hier treibt sich der ehrenwerte Herr herum!“. Bartholomäus kniff die Augen zusammen und dachte nur, verdammt. Langsam und vorsichtig und darauf wartend irgendetwas an den Kopf geworfen zu bekommen drehte er sich um. Das Wurfgeschoss blieb aus, doch der böse Blick aus den beiden strahlenden blauen Augen reichten völlig um ihn klein zu machen. Am liebsten hätte er sich in einen Bären verwandelt und seine Bettelausdruck aufgelegt, der zog in den meisten Fällen. Doch was sollte er Gerhard erklären warum ein Bär in seinem Laden stand. Noch wie sollte er ihm erklären das eine recht zornig wirkende Frau in seinem Türrahmen. Ivanas Gesicht war fast so rot wie ihr langes Haar was sie zu einem Pferdeschwanz gebunden hatte. Auf ihrer Stirn pulsierte eine Ader und das wusste Bartholomäus aus der Vergangenheit hatte nichts gutes zu bedeuten. Ihre schmalen Lippen bebten und das blähen der sonst so schmalen und kleinen Nase lies Bartholomäus das Herz in die Hose rutschen. Mit leiser Stimme sagte er „Ich wäre gleich danach zu dir gekommen!“. Das war der Punkt den er hätte lieber nicht ansprechen sollen denn nun griff Ivana sich ein Brot aus der ihr am nächsten stehenden Auslagen und pfefferte es in seine Richtung. Bartholomäus wich aus doch das brachte seine Freundin noch mehr in Rage. Sie griff sich ein weiteres Brot und schmiss nach ihm. So auf gebracht hatte er sie seit dem Tag nicht mehr gesehen als die Sache mit Patrick war. Er spürte nur ein dumpfen Schlag an seiner Schläfe. Sie hatte getroffen. Ein Schwarzbrot hatte ihn getroffen. Doch der Regen aus Gebäcken lies nicht nach. Sie war einige Schritte in den Laden gekommen und nun bei der Auslage mit den Brötchen angekommen. Kleine fiese Wurfgeschosse denen Bartholomäus versuchte aus zu weichen. Ein Brötchen nach dem anderen traf ihn und nun hob er die Arme zu Schutz vor seinen Körper. Massig zu sein hat nicht nur Vorteile dachte er während er bereits ausrechnete wie viel er Gerhard schulden würde und wunderte sich so gleich das der Mann nicht kam. Er würde der einzige Zeuge sein sollte Ivana ihn umbringen was in ihren jetzigen Zustand eine Option war.
Plötzlich endete der Regen aus Gebäcken und als Bartholomäus an sich runter sah stand er förmlich in Broten und Brötchen. Das wird teuer dachte er sich und mit einer leichten Note der Wut fragte er „Fertig oder willst du jetzt auch noch Torten nach mir schmeißen?“. Er lies die Arme sinken. Ivana stand direkt vor ihm. Tränen lagen in ihren Augen und mit heißerer Stimme sagte sie „Du kommst wenn du deinen blöden Kuchen bekommen hast sofort und ohne Umwege zu mir verstanden? Und zwar nicht in deinen sonst so gemütlichen Schritt sondern gerannt!“. Ohne eine Antwort abzuwarten drehte sie sich um und ließ Bartholomäus einfach in den Broten stehen. Dieser drehte sich nun wieder zur Theke um und war erstaunt. Auf der Theke stand ein Stückchen seines extra für ihn angefertigten Honigkuchens. Es war eigentlich nur ein etwas trockener Kuchen mit Honig überzogen. Anbei lag ein Zettel welchen Bartholomäus entfaltete und las:
Sehr geehrter Herr von Bärenstein
ich konnte nicht um hin mit anzusehen wie ihre Freundin sie mit meinen Broten und Brötchen beschmeißen hat, jedoch verzeiht mir das ich vor dieser Frau Angst hatte und mich deshalb nicht gezeigt habe. Daher nehmen sie ihren Kuchen und soviel Brot und Brötchen wie sie tragen können und legen den Betrag für den Kuchen auf den Tresen. Ich werde ihnen eine Rechnung mit dem gesamten Betrag für Brot und Brötchen zukommen lassen.
Beehren sie mich bald wieder
Ihr Gerhardt Bäcker
Wenn die Situation nicht so ernst gewesen wäre hätte Bartholomäus gelacht, doch stattdessen zerknüllte er den Brief und legte einen Silberling auf den Tresen, klemmte sich ein paar Laibe Brot unter den Arm und nahm dann seinen Kuchen. Der süßliche Geruch lies das Wasser in seinem Mund zusammen laufen und am Liebsten hätte er ihn gleich verspeist, doch wusste er was Ivana mit ihm anstellen würde, würde er jetzt sich nicht sputen. Und er hatte keine Lust als Bettvorleger zu enden. Daher nahm er die Beine in die Hand und rannte. Zu mindesten dachte er das. Für die anderen Passanten die noch zu dieser späten Stunde draußen waren sah es so aus als ob er zügig gehen würde.