Erst das Vergnügen, dann die Pflicht
Maximilien hatte sich für den heutigen Tag aus seiner Amtsstube zurückgezogen und es sich in seinen Gemächern gemütlich gemacht. Die Angelegenheit die er klären musste war offizieller wie auch privater Natur und das Thema lautete - Olivie Solain de Souvagne.
Der Duc hatte sich dafür in seinen großen Lieblingssessel zurückgezogen, genoss ein Glas Wein vor dem Kamin, während ihn seine beiden grauen, riesigen Hunde flankierten. Arlette das gewaltige Adlerweibchen saß ganz in der Nähe und widmete sich ihrer Krallenpflege.
Als Fabien eintrat schaute sie kurz auf, putze sich dann aber weiter. Die meisten hielten den stolzen Vogel für ein enorm wertvolles Haustier des Duc. Aber Arlette war weitaus mehr, dass wusste Fabien. Sie war das Auge in die Gemächer des Duc. Sie war gleichermaßen der Adler von Maximilien wie von Parcival.
Sollte die Hofgarde, die Leibgarde und sogar die Leibwächter versagen, gab es immer noch Arlette, bevor sich der Duc zur Not selbst verteidigen musste. Der Adler würde sofort die Himmelsaugen waren, aber sie verteidigte Maximilien auch aktiv. Arlette scheute sich nicht ihre klingenartigen Krallen in das Fleisch eines Angreifers zu bohren.
Ihr Blick war wie immer wachsam. Fabien konnte nie erkennen, ob es der Blick des Adlerweibchens alleine war, oder ob sich Parcivals Verstand dahinter befand. Genau genommen war das auch nicht für ihn wichtig. Sie beschützte Maximilien, genau wie die Hunde und dafür allein liebte der treue Leibdiener sie.
Fabien stellte Maximilien sein Abendessen auf einen der Beistelltische, da dieser weder zum Essen im Salon erschienen war, noch hatte er nach dem Essen schicken lassen.
"Herr Ihr habt nicht zu Abend gegessen, ich richte Euch hier Euer Abendbrot an. Ist alles in Ordnung mit Euch?", hakte Fabien fürsorglich nach.
"Fabs ich sitze hier in Hauskleidung, lege das Protokoll ab und geselle Dich zu mir. Im Moment habe ich keinen Hunger. Ich muss nachdenken", sagte Max und nahm noch einen Schluck Wein.
Fabien setzte sich Maximilien gegenüber und schaute ihn freundlich an.
"Worüber denkst Du nach? Du weißt ich höre Dir immer zu, gemeinsam kommt man schneller auf eine Lösung", antwortete Fabien und nahm sich aus der Karaffe ein Glas Wasser.
"Ich weiß Fabs. Es ist bedauerlich und auch beschämend, dass die Hochzeit von Ciel und Olivie keinen Bestand hat. Auf der anderen Seite musste ich damit rechnen. Ciel hat seine Halbschwester zum Schutz geheiratet, sein Herz allerdings schlägt für Ferrau. Seit dem die beiden liiert sind, hat er glücklicherweise den Plan aufgegeben sich selbst verstümmeln zu wollen. Was eindeutig für Ferrau als Partner spricht. Aber Ciel ist heute nicht Thema meiner Gedanken, sondern Olivie.
Ciel hat in seinem Perfektionismus versucht Olivie als seiner Ehefrau alles Recht zu machen. Inwieweit dort intime Absprachen getroffen wurden, entzieht sich meiner Kenntnis. Und sind wir ehrlich, wer redet schon gerne mit seinen Eltern darüber?
Aber anhand dessen, was vorgefallen ist und wie es zu Stande kam, bin ich ebenfalls informiert worden, ohne dass einer der Beteiligten sprechen musste. Was klar genannt wurde ist, dass Olivie Ciel mit Remy de Remuer betrogen hat. Sie hat gemeinsam mit dem Himmelsauge ihrem Mann Hörner aufgesetzt.
Dabei ist das Himmelsauge gar kein schlechter Bursche, nur neigt er gelegentlich dazu den Selbstdarsteller zu geben. Olivie war die Ehefrau und sie ist ihrem Mann Gehorsam und Treue schuldig. Das Ciel aus allen Wolken gefallen ist, dürfte klar sein.
Er bat um Eheaufhebung, was Dreux auch mit Datum vom 30.07.203 umgesetzt hat. Dreux hat die beiden getraut, also hat er sie auch getrennt. Er hat es Ciel versprochen und ich habe mich bewusst aus der Angelegenheit herausgehalten. Auch solche Amtsgeschäfte die weit in das private Geschehen eingreifen muss Dreux lernen.
Die Angelegenheit kann allerdings nach meinem Dafürhalten nicht so stehen bleiben. Darum habe ich beschlossen, dass Remy de Remuer Olivie heiraten wird. Er hat mit ihr Ehebruch begangen. Nun nach Rechtsstand nicht, da es diese Ehe de facto niemals gab. Dennoch hat er meinem Sohn und dessen Ansehen geschadet.
Frei nach dem Motto - zuerst das Vergnügen, dann die Pflicht.
Die Pflicht fehlt noch Fabien und diese fordere ich als Brautvater ein. Olivie könnte man mit böser Zunge sogar als gefallenes Mädchen bezeichnen. Welcher Mann von Stand würde Olivie noch ehelichen?
Normalerweise niemand, aber da sie unserer Familie angehört, würden sich immer noch einige heiratswillige Kandidaten bei Hofe einfinden. Aber dies wird nicht nötig sein. Jemand der etwas beschädigt, kommt auch für den Schaden auf.
Folglich wird Remy de Remuer Olivie ehelichen, damit ist ihre Ehre und Sitte wieder hergestellt und die von Ciel auch. Denn es war kein Fauxpas oder ein Fehltritt, sondern es war ein Fehltritt aus Liebe, der nun durch eine Ehe besiegelt wird.
Den Apfel den man pflückt und verspeist Fabs, muss man auch bezahlen", schmunzelte der Duc.
"Da stimme ich ganz mit Dir überein Max. Soll ich Chevalier Remy de Remuer zu Dir zitieren?", fragte Fabien und schob Max mit aufforderndem Lächeln den Teller zu.
"Nein Fabien, viel besser. Himmelsauge de Remuer soll sehen, dass mir dies eine Herzensangelegenheit ist. Er muss spüren wie wichtig mir diese Sache ist. Folglich wirst Du Domi bitten für mich den Liebesboten in Sachen Olivie zu spielen. Er möge bitte den werten Remy de Remuer aufsuchen und ihn fragen, ob er bereit wäre Olivie zu ehelichen.
Dies wäre mein persönlicher Wunsch nach dem er ihr so ausführlich die Kutsche zeigte. Er soll Remy de Remuer ausrichten, dass ich ein nein nicht akzeptieren werde. Immerhin liebt Olivie Remy de Remuer laut eigener Aussage. Und da möchte ich dem Glück der beiden nicht im Wege stehen. Im Gegenteil ich füge sie zusammen. Ergo ich erwarte heute heiratswilligen Himmelsaugenbesuch", erklärte Max grinsend.
Fabien musste ebenfalls grinsen, da Max bei der Grimasse irgendwie unheimlich aussah.
"Eben man darf der Liebe niemals im Wege stehen", gibbelte Fabs leise.
"Genau, also eile los Fabs und entsende meinen tüchtigen Axt-Amour", lachte Maximilien.
"Ich eile Max", kicherte Fabien und machte sich sofort auf den Weg.