Jespers Rückkehr -- 22.11.202 n.d.A.
Im Auflodern des Mündungsblitzes der Repetierarmbrust sah Tulzar, wie sein rechtes Bein in einem Sprühregen aus Blut und Knorpel explodierte, um direkt unterhalb des Knies einen zerfetzten Stumpf freiliegender, glänzender Knochen zurückzulassen.
Tulzar kreischte gepeinigt auf.
Er stürzte nach hinten und versuchte verzweifelt davonzukriechen. Sein Jäger war schneller und binnen eines Augenblicks nagelte ihn ein schwerer Stiefel am Boden fest. Gleichzeitig hing sich der Jäger die Armbrust über den Rücken und zückte seine Klinge.
Ein Geräusch hinter ihm alarmierte den Jäger. Er vollführte eine blitzartige Drehung um sich selbst, riss seine Klinge herum, dorthin wo er den Feind vermutete. Der Naridier irrte sich nicht.
Als sein Verfolger ihn anschaute, hatte er die Schwertspitze von Archibalds Waffe genau vor dem Auge. Ein kurzes Zustoßen und die Sache wäre beendet.
"Die Bande der Liebe und der Freundschaft werden mit dem Tod nicht durchschnitten.
Senk die Klinge Archi", bat Jesper.
Der alte Mann hatte vor die Klinge behutsam mit einem Finger beiseite zu schieben. Aber bevor sein Finger sie berührte, hatte Archibald sie weggesteckt.
"Du?!?", war das einzige Wort was Archibald sagte, bevor er sich ungläubig ans Kinn griff.
Es war eine seltsame Geste, die durch die Krallen verstärkt wurde. Archibald war schnell, er war wesentlich schneller als Jesper ihn in Erinnerung hatte und das obwohl er ebenso älter geworden war. Wie schnell war er zu seinen besten Zeiten gewesen?
Darüber grübelte Jesper nach.
Jesper zwang sich Archibald in die Augen zu sehen. Er hatte den jungen Kerl verstümmelt, hatte vermutlich vor ihn zu ermorden. Aber selbst in diesem Moment wo er hier vor ihm stand, blieb er ruhig. Er wirkte völlig gelassen. Vermutlich sah er in Jesper keinerlei Bedrohung. Jesper selbst wusste dass seine Glanzzeiten vorüber waren.
Der verstümmelte Kerl auf dem Boden hatte Todesangst im Gesicht stehen. Jesper fühlte sich plötzlich ganz ähnlich. Er hatte das unterschwellige Bedürfnis seine eigene Klinge zu ziehen um sich jederzeit verteidigen zu können.
Jesper wusste nicht warum, aber er hatte das Gefühl, Archibald könne sich jederzeit auf ihn stürzen und würde danach nie wieder einen Gedanken an ihn vergeuden.
Vor so einer Person wie Arch oder Dunwin Angst zu zeigen, war das Letzte was man durfte. Er würde einen nur schneller umbringen.
Arch war wie Dunwin, beide hatten keine Verwendung Schwache. Der Blick von Dornburg wandelte sich und er schenkte Jesper ein freundliches Lächeln. Jesper kannte es noch aus seiner Jugend, eine schwarze Witwe würde nicht anders lächeln. Dennoch entspannte sich Jesper etwas, obwohl er das nicht beabsichtigte.
"Ich habe Deine Spuren in meinem Stadtbezirk erkannt Arch, die Vereinbarung war Du jagst nicht wo einer von uns wohnt. Aus diesem Grund habe ich Dich aufgesucht. Wir müssen reden", sagte Jesper.
"Aha", war die Antwort von Archi.
Wieder schenkte der Naridier ihm sein freundliches Lächeln. Das Wissen, dass Archis Lächeln nicht für ihn bestimmt war und der Mann es sonst als Köder - sogar als Waffe einsetzte, machte es kein bisschen weniger einnehmend.
Jesper nickte nur knapp, wandte sich schwerfällig um und gab dem Weg vor.
Ein kurzes Zischen, Metall das sich durch die Knochen der Halswirbelsäule fraß wie ein heißes Messer durch Butter und es war still. So still wie es die Bestie liebte.
Sie folgte dem alten Weggefährten, ohne Tulzar eines letzten Blickes zu würdigen.