Staatsbesuch Souvagne

  • Ein Ledvico in Lucchesi


    Lucchesi. Das war genau jener Ort an dem Dreux mit Angelo in seiner Begleitung nach Souvagne zurückkehrte. Nicht nur die Bäume des Bärengebirges neigten ihre Häupter im Sturm, der an diesem Tag über das Land hinweg fegte, sondern auch die Souvagner die ihren Archi-Duc zurück in der Heimat begrüßten.


    Lucchesi das ganz besondere Juwel inmitten der Bärenberge mit einem traumhaften Ausblick. Wiesen, Täler, Berge und der Himmel zum Greifen nahe. Ein Blick direkt ins Grüne und der Duft nach Wind und Weite, nach Natur und Holz. Eine Vielzahl von Wegen und Steigen schlängelten sich durch die Gebirgslandschaft. Die beeindruckenden Bergstraßen und Pässe belohnten die Wanderer mit einem grandiosen Ausblick.


    Die Bärenberge, einst Teil der Hohen Mark, gehörten seit dem 18.03.203 n.d.A. zu Souvagne. Bis zum Jahr 202 n.d.A. bestand Almanien noch aus vier Großherzogtümern und zwar Souvagne, Ledwick, Ehveros und der Hohen Mark. Im Jahr 202 eilte das Kaisho-Abkommen den vom Chaos bedrängten Zwergen zur Hilfe.


    Eine Ausnahme bildete Souvagne, dass sich aus dem Krieg heraushielt. Als das Kaisho-Abkommen ohne Rücksprache mit Souvagne gegen die Rakshaner in Krieg zog und dabei die Souvagnische Marine beraubte, kündigte Souvagne das Kaisho-Abkommen auf und verschloss die Grenzen.


    Vor Dunkelbruch musste Kaisho eine vernichtende Niederlage erleben, in der die Großherzöge der Hohen Mark und Ledwicks fielen. Während der späteren Friedensverhandlungen in Ehveros übereignete der Eroberer der Hohen Mark, Fürst Lyridima von Alkena, das Großherzogtum an Duc Maximilien Rivenet de Souvagne. Die ehemalige Hohe Mark bildete somit nun den Süden des Landes Souvagne und unterlag fortan der Furisto-Schirmherrschaft von Duc Maximiliens mittlerem Sohn Ciel Felicien. Das Kaisho-Abkommen war Geschichte.

    Die atemberaubende Landschaft welche die beiden Reisenden umgab, spiegelte sich in dem kleinen Gasthaus wieder, welches sie als erstes aufsuchten.


    Edmondo. Ein Name und ein Synonym für Geborgenheit, eingehüllt in Gastfreundschaft. Wohlbefinden wurde hier garantiert, von den Haarspitzen bis zum kleinen Zeh sollte sich jeder Gast gut aufgehoben fühlen. Der Aufenthalt in der Gaststätte Edmondo versprach einen Aufenthalt, der genauso gemütlich werden würde, wie jener im Massimo in Sicomoro.


    Nachdem sie in das Gasthaus eingekehrt waren, hatten es sich Dreux und Angelo in ihrem Zimmer gemütlich gemacht. Macchiare war im Stall versorgt worden, auch wenn der Gastwirt ein wenig verwundert geschaut hatte. Dreux war als erster die Leiter in ihr Zimmer herabgestiegen und hatte es sich auf dem Bett gemütlich gemacht. Angelo folgte ihm auf dem Fuße, blieb stehen und schaute sich einmal in dem Raum um.


    Das besondere hier war, dass der Raum nicht in den oberen Etagen lag, sondern im Keller. Ausgebaut und in das Gestein des Felsens geschlagen, lagen hier die besonders sicheren Zimmer für Gäste die Abgeschiedenheit bevorzugten. Direkt neben der Treppe, welche man zum Abstieg in das Zimmer nutze, waren große Kissen gestapelt, so dass sie eine Art Sofa bildeten. Eine gemütliche Sitzgelegenheit, die sich passend in die Zimmerecke schmiegte. In das Gestein war eine Nische gehauen, dort stand ein Kerzenständer und lud so zum Lesen ein.


    Von der Leiter aus schaute man direkt auf das Bett, welches von weiteren Möbelstücken eingefasst war. Rechts am Fußende grenzte ein schwerer Schreibtisch an, auf der linken Seite befand sich ein Schrank und ein Ofen, dessen Rohr nach oben in der Decke verschwand. Über dem Bett war zu Angelos Freude ein Bücherregal angebracht, dass mit vielen Büchern aufwartete und den Leser lockte. Etwas weiter vorne war die linke Wand mit einer großen bespannten Tafel verziert, an der zur Dekoration alte Waffen angebracht waren. Von der Decke hingen zwei Lampen herab, in denen bereits kleine Kerzen freundlich flackerten. Ein runder Teppich rundete das Gesamtbild ab. Alles war in warmen Braun- und Rottönen gehalten. Angelo atmete entspannt durch und setzte sich neben Dreux auf das Bett.


    "Willkommen in Souvagne, ein Ledvico in Lucchesi", flüsterte Dreux liebevoll und küsste Caldera innig.


    "Merci", schmunzelte Angelo gerührt.

    "Prego", antwortete Dreux und nahm ihn fest in die Arme.


  • Besonderheit Bärenreiter


    Den ersten Tag hatten sie es sich im Gasthaus Edmondo gut gehen lassen. Dreux und Angelo hatten das hauseigene Bad der Gaststätte genutzt. Mehrere große, hölzerne Zuber standen in einem dafür vorgesehenen Raum. Der kalte Steinboden war mit Fellen bedeckt, so dass man mit warmen Füßen den Raum durchqueren konnte. Neben den Zubern befand sich ein großer Kamin im Raum, der zusätzlich für Licht und Wärme sorgte.


    Direkt im Anschluss hatten sie sich etwas zu Essen bestellt und waren auf ihr Zimmer zurückgekehrt. Angelo streckte sich auf dem Bett lang aus und freute sich, als sich Dreux an ihn schmiegte.


    "Lucchesi liegt in den Ausläufern der Bärenberge. Das erinnert mich an den Krieg Dreux. Während Oberst Nassik samt Gefährt hinunter zu den verbündeten Lichtalben fuhr, bildete sich eine Schneise in der Mitte des Almanenheeres. Großherzog Roderich ritt auf seinem Bären heran, begleitet von seinen Bärenreitern. Der Formationswechsel dauerte einige Minuten, danach war ausreichend Abstand zwischen den Bären und den Pferden geschaffen worden, sodass der Großherzog und die Bärenreiter die Schneise passieren konnten.

    Der Bär war einst das Wappentier der hohen Mark.


    Scheinbar gab es für Roderich keinen schöneren Anblick als die Bärenreiter. Die einstmals aufständigen Bauern, gegen die er vor damals zehn Jahren mit der Unterstützung aus Ledwick noch gekämpft hatte, standen nun auf seiner Seite. Roderich hatte immer anderer Hilfe bedurft und Ledwick hatte sie ihm damals gewährt.


    Was war der Preis für diesen Beistand? Unser Duca und Land hat ihn teuer bezahlt. Ehre und Ewigkeit unserem Duca!", erklärte Angelo und küsste Dreux liebevoll.


    "Roderich ist schon lange fort Angelo, etwas über vier Jahre ist er nun fort. Und ob mit oder ohne Roderich, die Bärenberge sind wunderschön. Ein unvergleichliches Klima und eine Natur, die ihres gleichen sucht. Ich weiß, wie sehr Dir der Krieg nachläuft Tesoro. Du hast etwas Ungeheuerliches angedeutet, etwas über das Du nicht sprechen kannst. Du versuchst es dennoch und hast mir gegenüber Andeutungen gemacht. Du vertraust mir nicht wahr? Ich Dir auch Angelo.


    Du und ich, wir beide sind von Adel Angelo. Ihr tragt echte, kunstfertig gefertigte Masken, wir tragen dazu unser eigenes Gesicht. Und so wie Du Wind und Wellen lesen kannst, so kannst Du zwischen den Zeilen lesen. Über diese Fähigkeit verfüge ich ebenso. Du hast bezüglich meiner Annäherungsversuche geschwiegen, um mir den ersten Schritt zu überlassen. Du hast mir damit beigestanden.


    Aus dem gleichen Grund, habe ich nie nachgehakt Angelo. Sobald Du bereit bist, es auszusprechen, wirst Du es tun und ich werde für Dich da sein. Dieser Raum ist nicht nur besonders sicher, er hat auch keine Fenster. Weder Alvashek kann Dich hier grüßen, noch das Mondlicht quälen. Das hier ist unsere kleine Räuberhöhle. Zwar angemietet, aber für die Zeit unsere.


    Was möchtest Du besonders gerne von Souvagne sehen? Was darf auf keinen Fall bei unserer Reise fehlen?", hakte Dreux nach und deckte sie beide zu.


    "Danke für Deine lieben Worte. Was ich unbedingt sehen muss? Den Gesichtskrüppel", lachte Angelo.

    "Woher ich das nur wusste?", gibbelte Dreux.

  • Tempel der Himmelsaugen in Neufille


    Das erste Morgenrot zog sanft über den Horizont, als Dreux und Angelo schon längst wieder auf ihrer Reitschrecke unterwegs waren. Die Kälte der Nacht, wich einer angenehmen Frische, die einen herrlichen Frühsommertag versprach. Die beiden Wanderer waren bester Laune.


    Das Leben meinte es gut mit ihnen, denn jeder von ihnen hielt ein großes, warmes, duftend süßes Süßbrot in den Händen und ließ es sich zum Frühstück schmecken. Selbst Macchiare schien glücklich zu sein. Die Pferde im Stall schienen der Reitschrecke nicht geheuer gewesen zu sein. Dreux konnte nicht sagen, wer im Stall wen misstrauischer beäugt hatte. Vermutlich waren alle froh, den jeweils fremdartigen Nachbarn wieder los zu sein.


    Sie verließen Lucchesi und passierten Paquet, mit jenem Ort hatten sie die Ausläufer des Bärengebirges hinter sich gelassen und erreichten in aller Gemütlichkeit am Nachmittag Neufille. Die Grenzorte waren Angelo vom Namen nach bekannt, denn die Scholle seiner Familie lag in unmittelbarer Nähe zu Souvagne.


    Neufille lag nicht nur an der Grenze zu Ledwick, es lag ebenso an der Grenze zur Wüste Sundhi. Ein warmes und im Sommer heißes Klima herrschte hier vor. Anders als in den Bergen war Wasser hier Mangelware. Ein Klima das Angelo durchaus bekannt war. Die Scholle der Calderas war in Ledwick mit einer der trockensten Regionen.


    Hell und freundlich wirkte auch der zum Bau genutzte Sandstein, während Dreux Macchiare zum Tempel der Himmelsaugen lenkte.


    Der Tempel war ein großer, weißer Bau mit hellblauen Dachschindeln und in goldfarben eingefassten Zierfenstern. Eines davon war direkt über dem Eingang des Tempels angebracht. Das Bauwerk war zweistöckig, so dass auf dem Schiff des Andachtshaues ein runder, ebenso weißer Turm in die Höhe ragte.


    Das Turmdach war flach und ebenfalls mit hellblauen Dachschindeln gedeckt. Jedoch prangte zusätzlich auf dem Dach das Zeichen der Himmelsaugen in goldener Farbe. Um den Tempel herum trugen weiß-blaue Säulen das Dach, dass sich soweit hinab zog, dass dadurch ein kleiner Vorhof gebildet wurde. Himmelsaugen und Tempelbesucher gleichermaßen konnten so den Tempel umrunden, ohne der prallen Sonne oder dem Regen ausgesetzt zu sein.


    Dreux stoppte die Reitschrecke, ließ sich von dem großen Tier rutschen und wartete bis Angelo sich zu ihm gesellt hatte. Der Archi-Duc führte die Schrecke unter das Vordach, so dass sie im kühlen Schatten stand.


    Ein kräftiger Mann mit einem Falken auf der Schulter kam ihnen bereits entgegen und verneigte sich vor Dreux und Angelo.


    "Eure Hoheit, ich begrüße Euch im Tempel von Neufille, mein Name ist Rafael de Fregneur. Wie dürfen wir Euch behilflich sein?", fragte das Himmelsauge respektvoll.


    "Seid gegrüßt Himmelsauge Rafael de Fregneur. Wir benötigen Eure Unterstützung und zwar möchten wir samt unserem Begleiter mit einem Prachtadler nach Beaufort gebracht werden. Unser eigenes Tier ist in der Heimat unseres Begleiters Marchesi Angelo di Caldera verblieben. 


    Seid so gut, stellt durch Eure Fähigkeiten einen Kontakt zu unserem Vater her und richtet ihm aus, dass wir gemeinsam mit unserem Begleiter anreisen werden. Es handelt sich um eine vertrauliche Unterredung",
    erläuterte Dreux und das Himmelsauge verneigte sich tief.


    "Eurem Wunsch wird umgehend entsprochen werden. Bitte begleitet mich für den Moment des Wartens in den Tempel. Dort werden wir Euch Erfrischungen reichen, während ich mit seiner Majestät Kontakt aufnehme. Ich werde Euch sicher nach Beaufort auf meinem Tier bringen, seid dessen versichert", antwortete Rafael und führte den Archi-Duc samt seinem Begleiter in den Tempel.


    Himmelsaugen lebten im mentalen Konsens, so war es nicht verwunderlich, dass scheinbar jeder Bruder in der Nähe sofort über die Ankunft des Archi-Duc samt seiner Begleitung in ihren heiligen Hallen Bescheid wusste.


    Schlagartig hatte gefühlt jeder etwas in dem Lesesaal zu tun, indem Fregneur Dreux und Angelo bei Kaffee und leichtem Gebäck untergebracht hatte. Die beiden Wanderer hatten es sich in großen Ohrensesseln bequem gemacht und sich lang ausgestreckt.


    Es dauerte einige Zeit, dann hatten die Himmelsaugen ihre Neugier gestillt. Es kam nicht oft vor, dass ein Mitglied der Krone in ihren kleinen Tempel in Neufille rastete. Dreux schreckte hoch, als Angelo ihn sanft an der Schulter rüttelte. Er musste eingeschlafen sein und wurde sanft von Caldera geweckt.


    "Wach auf Tesoro, wir brechen gleich auf Dreux. Macchiare bleibt hier, wir holen ihn später ab", flüsterte Angelo freundlich.


    "Wir haben Deinen ganz besonderen Ort gar nicht besucht. Jenen an dem Du mir zeigen wolltest, wie wunderbar das Licht von Alvashek auf diesen Flecken scheint. Vorher hatte ich mich rein auf den Ort gefreut. Später hatte ich mir vorgenommen Dich dort etwas zu fragen. Also frage ich es Dich jetzt und hier Angelo. Ganz ohne Töpferei in der Nähe.
    Marchesi Angelo di Caldera, möchtest Du mein Mann werden?",
    fragte Dreux.


    Im selben Moment hörte man wie draußen vor der Tür etwas polternd zu Boden stürzte. Angelo wie auch Dreux verkniffen sich ein Grinsen.


    "Ja das möchte ich", antwortete Angelo glücklich, mehr bekam er nicht heraus, da wurde er bereits von Dreux felsenfest auf den Mund geküsst.

  • Aufbruch nach Beaufort


    Rafael traf sich draußen vor den Stallungen mit Dreux und Angelo. Er hatte bereits seinen Prachtadler gesattelt und streichelte das große, treue Tier. Als der Archi-Duc samt seiner Begleitung sich zu ihm gesellten lächelte er die beiden freundlich an und an und schwang sich in den Sattel.


    Er reicht zuerst Dreux die Hand und zog ihn auf den Rücken des Adlers hoch. Danach war Angelo an der Reihe.

    "Es ist ein Stück bis nach Beaufort Eure Hoheit, sichert Euch und Euren Begleiter mit den Gurten", bat das Himmelsauge.


    Er wartete ab, bis die beiden Mitreisenden die Vorgaben umgesetzt hatte, dann gab er seinem Adler das Zeichen zum Aufbruch. Das gewaltige Tier sprang in die Luft und Angelo hüpfte dabei der Magen in die Kniekehlen. Der Adler schlug hart mit den Flügeln und gewann schnell an Höhe, ehe sie Richtung Beaufort davon flogen.


    "Ist das nicht herrlich? Ein wundervolles Gefühl auf dem Rücken eines Prachtadlers zu fliegen", brüllte Dreux nach hinten zu Angelo, um das Tosen des Windes zu übertönen.


    Heute herrschte ein rauer Wind, aber das störte Dreux nicht weiter. Caldera ebenso wenig, wer die See liebte, musste auch ihre rauen Seiten ertragen. Die Brise wehte frisch und kalt. Je höher sie kamen umso eisiger wurde die Luft. Die Landschaft unter ihnen zog dahin, wechselte sich ab von Wüste zu Wäldern und Feldern.


    Angelo genoss den Flug aber eines war ihm durchaus klar, ihre Reise wurde schlagartig zu einer Reise ohne Wiederkehr, sollte der Prachtadler aus welchen Gründen auch immer vom Himmel stürzen. Doch die Flügelschläge den großen Vogels waren ruhig, kräftig und gleichmäßig. Sie mussten sich nicht fürchten.


    Von Neufille hielt sich der Prachtadler Richtung Norden und damit genau auf Beaufort zu. Dreux wusste nicht, ob Angelo schon einmal in Souvagne oder Beaufort gewesen war.


    "Dort schau", sagte er gut gelaunt und deutete nach unten.


    Der Prachtadler ging langsam herunter und flog nun nicht mehr so hoch, so dass die Temperaturen auf seinem Rücken angenehmer wurden. Sie flogen noch eine Weile und passierten einen riesigen Garten unter sich.


    Einen Augenblick später kam der Palast in Sicht.

    Prunkvoll, monumental und mächtig.

  • Willkommen Daheim


    Die beiden Wanderer samt ihrem Himmelsauge wurden im großherzoglichen Palast von der Garde und Fabien Lacomb, dem Leibdiener des Duc, willkommen geheißen. Da Dreux um ein vertrauliches Gespräch mit seinem Vater gebeten hatte, führte ihn Fabien umgehend in die Gemächer von Maximilien und ließ die beiden allein.


    Im Anschluss nahm er sich sofort des Marchesi di Caldera an, denn dieser würde aller Voraussicht einige Zeit auf den Archi-Duc warten müssen.


    "Marchesi di Caldera, möchtet Ihr umgehend Euer Gästequartier zugeteilt bekommen, oder darf ich Euch etwas im Palast herumführen? Aller Voraussicht nach, wird das Gespräch des Duc und seines Sohnes Dreux einige Zeit in Anspruch nehmen", bot Fabien respektvoll und freundlich an.


    "Vielen Dank für das Angebot Fabien, ich würde wirklich sehr gerne etwas den Palast kennenlernen. Dürfte ich vielleicht die Bildersammlung des Palastes sehen? Die Sammlung ist über die Grenzen Souvagnes hin bekannt. Weißt Du Genaueres über das Gespräch? Ich möchte Deine Verschwiegenheit nicht in Abrede stellen, bitte verstehe das nicht falsch. Aber wie lange glaubst Du, wird das Gespräch dauern?", hakte Angelo nach.


    Er sprach Fabien wie einen Bekannten an und sprach von sich in gleicher Art und Weise, denn Angelo hätte es als ungebührlich an einem fremden Hof empfunden. Fabien war freundlich und bot sich an, ihm die Zeit mit einem Rundgang zu vertreiben. Das nahm er gerne an. Vielleicht erhaschte er ja einen Blick auf den Sagen umwobenen Gesichtskrüppel.


    "Es handelt sich um ein Gespräch der höchsten Vertraulichkeitsstufe unter Ausschluss der Öffentlichkeit und jeder weiteren Person. Folglich werden sich der Duc und der Archi-Duc sehr wichtige Dinge zu sagen haben Marchesi. Seid unbesorgt, gleich wie lange das Gespräch dauert, Ihr seid hier Gast. Die Galerie wünscht Ihr zu sehen? Das ist eine vorzügliche Wahl, folgt mir bitte. Falls Ihr etwas zu Trinken oder zu Speisen wünscht, sagt mir bitte umgehend Bescheid", bat Fabien und machte eine einladende Handgeste.


    Am Abend hatte es sich Angelo in seinem Gästequartier gemütlich gemacht. Er hatte sehr viel vom Palast gesehen, den Gesichtskrüppel hatte er nicht zu Gesicht bekommen. Müde streckte er sich auf seinem Bett aus und nutzte Dreux Reisetasche dabei als Kopfkissen. Die Tasche hatte sein Tesoro die ganze Zeit über bei sich gehabt. Fast konnte man sie ebenso als Reisegefährte zählen.


    Genau in dem Moment ging die Tür des Quartiers auf und Dreux kam herein. Leise schloss er die Tür, schlenderte zu Angelo und setzte sich zu ihm auf das Bett.


    "Du wirst den Archi-Duc de Souvagne nicht heiraten Marchesi Angelo di Caldera", sagte er sanft.

    "Was heißt das?", fragte Angelo verwirrt und setzte sich auf.


    "Das heißt, Du wirst den Duc de Souvagne heiraten. Duc Dreux Gifford de Souvagne. Mein Vater hat mir vor wenigen Stunden das Amt überreicht Angelo. Du bist der Verlobte des Duc de Souvagne. Die Heroldsformel wird noch heute ausgerufen. Meine Amtseinführung und unsere öffentliche Hochzeit feiern wir zu Neujahr nach.


    Mein Vater wird es uns gleich tun Angelo, er wird gemeinsam mit Fabien und einigen ausgewählten Personen durch Souvagne reisen. Denn nun hat er die Zeit dafür. Ein Himmelsauge wird ihn stets begleiten, so dass wir jederzeit in Kontakt treten können. Die Krone ruht nun auf meinem Haupt.


    Unsere Reise durch Souvagne setzen wir fort Angelo. Gibt es einen schöneren Amtsantritt, als mit seinem Verlobten das eigene Land zu bereisen? Wohl kaum. Die Krone hat einige Stammsitze und Du wirst sie kennenlernen Angelo. Suche Dir einen Ort aus, an dem wir uns ganz persönlich das Ja-Wort geben. Aber bitte nicht unter dem Gesichtskrüppel!", warnte Dreux Angelo liebevoll vor.


    "So gerne ich das Bild auch sehen möchte, nicht an dem Tag Tesoro. Nein es gibt keine schönere Amtseinführung als das eigene Land zu bereisen und es gemeinsam mit seinem Liebsten zu genießen. Ich freue mich Dreux. Denk immer daran was ich Dir  sagte, Du bist es, der das Amt ausmacht. Es ist nicht der Mantel der entscheidend ist, sondern der Mann der ihn trägt", sagte Angelo und nahm Dreux fest in die Arme.


    "Merci", gab Dreux gerührt zurück.

    "Prego", flüsterte Angelo.

  • Abdikation und Inthronisation


    Hiermit sagt sich meine Person,Duc Maximilien Rivenet de Souvagne, von ihrem Amt des Duc los.

    Wir überreichen unsere Krone mit warmen, liebenden und lebenden Händen unserem erstgeborenen

    Sohn Archi-Duc Dreux Gifford de Souvagne - mit sofortiger Wirkung von nun an

    Duc Dreux Gifford de Souvagne



    ****



    Bitte melde dich an, um diesen Anhang zu sehen.


    ( Die Urkunde stammt von Pixabay: https://pixabay.com/de/illustrations/bilderrahmen-leer-rand-aufwendig-3033273/ )


  • Öffentliche Verlautbarung

    der

    Krone Souvagnes


    Abdikation und Inthronisation


    Hiermit sagt sich meine Person, Duc Maximilien Rivenet de Souvagne, von ihrem Amt des Duc los.

    Wir überreichen unsere Krone mit warmen, liebenden und lebenden Händen unserem erstgeborenen

    Sohn Archi-Duc Dreux Gifford de Souvagne - mit sofortiger Wirkung von nun an


    Duc Dreux Gifford de Souvagne


    Beaufort, 12.05.207 n.d.A.


    Prince Maximilien Rivenet de Souvagne

    Duc Dreux Gifford de Souvagne



  • Abdikation/Lossagung

    (Gesetz in Kraft getreten: 17.04.203 n.d.A.)


    Im Abdikations-/Lossagungsfall des bis zum 12.05.207 n.d. A.

    amtierenden

    Duc Maximilien Rivenet de Souvagne

    wird mit der Heroldsformel


    "Der Duc legte die Krone nieder, lang lebe der Duc - Le duc a déposé la couronne, vive le duc"


    die Abdikation/Lossagung des alten Duc de Souvagne hiermit offiziell bekannt gegeben

    und

    gleichzeitig der neue Großherzog mit sofortiger Wirkung

    ausgerufen.


    Wir begrüßen unseren neuen Großherzog

    Duc Dreux Gifford de Souvagne!


    Lang lebe der Duc!


    Beaufort, den 12.05.207 n.d.A.


    Unterschrieben und besiegelt:

    Prince Maximilien Rivenet de Souvagne

    Duc Dreux Gifford de Souvagne


  • Zurück zu Macchiare


    Gemeinsam mit dem Himmelsauge Rafael de Fregneur kehrten Dreux und Angelo nach Neufille zurück. Der Rückflug nach Neufille war genauso erhebend, wie der Hinflug nach Beaufort. Angelo genoss den Wind und die Kälte auf dem Rücken des Prachtadlers, dennoch musste sich Caldera noch an die Reiseform gewöhnen. Er umarmte Dreux von hinten und legte seinen Kopf auf dessen Schulter ab. Dabei stellte er sich vor, wie es sich anfühlen musste mit dem Adler ganz dicht über der Meeresoberfläche zu fliegen. Förmlich über das Meer dahin zu gleiten.


    Als der Tempel in der Ferne in Sicht kam, ging der Adler langsam runter und setzte ganz in der Nähe des Gebäudes auf. Rafael half seinen beiden Begleitern von seinem Tier und verneigte sich.


    "Es war mir eine Ehre Euch nach Beaufort und zurück fliegen zu dürfen, Eure Majestät", erklärte Rafael freundlich und respektvoll.


    "Es war uns eine Freude von Euch begleitet und geflogen zu werden. Wie Ihr zweifellos wisst, sind wir frisch gekrönt worden und neu in unserem Amt. Jeder Duc benötigt Vertraute. Männer auf deren Loyalität er bauen kann. Jeder Großherzog benötigt einen Hofstaat Chevalier de Fregneur.


    Aus diesem Grund berufen wir Euch an unseren Hofstaat als unser persönliches Himmelsauge, sowie das unseres zukünftigen Gemahls. Findet Euch schnellstmöglich in Beaufort ein.


    Zwei weitere Personen stehen bereits fest, welchen diese Ehre vor Euch zu Teil wurde. Als erste Person wurde unser Leibdiener Nathan Garcia in den Hofstaat berufen. Als zweite Person haben wir Alfredo Amirrona in den Hofstaat berufen, den Leibdiener unseren zukünftigen Gemahls.


    Wir wünschen und werden weitere gute, treue und loyale Männer in unseren persönlichen Dienst stellen. Unter anderem wünschen wir uns einen Bluthexer an unsere Seite. Ein Geistmagier wird ebenfalls in unseren Dienst berufen, hier wissen wir bereits, welche Person diese Ehre zu Teil wird. Eine Person, die uns zeitgleich als Übersetzer dienen kann.


    Ferner wünschen wir uns einen Ruspanti in unseren Dienst, besonders für unseren zukünftigen Gemahl. Wir wünschen uns jemanden in unserem Hofstaat, der uns alle daran erinnert, stets das Licht im Herzen zu tragen.


    Wir haben sehr viel in Ledwick lernen dürfen, dies gehörte dazu. Überbringt Eurem Oberhaupt unseren Befehl Chavalier de Fregneur, falls er diesen nicht bereits durch Euch mental vernommen hat und reist nach Beaufort zum Palast.


    Wir ziehen uns in die kleine Bibliothek zurück. Seid so gut und lasst unsere Reitschrecke Abreise fertig machen. Wir wünschen unsere Reise durch Souvagne alsbald fortzusetzen",
    erklärte Dreux freundlich.


    Rafael verneigte sich tief und man sah ihm an, dass er regelrecht ergriffen war.


    "Vielen Dank für diese Ehre, Eure Majestät. Euer Hofstaat ist handverlesen und ich freue mich, dass ich dazu gehören darf. Ihr werdet weitere, gute Männer finden und ich werde Euch dabei nach besten Kräften und Wissen unterstützen. Ihr und Euer zukünftiger Mann seid bei mir in sicheren Händen", antwortete das Himmelsauge respektvoll.


    "Wir danken Euch für Eure Worte",
    gab Dreux zurück.
    "Wir danken Euch ebenso, Himmelsauge de Fregneur", schloss sich Angelo dem Dank von Dreux an.


    Gemeinsam betraten sie den Tempel der Himmelsaugen von Neufille. Rafael suchte sein Ordensoberhaupt des Tempels auf, Dreux und Angelo hingegen begaben sich in die kleine Bibliothek. Dort machten sie es sich erneut gemütlich, bis Macchiare Abreise fertig gemacht worden war.


    Dreux stellte erstaunt fest, dass er das skurrile Reittier von ihnen vermisst hatte. Angelo schloss hinter ihnen die Tür und machte es sich genau wie Dreux in einem der großen Ohrensessel wieder bequem.


    "Du möchtest Deine eigenen Männer um Dich scharen und das ist richtig so Dreux. Beherzige bei der Wahl stets mit, dass Du Dich in ihrer Gegenwart wohl und gut aufgehoben fühlen musst. Aber das denke ich hast Du bereits verinnerlicht. Deine erste Wahl war Nathan nicht wahr? Bereits damals als wir in Ledwick über Deinen Leibdiener gesprochen haben. Da ist Deine Entscheidung schon gefallen, wenn nicht sogar schon viel früher. Eines Tages würdest Du Duc sein und Nathan sollte als Dein Leibdiener an Deiner Seite stehen", sagte Angelo und nahm Dreux Hand.


    "Das ich mir Nathan wieder an meine Seite wünsche, stand schon sehr lange fest Angelo. Das er dort auch stehen soll, sobald ich Duc bin, stand außer Frage. Er ist so eine gute, liebe, reine und herzliche Person, wie Du sie Dir kaum vorstellen kannst. Wobei Du kannst Dir sicher so eine Person vorstellen. Und er liebt Musik, so wie Du. Ihr werdet Euch verstehen Angelo.


    Du musst stets Deine schützenden Hände über Nathan halten, so wie ich es tun werde. Versprich mir das. Er ist so unbedarft, dass er in keiner Person etwas Böses sieht. Und genau aus diesem Grund geschieht ihm schnell etwas Böses. Dies geschah schon einmal und wurde hart bestraft. Bei Dir weiß ich, wie Du reagierst, wenn jemand ungerecht zu einer zarten Seele ist. Versprichst Du mir mich bei Nathan zu unterstützen?",
    bat Dreux und drückte Angelos Hand liebevoll.


    "Das verspreche ich Dir, Nathan wird an unserer Seite nichts zu befürchten haben. Nie wieder Dreux. Er wird im Schutze des Hofstaates eingebettet. Ich freue mich darauf ihn kennenzulernen und mit ihm gemeinsam zu musizieren. Für den Ruspanti danke ich Dir Tesoro.  Darüber freue ich mich sehr", erwiderte Angelo und rutschte mit dem Stuhl etwas näher.


    "Merci", schmunzelte Dreux.
    "Prego", gab Angelo zurück.


    "Für unsere Trauung hatte ich mir überlegt, das uns Verril vermählt. Sie verbindet Ledwick und Souvagne. Schau Dir Tazio und Verril an Angelo. Wir beide werden Ledwick und Souvagne ebenso verbinden, nun das tun wir jetzt schon. Verril besitzt einen Souvagnischen und einen Ledwicker Titel, sie ist Prince de Souvagne und Ducachessa di Ledvico.

    Oder wir wählen jemanden des Adels aus unserem Land. Denke in Ruhe darüber nach Angelo", bat Dreux und küsste Caldera zärtlich.


    "Dreux ich weiß welchen Titel unsere Ducachessa trägt. Es wäre mir eine Ehre", grinste Angelo gut gelaunt.

    "Nun ich wollte es genau erläutert haben", grinste Dreux zurück.


    "Das hast Du Tesoro, ruhen wir uns noch ein bisschen aus?", fragte Angelo gähnend.

    "Machen wir", stimmte Dreux liebevoll zu.

  • Am Rande der Sundhi


    Einige Stunden später saßen Dreux und Angelo ausgeruht und mit frischem Proviant wieder auf Macchiare, ihrer Reitschrecke. Die Temperaturen waren warm, aber noch nicht heiß. Gemächlich ritten sie durch den Ort, während die Bewohner am Straßenrand stehen blieben, erstaunt schauten und sich dann vor ihrem Duc verneigten. Angelo saß seit sie die Grenze überquert hatten hinter Dreux. Der frisch gekrönte Duc kannte sein Land und die Reise durch Souvagne lag in Dreux Hand.


    Angelo legte seinen Kopf auf Dreux Schulter ab und schenkte ihm ein breites Grinsen.

    "Es ist mir eine Ehre mit dem Duc de Souvagne persönlich durch dessen Lande reisen zu dürfen. Aber eine Frage Dreux, bist Du sicher, dass Du Rafael nicht mitnehmen möchtest? Ein Duc sollte nicht allein reisen, nicht ohne Hofstaat. Wobei Du gerade dabei bist, Dir Deine direkten, persönlichen Untergebenen handverlesen auszusuchen. Unsere Reise hat uns weiter geführt, als wir jemals für möglich gehalten haben Dreux", sagte Angelo gut gelaunt.


    "Es war mir ebenso eine Ehre vom Marchesi di Caldera persönlich durch Ledwick geführt zu werden. Rafael habe ich nach Beaufort geschickt, wie ich jeden weiteren Mann nach Beaufort schicken werde, den ich an meinen Hofstaat berufe  Angelo. Dies hier ist unsere Reise. Ich gebe Dir Recht, dass ein Duc mit seinen Getreuen reisen sollte. Aber Du hast in Ledwick bewiesen, dass Du sehr gut auf uns aufpassen kannst und ich kann dies ebenso. Souvagne ist genau wie Ledwick ein Land, in dem jeder Lehnsherr seine Scholle bestmöglich im Griff hat. Ich vertraue meinem Adel, dass er für Sicherheit und Ordnung sorgt. Ebenso vertraue ich meinen Untertanen.


    Trotzdem wird uns irgendwann unsere Reise nach Beaufort führen Tesoro. Ab dato werden wir in einem Tross reisen und zwar mit jenen Männern, die wir auf unserer Reise für den Hofstaat gefunden haben. Wen und was ich suche, weißt Du. Aber wer weiß, wen uns das Schicksal noch an die Seite stellt?


    Hätte man mir vor einem Jahr von dieser Reise berichtet und davon erzählt, dass ich meinen Mann in Ledwick finde und das Land auf dem Rücken einer Reitschrecke erkunde, ich hätte es nicht geglaubt. Im Grunde kann ich es immer noch nicht glauben.


    Ich liebe Dich Angelo", antwortete Dreux und wuschelte Caldera durch die Haare.

    "Ich Dich auch", raunte Angelo Dreux ins Ohr.


    "Warst Du schon mal am Rande der Sundhi? Neufille und La Grange liegen direkt an der Sundhi, sogar noch näher als Rocca Calascio. Falls Du eine Reise nach Neufille und La Grange planst, solltest Du diese wunderschönen Schollen im Frühling oder im Herbst aufsuchen. Da sind die Temperaturen angenehm, nicht zu kalt und nicht zu warm. Der Sommer kann hier sehr heiß werden. Es ist erstaunlich mit welchen Mitteln die Marchesi hier für ausreichend Wasser und Kühle sorgen.


    In Neufille sorgen kleine Mühlen dafür, dass das tiefe Grundwasser an die Oberfläche gepumpt wird, vor allem in den heißesten Monaten. Es steigt in kleine Bewässerungstürme auf. Diese kleinen Türme verteilen das Wasser dann gezielt auf den Feldern. Die Türme sehen oben aus wie Teekannen mit mehreren Ausgießern. Sie speien Wasser morgens und abends, ich werde sie Dir nachher zeigen. Persönlich finde ich diese kleinen Wassertürmchen besonders schön.


    In den Häusern in Neufille findest Du noch eine Besonderheit. Hier gibt es große tönerne Gefäße die randvoll mit Wasser gefüllt sind. Das Wasser dient nicht als Getränk, sondern das Gefäß ist aus durchlässigem Ton. Ist es besonders heiß, so verdunstet das Wasser durch die Tongefäße und sorgt so für frische Luft. In kleinen schattigen Höfen werden sie aufgestellt, um so neben dem Schatten auch noch Kühle und Frische zu spenden.


    In Souvagne findest verschiedene Klimaregionen und daran angepasste Bauweisen. Und noch vieles mehr, genauso herrlich abwechslungsreich wie Ledwick sind auch die Sehenswürdigkeiten von Souvagne. Lass Dich überraschen Angelo", sagte Dreux innig.


    "Merci", freute sich Angelo.

    "Prego", gab Dreux lachend zurück.

  • Die Teekannen-Feste


    Die Sonne schob sich weiter über den Horizont und so langsam aber sicher warfen die Wanderer lange Schatten. Der Nachmittag neigte sich dem Abend zu und in weiter Ferne sah man bereits den ersten zarten Hauch von Rot, welches den Himmel färbte.


    "Wir werden die heutige Nacht im Hause von Comte Alain de Neufille verbringen Angelo. Schau Dir den Himmel an, sieht er nicht schön aus? So lernst Du gleich einen unserer Adeligen kennen. Neufille ist ein sehr altes Haus, genau wie das Haus de la Grange. Comte Neufille und Chateaub unterstehen Marquis de la Grange. Der blutrote Hahn Angelo, von dem Du bereits gehört hast. Ohne Dijon de la Grange hätte ich die Reise nach Ledwick niemals angetreten. Ihm verdanken wir es, dass wir uns gefunden haben", sagte Dreux und lenkte die Reitschrecke Richtung Feste Neufille.


    "Ein gutes, ehrwürdiges und wehrhaftes Haus das der de la Granges. Wir sind vom gleichen Stand Dreux, lose kennen sich unsere Familien. So langsam zieht der Abend auf Tesoro, doch der Himmel verrät Dir wesentlich mehr.


    Abendrot – Schönwetterbot, so lautet ein altes Sprichwort. Manche würden sagen, an solchen Sprüchen ist nichts dran. Allerdings wenn Du sie aus dem Mund eines Ledvicos hörst oder eines Seemannes Deiner Marine, glaube ihm. Woher stammt nun dieses Sprichwort?


    Für ein schönes Abendrot muss der Himmel wolkenlos sein und zwar dort, wo die Sonne untergeht. Du siehst, es ziehen weder Wolken, Wind noch Regen heran. Das Sprichwort stimmt aber nur, solange das Abendrot echt ist. Das heißt, jede Verfälschung sagt Dir als Seefahrer, dass Feuchtigkeit in der Ferne lauert. Dies bedeutet also, ist das Abendrot gemischt mit gelber oder weißer Zeichnung, dann wird es eine Wetterverschlechterung geben, obwohl der Abendhimmel rötlich gefärbt war. Ein echtes Abendrot ist es dann jedoch nicht. Ein klein wenig Schiffswetterlehre für Dich", schmunzelte Angelo und stöberte in seinem Proviantbeutel.


    "Danke Schatz, also ist dieses Abendrot tatsächlich echt und es wird keinen Regen geben", antwortete Dreux.

    "Nein, leider nicht", bestätigte Angelo Dreux Aussage und reichte ihm eine Handvoll getrockneter Lotuskerne nach vorne.


    "Ich schätze Dijon de la Grange sehr, einer der wenigen Männer, die ich tatsächlich Freund nenne Angelo. Du wirst ihn persönlich kennenlernen. Zu dem Ort Neufille. Hier findest Du Architektur, Kultur und Kunst. Allerdings keinen Gesichtskrüppel, falls Du danach fragen solltest.


    Die Kuppel mit den herabhängenden Gießrohren, ähnlich jenen der Wassertürme prägen das Ortsbild rund um die Feste Neufille. Sie ist mit eine der ältesten Bauten Souvagnes. Wie Du sicher weißt, gehört Neufille zum alten Teil unseres Landes. Der spärliche Regen wird von den besonders geformten Dächern in kleinen Kanälen abgeleitet und die Gießrohre schütten es in dafür vorgesehene Gräben. Auch diese Bauart gehört zum Bewässerungssystem, denn jeder Tropfen Wasser ist hier so nahe an der Sundhi kostbar. Von Weitem erinnert die Kuppel an eine runde Teekanne mit mehreren, überlangen Ausgießern.


    In Neufille kannst Du verschiedene Kunstwerke bestaunen. Du findest sie in der Neufille-Feste, in dem kleinen Museum hier vor Ort und auch im Tempel der Himmelsaugen. Die Kuppel der Neufille-Feste solltest Du gesehen haben, sie ist sehr schön verziert. Das Gute an Neufille ist, dass Du alle Sehenswürdigkeiten bei einem Spaziergang entdecken kannst. Hier lohnt sich also ein Fußmarsch, allerdings solltest Du ihn in den frühen Morgen oder Abendstunden absolvieren, wegen der Hitze", erzählte Dreux und zügelte Macchiare vor der Feste.


    Entspannt ließ er sich von der Reitschrecke rutschen und wartete ab, bis Angelo neben ihm stand. Caldera bestaunte die Bauweise der Feste und freute sich auf die Besichtigung.


    "Bevor ich zu den Wachen trete, eine Frage Angelo hast Du einen Kosenamen? Wie nennt Dich Dein Vater oder Dein Bruder?", hakte Dreux neugierig nach.


    "Die Teekannen-Feste ist schön und effektiv zugleich. Warum sollte man Nützlichkeit nicht in ansprechende Form bringen? Schau Dir nur unsere Schiffe an. Die Bauweise der Wassertürme und der Kuppel gefällt mir. Vielleicht kann man etwas ähnliches für unsere Trockenregionen verwenden. Eine Überlegung wäre es wert. Gelo ist mein Spitzname", grinste Angelo.


    Dreux grinste zurück und schritt dann auf die Wachen des Hauses Neufille zu. Sie wurden voller Respekt empfangen und einige Augenblicke später in die Feste geführt. Der Comte würde sie empfangen.

  • Sonnensegel


    Comte Alain de Neufille empfing seine Gäste wie es sich gebührte, mit warmen Herzen und kalten Getränken. Von der Feste aus überblickten sie Neufille. Unter einem dichten Sonnensegel geschützt, saßen die drei Männer auf einem Plateau der Feste. Der beständige Wind machte den Aufenthalt soweit oben sehr angenehm.


    Angelo bewunderte die kleinen runden Pavillons, welche einen Großteil der sandfarbenen Gebäude in Neufille schmückten.


    "Comte was hat es mit den Baldachinen auf sich? So wie sie geflochten sind, werden sie keinen Regen abhalten. Ich vermute sie dienen dem gleichen Zweck, wie die Sonnensegel in Eurem schönen Ort?", fragte Angelo neugierig.


    "Da habt Ihr Recht Marchesi. Die Temperaturen steigen hier auf Rekordhöhen, jeder Lehnsherr der so nahe an der Sundhi lebt, wird Euch davon berichten können. Wir alle tun alles in unserer Macht stehende, um der sengenden Hitze Einhalt zu gebieten. Schatten ist genau wie Wasser Mangelware.


    Vor einer Ewigkeit war ein zerrissenes Zelt der Ursprung der Sonnensegel. So ist es bis zum heutigen Tag geblieben. Von einem Haus zum anderen hängen wir über die Straßen von Neufille alte Segeltücher. Um dem Ganzen zusätzlich etwas Besonders zu verleihen, wer die Tücher vorher gefärbt. Diese Sonnensegel spenden tagsüber Schatten.


    Die Baldachine auf den Häusern haben wie Ihr vermutet, den gleichen Zwecks. Ihr sitzt unter einem Dach, dass Euch Schutz vor der Sonne bietet und könnt dennoch den frischen Wind genießen. Auf jeder Dachterrasse steht einer dieser hölzernen Pavillons, welcher mit geflochtenem Stoff umwickelt ist. Eine farbenprächtige Angelegenheit nicht wahr?", freute sich der alte Comte über das rege Interesse.


    "Es sieht wunderschön aus Comte, ebenso ist Eure Feste etwas ganz besonderes. In Euren Mauern ist es schön kühl, ebenso wie bei uns Zuhause. Dennoch ist dies eine andere Bauweise. Ihr verwendet Sandstein und Lehm in Kombination, was mir sehr gut gefällt", freute sich Angelo und nippte an seinem Getränk.


    "Richtig Marchesi. Lehmwände sind in der Lage Temperaturunterschiede auszugleichen. In warmen Regionen sorgen deshalb dicke Wände für ein angenehmes Innenklima. Lehm ist ein guter Wärmeleiter. Durch Beimischung von dämmenden Materialien wird die Wärmeleitfähigkeit herabgesetzt. Hier spricht man von Leichtlehm. Auch wenn viele es nicht glauben wollen, aber auch die Wüste hat ihre Schönheit und sie hält unseren Erfindungsgeist wach", antwortete Alain entspannt und ließ den Blick über Neufille schweifen.


    "Das habt Ihr vortrefflich beschrieben Comte Neufille. Wir freuen uns, Eure Gäste zu sein. Uns ist etwas durch den Kopf gegangen, könntet Ihr nach einem Himmelsauge schicken lassen? Wir möchten der Ducachessa in Ledwick eine Nachricht zukommen lassen. Unser Himmelsauge haben wir bereits nach Beaufort gesandt. Dies dürfte jedoch kein Problem darstellen, da hier ein Tempel der Himmelsaugen steht. Lasst der Ducachessa bitte ausrichten, dass wir sie bitten uns in Souvagne zu besuchen. Genauer gesagt, hier bei Euch in Neufille. Es ist uns ein persönliches, sehr wichtiges Anliegen", warf Dreux ein.


    "Wie Ihr wünscht Eure Majestät. Ich lasse umgehend nach einem Himmelsauge schicken, so dass Ihr Eure Nachricht versenden könnt. Ein weiterer Gast weilt zur Zeit in unserem Hause. Ebenfalls ein Magier, allerdings ein Angehöriger des Ordens der Bluthexer.


    Vielleicht möchtet Ihr ihn nachher kennenlernen? Er hatte sich aufgrund der Hitze zurückgezogen. Ein sehr ernster Mann, mit dem Ihr Euch dennoch sicher gut verstehen werdet. Entgegen dessen was man vermuten könnte, kleidet er sich recht schicklich und farbenfroh. Möglicherweise ist dies auch unserer Vorliebe für Farbe geschuldet. Ich kann es Euch nicht verraten Majestät", erzählte Alain mit einem Schmunzeln.


    "Diente Euch dieser Mann in Ausübung seines Amtes? Oder war er als reiner Gast zugegen? Wir richten gerade unseren Hofstaat ein Comte und wir wünschen uns einen Bluthexer in unseren Reihen. Sollte sich dieser Mann als würdig und fähig erweisen, so würden wir ihn an den Hof rufen", sagte Dreux und trank seine Schorle aus.


    "Beides Eure Majestät, wir hatten hier leider ein Problem, welches Bruder Samuel Aimbeu gelöst hat. Ihr bei Bruder Samuel in guten Händen. Es wird ihm eine Ehre sein, Euch kennenzulernen. Entschuldigt mich einen Moment, ich bin gleich wieder für Euch da", verabschiedete sich Comte Neufille kurz und verließ die große Dachterrasse.


    Dreux nahm Angelos Hand und drückte sie liebevoll.


    "Dir gefällt es hier nicht wahr? Ich habe es an Deinem Blick gesehen Tesoro. Dieser Flecken Souvagnes erinnert Dich an Dein Zuhause. Alle Schollen die an die Sundhi grenzen, sind Deiner Heimat ähnlich. Das Himmelsauge soll Verrill hierher einladen, sie soll uns hier trauen. Das hier wird unsere persönliche Hochzeit. Natürlich ist sie dennoch offiziell. Die Feier für die Öffentlichkeit holen wir zum Neujahrsfest nach, ebenso wie die Feier zu meiner Krönung.

    Was sagst Du dazu? Wollen wir uns das Ja-Wort unter einem der bunten Pavillons geben Angelo?", fragte Dreux liebevoll.


    "Das ist richtig süß von Dir, ja gerne", freute sich Angelo.


    "Prego. Ich weiß wo ich uns einen privaten Sitz bauen lasse und zwar hier in Neufille. Unsere Familie hat viele Stammsitze Angelo und Du sollst einen eigenen Stammsitz haben. Ein kleine Feste ganz nach Deinem Geschmack. Was könnte ich Dir Innigeres schenken, als schützende Mauern an einem sonnigen Flecken?", antwortete Dreux und küsste Caldera.


    "Nun ich wüsste da etwas.... es ist auch bunt....", grinste Angelo und erwiderte den Kuss innig.

    "Vergiss es", lachte Dreux.

  • Ja unter dem Baldachin


    Als Dreux am Morgen die Augen aufschlug schaute er in das verschmitz lächende Gesicht von Gregoire. Gut gelaunt sprang er sofort aus dem Bett und umarmte Verrill.


    "Du hier! Wir haben uns so lange nicht mehr gesehen Verrill. Du weißt worum es geht?", fragte Dreux nervös.


    "Natürlich weiß ich das Dreux. Du möchtest es mit Angelo fest machen. Alain und ich waren so frei, etwas vorzubereiten und zwar im kleinen Rahmen. Einen bunten Baldachin, etwas Schmuck, einige ausgewählte Personen und Angelo. Mache Dich fein und dann komme auf die Dachterrasse der Feste. Du wirst erwartet. bis gleich", sagte Verrill, drückte ihren Bruder und verließ gut gelaunt das Gemach von Dreux.


    Knapp eine Stunde später standen Dreux und Angelo vor Verrill. Die private Atmosphäre gab der ganzen Zeremonie etwas Heimeliges und Vertrautes. Hand in Hand standen Dreux und Angelo vor dem kleinen Tisch, auf dem Verrill eine Urkunde abgelegt hatte.


    "Wir haben uns heute hier zusammengefunden, um zwei liebende Herzen zu vereinen. Deshalb frage ich nun Dich Dreux. Möchtest Du Dreux Gifford de Souvagne, den hier Anwesenden Angelo di Caldera zu Deinem Ehemann nehmen? Dann antworte mit - Ja ich will", bat Verrill.


    "Ja ich will", antwortete Dreux ohne zu zögern.


    "Dann meine Frage nun an Dich Angelo di Caldera, möchtest Du den hier Anwesenden Dreux Gifford de Souvagne zu Deinem Ehemann nehmen? Dann antworte mit - Ja ich will", bat Verrill.


    "Ja ich will", antwortete Angelo lächelnd. Caldera kämpfte darum, vor Freude nicht grinsen zu müssen.


    "Ihr beide habt bestätigt die Ehe miteinander eingehen zu wollen. Aufgrund des mir verliehenen Amtes erkläre ich Euch hiermit für rechtmäßig vermählte Eheleute. Ihr dürft Euch küssen", schmunzelte Verrill gerührt.


    Dreux und Angelo nahmen sich fest in die Arme und küssten sich liebevoll und innig. Einen Augenblick später grinsten sich beide dann doch breit an.


    "Für Euch, mit meinen besten Wünschen. Möge Alvashek Euch stets scheinen und Ainuwar Euch schützen", sagte Verrill und überreichte Dreux die Heiratsurkunde, sowie den passenden Aushang.



    Bitte melde dich an, um diesen Anhang zu sehen.



    Eheschließung

    zwischen

    Duc Dreux Gifford de Souvagne

    geboren am 19.08.176 n.d.A. in Beaufort, Souvagne

    und

    Marchesi Angelo di Caldera


    geboren am 25.02.181 n.d.A. in Rocca Calascio, Ledwick

    ist vor seiner Hoheit,

    Ducachessa Gregoire Verrill di Ledvicco, Prince de Souvagne,


    heute die Ehe geschlossen worden.


    Marchesi Angelo di Caldera trägt nunmehr den Titel sowie Namen:

    Prince-Gemahl Angelo de Souvagne, Marchesi di Caldera


    und wird mit Großherzogliche Hoheit angesprochen.


    Beaufort, 24.05.207 n.d.A.

    Ducachessa Gregoire Verrill di Ledvicco, Prince de Souvagne





    "Wir danken Dir Verrill, es war mir eine außergewöhnliche Ehre, von Dir getraut zu werden", sagte Angelo freundlich und betrachtete die Urkunde.
    "Ich danke Dir Verrill, dass Du uns getraut hast, bedeutet mir sehr viel. Die offizielle Feier zur Eheschließung und Krönung holen wir zu Neujahr nach. Ihr seid herzlich eingeladen", erklärte Dreux und nahm die Urkunde an sich.


    "Wir sind verheiratet", grinste er Angelo an und küsste seinen Ehemann erneut.

    "Das sind wir", freute sich Angelo und küsste Dreux als Antwort genauso innig zurück.



  • Sonne und Sand


    Dreux lag auf der Seite und betrachtete liebevoll Angelo, der bäuchlings neben ihm lag und die Augen geschlossen hatte. Ungestört lagen sie auf dem kleinen Balkon im einem Bett. Geschützt von einem bunten Baldachin, war dies ein äußerst angenehmer Ort zum Ruhen. Der Wind spielte mit Calderas offenen Haaren. Mit einem Finger malte Dreux sanft die roten Sonnenstrahlen nach, die Angelos Rücken zierten. Ein stilisiertes Muster, dass von einer ebensolchen Sonne ausging. Angelo quittierte die Zärtlichkeit mit einem Lächeln.


    "Du trägst Deine eigene Sonne auf der Haut und im Herzen Gelo, gleich ob es Tag oder Nacht ist. Wie heißt es? Eine einzelne Flamme reicht aus, um die Finsternis zu bezwingen", flüsterte Dreux liebevoll und strich Angelo eine Haarsträhne hinter das Ohr. Er liebte es die Haare von Angelo anzufassen. Irgendwie waren sie wild und weich zugleich, ganz so wie ihr Träger.


    "Eine einzelne Flamme besiegt die Finsternis nicht Dreux, aber sie ist ein guter Anfang und sie schenkt Hoffnung. Licht ist Zuversicht und Alvashek ist Licht. Selbst die größte Macht, kann der Sonne nicht gebieten und sie scheint leider nicht dauerhaft, so dass ich ihr Abbild auf der Haut trage. So ist sie immer da, immer sichtbar. Kraul mich weiter", bat Angelo und rutschte näher.


    "Wohl wahr, nicht einmal der mächtigste Mann kann über die Sonne gebieten. Zumal welcher Mann wäre dies? Es gibt genug mächtige Männer und jeder hat eine eigene Meinung dazu, wann die Sonne scheinen sollte oder nicht. Nicht mal ich kann der Sonne gebieten", grinste Dreux und setzte seine Streicheleinheiten fort.


    "So sehr ich Dich liebe, das ist auch gut so", grinste Angelo.


    "Das stimmt, ich weiß wie sehr Du die Sonne liebst und was Dir Licht bedeutet. Möglicherweise käme ich in Versuchung, dass ständiger Tag wäre. Jedenfalls einige Male im Jahr für Dich Tesoro", gab Dreux zurück und wurde als Antwort von Angelo geküsst.


    "Ein großes Geschenk, dass ich nicht annehmen dürfte, so gerne ich wollte. Wobei ich weiß, dass Du sorgsam mit so einer Macht umgehen würdest. Trotzdem gehört sie nicht in weltliche Hand, gleich was wir uns wünschen. Thema Macht Dreux, welche Pflichten und Autorität habe ich als Dein Ehemann? Das muss ich wissen, um entsprechend an Deiner Seite stehen zu können", fragte Angelo und stopfte sein Kopfkissen zurecht.


    "Der Prince-Gemahl ist der erste Ehemann des regierenden Duc. Seine offizielle Anrede ist Großherzogliche Hoheit. Da der Duc protokollarisch den höheren Rang als sein erster Ehemann belegt, kann der Ehemann eines regierenden Duc folglich nicht selbst Duc sein - Titular-Duc. Prince-Gemahl ist die Bezeichnung für den Ehepartner des in Souvagne regierenden Monarchen. Der Prince-Gemahl stellt sein Leben in den Dienst des Großherzogtums Souvagne und nimmt ausschließlich repräsentative Aufgaben wahr. Ein Prince-Gemahl verfügt über keinen Einfluss auf die Politik der Krone. Seinem Titel wird keine politische Macht zugeschrieben.


    Du hast folglich keine Befehlsgewalt über das Land, Du hast repräsentative Aufgaben. Das heißt, wo ich bin, da bist auch Du. Du stehst an meiner Seite, als mein Gemahl. Du sollst Dich wohltätigen Aufgaben widmen. Ebenso wirst Du Aufgaben erfüllen, die ich Dir übertrage. In diesem Fall hast Du als mein Abgesandter Befehlsgewalt. Du agierst unter meinem Befehl als Stellvertreter. Ob ich Dich entsende oder einen Vertrauten, Du sprichst in dem Moment für mich und in meinem Namen. Aber einen eigenen Machtbereich wie ein Marquise oder Du als Marchesi, den hast Du nicht.


    Eines vorweg Angelo, Du bist der erste und einzige Ehepartner an meiner Seite. Es wird niemanden neben Dir geben. Ich habe Dich aus Liebe und Zuneigung geheiratet und ich sehe uns beide als untrennbare Einheit. Du und ich Angelo, wir sind eins.


    In Souvagne ist der Duc die Personifikation des Landes. Ich bin seit meiner Krönung Souvagne selbst Angelo. Der Duc konzentriert alle Macht in seiner Person. Er führt die Regierungsgeschäfte, erlässt die Gesetze und ist zugleich oberster Richter. Allerdings hat ein Duc auch Vertraute zur Hand und Du bist mein erster Vertrauter als mein Ehemann. Jedoch liegt jede Entscheidung letztendlich bei mir.


    Als Gesetzgeber steht der Duc selbst über dem Gesetz, er ist von den Gesetzen gelöst. Die Staatshoheit ist die gegenüber den Bürgern und Untertanen höchste und von den Gesetzen gelöste Gewalt.


    Die Hierarchie unseres Landes lautet, Duc, Furisto, Marquise, Comte, Chevalier.


    Liegt Dir etwas am Herzen, oder liegt Dir eine Aufgabe besonders? Dann übertrage ich sie Dir. Du musst Dich nicht sofort entscheiden, aber wie gesagt, es wäre sehr schön, wenn Du eine wohltätige Aufgabe übernehmen würdest. Vielleicht etwas im Bereich der Fischer und der Marine? Davon verstehst Du sehr viel und ich denke, dass könnte Dir gefallen.


    Du kannst ebenso Empfänge abhalten und den Untertanen Gelegenheit bieten, bei Dir vorzusprechen. Sie werden sich dann mit Bitte und Gesuchen an Dich wenden. Auch so etwas fällt in den Bereich der Wohltätigkeit. Bittet ein Untertan um materielle oder finanzielle Hilfe, darfst Du sie gewähren. Bittet er um einen Schieds-, Schlicht- oder Richterspruch, verweist Du ihn an seinen Lehnsherren oder in höchster Instanz an mich. Bittet jemand um Abänderung eines Gesetzes, verweist Du ihn an mich. Vermutlich wird es sich dann um einen der Adligen handeln. Mir ist bewusst, dass Du dies weißt Gelo, aber ich erkläre es der Vollständigkeit halber.


    In Ledwick wird sicher genauso oder ganz ähnlich regiert. Und ich habe selbst gesehen, wie Du mit Deinen Untertanen umgegangen bist. Du bist ein guter Mann Angelo, mit einem freundlichen Wesen und einer guten Seele", sagte Dreux und drückte seine Stirn gegen die von Caldera.


    "Grazie. Das bist Du auch Tesoro. Glaubst Du wir wären zusammen oder hätten geheiratet, wärst Du das nicht? So gut solltest Du mich kennen. Wer sich Alvashek öffnet und den Gezeiten und Winden lauscht, wird den wahren Weg finden. So heißt es Dreux.


    Wohltätigkeit gefällt mir, ich werde sie in unserem Namen ausüben. Der Rest wird sich erweisen, doch gleich was kommt, ich stehe Dir bei. Wie ich Dir sagte, es ist nicht der Mantel der das Amt ausmacht, sondern der Mann der ihn trägt.


    Ist Dir etwas aufgefallen Dreux?", fragte Angelo und streichelte Dreux über die Flanke.


    "Prego und Danke für das Kompliment. Was genau meinst Du?", hakte Dreux nach.


    "Wir haben uns das erste Mal als Ehepaar in Neufille geliebt. Das meine ich. Sonne und Sand", grinste Angelo gut gelaunt. Dreux streckte seine Hand aus und legte sich sanft auf Angelos Rücken. Die Antwort war ein genüssliches Räkeln.


    "Sonne und Sand", grinste Dreux zurück, bevor sie erneut eins wurden und verschmolzen.

  • Vertrauen und Verschwiegenheit


    Nachdem Dreux Samuel Aimbeu in seinen Hofstaat einberufen und den Bluthexer nach Beaufort geschickt hatte, machte er sich gemeinsam mit Angelo auf nach Chateaub. Der Ort lag etwas weiter im Landesinneren von Souvagne und nicht mehr ganz so dicht an der Sundhi wie Neufille oder La Grange. Mit ausreichend Proviant im Gepäck, sowie den besten Wünschen von Comte Alain de Neufille, waren sie am Morgen aufgebrochen.


    "Was kannst Du mir über Chateaub berichten Dreux?", fragte Angelo und zog den Reiseumhang fester um seine Schultern.


    "Alles in Ordnung mit Dir?", fragte Dreux fürsorglich und drückte Angelos Hand.


    "Nur ein bisschen müde, ich mache es mir mit einem Umhang gemütlich. Die Nächte haben ihren Schrecken durch Dich verloren Dreux. Du verstehst mich ohne Worte, auf eine ganz anderen Ebene. Dir muss ich nicht sagen, was mich schmerzt. Und ich weiß nicht einmal, ob ich es könnte", gestand Angelo und legte seinen Kopf auf Dreux Schulter ab.

    Dreux drehte den Kopf und küsste Angelo sanft.


    "Wir verstehen uns auf einer anderen Ebene Angelo. Du weißt von mir und ich weiß von Dir. Vertrauen und Verschwiegenheit Angelo, unsere Lippen sind versiegelt. Du bist bei mir sicher, so wie ich bei Dir. Unsere Reise hat uns zueinander und zu uns selbst geführt. So etwas geschieht nicht grundlos. Du musst nicht aussprechen, was Du nicht aussprechen kannst Gelo", flüsterte Dreux Angelo ins Ohr.


    "Das hast Du lieb gesagt Dreux, so ist es. Meine Liebe, Loyalität und Verschwiegenheit gehört Dir und noch vieles mehr. Und jetzt erzähle mir von Chateaub, ich bin neugierig", grinste Angelo liebevoll.


    "Du und neugierig? Das ist mir gar nicht aufgefallen. Hör zu Schatz. Der Ort Chateaub ist etwas kleiner als Neufille. Sehenswürdigkeiten wie ein Museum oder Kunst suchst Du hier vergeblich. Dafür findest Du dort wunderschöne Natur und einen ebenso gepflegten Ort. Im Ort befindet sich ein kleiner See, das Wasser schimmert durch die Sonnenstrahlen besonders blau.


    Ebenso sind die kleinen Vorgärten vor den Häusern ein sehr schöner Anblick. Gemauerte Blumenbeete findest Du überall, sogar um die Laternen die nachts für Licht sorgen. Die Blumen haben ihre eigenen Mauern, wenn Du so möchtest. Ein Spaziergang durch die engen Gassen ist ein sehr schönes Erlebnis. Chateaub wird Dich mit seiner Bauweise überzeugen.


    Für Dein Seeweh werden wir nach Chateaub den Ort Cheverette und dann Bariere anreisen. Sehr viele Orte Souvagnes liegen an der Azursee Angelo. Doch zuerst Chateaub, Sonne, Sandstein und Wind. Du findest in Chateaub besondere Felsformationen. Sie sind nicht besonders hoch, aber die wahre Schönheit befindet sich auch in der Tiefe Angelo. Die Felswände wurden durch den Wind und mitgetragenen Sand ausgehöhlt, Kammern hinein gegraben und zu besonderen Formen geschliffen.


    In manchen Felsformationen erkennst Du besondere Formen wie Tiere und schön sind auch die Felsfarben. An manchen Stellen sind die Wege und Kammern im Fels sehr eng, an anderen breit genug, dass manche Plätze als Vorratslager genutzt werden. In den Felseinschnitten kann man am Morgen oder am Abend umher wandern. Auch zu diesen Zeiten musst Du an eine Kopfbedeckung und Wasser denken. Sicher ist Sicher. Das ist Chateaub Angelo", erzählte Dreux.


    "Chateaub wir kommen", freute sich Angelo.

  • Der Goldene See


    Chateaub zeichnete sich ab vor einer atemberaubenden Felskulisse, unterstrichen von einem dämmernden Morgenhimmel. Die Landschaft rund um Chatebaub wirkte fast surreal. Die Sandsteinfelsen hatten im Laufe der Zeit durch Verwitterungsprozesse bizarre Formen angenommen. Überall ragten spitze Kegel und Steinsäulen aus dem Boden. Hinzu kam, dass sich der Wind und Sand ebenso in die Tiefe gegraben hatte. Unzählige Höhlen waren durch Wind und Wetter, ebenso durch Menschenhand in den weichen Sandstein geschlagen worden. Fast weiße Sandsteingebilde umrandeten den Ort Chateaub.


    "Ist das ein Anblick?", fragte Dreux und zügelte Macchiare.


    "Wunderschön, Du hast nicht zu viel versprochen. Wo oder bei wem werden wir uns niederlassen? Du hast von mehreren Wohnsitzen gesprochen Tesoro. Wo haben wir überall Anwesen? Und welche sind davon Deine liebsten Aufenthaltsorte?", hakte Angelo nach und streckte sich.


    "Wir werden bei Comte Didier de la Chateaub absteigen. Wir besitzen einige Anwesen über das ganze Land verteilt Angelo, Du wirst sie kennenlernen. Es gibt zwei ganz besondere Anwesen, die ich sehr mag. Das erste heißt Sel de Sol und liegt an der Azursee. Genau zwischen Chasseaux und Lanteigne liegt es am See. Dann gefällt mir ebenso Sonne und Sand, ein Anwesen etwas außerhalb von Neufille. Die beiden Anwesen werden Dir sicher gefallen. Sonne und Sand hätte ich Dir vor der Abreise zeigen sollen, aber ich war mit den Gedanken woanders", lachte Dreux gut gelaunt.


    "Das weiß ich, war bei mir nicht anders. Sonne und Sand - Sole e Sabbia, klingt als wäre der Name Programm. Nachdem wir beim Comte de la Chateaub abgestiegen sind, sollten wir uns auch wieder in ein Gasthaus einkehren. Die schlichte Gemütlichkeit und Zweisamkeit mit Dir möchte ich nicht vermissen", antwortete Angelo und verstaute den Reisemantel wieder in ihrem Gepäck.


    "Danke für das Kompliment, dass musst Du auch nicht Angelo und zwar gleichgültig wo wir sind. Ich weiß wie es ist, wenn alle Augen ständig auf einen gerichtet sind. Man möchte einen kleinen privaten Fleck, nur für sich allein. Solche Augenblicke wünsche ich mir mit Dir und wir werden sie uns nehmen. Wo ich mich in meinem Land aufhalte, bestimme ich. Beaufort ist Regierungssitz, das heißt nicht, dass ich dort ständig anwesend sein muss. Mit einem unserer Adler bin ich sehr schnell in Beaufort. Mir ist wichtig, dass wir uns wohlfühlen und glücklich sind. Sollte das in einer kleinen Hütte Nähe der Sundhi sein, dann sei es so", grinste Dreux.


    "Das nenne ich eine eindeutige Ansage und Du hast damit völlig Recht. Schatz wir müssen daran denken, Deinen Adler abholen zu lassen. Du könntest Dein Himmelsauge mit der Aufgabe betrauen", schlug Angelo vor, während Dreux mit der Reitschrecke ihren Weg fortsetzte.


    "Du wirst Deinen eigenen Prachtadler bekommen Angelo, ein grünes Tier. Wobei ich mittlerweile den Ritt auf Macchiare liebe. Wir gemeinsam auf unserer Reitschrecke, das ist unsere Reise Gelo. Er hat sogar noch das Freundschaftsband. Genau wie Du. Wie wäre es mit einem zweiten Frühstück?", bot Dreux an, während sie nach Chateaub hineinritten.


    Festgestampfter Lehmboden der mit Steinplatten ergänzt wurde, begrüßte die Besucher. Die Häuser waren aus festem Stein gebaut und dennoch zusätzlich mit Lehm verkleidet. Die meisten waren erstaunlich bunt, aber so einige benötigten einen neuen Anstrich. Die Vorgärten hielten, was Dreux versprochen hatte. Die Gassen waren eng und wirkten dennoch urig. Sogar die gemauerten Blumenkübel um die Laternen konnte Angelo bestaunen.


    Überall hatten bereits kleine Geschäfte eröffnet und boten ihre Waren an. Dreux hielt mit Macchiare auf die Ortsmitte zu. Die Reitschrecke wurde etwas schneller, da sie das Wasser witterte. Vor dem Anwesen von Comte Didier de la Chateaub zügelte Dreux das Tier erneut.


    Hell und freundlich empfing sie das Anwesen des Comte. Es wirkte einladen und wehrhaft zugleich, wie Angelo feststellte. Wuchtige Türen, massive Bauweise und heller Sandstein ließen das Anwesen in seiner ganzen Schönheit erstrahlen. Getragen wurde das Vordach von einer Reihe Säulen, während auf der linken Seite eine Treppe nach oben führte.


    Das mehrstöckige Gebäude verfügte über Flachdächer, die mit einer Pergola bedeckt waren. Vermutlich konnten darüber Sonnensegel gespannt werden, so dass man auch hier den Wind unter fast freiem Himmel genießen konnte. Hellblaue Banner hingen neben der Eingangstür und sowie vom Balkon des zweiten Stocks herab. Die Fenster des Anwesens waren klein und vergittert.


    Ein Baum ragte mittig in die Höhe und teilte den Gästen wortlos mit, dass das Anwesen über einen stattlichen Innenhof verfügte. Noch bevor Dreux und Angelo abgestiegen waren, eilte ein kleiner, wohlbeleibter, älterer Herr samt seiner Wachen lächelnd aus dem Anwesen. Eindeutig der Comte Didier de la Chateaub.


    "Eure Majestät, Eure Hoheit, willkommen in Cateaub. Bitte folgt mir hinein", erklärte der Comte mit einer würdevollen Verbeugung.


    "Wir danken Euch für die freundliche Begrüßung Comte. Gemeinsam mit unserem Gemahl reisen wir durch Souvagne, damit dieser die Schönheit seiner neuen Heimat kennenlernt", antwortete Dreux freundlich.


    "Wenn dies so ist Majestät, dann müsst Ihr seiner Hoheit unbedingt den Goldenen See - lac d'or von Chateaub zeigen. Besonders in den Morgen- und Abendstunden, wird er seinem Namen gerecht. Auch unsere Felsschluchten sind ein beliebstes Ziel. Falls Ihr es wünscht, werde ich Euch einen meiner Diener an die Seite stellen und er führt Euch durch die Gänge und Tunnel", bot Didier erfreut an.


    "Das Angebot nehmen wir sehr gerne an, vielen Dank Comte. Der See ist etwas Besonders in dieser Umgebung. Leben Fische in ihm?", fragte Angelo neugierig.


    "Ja in dem See leben Fische und einige Krebstiere. Wir gehen sehr sorgsam mit der Entnahme von Grundwasser aus den Brunnen um, um dem See nicht zu schaden. Aus dem Untergrund aufsteigendes Wasser speist unseren See und führt dabei zur Bewässerung des Sandes in seiner Umgebung. Begleitet mich bitte ins Haus. Ich werde Euch auf meinen höchsten Balkon führen, von dort aus habt Ihr einen einmaligen Blick auf den goldenen See", erklärte der Comte stolz und gab den Weg vor. Seine beiden Gäste folgten ihm auf dem Fuße.

  • Gästezimmer mit einmaligem Ausblick


    Kalte Fliesen unter seinen nackten Füßen waren eine Wohltat. Hitze konnte man kaum entkommen, gegen Kälte konnte man sich dick einpacken. Allerdings gab es auch einige kleine Tricks, wie man es sich daheim etwas wohnlicher machen konnte. Der Wind spielte mit den Vorhängen, während Dreux im Bett saß und eines der zahlreichen Bücher des Comte las. Angelo lehnte gegen den Türrahmen, der zum Balkon führte.


    Der Blick auf den See war unglaublich, das Licht spiegelte sich auf dem sich sanft kräuselnden Wasser und verlieh ihm eine goldene Farbe. Aber das war noch nicht alles, was zu sehen gab. Vom Ufer aus führte ein kleiner Steinsteg zu einem wabenförmigen Turm. Der Steg war mit Säulen die Feuerschalen trugen geschmückt. Jeweils sechs Säulen mit brennenden Feuerschalen standen auf jeder Seite des Steges und leiteten die Besucher zum Turm.


    Unten wirkte der Turm noch wie ein kleines Bollwerk, zwei kleine Zinnen bildeten eine deutliche Abgrenzung zum Rest des Gebäudes. Vier Aufsätze hatte der Turm, die nach oben hin immer schmaler wurden. Die erste Etage war Fensterlos und dafür mit zwei großen, weißen Steintafeln geschmückt worden.


    Zeichen oder Buchstaben schmückten die Tafeln, aber Angelo konnte nicht sagen, welche Bedeutung diese Zierde hatte. Die Tür des Turmes war massiv, im Grunde war dieser Turm eine vertikale Burg. Nur was sie beherbergte, das wusste Angelo noch nicht.


    Caldera streckte sich, verließ seinen Aussichtsplatz und kehrte zu Dreux ins Bett zurück. Er küsste seinen Schatz zur Begrüßung auf die Schulter und rollte sich dann neben ihm zusammen.


    "Was ist das für ein Turm, der dort im Wasser steht?", fragte Angelo und betrachtete Dreux innig.


    "Es handelt sich um einen Ainuwar-Tempel Tesoro. Wir können ihn nachher sehr gerne besuchen", bot Dreux an, legte das Buch beiseite und machte es sich neben Angelo bequem.


    "Sehr gerne. Der Turm gefällt mir. Er hat etwas uriges. Erzähle mir von Chateaub und seiner Umgebung. Mir gefällt dieser Landstrich, genau wie Neufille", gähnte Angelo und zog die dünne Decke über seinen Schatz und sich.


    "Die Orte und Gegend an der Sundhi zählen zu den interessantesten Orten Souvagnes. Die eindrucksvolle Berglandschaft im Rücken unterstreicht die karge und dennoch auf ihre Art reiche Region. Im Laufe Zeit wurden Felsen und Berge von der Witterung geformt und abgetragen. Typisch für diese Landschaft sind auch die von Sundhi-Kiefern gesäumte Wege. Die Bäume dienen in erster Linie als Sonnen- und Windschutz. Schlaf noch ein bisschen, nachher brechen wir auf", erklärte Dreux und nahm Angelo in den Arm.

  • Der Turm und der Pilzhut


    Gemeinsam machten sich Dreux und Angelo am frühen Abend auf den Weg zum goldenen See. Eine raue Felslandschaft umschloss den See fast vollständig und wirkte optisch fast wie eine natürliche, souvagnische Mauer. Unter den alten, knorrigen Sundhi-Kiefern, extrem widerstandsfähigen Bäumen, ruhten tagsüber nicht selten Sandpanther. Die Schatten spendenden Bäume waren nicht nur bei den Menschen der Region beliebt.


    Der Mond schien hier Nachts an einem pechschwarzen Himmel und Dreux wusste, dass sie dann lieber bereits wieder zu Hause in ihrem Gästezimmer sein sollten. Dreux schob seine Hand in die von Angelo und rückte mit der anderen seinen breiten Pilzhut zu Recht. Angelo trug ebenfalls einen dieser Hüte, um sein Haupt vor der Sonne zu schützen.


    Der Pilzhut wurde aus trockenem Wüstengras oder anderem leichten Material gefertigt. Mit einem weichen Stoffband wurde der Pilzhut durch einem Kinnriemen am Kopf befestigt. In und um Chateaub diente dieser Hut vor allem als Schutz vor der unbarmherzigen Sonneneinstrahlung. Die breitesten Hüten, boten den besten Sonnenschutz. Viele der Hüte waren mit kleinen Trockengras-Pomp-Pomp-Bällchen geschmückt, die hinten am Hut fröhlich hin und her baumelten.


    Scherzhaft wurden die Chateauber deshalb auch oft Pilzköpfe und Fungi-Chati von anderen genannt. So manch ein Chateauber hatte die scherzhafte Bezeichnung selbst aufgenommen, denn sie waren sehr stolz auf ihre sonderbaren und praktischen Hüte. Dreux konnte dem nur zustimmen, der Hut schützte nicht nur den Kopf, sondern ebenso die Schultern. Als die beiden Wanderer am See angekommen waren, blieben sie vor dem Turm-Tempel des Ainuwar stehen.


    "Der Goldene See ist eine der wichtigsten Wasserquellen für Chateaub und so überrascht es nicht, dass hier ein Tempel errichtet worden ist. Dieser Ainuwar-Tempel ist Danksagung und Bitte zugleich. Danke dafür dass dieser kleine See existiert und die Bitte, dass es stets so bleiben möge", erklärte Dreux freundlich und schritt gemeinsam mit Angelo den steinernen Steg entlang.


    "Eine verständliche Bitte in dieser Gegend. Ich würde Alvashek bitten, diesen See zu schützen und zu schonen, so dass er nur sanft über ihn hinweg streicht", antwortete Angelo.


    Dreux öffnete den Tempel und schob zeitgleich seinen Hut in den Nacken. Angelo tat es ihm gleich. Hier unten im Tempel war es kühl, da die Wände dick und fensterlos waren. Erhellt wurde das Innere durch kleinere Feuerschalen. Auf jedem Treppenabsatz stand eine kleine Feuerschale und verströmte sanftes Licht.


    Stufe um Stufe erklommen die beiden den Turm, bis sie in der Spitze vor dem Altar standen. Hier oben gab es schmale Schlitze im Gemäuer, Schießscharten gleich durch die der Wind pfiff. Der Altar war ein sandfarbener, glatter, hochpolierter Quader aus Stein. Die äußeren Seiten waren mit Schnörkel-Mustern verziert und mit glitzernder Farbe verziert worden. Eine Statue suchte man hier vergeblich.


    Dafür lag ein Sammelsurium an Opfergaben auf dem polierten Quader und stand auch rund um den Altar. Ein geflochtener Korb voller Kekse, einige kleine Brote, drei Äpfel und einige Blütenblätter lagen auf dem Altar. Eine Vase voller Blumen stand davor, ebenso wie ein Korb mit Gemüse und eine Schale voller dunkler Beeren. Ausgelegt war der Raum mit Stroh, hier oben brannte kein Feuer.


    "Der Turm ist anders, als ich mir einen Ainuwartempel vorgestellt habe Tesoro", sagte Angelo leise.


    "Jeder hebt etwas anderes an Ainuwar hervor, die einen verehren ihn als Gott der Zeit, die anderen als neutrale Rationalität und die Wissenschaft ist ihr Gebet an ihn. Diese Leute hier danken und bitten ihn zugleich und ehren ihn mit Opfergaben. Hier ist jede Hilfe willkommen Angelo, Du weißt selbst wie hart das Leben am Rande der Wüste ist.


    Mein Freund Dijon könnte Dir einiges darüber berichten, wie er seine Scholle bewirtschaftet. Die Feste Sonnenstein ist etwas ganz besonders, denn sie hat ein Geheimnis. Mehr als ein Geheimnis, sie sitzt auf einem Schatz der wertvoller ist, als alles andere in der Wüste...", lächelte Dreux.


    "Wasser. Die Feste steht auf einer Quelle, auf einer Oase. Das nenne ich von Alvashek geküsst", grinste Angelo gut gelaunt.


    "So ist es. Er ist einer der treusten Fürsteiter Souvagnes und gehört einem der ältesten Häuser an. Kein Fremdländer darf jemals eine derartige Information in die Hände bekommen, die einem der unseren schaden könnten. Ich weiß um Deine Loyalität und kenne Deine Einstellung. Bewusst teile ich mein Wissen mit Dir Angelo, da ich alles mit Dir teile", sagte Dreux liebevoll.


    "Merci", antwortete Angelo gerührt.

    "Prego", flüsterte Dreux innig.