Über den Dächern Obenzas

  • Über den Dächern Obenzas


    Es war eine sternenklare Nacht, die letzten Nachtschwärmer waren vor Stunden bereits nach Hause durch die Straßen und Gossen gezogen. Weit oben, jenseits von all dem Trubel saßen Kirimar und Hector auf einem der Dächer und schauten auf die Lichter ihrer Stadt. Obenza. Ein Name, ein Ort, ein Mythos. Der Legende nach fraß diese Stadt ihre Kinder. Doch es gab auch andere Bewohner dieser Stadt. Jene die kaum jemand zu Gesicht bekam und falls doch, war es meist zu spät. Es waren jene Jäger der Nacht, die einen ganz anderen Hunger verspürten, als die Nachtschwärmer. Sie gelüstete es nach Fleisch und Obenza war nicht nur ihre Heimat, sondern auch ihr Jagdrevier. In trauter Zweisamkeit genossen die beiden Jäger die Aussicht.


    "Wir kennen uns bereits 24 Jahre Hec", flüsterte Kirimar und schenkte seinem Begleiter ein rasiermesserscharfes Lächeln.

    "Eine halbe Ewigkeit Kiri und falls Du möchtest, machen wir eine ganze daraus", bot Hector großzügig an.


    "Er ist fort, genau wie Kakko. Du hast Dein Mündel zurück nach Hause geführt. Du hast all die Jahre für den Kleinen gesorgt, ihn beschützt, gehütet, angelernt und Du hast ihn ziehen lassen. Sogar ihn hast Du ziehen lassen. Weshalb?", fragte Kirimar ohne jede Anklage in der Stimme.


    "Er und ich, wir beide waren nicht für einander bestimmt. Es war eine kurze und schöne Zeit Kiri. Wir beide haben für einen winzigen Augenblick in der Welt des anderen gelebt. Wir haben über den Tellerrand unserer eigenen Welt hinausgeschaut, aber letztendlich gehört doch jeder in seine eigene. Sollte ich nachtragend sein, weil er das vor mir erkannt hat? Nein. Was Kakko angeht, nichts ist so schwer wie das eigene Kind loszulassen Kiri, das weißt Du so gut wie ich. Aber Kakko gehört zu seinem leiblichen Vater. Es war sein Wunsch ihn aufzusuchen und wir haben ihn gefunden. Ich hoffe er wird dort glücklich und findet dort, was er sich von Herzen wünscht. Er ist ein guter, lieber und treuer Junge. Sein Vater weiß vermutlich nicht einmal was er einst für einen Schatz aufgegeben hat. Oder er wusste es doch Kiri und hatte ganz ähnliche Gründe wie wir. Niemand gibt sein Kind leichtfertig fort, weder er, Du noch ich", antwortete Hector und lehnte sich gegen Kirimar.


    "Das Bild auf meinem Oberarm ist für die Ewigkeit gemacht, machen wir beide für uns eine draus", sagte Kiri ernst.

    "Eine Ewigkeit wir beide über den Dächern von Obenza", flüsterte Hector.


    Zärtlich nahm er Kirimar in die Arme, strich ihm sanft über den Hals, dort wo das Leben ganz dicht unter der Haut pochte. Kirimar schloss die Augen und ließ sich in die Arme von Hector sinken. Das Grauen biss zu. Für eine Sekunde wollte Kiri Hector von sich stoßen. Das Grauen fühlte wie die Muskeln sich von Lieblich bereit machten, er gewillt war sich aus der Umklammerung zu drehen und dass er dazu in der Lage war, daran bestand kein Zweifel.


    Die Reaktion war ein Reflex auf den Biss, das spürte Hector. Kein anderer Beißer wollte als Besitz gezeichnet werden. Panik, Angst, ehe einige Augenblicke später der Widerstand gebrochen war und Kiri schwer atmend in seinen Armen lag. Eine seltsame Mischung schoss durch seine Adern, Angst und pure Lust, Extase während die messerscharfen Zähne von Hector in seinem Hals vergraben waren.


    "Das fühlt sich so heiß an, so heftig und erhebend", keuchte Kirimar lustvoll und leckte sich über die Lippen, während er Hector über den Rücken strich.


    Kiri fletschte die Zähne, als Hec seine Zähne aus seinem Fleisch zog. Der gelockerte Biss schmerzte wesentlich mehr, als das Zubeißen. Er spürte wie sein Blut warm über seine Haut lief, während Hector sein Gesicht in beide Hände nahm. Was der Biss bedeutete, wusste Kiri. Das was er wusste, ließ ihn trotz der Hitze zwischen seinen Schenkeln frösteln.


    "Lass los. Wir sehen uns bald wieder Kiri", raunte Hector ihm ins Ohr. Kirimar spürte die blutigen Lippen die sein Ohr streiften.

    "Ich weiß", antwortete er und stürzte in die Schwärze.

    Die Finger von Kirimar gruben sich in die Decke und zogen sich dann wie Krallen zusammen. Langsam schlug er die Augen auf und starrte an die Decke, so als sähe er sie und die gesamte Welt zum ersten Mal. Auf seinem Gesicht spiegelten sich die unterschiedlichsten Emotionen in einem extrem schnellen Wechsel. Kirimar presste die Lippen aufeinander, Hunger war jenes Gefühl dass ihm im Gesicht geschrieben blieb. Verwirrt rieb er sich die Stirn und setzte sich langsam auf. Hunger der selbst den Hunger eines Beißers in den Schatten stellte.


    Hector richtete sich im Sessel auf und grinste sein zähnefletschendes Grinsen. Kirimar erkannte den Ort, er befand sich in Hectors Gemach. Sie waren im Nest und er lag im Bett von Hector. Die vertraute Umgebung sorgte dafür, dass er sich sofort entspannte.


    "Willkommen Zuhause", begrüßte ihn Hec erfreut und wuchtete einen verschnürten Sklaven auf das Bett.


    Kirimar grub seine Zähne fast sofort in den Hals des gefesselten und geknebelten Sklaven. Als das Blut seine Zunge benetzte, fühlte sich Lieblich. als hätte er nie etwas Köstlicheres zu sich genommen. Wohlig stöhnte er beim Trinken auf saugte den Sklaven mit einer fast animalischen Gier leer. Der Hunger war abgrundartig gewesen, nun war er gestillt. Jedoch nicht ganz und Kirimar wusste, etwas in ihnen würde immer hungrig bleiben.


    Das messerscharfe Lächeln der beiden war liebevoll und herzlich, trotz ihrer eigenen Temperatur.