Kultur der Sentir

  • Sentir

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    Sentir kommt vom asameischen Wort für "fühlen". Dieser Name offenbart bereits, dass Sentir vor allem für ihre außergewöhnliche Wahrnehmung bekannt sind. In den finsteren Tiefen des Taudis müssen Jäger ausgezeichnete Sinne haben, um weit entfernte oder versteckte Beute orten zu können. Bei den Sentir ist insbesondere der elektrische Sinn extrem gut entwickelt und mit dem von Haien vergleichbar. Fast alle Sentir leben heute als Sklaven der Yakani. Wenigen gelang die Flucht an die Oberfläche, wo sie in der ihnen fremden Welt zu überleben versuchen. Weitestgehend sicher vor ihren an die Tiefe gebundenen Herren, hat die neue Freiheit dennoch ihren Preis. Aufgrund ihrer fehlenden Vertrautheit mit den Gepflogenheiten der Oberwelt enden Sentir oft erneut in ausbeuterischen Dienstverhältnissen. Dem entgegen steht aufgrund ihrer Gabe ihr enormer materieller Wert als Sklaven, der in Naridien auf 1,2 Millionen beziffert wird. Jedoch werden sich Sentir nur selten ein zweites Mal freiwillig versklaven lassen.


    Aussehen


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    Sentir sind eine Art von Tieflingen. Davon zeugen ihre graue Haut und die spitzen Ohren ebenso wie ihr langer Greifschwanz und die klauenartigen Nägel. Alle Augenfarben sind möglich. Die Farbe ihres Haars ist bei jungen Sentir schwarz. Sie beginnen früh zu ergrauen. Bereits mit dreißig haben sie vollständig graues Haar und mit vierzig schimmert es weiß wie Schnee. Aufgrund ihrer Erfahrung werden weißhaarige Sentir besonders gefürchtet. Sentir sind meist schlicht und funktional gekleidet. Da sowohl Männer als auch Frauen arbeiten, so wie sie im Hinblick auf Rechte und Pflichten kaum in Mann und Frau unterscheiden, gibt es auch in Sachen Kleidung und Frisur zwischen den Geschlechtern wenige Unterschiede.


    Mentalität


    Sentir gelten als überdurchschnittlich intelligent und leiden unter allen Problemen, die auch hochbegabte Menschen kennen: Verlorenheit, Langeweile, Rastlosigkeit, ewige Sinnsuche. Trotz harten Drills bleiben sie oft hinter ihrem Potenzial zurück und hegen eine geringe Erwartung an ihre eigene Selbstwirksamkeit. Anerkennung erhalten sie trotz ihrer Fähigkeit selten. In alltäglichen Dialogen fühlen sie sich unwohl, da sie nur selten ebenbürtigen Gesprächspartner begegnen. Sie leiden unter den Angebern und Großmäulern ihrer Welt, denen sie oft geistig weit überlegen sind, ohne jedoch deren Macht und Einfluss etwas entgegensetzen zu können. Aufgrund ihrer Gabe und Intelligenz werden Sentir oft als "Blitzbirnen" verunglimpft.

    Oben: Der entlaufene Sentir Zico lebt in Obenza

    und arbeitet heute als Agent für die Kartelle

    Kultur


    Sentir besitzen keine eigene Kultur mehr, sondern verbringen ihr Dasein als Sklaven der Yakani in deren Gesellschaft. Dies spiegelt sich auch in der dekriptiven Bezeichnung "Sentir" wieder, die eine Fremdbezeichnung ist. Sie selbst nannten sich früher Jinari (Sg. Jinar) oder auch Jinarak.


    Sie leben in einer "grauen" Welt ohne eigene Lieder und Geschichten, ohne Tänze oder bildende Kunst, da all dies von den Yakani als Zeitverschwendung betrachtet und unterdrückt wird. Die "Kunst" der Sentir ist die Fähigkeit, ihre Gabe und ihren Körper effektiv zu nutzen, um der Gesellschaft zu nützen. Individualität ist kaum erwünscht. Sentir lieben klare, gleichmäßige Formen und gedeckte Farben, die ihren daueraktiven Geist beruhigen. Jene, die im Dienst für die Herren oder auf der Flucht an die Oberfläche gelangen, erleben folglich einen starken Kulturschock. So kehrt manch Flüchtiger freiwillig in sein altes Leben in der vertrauten Sklaverei zurück.


    Elektrosensorik


    Um elektrische Ströme oder die Veränderung selbst generierter elektrischer Felder zu erkennen, gibt es spezielle Poren in der Haut der Sentir, an deren Basis die Elektrorezeptoren liegen. Diese Zellen sind vermutlich auch für die graue Hautfarbe verantwortlich. Hauptsächlich sitzen sie im Knorpelgewebe der Nase und der Ohrmuscheln, sind jedoch am ganzen Körper zu finden. Sie sind nach außen hin geöffnet, wie normale Hautporen, und deswegen besonders empfindlich.


    Jedes Lebewesen produziert elektrische Felder, sei es mit seinem Herzschlag, der Muskelbewegung oder dem Gehirn. Weil jeder Muskel über elektrische Signale zur Kontraktion gereizt wird, baut jeder Organismus ein elektromagnetisches Feld um sich herum auf. Ein Beutetier oder Gegner kann sich noch so gut verstecken oder tarnen, seine elektrischen Felder kann man nicht verbergen.


    Sentir sind in der Lage, diese Elektrizität ihrer Umgebung zu spüren. Mithilfe eines elektrischen Organs (Elektroplax) können sie diese gezielt beeinflussen. Gesteuert wird dieser Prozess über Gedankenkraft, denn auch Gedanken sind Strom. Die Elektrosensoren ihrer Haut fungieren zudem als elektromagnetischer Kompass, mit dessen Hilfe sich Sentir auf tausenden Kilometer Entfernung orientieren können. Sie können auch andere geomagnetische Felder wahrnehmen, wie sie zum Beispiel durch strömendes Wasser erzeugt werden.


    Stört man ihre Wahrnehmung mit starken Magneten, verwirrt dies ihren Sinn. Die Yakani machen sich dies zunutze, indem ungehorsame Sentir einen magnetischen Halsreif erhalten, der ihre Gabe blockiert und eine psychische Folter darstellt, ähnlich wie dauerhaft verbundene Augen. Die Fähigkeiten der Sentir nimmt außerdem ab, wenn der rote (eisenhaltige) Mond scheint, so dass sich für einen Sentir im Laufe des Tag- und Nachtzyklus "magnetische Gezeiten" bilden. Während der Mittagszeit ist ihre Gabe am stärksten, um Mitternacht am schwächsten. Sie spüren auf diese Weise auch im Untergrund den Wechsel von Tag und Nacht. Wenn Daibos als Vollmond am Himmel steht, ist ihr Sinn überlastet und sie sind "elektrosensorisch blind".


    Werkzeuge und Waffen - Zwei Klassen von Sentir


    Nach dem Gesetz der Yakani gelten Sentir nicht als Personen, sondern als Werzeuge, oder im Falle von hoher Begabung als Waffen. Wenn Sentir einen persönlichen Besitzer haben, nennt dieser sich "Benutzer", denn nichts anderes tut er: Er benutzt den Sentir zur Vollstreckung seines Willens. Ein Yakan gilt als wohlhabend, wenn er sich einen persönlichen Sklaven leisten kann. Der Wert steigt mit den Fähigkeiten des Sentir.


    Die Einteilung in die beiden Klassen und die Bewertung der Fähigkeiten erfolgt mit erreichen der Volljährigkeit am Ende der Ausbildung:


    Sentir mit schwächeren Eigenschaften, gelten als Werkzeuge (Diriucár). Sie sind zumeist Staatssklaven, die der Gemeinschaft gehören. Sie pflegen die Pilzplantagen, ernten und verarbeiten Mückenseide, sammeln Larven, reinigen die Quartiere, fertigen Nahrung und Kleidung, stabilisieren Tunnel und erledigen all die anderen Arbeiten, die in einer Gemeinschaft anfallen, damit die Yakani sich auf ihre "vier edlen Künste" (Alchemie, Mathematik, Mechanik, Jagd) konzentrieren können.


    Sentir, die als Waffen gelten (Dewi) erhalten einen persönlichen Besitzer, einen einflussreichen Yakan. Dewi'Sentir sind Agenten, die Informationen sammeln und Feinde der Yakani beseitigen. Der Ruhm für ihre Taten fällt ihrem Benutzer zu. Im Gegensatz zu ihre Brüdern und Schwestern der niederen Klassen genießen Dewi'Sentir einen gewissen rechtlichen Schutz: Wer dem Dewi'Sentir eines anderen Schaden zufügt oder diesen gar tötet, muss Schadensersatz leisten. Dewi'Sentir werden aufgrund ihres hohen materiellen Wertes nicht so abfällig behandelt wie Diriucár'Sentir und erhalten für gutes Arbeiten ein Taschengeld sowie weitere Belohnungen. Entsprechend versuchen die meisten Sentir, während der Ausbildung zu glänzen, um dieser Klasse zugeteilt zu werden, und wünschen sich einen persönlichen Besitzer. Dewi'Sentir, die als Aufseher oder Jäger entflohener Diriucár'Sentir dienen, sind allerdings bei diesen noch mehr verhasst als die Yakani.


    Das Verhältnis von Sentir und Yakani


    Da Sentir von kleinauf eine Ausbildung als Sklave der Yakani durchlaufen, sind die meisten nichts anderes gewohnt. Aufgrund ihrer Intelligenz und ihres grüblerischen Wesens bedeutet das jedoch nicht, dass sie mit diesem Los immer glücklich sind. Es gibt ein weites Spektrum von hemmungsloser Hingabe an die Herren bis hin zu kaltem Hass. Die meisten Sentir bewegen sich im Mittelfeld und leisten Gehorsam.


    Aus den seltenen Kreuzungen von Sentir und Yakani entstehen Sentir ohne die Merkmale eines Yakan. Da ihnen die Hörner des Vaters fehlen, ist ihnen auch keine Echoortung gegeben. Gleichsam fehlt ihnen auch die Gabe der Sentir, die Elektrosensorik. Es sind die traurigsten Gestalten des gesamten Taudis. Da Yakani sehr auf die eigene Herrlichkeit fokussiert sind, kommt derartiger Beischlaf allerdings selten vor. Kein Yakan würde je zugeben, der Erzeuger eines Sklaven zu sein oder sich für solche zu interessieren. Davon, dass umgekehrt ein Sentir eine Yakana befruchtete, wurde bislang überhaupt nicht berichtet, so dass das mögliche Resultat unbeschrieben ist. Es ist jedoch zu vermuten, dass es ebenfalls Sentir ohne diese Sinne wären.


    Der Kodex


    Sentir sind trotz ihres inneren Bedürfnisses nach Gesellschaft oft zu einem Dasein als Einzelgänger verdammt, was von den Yakani gewünscht ist und gefördert wird. Sie haben kein Interesse daran, dass die Sentir die Macht der Gemeinschaft für sich zu nutzen lernen und für sie zur Gefahr werden. So wird während der Ausbildung die Separation voneinander durch kaltherzige Manipulationstaktiken vorangetrieben und den Sentir ein tiefes Misstrauen untereinander antrainiert. Sie sollen jederzeit kontrolliert und ohne Emotionen handeln. So lernen sie, ihr bitteres Los stoisch zu ertragen und sich an den Yakani zu orientieren anstatt an ihresgleichen.


    Als Stimme des Willens der Yakani dient der Kodex, geschrieben auf Seidenpapier, der ihnen vorgeblich beibringen soll, im Einklang mit ihrer Gabe zu leben und sie nicht zu missbrauchen. Er ist, wenngleich ein Buch zur Lebensführung, kein religiöses Werk, da Yakani Aberglauben ablehnen, sondern eine trockene Handlungsanweisung. Der Kodex appelliert an Dankbarkeit gegenüber ihren Herren und Verantwortung für die Gemeinschaft. Die Sentir werden darin zu "Friedenswächtern" des Taudis stilisiert, doch der Kodex ist in Wahrheit ein Instrument, um die Sentir gefügig zu halten. Im Namen des "Friedens" wurden die Sentir jedoch oft als tödlichste Waffen der Yakani eingesetzt.


    Geschichte


    Schon immer hat es Personen gegeben, denen nachgesagt wurde, dass sie wie durch Geisterhand Dinge bewegen konnten oder in der Lage waren Gedanken zu lesen: Eine Macht die, aufgrund ihrer Seltenheit über Jahrhunderte verborgen blieb und in Asamura erst im zweiten Jahrhundert nach der Asche wissenschaftlich beschrieben wurde. Im Taudis jedoch weiß man schon länger davon. Es waren die Yakani, die das Potenzial der Sentir als erste erkannten und für sich nutzbar machten. Allerdings war diese Entdeckung nicht zum Vorteil der Sentir.


    Ursprünglich hatte sich die Gabe des elektrischen Sinns als eine Orientierungshilfe im Dunkeln entwickelt. Durch natürliche Selektion verstärkte sie sich. Seit die Sentir unter der Herrschaft der Yakani leben, werden sie gezielt darauf gezüchtet, so dass in den letzten Jahrhunderten ein enormer Zuwachs dieser Fähigkeit zu beobachten war , der nicht mehr in jeder Hinsicht als gesund bezeichnet werden kann. Psychische Probleme treten seither gehäuft auf. Je mächtiger die Gabe, umso größer die Anfälligkeit.


    Im Gegensatz zu den Yakani ist es den Sentir möglich, ohne körperliche Probleme an der Oberfläche zu überleben. Sie benötigen jedoch viel Schlaf und energiereiches Essen, da ihre Gabe sie auslaugt. Meist leben sie nachtaktiv, da es ihnen nach einem Leben im Taudis schwer fällt, sich an das Tageslicht zu gewöhnen, auch wenn sie das physisch durchaus können.


    Die Stufen der Sentir


    Sentir werden der Gabe nach in fünf Stufen unterteilt. Die Sprache dieser Einteilung ist ein Gemisch aus Yaduri, Rakshanisch und Einflüssen von Asameisch. Die meisten Sentir besitzen eine eher schwache Gabe. Je stärker die Gabe, umso seltener tritt sie auf. Ab Stufe drei (Rowa) sind Sentir als Waffen interessant.


    Während das Wahrnehmen der Gefühle anderer oder das Lesen deren Gedanken lediglich die Konzentration des Sentir beansprucht, erschöpft der Einsatz der telekinetischen Fähigkeiten ihn sehr schnell (binnen weniger Minuten bis hin zu einer Viertelstunde bei gutem Trainingszustand). Der Blutzuckerspiegel sinkt rapide. Anschließend muss der Sentir süße Nahrung zu sich nehmen und schlafen, ansonsten besteht die Gefahr, in ein lebensbedrohliches Koma zu fallen. Insbesondere für die Stufen vier und fünf besteht diese Gefahr.



    StufeBezeichnung des Begabten
    Begabung
    einsKera
    - Kinder haben immer diese Stufe
    - äußerst untalentierte Erwachsene bleiben auf dieser Stufe
    - Gefühle anderer können bei starker Konzentration darauf wahrgenommen werden
    - Gedanken können nicht gelesen werden
    - Gegenstände können nicht durch Gedankenkraft bewegt werden
    zweiZata- Die meisten Sentir befinden sich ab einem Alter von 15 Jahren auf dieser Stufe
    - viele bleiben für immer auf dieser Stufe
    - Gefühle anderer werden gespürt, wenn der Sentir sich darauf konzentriert
    - Gedanken können nur undeutlich gelesen werden und nicht gegen Widerstand
    - nur winzige Gegenstände (Löffel, Schraubendreher, Steinchen) können durch Gedankenkraft bewegt werden
    dreiRowa- die meisten erwachsenen Sentir erreichen diese Stufe im Alter von 25 Jahren
    - für die meisten Sentir bleibt es für immer bei dieser Stufe
    - Gefühle anderer werden unterbewusst gespürt
    - Gedanken können bei Konzentration darauf gelesen werden, mit Anstrengung auch gegen Widerstand
    - kleine Gegenstände bis zum Gewicht von 1 kg können durch Gedankenkraft bewegt werden
    vierAkka- nur jeder hundertste Sentir erreicht diese Stufe im Alter von 30 Jahren
    - Gedanken und Gefühle können mit ein wenig Konzentration auch gegen starken Widerstand gelesen werden
    - Gegenstände bis zu einem Gewicht von 100 kg können durch Gedankenkraft bewegt werden
    fünfCinca- es sind nur eine handvoll Sentir bekannt, die ab einem Alter von 40 Jahren diese Stufe erreichten
    - Gefühle anderer erzeugen ein ständiges emotionales Rauschen
    - Gedanken anderer können auch gegen starken Widerstand gelesen werden
    - immer wieder blitzen auch gegen den Willen des Sentir die Gedanken und Gefühle der Umgebenden Leute in seinem Wahrnehmungsradius auf
    - Gegenstände bis zu einer Tonne Gewicht können durch Gedankenkraft bewegt werden.


    Weiterführende Schriften


    Zwei Sentiragenten im Einsatz - ein beispielhafter Einsatz zweier ranghoher Dewi'Sentir an der Oberfläche