Yaigh - Die ersten Herren von Asamura

  • Yaigh

    yaigh4.jpgBevor die Sternenreisenden landeten, beherrschten die Yaigh den Planeten. Sie waren Reptiloide mit einer faszinierenden, aber in vielen Belangen ausgesprochen herzlosen Kultur, da sie nur rudimentäres Einfühlungsvermögen besaßen. Ihr Verschwinden kann als Segen betrachtet werden, denn so lange sie Asamura beherrschten, konnte und durfte sich keine andere Kultur neben ihnen entwickeln.


    Die Yaigh machten sich die Natur zum Untertan. Anstatt ihre eigene Lebensweise anzupassen, passten sie die Natur an ihre Bedürfnisse an. Jedes Wesen und jede Pflanze lebte während der Herrschaft der Yaigh in einer Symbiose, die durch die Jahrtausende perfektioniert worden war. Wo der Evolution Fehler unterlaufen waren, wurde korrigierend eingegriffen. Die Yaigh hatten zum Zenit ihrer Herrschaft die Umwelt so gestaltet, dass sie ihre biotechnologischen Wunderwerke nährte. Ihre Städte waren lebende Gebilde, gewachsen aus der Erde selbst, und in ihrer Kultur verschmolzen die Wunder der Natur mit den Errungenschaften der Biotechnologie.


    yaigh2.jpgAussehen


    Ihre Gestalt und ihre Gesichter erinnerten zwar an Menschen, jedoch waren sie keine Warmblüter, sondern Reptilien. In ihren Mündern standen spitze Zähne, die leicht nach innen geneigt waren. Yaigh gingen nicht auf den Fußsohlen, sondern schritten auf den Ballen langliedriger Zehen, wie auch Schreitvögel das tun. Beim Halten des Gleichgewichts half ein muskulöser Schwanz. Kleidung trugen sie nur dann, wenn sie funktionalen Zwecken diente, wie beispielsweise Raumanzüge.


    Männer waren größer und kräftiger gebaut, außerdem war ihre schuppige Haut farbenfroher gefärbt. Frauen wuchsen kurze Hornstacheln auf Kopf und oberem Rücken, während die eines Mannes lang und biegsam waren und ihr gesamtes Leben lang weiter wuchsen. Zudem besaßen Männer einen doppelt so langen Schwanz, an dessen Ende sich das Begattugsorgan befand. Der Schwanz einer Frau hingegen war kurz und fleischig und wies auf der Unterseite eine Spalte auf, in welche das Begattungsorgan des Mannes eingeführt werden konnte und aus welcher später ein weiches Ei gelegt wurde. Zusätzlich hatten beide Geschlechter zwischen den Gesäßmuskeln eine Ausscheidungsöffnung.


    Mentalität


    Yaigh lebten im sozialen Verbund, gingen aber dabei keine emotionalen Bindungen ein. Anonymität war erwünscht. War diese nicht möglich, blieb man zumindest innerlich auf Distanz. Diese Sicht ergab sich daraus, dass ihre Jungen als anonyme Masse im Meer lebten und Yaigh von kleinauf nur für sich selbst verantwortlich waren. Tauchten andere auf, verhieß das meist Probleme. Das Konzept von Ehe war so unbekannt wie das Konzept der Familie. Man kann sich zusammenreimen, dass sich ein Gefühl wie Liebe in solch einer Gesellschaft nicht entwickeln konnte, da es dafür keine Notwendigkeit gab.


    Komplizierter ist die Frage, ob Yaigh dazu fähig gewesen wären, Gefühle zu entwickeln, wenn sie anders aufgewachsen wären. So fand ein Experiment statt, deren unfreiwillige Probanden zwei Yaigh waren, die vom Schlupf an gemeinsam in einer isolierten Lagune aufwuchsen und die Nahrungsaufnahme verweigerten, wenn man sie trennte. Auch im Erwachsenenalter suchten sie immer wieder die Gesellschaft des anderen. Unter den Yaigh galt dieses Verhalten als fatale Fehlentwicklung, als Geisteskrankheit namens Leava, die durch einen Mangel an Anonymität verursacht worden war.


    Dennoch kam es immer wieder vor, dass auch im Schwarm aufgewachsene Yaigh mehr Zeit miteinander verbrachten als üblich war. Das galt allerdings als peinlich und war zutiefst verpönt bis hin zum ernsten Verdacht, an Leava zu leiden, was einen Yaigh sein gesamtes Ansehen kosten konnte. Auch, wer seine Geschlechtspartner nicht ständig wechselte, galt als unattraktiv und schwächlich, da er offensichtlich niemanden erobern konnte und darum auf einen einzigen Partner angewiesen war. Die Yaigh kannten eine Bandbreite an Therapiemöglichkeiten gegen Leava, die sich aus Isolation, Exzessen und abstumpfenden Medikamenten zusammensetzten.


    yaighsmall.jpgGesellschaft


    Die Yaigh kannten keine Familien, sondern legten ihre Eier in den warmen Ozean, wo die Natur sie ausbrütete. Die erste Etappe ihres Lebens - das Larvalstadium - verbrachten sie rein aquatisch. Diese "Kinder" lebten räuberisch und ohne jede Betreuung, bevor sie als Erwachsene an Land stiegen, um sich der Gesellschaft anzuschließen. Zu diesem Zeitpunkt waren sie bereits darauf geprägt, sich rücksichtslos gegen Rivalen durchzusetzen.


    Dort begannen sie ihr Leben als einfache Arbeiter. Wer genügend geleistet hatte, konnte Schulungen besuchen, um sich weiterzubilden und eine gehobenere Stelle zu bekommen. Dort gab es irgendwann den nächsten Lehrgang, der den nächsten Aufstieg ermöglichte und so weiter. Yaigh konnten mehrere hundert Jahre alt werden, waren äußerst lernfähig und stiegen im Laufe ihres langen Lebens daher oft zu angesehenen Spezialisten auf. Aber auch Faulheit war akzeptiert, denn es war jedem klar, dass die höchsten Privilegien nicht für alle reichen konnten und dass weitaus mehr einfache Arbeiten erledigt werden mussten als komplizerte. Der größte Wunsch vieler Yaigh war ein eigenes Sternenschiff, doch nur für etwa 10% ging dieser Wunsch aufgrund ihrer Leistungen in Erfüllung.



    yaigh3.jpgKultur


    Yaigh galten als scharfsinnig und waren dem Menschen intellektuell mindestens ebenbürtig, waren allerdings bestenfalls mit rudimentärer Empathie ausgestattet. Ihre Sicht auf die Dinge und das Leben war sehr berechnend und von Eigensucht geprägt. Alles, was lebte, bildete für sie Nutzmasse. Davon war ihresgleichen nicht ausgenommen. Die Währung der Yaigh war ein Guthaben namens Ruhy, dass man am ehesten mit Ruhm übersetzen kann, da es sich aus Leistung und Ansehen zusammensetzte. Der Ruhm wurde dabei nicht weniger, wenn man Leistungen in Anspruch nahm. Stattdessen gab es Mindestkontingente als Hürden für bestimmte Privilegien, zum Beispiel für Luxusgüter oder dafür, ein Sternenschiff in Auftrag geben zu dürfen.


    Schätzungsweise erlangte nur 1% der Männer ausreichend Ruhm, um sich mit einer eitragenden Frau paaren zu dürfen. Bei Frauen widerum stieg mit wachsendem Ruhm die Auswahl an hochwertigen Männern, die ihnen für eine Befruchtung ihres wertvollen Eis zur Verfügung stand, und sie waren bei dieser Entscheidung äußerst pingelig, da nur äußerst selten ein Ei in ihnen heranreifte. Die Befruchtung war kein privates Vergnügen, sondern ein Massenspektakel an einem dafür berüchtigten Strand namens Crastyll, an dem sich alle trächtigen Frauen und zugelassenen Männer zu den ihnen zugewiesenen Zeiten trafen. Jedoch machten Yaigh für den Spaß zwischendurch auch vor dem eigenen Geschlecht nicht halt.


    Biotechnologie


    Mit molekularbiologischen Methoden wurden durch die Yaigh unter anderem Rekombination von DNA im Reagenzglas durchgeführt. So gelang es ihnen, Pflanzen auf gigantische Größen heranwachsen zu lassen, die begehbare Röhren und bewohnbare Schoten besaßen. Yaigh hatten die Biotechnologie zur Kunst erhoben und ließen ihre Gebäude und ganze Städte einfach wachsen. In den großen Schoten waren zarte, lichtdurchlässige Membranen eingebettet, die als Fenster dienten. Feine Häute bildeten Vorhänge und Sonnensegel. Luftgefüllte Blasen erzeugten bei Berührung Musik und in Wandkelchen sammelte sich ein köstlicher Nektar namens Gua, der eine leicht berauschende Wirkung besaß. Doch diese lebenden Häuser waren nur Teil einer ganz auf Biotechnologie fußenden Lebensweise.


    So kannten die Yaigh auch eine fortschrittliche Medizintechnik, wie biologische Therapeutika oder biobasierte Implantate, die jedoch nur sehr ruhmreichen Yaigh zuteil wurde. In der Informationstechnik konnte DNA als hocheffizienter Datenspeicher dienen. Bioreaktoren lieferten die notwendige Energie durch Mikroalgen und ihre Nutzung als Biokraftstoffquelle, mit dem ihre Anlagen betrieben wurden.


    Die Yaigh waren auch in der Lage, Sternenschiffe zu bauen. Solche komplexen Dinge konnte man nicht wachsen lassen, dennoch bildeten auch hier organische Materialien die Grundlage der Konstruktion. Beispiele sind Leichtbaumaterialien aus Lignin oder biobasierte Kunststoffe aus Stärke. Durch die Einlagerung von Zellen konnten sie zudem einen Beton herstellen, der spannungsbedingte Risse selbständig schloss.


    Geschichte


    Neben den kaltblütigen Yaigh gab es auch warmblütige Humanoide auf der Welt. Diese Warmblüter nannte man Thaldrax. Sie lebten unterirdisch im großen Höhlenlabyrinth von Asamura, dem Taudis. Dort waren sie vor den Yaigh halbwegs sicher.


    Nachdem die Menschen den Planeten erreicht hatten, standen die Yaigh vor enormen Problemen. Die Neuankömmlinge ließen es nicht auf einen offenen Konflikt ankommen, sondern zogen sich in die Tiefen des Taudis zurück. Dort bauten sie ihre Anlagen auf und begaben sich in Kryostase. Während die Menschen schliefen, begann das Terraforming, um die Welt für ihre Zwecke zu optimieren. Das Klima und die Zusammensetzung der Atmosphäre wurden im Verlauf der Jahre immer erdähnlicher und freigelassene Spezies von der Erde verdrängten die einheimischen Tiere und Pflanzen.


    Das veränderte Klima vernichtete die Lebensgrundlage der Yaigh - die gewachsenen Städte und biotechnischen Anlagen. Mit der Veränderung ihres Ökosystems stellten diese hochspezialisierten Zuchtformen binnen kurzer Zeit ihren Stoffwechsel ein und begannen abzusterben. Auch ihre Brut im Ozean konnte der Veränderung nicht standhalten, die Eier entwickelten sich nicht und die Jungen gingen an Hunger und Krankheiten zugrunde. Den Erwachsenen erging es nicht besser. Besonders Pilzbefall war ein großes Problem bei den erwachsenen Yaigh. Trotz aller Intelligenz und ihrer technischen Leistungen gelang es den Yaigh in ihren faulenden Städten nicht, den Wettlauf gegen die Zeit zu gewinnen. Etwas, das über Jahrtausende gewachsen und auf das Klima optimiert worden war, konnte nicht binnen weniger Jahre angepasst werden. Ein weiteres Hindernis war der fatale Egoismus der Yaigh, denn sie versuchten häufiger, sich selbst zu retten, als sich an der Rettung aller zu beteiligen, so dass ihre Industrie schnell zusammenbrach.


    Weil fast alle von den Yaigh verwendeten Materialien organisch gewachsen waren, überdauerte so gut wie nichts, sondern ihre gewaltigen Städte verrotteten spurenlos. Da die Yaigh bereits Sternenschiffe bauen konnten und viele ihr Heil in der Flucht suchten, ist es jedoch möglich, dass Reste ihrer Spezies anderswo im All überlebten und die Yaigh eines Tages zurückkehren werden.


    Als die Yaigh verschwanden, traten die unterdrückten Thaldrax aus dem Untergrund ans Licht und ihre Blütezeit begann. Sie gediehen, brachten während der Vorzeit unterschiedliche Kulturen hervor und beherrschten Asamura bis zur Zeit des ersten Ascheregens. Danach begann die Herrschaft der Menschen.