Kapitel 14 - Späte Rückkehr

  • Späte Rückkehr



    Vittorio Pollarotti
    Dem erschlagenden Prunk des Hofs schenkte Vittorio keinen zweiten Blick, als er die eine der beiden geschwungenen Treppen hinauf stapfte. Ihm fehlte der Sinn dafür, Kunstwerken etwas abzugewinnen, wenn sie keinen praktischen Nutzen erfüllten. Früher war das freilich anders gewesen, die Prioritäten verschoben sich, so war das Leben. Sein Gepäck lagerte in einem gemieteten Zimmer, er war frisch gewaschen und rasiert und trug saubere Kleidung, die sogar gebügelt war. Das hatte er selbst erledigt. Wie immer war der Wartesaal voll. Jeder durfte eine Audienz beim Duc von Souvagne beantragen und den meisten wurde sie auch früher oder später gewährt. Sogar ein Tiefling saß hier, was auch immer der von seiner Majestät wollte. Vittorio wurde recht zeitig vom Hofmarschall in den Thronsaal gebeten. Man kannte seinen Namen und vielleicht wunderte man sich darüber, ihn wieder zu hören. Vielleicht war er aber auch vergessen worden. Menschen kamen und gingen und nicht jeder, der gegangen war, kehrte zurück, wenngleich die Wahrscheinlichkeit dafür um einiges höher war, wenn es sich wie bei Vittorio um einen Ledvigiano handelte. Die Krücke hatte er heute aus Stolz nicht dabei. Er war nicht unbedingt auf sie angewiesen und sein Humpeln konnte sie auch nicht kaschieren. Wie es das Protokoll verlangte, verneigte er sich in respektvollem Abstand vor dem Thron und ging auf ein Knie. »Vostra Maestà«, grüßte er in breitem ledwicker Dialekt und wartete auf die Aufforderung, zu sprechen.


    Maximilien Rivenet de Souvagne
    Entgegen dem was Vittorio bis dato kannte, saßen ihm heute zwei Männer gegenüber. Der Duc in seinem üblichen Ornat und neben ihm sein Sohn der Archi-Duc. Vianello hatte ihm von der neuen Regierungsform berichtet, indem der Nachfolger bereits zu Lebzeiten angelernt wurde. Beide Männer schauten zwar mit unbewegter Miene, dennoch wohlwollend auf Vittorio herab. "Erhebt Euch Vittorio Pollarotti. Was führt Euch zu uns?", fragte der Duc.


    Vittorio Pollarotti
    Vittorio erhob sich und richtete sich auf. Trotz seiner 62 Jahre und seines harten Lebens hatte er eine aufrechte Körperhaltung und wirkte robust und abgesehen von seinem Gehumpel gut in Form. »Die Suche nach einem verschollenen Freund, Majestät. Timothèe Mauchelin ist nicht mehr in seinem Haus anzutreffen. Ich hatte mir erlaubt, einzutreten. Ein offener Koffer lag auf dem Sofa und überall zusammengelegte Kleidung, so als ob er abreisen wollte. Über allem war jedoch eine Staubschicht und in der Küche stand noch eine halbvolle Kanne Kaffee. Alles in allem machte sein Haus den Eindruck, als wäre er beim Packen unterbrochen worden und kurz außer Haus gegangen in der Absicht, gleich wiederzukehren. Es war abgeschlossen. Doch er kehrte nicht zurück. Das Ganze muss etwa drei Wochen her sein. Normaler Weise geht man mit so einem Anliegen zu den Bütteln, aber Ihr versteht, warum ich damit an Euch herantrete.«


    Maximilien Rivenet de Souvagne
    "Wir verstehen vollumfänglich und loben Eure Um- sowie auch Weitsicht Vittorio. Fürwahr Timothee Mauchelin hatte nicht vor, dauerhaft seinem Heim fernzubleiben. Leider wurde er an der Rückkehr gehindert - durch seine Verhaftung. Monsieur Mauchelin sitzt zur Zeit in Untersuchungshaft. Bis zur Klärung seines Rechtsstatus, ob er schuldig oder unschuldig ist, wird er in Haft verbleiben", erklärte Maximilien und gab der Garde ein Zeichen. Einen Augenblick später verließen die Gardisten, sowie auch der Hofmarschall den Thronsaal und die schwere Tür wurde hinter ihnen geschlossen. Vittorio war mit dem Duc, Archi-Duc, Fabien und Jules allein. "Eine geschlossene Audienz in Anbetracht der Brisanz unserer Angelegenheit. Mauchelin steht unter dem Verdacht des Hochverrats. Der Generalverdacht bezüglich des Ordens ist hinfällig, kurzum er wurde beiseite geschoben. Die Grundlage für seine Verhaftung sind Ermittlungen im Bereich der Agenten der Autarkie. Was seinerzeit geschah dürfte Euch bekannt sein Vittorio. Die Agenten fielen durch die Himmelsaugen, ihnen wurde Hochverrat zu Last gelegt. Letztendlich wurden die Agenten posthum freigesprochen und rehabilitiert, denn sie waren unschuldig. Schuldig machte sich die alte Duchesse. Sie war die wahre Hochverräterin und nutzte dazu zwei Männer in gehobener Position des Ordens der Himmelsaugen. Einer dieser Männer war ein Doppelagent. Die Agenten der Autarkie fielen, da ihre Ermittlung ergab, was die alte Duchesse plante - den Mord des Duc samt seiner Söhne. Da die Agenten starben, nahmen sie ihre Ermittlungen mit ins Grab. Duc Alain starb, samt seinem ältesten Sohn - wir überlebten. Vor einiger Zeit ergab sich aufgrund seltsamer Verstrickungen die Notwendigkeit einer erneuten Ermittlung in diese Richtung. Aufgedeckt wurde, dass es nicht nur die Agenten der Autarkie versus der alten Duchesse und ihrer Himmelsaugen geheißen hatte, sondern dass eine dritte Macht im Spiel und mit der Duchesse im Bunde war. Die dritte Macht - der Orden des stählernen Lotos. Treu und loyal der alten Duchesse ergeben. Laut Mauchelin war sie seinerzeit eine Visionärin. Nungut, wenn Königsmord eine Vision ist - dann war sie das wohl. Unsere Vision endete mit ihrer Enthauptung, da unsere Vision Landesfrieden heißt. Ihr seht also, erneut stellt sich die Frage - waren es Einzelpersonen die einen Orden verunglimpften, oder muss der ganze Orden ausgeräuchert werden? Wir kamen zu dem Entschluss, dass der Orden zu schonen sei. Genau wie einst die Himmelsaugen von einigen Verrätern missbraucht wurden, so sind unserer Einschätzung nach auch die Mitglieder des Lotos genauso betrogen worden, wie die Krone selbst. Habt Ihr Fragen hierzu?", hakte der Duc nach.


    Vittorio Pollarotti
    Vittorio musterte den Duc so gut das ging, ohne ihm in die Augen zu sehen. »Zuerst muss ich dazu sagen, dass ich nicht mehr im Land war, als Timothèe seine Rolle als Ordensoberhaupt antrat. Ich kann also nicht aus erster Hand berichten, was er aus dem Orden machte. Sein Vorgänger war Janou Langeron. Und Janou war ein treuer Gefolgsmann der Duchesse, das ist korrekt. Sie hat den Orden ja auch gegründet. Er schwor ihr Treue, mit Kniefall, Küssen des Dolchs und all dem Brimborium. Jeder von uns tat das. Ihr fürchtet nun vermutlich, dass der Orden des Stählernen Lotos in den Mord an Eurem Vater und Eurem Bruder verstrickt war. Der Mord geschah im Jahr 170, vor 34 Jahren. Die meisten Lotos, die heutzutage im aktiven Dienst sind, waren damals noch nicht einmal geboren. Man kann sie also schwerlich des Hochverrats schuldig sprechen. Und Timothèe war gerade 14 geworden. Ja, ich habe eine Frage. Warum wurde er inhaftiert? Doch wohl nicht, weil der Orden Eurer Mutter diente?«


    Maximilien Rivenet de Souvagne
    "Müssen wir Euch daran erinnern, dass man mit 14 Jahren volljährig ist? Jugend ist kein Leumund für Unschuld Vittorio. Wir haben allen Hinweisen zu folgen. Wir wissen, wer der Dritte im Bunde der Duchesse war. Jener Mann, der die Agenten der Autarkie von innen zu Fall brachte. Timothee war es nicht, soviel sei Euch versichert. Aber jene Person war ein Familienmitglied von ihm und genau hier liegt der Knackpunkt. Der Kasus Knacksus ist die tatsächliche Familie von Timothee. Es stellen sich somit mehrere Fragen. War die ganze Familie von Timothee stets der alten Duchesse treu ergeben? Sollte dem so sein, dienten sie nicht der Krone. Bezog sich diese Treue nicht nur auf die Familie von Timothee, sondern durch die Führung und Intrige seiner Familie auch auf den gesamten Orden? Dann diente auch der stählerne Lotos niemals der Krone. Sie dienten ausschließlich der Duchesse, sie kann in diesem Falle nicht als Krone gewertet werden, da sie deren Ermordung plante. Bezieht sich der Verrat ausschließlich auf Timos Familie ist zu überprüfen, wer von ihnen ein Verräter ist. Im schlimmsten Fall werden wir über das Familienoberhaupt alle verurteilen müssen. Bezieht sich der Verrat auf den gesamten Orden des stählernen Lotos ist zu überprüfen, welche Familien und deren Verzweigungen dem Verrat angehörten. Sollte dies nicht mehr aufzuschlüsseln sein, dann sind wir gezwungen zum Schutze und Erhalt der Krone, sowie des Souvagnischen Volkes eine Bereinigung zu befehlen. Was dies bedeutet ist Euch klar, Stand Null, jeder Lotos wird sterben zuzüglich seiner Blutsverwandten, so als hätte es diesen Personenkreis niemals gegeben. Sie wird im schlimmsten Falle das gleiche Schicksal ereilen, welches sie den Agenten der Autarkie aufgebürdet haben. Möchtet Ihr zur Klärung beitragen? Dann sprecht Vittorio", sagte Max in aller Ruhe. Die Informationen konnten auch für einen alten Veteranen wie Vittorio etwas viel sein, zumal er dem Orden angehörte und selbst betroffen war.


    Vittorio Pollarotti
    Vittorio erfüllte eine tiefe innere Ruhe bei diesem Satz. Es war, als würde der Frieden, für den er sein Leben lang mit Schwert, Dolch und Gift gekämpft hatte, auf einmal in verheißungsvoller Nähe sein. Vittorio fürchtete den Tod wie die meisten anderen auch, doch er wusste auch, wann man sein Eintreten nur noch akzeptieren konnte. Für diesen Fall hatte er vorgesorgt und das machte es ihm leicht, die Erkenntnis zuzulassen, dass seine Tage nun womöglich gezählt waren. »Ich möchte zur Klärung beitragen«, antwortete er gefasst. »Was möchtet Ihr wissen, Majestät?«


    Maximilien Rivenet de Souvagne
    "Das freut uns sehr zu hören. Berichtet alles was Ihr wisst. Aber beantwortet vorher genau jene Fragen, die wir ermitteln müssen, falls Euch dies möglich ist. Zuerst - ist Timos Familie ausschließlich der alten Duchesse treu ergeben gewesen? Wir wissen welcher Familie er abstammt und das Wissensanhäufung ihre Währung ist. Nirgendwo sonst wie in der Machtzentrale erhält man Informationen. Danach folgen das Militär und ähnliche Einrichtung. Sie haben erstklassig gewählt, dennoch sind sie letztendlich aufgeflogen. Die zweiten Frage - der Orden wurde von der alten Duchesse gegründet, diente er ausschließlich ihr und ihren Machenschaften, oder diente er tatsächlich der Krone? Die Fragen möchten wir dergestalt beantwortet haben, was Eure Interna waren. Nicht die Propaganda die jeder Orden brav rezitiert, was waren Eure tatsächlichen Beweggründe und wem wart Ihr treu? Was war das Ziel Eures Ordens? Der Sturz der Krone und die Machtübernahme Souvagnes für die alte Duchesse als Visionärin? Oder waren dies die Worte eines enttäuschten Wigberg dem man auf die Finger klopfte?", fragte Max.


    Vittorio Pollarotti
    »Timothèe war klug genug, mich nicht hinter seine letzte Persona schauen zu lassen. Ich kannte ihn als Velasco Macault und nahm an, dies war sein Innerstes. Jedoch habe ich mit Velasco nichts weiter zu tun gehabt, für mich war er Timothèe. Das ist etwas schwierig zu erklären, wenn man mit solchen Strukturen nicht vetraut ist, ähm ... das Schauspiel überlagert nicht nur die Wirklichkeit, sondern es ist unsere Realität. Wie ein Irrer, der in seiner Wahnwelt lebt, nur dass unsere bewusst konstruiert wurde, nach unseren Regeln. Ich kann daher weniger zur Klärung beitragen, als Ihr Euch erhofft. Dies wird den anderen Lotos nicht anders gegangen seien, sie folgten dem Spiel ohne dahinter zu blicken. Nein, ich glaube nicht, dass die Lotos die Krone stürzen wollten. Wäre dem so, dann hätte es gute Jahre gegeben, in denen es einen Versuch wert gewesen war. Aber wenn es jemanden gibt, außer Timothèe, der wirklich etwas weiß, dann ist es sein Sohn. Wigberg also. Wie ist sein Vorname?«


    Maximilien Rivenet de Souvagne
    "Timos realer Name ist Vendelin von Wigberg und sein Sohn heißt Moritz. Allerdings hat Moritz ein großes Problem, er ist nicht nur eine Person oder Persona wie Ihr es bezeichnet. In Moritz Körper leben vier Personen. Einer unserer Heiler erläuterte es so, dass sich die Seele von Moritz geteilt habe. Stellt Euch eine Himbeere vor, eine Frucht, viele Körnchen. Diese Körnchen sind seine Persona. Einige dieser Körnchen haben sich gelöst und leben autark und dennoch gemeinsam mit ihm. Das Paradoxe an der ganzen Situation ist, sie wissen voneinander, kommunizieren miteinander und leben mit wie auch gegeneinander. Doch Moritz Leid versuchen wir auf anderem Wege zu lindern. Möglicherweise ist dies auch eine Krankheit, die Ausdruck seiner Lebensform war, eine Krankheit die er sich dadurch zuzog. Unsere Gnade ist ihm gewiss, er ist außen vor. Macht Euch um Moritz keine Sorgen. Kehren wir zum Ursprungsthema zurück, wir verstehen Euch besser als Ihr möglicherweise glaubt. Der Duc ist ewig, Maximilien ist es nicht. Ich denke die Erläuterung dürfte für Euch ausreichend sein, Ihr versteht was wir damit zum Ausdruck bringen wollen. Es klingt durchaus logisch, dass die anderen Lotosse nichts von diesen Umtrieben wussten. Und es mag bessere Möglichkeiten gegeben haben, benennt uns eine. Wir werden Eure Aussage auf den Wahrheitsgehalt hin prüfen lassen. Unterzieht Ihr Euch dieser Prüfung freiwillig?", hakt der Duc nach.


    Vittorio Pollarotti
    »Ja«, antwortete Vittorio. »Nur bitte, lasst an privaten Dingen unter Verschluss halten, was auch immer zum Vorschein kommen mag. Moritz ... der Name passt zu ihm. Ich habe den Kleinen lange nicht gesehen, wahrscheinlich ist er gar nicht mehr so klein, wie ich ihn in Erinnerung habe.« Er überlegte kurz. »27 müsste er jetzt sein. Dass er so krank wurde, bedaure ich. Und Vendelin ... Vendelin.« Er stellte sich Timothèes Gesicht unter diesem Namen vor. Ein weicher, freundlicher Klang. Vielleicht zu freundlich für den Mann, zu dem er gehörte. Vittorio kam nicht umhin, sich Vendelins Vater vorzustellen mit seinem kleinen Sohn im Arm und diesen Namen glücklich aussprechen. Nach Elternliebe klang dieser Name, der nie für Vittorios Ohren bestimmt gewesen war. Vittorio sah ein wenig auf. »Welche Möglichkeiten meint Ihr?« Dass auch der Duc letztlich eine Persona war, wurde Vittorio erst bewusst, als man ihn mit der Nase darauf stieß. Dabei war es so naheliegend. Maximilien darunter wurde vermutlich oft genug darunter erdrückt, denn im Gegensatz zu ihnen allen hatte er die Rolle nicht geschrieben, sondern fertig übergestülpt bekommen wie eine schwere, sperrige, unbequeme Rüstung die an allen Ecken drückte, weil sie für einen Vorgänger maßgeschneidert war. In diesem Moment spürte Vittorio Mitleid.


    Maximilien Rivenet de Souvagne
    "Es bleibt alles unter Verschluss, nur Ihr werdet informiert, da Ihr Betroffener seid, auf mehreren Ebenen und da Ihr freiwillig zur Klärung beitragt. Welche Möglichkeiten für Euch logischer gewesen wäre, gegen die Krone vorzugehen. Wäre der Orden des Lotos vollumfänglich des Verrates schuldig, wann hätte er Eurer Meinung nach zugeschlagen? Zur Beruhigung, dies ist eine hypothetische Frage. Wir werden Euch danach nicht unterstellen, bereits Pläne geschmiedet zu haben und Euch dessen belangen. Wir fragten, wir erwarten eine Antwort. Also wann hätte es Eurer Meinung nach bei einem verräterischen Orden zu einre Handlung kommen müssen? Wann hätte er zugeschlagen? Zu Moritz, jede Person die ihm innewohnt, ist auf die eine oder andere Art hilfebedürftig und seltsamerweise anständig. Das sollte zu denken geben, uns gab es zu denken", sagte Max freundlich.


    Vittorio Pollarotti
    »Gut wäre das Jahr 168 gewesen, als sich alle Augen auf die Agenten der Autarkie richteten. Wer denkt unter solch einem Druck an eine weitere Macht, welche der wahre Feind sein könnte, wo doch gerade die vermeintlichen Intrigen der Agenten ans Licht gekommen sind? In den Jahren 196 und 197 zur Hungersnot hattet Ihr sicher auch andere Sorgen. Im Prinzip immer dann, wenn ein vermeintlicher anderer Feind gerade besonders im Fokus des Interesses lag.«


    Maximilien Rivenet de Souvagne
    "Ein äußerst guter Einwand Vittorio. Dieser lässt den Rückschluss zu, wer bedient sich gerade Vendelins um seine wahren Interessen zu verstecken? Ein Familien- oder sogar ein Sippenangehöriger? Seine Familie wie auch seine Sippe ist alt, groß, mächtig und unbestreitbar grausam. Wärt Ihr bereit mit Vendelin zu sprechen um eine Klärung herbeizuführen? Wir hegen kein Interesse oder gar Wohlgefallen daran, Souvagner hinzurichten. Auch wenn dieser Souvagner einen naridischen Einschlag hat. Sei es drum, einst waren Naridier ebenfalls Almanen und er ist einer. Wäre er ein Alb, viele uns die Verurteilung leichter, aber niemand versprach das irgendetwas leicht laufen würde. Unser Volk ist dabei zu wachsen, aber es gibt ausreichend almanische Völker, denen dieses Glück nicht beschieden ist. Jeder Kopf der rollen muss, ist ein Kopf zuviel. Allerdings gilt auch Gemeinwohl über Eigenwohl. Zum Wohle und Schutze aller, wird ein Kopf rollen der alle gefährdet. Aber noch ist die Waagschale im Gleichgewicht, sie schlägt zu keiner Seite aus", sagte der Duc.


    Vittorio Pollarotti
    »Ich würde mit ihm sprechen, Majestät. Jetzt gleich? Vendelin ist ... ein Mensch, der zu harten Schritten und scharfen Schnitten bereit ist, wenn er sie für notwendig hält. Vielleicht gibt es keine andere Macht als seinen persönlichen Ehrgeiz.«


    Maximilien Rivenet de Souvagne
    Maximilien lehnte sich zurück und schaute Vittorio durchdringend an. "Dies passt zu einer Warnung, die mir eine andere Person zukommen ließ. Es würde auch erklären, weshalb Vendelin heute den Orden leitet. Ihr solltet ihn davon überzeugen was auf dem Spiel steht, nicht nur für ihn, sondern für seine gesamte Familie, wie auch für den Orden. Seine Aussagen werden überprüft, notfalls mit medikamentöser Hilfe. Ihr schuldet uns noch eine Antwort, bezüglich der Überprüfung Eurer Worte", erinnerte Max.


    Vittorio Pollarotti
    »Ich sagte bereits, ja, ich bin zu einer Überprüfung bereit. Wenn möglich ohne bleibende Schäden. Einen Lotos muss man sehr hart foltern, wenn man sichergehen will, dass er tatsächlich die Wahrheit sagt. Ich werde mein Bestes geben, um ihn zu überzeugen. Wovor hat man Euch gewarnt?«


    Maximilien Rivenet de Souvagne
    "Sehr schön, dass erfreut uns. Man warnte uns davor, dass es sehr suspekt erscheint, dass ausgerechnet der Vater von Caillou den Feuertode zum Opfer fiel. Vendelin war seinerzeit nach dem Tode seines Vaters im Amte noch zu jung um einen Orden zu leiten. Nun als die Zeit reif war und er das entsprechende Alter hatte, starb wie durch Zauberhand zu einem äußerst günstigen Zeitpunkt das alte Oberhaupt. Und wie durch ein Wunder ging er in Flammen auf, sein Sohn ist ein Pryromane. Passt dies nicht wunderbar zusammen? Vielleicht ein bisschen zu gut um wahr zu sein?", gab Max zu bedenken.


    Vittorio Pollarotti
    Vittorio lächelte ein wenig schief. »Und zufällig auch das Jahr meines Verschwindens von der Oberfläche. Eine merkwürdige Häufung von Zufällen, in der Tat. Dann wisst Ihr also von Caillous persönlichem Schwachpunkt. Und dennoch lebt Caillou noch?«


    Maximilien Rivenet de Souvagne
    "Er lebt und erfreut sich bester Gesundheit", schmunzelte der Duc. "Nun vielleicht war Euer Verschwinden, das Auslösen einer frustierten Kettenreaktion. Auch ein Mann wie Vendelin verspürt Einsamkeit, jeder Almane kann sie verspüren Vittorio. Manche Personen weinen heimlich, ganz ohne Tränen. Manche weinen dergestalt, indem sie andere Bluten lassen. Magistral de Mireault wird Euch zu Vendelin begleiten, auf absolute Diskretion müssen wir Euch nicht hinweisen", erläuterte der Duc.


    Vittorio Pollarotti
    Vittorio blinzelte langsam und hoffte, dass sein Abtauchen nicht tatsächlich Auslöser einer derart gewaltigen Kettenreaktion gewesen war, die womöglich ihr Finale in Timothèes Enthauptung finden würde und im schlimmsten Fall derer des gesamten Ordens. Er nickte steif. »Wie Ihr befielt, Majestät.«


    Maximilien Rivenet de Souvagne
    "Sollte es tatsächlich Euer Verschwinden gewesen sein Vittorio, ist die Familie und der Orden außen vor. Denkt nach, dann war es die Handlung eines einzelnen Mannes. Nur die wahre Treue des Ordens damals wie heute wäre zu klären", antwortete der Duc auf den Gesichtsausdruck von Vittorio hin.


    Vittorio Pollarotti
    »Ich gebe mein Bestes, die Wahrheit ans Licht zu bringen. Sollte Vendelin sterben müssen und ich am Leben bleiben, werde ich mich seines Sohnes annehmen.«


    Jules de Mireault
    Jules gesellte sich zu Vittorio im Rückwärtsgang und verneigte sich vor dem Duc. "Wir werden umgehend aufbrechen Eure Majestät. Hoffen wir das Beste für die Betroffenen. Vittorio folgt mir, ich führe Euch unverzüglich zu Vendelin", erklärte Jules und schaute Vittorio an. Selbst Gufo auf seiner Schulter schien Vitto einen mahnenden Blick zuzuwerfen. Bis jetzt lief alle gut, mache Dir nichts durch einen unüberlegten Fluchtversuch oder sonstigen Unsinn kaputt. Der Duc nickte wohlwollend und zustimmend zu Vittos Ankündigung. "Geht und erstattet danach unverzüglich Bericht", befahl der Duc. Jules verneigte sich erneut und geleitete Vittorio zur Zelle von Vendelin von Wigberg.

  • Von den Toten zurück



    Vittorio Pollarotti
    Nur eine Armlänge entfernt war die Zellentür, schweres Holz, von der Zeit verdunkelt und Eisenverschläge, von einer dünnen Schicht kleiner Rostblasen überzogen. Dahinter war Vendelin, für Vittorio bekannt als Timothèe. Wie er wohl aussah inzwischen? War er vor Gram dürr und abgehärmt oder in hatte er sich vielleicht in Wohlstand außer Form gehen lassen? Hatte er neue Narben? Wichtiger noch - wie würde er auf Vittorios Erscheinen reagieren? Offiziell war Vittorio tot gewesen. Vittorio merkte, dass er nervös mit seinen Fingern spielte. Er verschränkte sie locker vor dem Bauch und wartete, dass die letzte Barriere zwischen ihnen geöffnet würde.


    Jules de Mireault
    Jules musterte Vittorio und gab ihm einen Moment Zeit sich zu sammeln. Immerhin hatte er seinem Freund darin einiges zu erklären unter anderem, warum er noch lebte. Jules ging davon aus, dass sich Vendelin darüber freuen würde, gleich was er sagte oder wie der sich verhielt. Denn egal wie wütend man war, die Wut galt dem Umstand, dem Schicksal und nicht der Person selbst. Jedenfalls bei einem tatsächlichen Ableben. Und gleich wie wütend, enttäuscht und am Ende man gewesen war, was gab es Besseres, als wenn die Person doch wieder vor einem stand? Nichts. Es sei denn, der andere würde sich derart verraten fühlen, dass er nicht bereit war dem anderen die Hand zu reichen. Jules Blick bohrte sich in den von Vittorio. Mentaler Zuspruch stieß auf eine Seelenwüste, auf eine Einöde die für den Magistral der Himmelsaugen verstörender war, als ein mentaler Angriff. Er blinzelte kurz und Gufo, der gewaltige Uhu, zog mit seinem Herrn gleich. "Wir gehen rein", sagte Jules, einerseits zu Vittorio, damit er sich wappnen konnte, andererseits zu den Gardisten. Er hämmerte mit der Faust vor die Tür, so dass das alte Holz schepperte. Ein Gardist salutierte und stellte sich vor die Tür. "Von der Tür wegtreten, zwei Personen Einlass!", brüllte er dem Insassen zu. Dann schloss er die Tür auf und entriegelte sie, während der Kollege mit dem Schwert bereit stand, falls der Gefangene aus der Zelle stürmen sollte. Der Gefangene machte nicht den Eindruck, aber gerade jene die vornehm, bieder und beherrscht wirkten, waren die ersten die versuchten stiften zu gehen. Jules betrat ohne zu zögern die Zelle. "Vendelin von Wigberg, Ihr habt Besuch...", sagte Jules bedeutungsschwanger und trat einen Schritt zur Seite, so das Vendelin einen Blick auf Vittorio erhaschte. Kaum das dieser die Zelle betreten hatte, schloss sie sich mit dumpfen Grollen.


    Timothée Mauchelin
    Timothèe war kein Mensch, der leicht aus der Fassung zu bringen war, nicht einmal, wenn er in einem schmutzigen Gefangenenhemd barfuß und mit zwei zerquetschten Daumen auf der Pritsche in einem Verlies saß. Er wusste auf den ersten Blick, wer der Mann war, der zusammen mit Jules de Mireault eingetreten war. Als er ihn sah, spürte er den Drang, bitter aufzulachen, doch das tat er nicht. »Hast du dich gut amüsiert über deinen kleinen Scherz, Vittorio?«, fragte er mit einem Anflug von Hohn in der Stimme. »Welch Zufall, dass die Auflösung an einem Tag wie diesem kommt und wir uns in einem Verlies zwischen zwei Verhören wiedertreffen.« Dann wandte er sich an Jules. »Machen wir es kurz. Was soll er aus mir herauspressen?«


    Jules de Mireault
    Jules schaute Vendelin an, die einzige Bewegung in seinem starren Gesicht war die Augenbraue die er nach oben zog. "Die Wahrheit über Eure Gesinnung", antwortete Jules tonlos. "Vittorio wird Euch erklären, was auf dem Spiel steht, für Euch, Eure Familie, Euren Orden. Es wäre angebracht Ihr würdet ihm zuhören und es wäre für uns alle einfacher, einschließlich Euch Ihr würdet reden. Ihr wisst so gut wie ich, dass wir Euch zum reden bringen können. Auf die eine oder andere Art, schwarz oder weiß", erinnerte Jules und deutete Vittorio an, näher zu treten. "Sprecht mit ihm, auch um seiner selbst Willen", bat der Magistral.


    Vittorio Pollarotti
    Vittorio trat näher. Timothèe sah fast exakt so aus wie zu der Zeit, als er ihn zusammen mit allen anderen zurückgelassen hatte. Weder war er dürr geworden noch füllig, er schien nicht einmal Falten bekommen zu haben. Es war, als hätte die Zeit ihm nichts anhaben können und vielleicht war ihm wirklich alles so gleichgültig, was nicht seinen Zielen diente, wie er es gerade zur Schau trug. Dabei hätte Vittorio ihn gern umarmt. »Ich bin ein Ledvigiano«, sagte er ruhig. »Und als die Ferne rief, musste ich dem Ruf folgen. Sicher, ich hätte dafür nicht meinen Tod vortäuschen müssen. Doch ich hatte das Gefühl, dass es für alle am Besten ist, wenn du dir keine Hoffnung machst, mich je wiederzusehen, denn ich hatte zu diesem Zeitpunkt nicht das Bedürfnis, je zurückzukehren. Ich wollte nur fort und einfach Meile um Meile zwischen uns zu bringen, schien mir nicht weit genug. Auch hätte der Orden mich gesucht und heimgeschleift, wüsste man, dass ich mit meinem Wissen irgendwo lebend herumlaufe und mein Ding mache. Es war egoistisch, ja, aber wir alle sind manchmal Egoisten. Ein alter Freund in Ledwick brachte mich auf den Gedanken, bei dir vorbeizuschauen, doch du warst nicht daheim. Inzwischen weiß ich, was in den letzten Jahren alles geschehen ist. Doch niemand versteht deine Rolle in all den Ereignissen wirklich. Es geht hier um deinen Hals, Timo. Maximilien möchte ungern den Blut vergießen. Gib ihm einen Grund, dich am Leben zu lassen. Bitte sprich offen und wenn es dir noch so schwer fällt. Es gibt Leute, die würden dich gern noch ein paar Jahre auf Asamura wandeln wissen. Maximilien, Moritz und ich sind drei davon. Du kannst es für geheuchelt halten, da ich doch Jahre verschwand, aber es ist keine Heuchelei. Mein Fernweh war so aufrichtig, wie es meine Heimkehr ist.«


    Jules de Mireault
    Jules gab einen beipflichtenden Laut von sich, auch wenn es ehr wie ein Schnauben klang. "Er hätte nicht zurückkehren müssen. Natürlich ist es verletztend, aber über jede Verletzung hinweg, seid Ihr nicht froh Vittorio lebend vor Euch zu sehen, anstatt unter der Erde zu wissen? Er ist hier, da er versprach mit Euch zu reden. Und genau das macht er für Euch. Falls Ihr Euch selbst mittlerweile derart gleichgültig seid, dass Ihr nicht kämpfen wollt, bitte. Aber dann könnt Ihr auch die Wahrheit sprechen, für Euren Sohn und für alle anderen Lotosse, deren Schicksal Euch nicht gleichgültig sein sollte. Und Vittorio ist einer von Ihnen, bedenkt das", sagte Jules freundlich.


    Timothée Mauchelin
    Timothèe lehnte sich nach hinten an die Wand. Die unregelmäßigen Steine drückten gegen seinen Rücken. »Ich freue mich, dass er lebt, aber ich fühle mich auch verhöhnt. Und er kehrte schließlich nicht nur um meiner selbst willen zurück, sondern ich vermute viel eher, dass ihn irgendwer als letzte Wunderwaffe aus dem Ärmel gezogen hat, der sehr genau wusste, dass es ihm gut geht. Meine Rolle in all dem ist hinlänglich bekannt. Vielleich vermutet Maximilien eine großartig angelegte Meisterleistung von Intrige. Es gibt keine! Es gibt nur einen Vater, der alles für die Sicherheit seines Sohnes und seiner Familie tat. Wem ich nebenbei diente, ob der Duchesse oder dem Duc, spielte absolut keine Rolle für mich. Was kümmert mich, wer an der Hand, die mich füttert, hängt? Die Duchesse ist Geschichte, lang lebe der Duc. Das ist das unspektakuläre Ende der Geschichte.« Damit schloss er die Augen.


    Jules de Mireault
    Jules setzte sich zu Vendelin. "Niemand zog Vittorio aus dem Hut, ob Ihr es glaubt oder nicht, er kam zu uns. Er bat um eine Audienz beim Duc, der Duc ließ ihn nicht herbeischaffen. Da geht Ihr nun von einer Meisterintrige unsererseits aus. Auch die gab es nicht, sondern nur den Willen Euch die Hand zu reichen. Zur Rettung Vendelin, ob Ihr sie annehmt ist Euch überlassen. Aber ich frage mich, weshalb Ihr sie ausschlagen wollt", fragte Jules ehrlich.


    Vittorio Pollarotti
    »Damit man ihn endgültig zum Schweigen bringt«, mutmaßte Vittorio.


    Timothée Mauchelin
    »Weil ich keine Hoffnung mehr habe«, antwortete Vendelin. »Weil ich diesen Kampf nur verlieren kann. An meinen Händen klebt genug unschuldiges Blut um mich hundertfach hinzurichten.«


    Jules de Mireault
    "Und weshalb sollte er das wünschen? Was hätte er davon, oder sein Sohn? Warum das alles? Falls er selbst nicht mehr unter den Lebenden weilen möchte, da gibt es sicher weitaus weniger dramatische und schmerzhafte Methoden, als den Block", sagte Jules zu Vittorio, bevor er sich an Vendelin wandte. "Es kommt drauf an wofür dieses Blut vergossen wurde, dass wisst Ihr so gut wie ich. Oder meint Ihr, ich hätte in meiner Position als Himmelsauge noch nie jemanden töten müssen? Ich war gemeinsam mit Prince Ciel und Massimo an der Front, was glaubt Ihr, ist dort geschehen? Es ist wichtig wen und weshalb Ihr getötet habt. Erschlagt hundert Verbrecher und niemand wird danach fragen. Aber erschlagt einen unschuldigen Bürger, dann sieht die Angelegenheit völlig anders aus", erläuterte Jules.


    Timothée Mauchelin
    »Ich habe meine eigene Mutter getötet, damit sie das Geheimnis des wahren Namens von meinem Vater nicht ausplaudern kann! Allein dieser Mord reicht bereits aus, um mir mindestens den Block zu bescheren. Um den Befehl der Duchesse, die Agentenkinder ausfindig zu machen und zu eliminieren, umsetzen zu können, habe ich souvagnische Kinder an den Ring der Kinderschänder verkauft und an den Ring der Menschenfresser. Bis ich den Ring eigenhändig aushob, hat er mir gute Dienste erwiesen. Auch ich selbst war dort kein unbeschriebenes Blatt, man muss mir meine Rolle schließlich auch abkaufen. Kann es für einen solchen Mann Gnade geben? Ich denke nicht, Jules.«


    Jules de Mireault
    "Die Frage ist nicht leicht zu beantworten, denn sie bezieht sich auch auf Infiltration. In einen Menschenfresserring schleust sich kein Vegetarier ein, jedenfalls würde er nicht lange überleben.Und was die eigene Mutter angeht, das ist eine schwer zu verdauende Kost. Ob es Gnade geben kann? Keine Ahnung. Ob es Gnade geben darf? Mit solchen Fragen muss sich der Duc beschäftigen, er ist die höchste Macht Souvagnes. Ob Du Dir selbst verzeihst? Darüber kannst nur Du uns Auskunft geben. Aber es scheint Dir immerhin nachzulaufen", erklärte Jules.


    Timothée Mauchelin
    »Ich war elf und entschlossen, genau so gut wie mein Vater zu werden, um jeden Preis. Und Mutter setzte ihn unter großen Druck, da sie mit seinen Methoden nicht einverstanden war. Als ich zwölf war, fiel mein Vater. Damit hatte ich mich selbst zur Waise gemacht. Mein Leben war gekennzeichnet von solchen Entscheidungen und Handlungen. Radikal und schmerzhaft, wie sich einen Pfeil gewaltsam mit einem Ruck aus der Wunde zu reißen, anstatt ihn langsam herausoperieren zu lassen. Doch nicht alles lag in meiner Hand und ich war nicht der Einzige, der solche Schritte wählte. Janou ließ Vittorio an die Front zurückbeordern und mir blieb nichts übrig, als ihn ziehen zu lassen. Ich habe es mit zich Schreiben versucht, mit persönlichen Gesprächen, doch Janou war nicht umzustimmen - bis es zu spät war. Vittorio hatte Moritz und mir jeden Monat eine Postkarte geschrieben. Schöne Motive hatte er immer ausgesucht, meist Schiffe. Die letzte, die mich erreichte, zeigte ein Schiffswrack, geborsten an Felsen. Geschrieben hatte sie ein Kamerad. Es war die Nachricht von seinem Tod. Rechtfertigt das den Mord an Janou? Nein, Jules. Für mich kann es nichts anderes geben als den Block.«


    Jules de Mireault
    "Nein es rechtfertigt nichts, aber es erklärt so einiges. Janou wird nicht wieder lebendig, wenn Du stirbst. Allerdings könntest Du den Tod von anderen verhindern. Genauso gut kann man aber fragen, haben die Verwandten und Angehörigen von Janou nicht ein Anrecht auf Deinen Kopf. Haben sie nicht das Recht, dass Janou gerächt wird? Oder war Janou ein Vendelin in grün? Hob die eine Macht die andere auf? Aber auch das rechtfertigt nicht den Kreis der Gewalt, denn auch Du hättest Dich dagegen entscheiden können. Es sei denn er setzte Dir den Degen auf die Brust und Du musstest agieren. Die Karte war mehr als bildlich, sie war vernichtend. Da gibt es nichts zu beschönigen. Vermutlich wurde sie bewusst so gewählt, ganz sicher sogar. Allerdings muss es das Bild nicht gewählt worden sein um Dich zu verletzten. Es kann genauso gut gewählt worden sein, da dem Schreiber die passenden Worte fehlten", gab Jules zu bedenken.


    Timothée Mauchelin
    »Ich vermute vielmehr, der Schreiber war Vittorio selbst. Janou zwang mich zu gar nichts, Jules. Er war einfach jemand, der viel zu viel Kontrolle an der falschen Stelle hatte. Mein Sohn wollte eine Laufbahn unter Waffen beschreiten und Vittorio war gefallen, obwohl ich davor warnte, dass er in einer viel zu gefährlichen Position eingesetzt wurde, man muss keinen Antimagier an die Front schicken, dafür sind wir zu wenige! Wie hätte er meinen Moritz eingesetzt? Hättest du Janous Entscheidung vertraut?«


    Jules de Mireault
    "Vermutlich ja, aber unser Orden ist anders aufgebaut. Ihr habt nur das Wort, anders seid Ihr nicht aneinander gebunden. Wir haben den Geist, wir sind ständig verbunden. Wir sind viele und sprechen doch durch einen, mich. Früher durch Parcival. Natürlich kann auch jedes Himmelsauge für den Orden sprechen, aber es obliegt nun mir. Aber gleich wie verbunden wir sind, auch wir wurden schon hinters Licht geführt. Also was soll ich Dir sagen? Ich selbst habe Parcival vertraut, bis zu einem gewissen Punkt. Auf der anderen Seite ist die Frage, wieso wollte Dein Sohn an die Front? Vielleicht erfüllte Janou ihm einen Wunsch. Sicher hätte er ihn ablehnen können, aber da stand dann die Sorge eines Vaters gegen den Wunsch eines Sohnes. Hast Du es mal von der Seite aus betrachtet?", fragte Jules.


    Timothée Mauchelin
    »Vielleicht hat ihn die Arbeit in der Schreibstube angewidert, vielleicht auch, selbst Köder gewesen zu sein. Viele Kinder haben Spaß an Kriegsspielen und mögen die Chevaliers mit ihren Rüstungen und bunten Wappenröcken. Doch die Begeisterung wächst sich meist von allein heraus, wenn man erkennt, dass sehr viel mehr dazu gehört und wie wenig prächtig der Kampf in Wirklichkeit aussieht. Bei Moritz blieb die Faszination erhalten. Vittorio hat ihn trainiert und ausgebildet im Kampf, ich dachte, es würde Moritz genügend abschrecken, von einem echten Soldaten zu lernen, zu erleben, wie er sich gibt und zu hören, wovon er erzählt, aber das Gegenteil war der Fall. Mein Moritz, ein zarter Feingeist, wollte nach wie vor Krieger werden. Und doch muss ich einräumen, machte er sich darin nicht schlecht. Alles in allem war es wohl eine Kombination aus Faszination, Talent und Trotz. Und nun bedenkt, wenn er am Ende überwachte. Er setzte die Aufgabe seines Großvaters fort. Dass er nicht an der Front endete, sondern bequem bei der Leibgarde dienen konnte, war mein Verdienst und erst möglich durch den Tod von Janou Langeron.«


    Jules de Mireault
    "Und damit schließt sich der Kreis, bewachte er unseren Duc oder wachte er über ihn? Sprich hat er ihn beschützt oder hat er auf einen Moment der Schwäche gewartet? Seine Antwort dürfte klar sein, aber was ist Eure? Und nicht jeder Chevalier ist ein Dummkopf der gerade nur das Schwert schwingen kann und sonst nichts. Auch ein Chevalier ist ein Adliger, kann Schöngeistiges oder Musisches lieben, hat Hobbys, hat Interessen wie jeder andere Mensch auch. Es sind nicht nur reine Krieger, vergesst das nicht. Euer Sohn hat all dies verbunden, daran ist kein Widerspruch", antwortete Jules.


    Timothée Mauchelin
    »Das ist, was ich sagte, Chevalier de Mireault. Es gehört sehr viel mehr dazu. Moritz wird das spätestens bei der Leibgarde verinnerlicht haben und ich bin froh, dass er nicht an der Front dienen musste. So hatte er es trotz der einen oder anderen Schramme sehr bequem. Ihr meint also, mein Sohn sollte Duc Maximilien beseitigen. Nein, da irrt Ihr, der Thron war nie mein Ziel, vielmehr der Schatten den der Thron wirft und dort war ich und fühlte mich rundum wohl. Moritz sollte lediglich auf die Agentensöhne Bellamy und Boldiszàr achten. Die Agentensöhne zu vernichten war mein Auftrag. Doch diese beiden waren an zu wichtigen Positionen. So wählte ich einen anderen Weg.«


    Jules de Mireault
    "Welchen Weg habt Ihr gewählt? Nun solange Ihr im Schatten geblieben seit zum Schutze und vielleicht auch einigen eigenen Bedürfnissen ist das nur Recht. Keiner von uns lebt von Lust und Liebe, wir alle benötigen Sold und wir alle haben auch andere Bedürfnisse. Und es ist ja nicht so, dass wir kein gutes, geregeltes und rechtschaffenes Leben hätten oder? Also welchen Weg habt Ihr gewählt um Bellamy und Boldiszar auszuschalten?", hakte Jules misstrauisch nach. Dabei dacht er an seinen Kumpel Boldi und seinen Kollegen Bellamy.


    Timothée Mauchelin
    »Den Weg, sie zu beobachten und ansonsten nichts zu unternehmen«, antwortete Vendelin. »Mein Sohn klemmte sich an Robere Moreau, der seinerseits der Schatten von Boldiszàr war. Und er erfüllte seinen Auftrag zu meiner vollsten Zufriedenheit.«


    Jules de Mireault
    Jules verschränkte die Arme vor der Brust. "Nun das tat er wirklich und zwar sehr gut. Ihr wisst, dass Euch heute die Spritze erwartet? Möchtet Ihr sie vor oder nachdem Ihr Euch mit Vittorio versöhnt habt?", fragte Jules mit einem Schmunzeln. Es war nicht immer von Vorteil, nur die Wahrheit sprechen zu können.


    Timothée Mauchelin
    »Die Spritze«, keuchte Vendelin erbost. »Gebt sie mir sogleich, damit wir es hinter uns haben.«


    Jules de Mireault
    "Ihr seid aber auch was stur und hartnäckig. Nun wieso nicht", sagte Jules und ließ nach Benito schicken. "Es ist jeden Moment soweit, bereitet Euch darauf vor, Eure Aussagen zu bestätigen oder gleich in ein bodenloses Loch zu stürzen. Vittorio steht ihm bei, er wird es benötigen. Die Wahrheit wie die Lüge, beides ist oft eine schwere Bürde. Wobei die Wahrheit meist viel schwerer wiegt", erklärte das Himmelsauge und sein Uhu blinzelte dazu weise.

  • Die Wahrheit und nichts als die Wahrheit...



    Jules de Mireault
    Jules klopfte Vendelin freundschaftlich auf die Schulter. Eine Sekunde später hatte er umgegriffen und ihm den Arm auf den Rücken verdreht. Aus der selben Bewegung heraus drückte er Ven auf das Bett und fixierte ihn dort mit dem Ellenbogen im Nacken. Einen winzigen Augenblick später spürte Vendelin wie er eine Injektion in den Hals erhielt. Jules hielt von Wigberg noch einen Moment fest, ehe er ihn fast behutsam in die aufrecht-sitzende Position zog. Die schwere Hand von Jules blieb sichernd fast Schraubstockartig um Vendelins Nacken gelegt. Die Spritze verschwand wieder im Umgang, aus dem Jules sie heraus befördert hatte. Auch eine leere Spritze war ein tödliches Mordinstrument, wenn man es anzuwenden wusste und Wissen war die Währung in der Wigbergs bezahlten. Als die Droge die Blutbahn von Vendelin flutete und ihre volle Wirkung entfaltete ließ Jules den Lotos wieder los. "Deinen vollständigen Namen und Deine Tätigkeit", forderte der Magistral.


    Timothée Mauchelin
    Die geimpfte Stelle wurde heiß. Von dort aus kroch die Hitze durch seine Venen und Arterien, sein Herz pumpte sie mit jedem Schlag ein Stück weiter, bis sie seinen Kopf erreichte. Vendelin spürte förmlich, wie die eisige Maske von seinem Gesicht schmolz. Sie schmolz nicht nur von dort, der Eispanzer verflüssigte sich auch in seinem Inneren und trat in Form von kaltem Schweiß auf seine Haut. »Kalter Schweiß ist eine häufige Nebenwirkung von Navu Lea«, informierte er und blinzelte verunsichert. Er war zwar jemand, der gut und lange erklären konnte, doch er war kein Klugscheißer. Im Allgemeinen übte er sich in vornehmer Zurückhaltung. Im Zweifel sprach er eher zu wenig, als zu viel, doch nun war es ihm ein Bedürfnis, all den Dingen, die ihm durch den Kopf gingen, verbale Gestalt zu verleihen. Nicht nur, dass ihm danach zumute war, einfach loszuplaudern, wie es ihm gerade in den Sinn kam, er wurde auch motorisch unruhig. Das grobe Leinenhemd reagierte mit seiner empfindlichen Haut und was er zuvor stoisch ignoriert hatte, löste nun eine regelrechte Kratzorgie aus. »Vendelin von Wigberg, Oberhaupt des Stählernen Lotos, naridischer Funktionär. Würdet Ihr bitte Eure Hand da wegnehmen?«


    Jules de Mireault
    Jules trat einen Schritt zurück, behielt Vendelin aber argwöhnisch im Auge. Gufo tat es seinem Herrn gleich. Der gewaltige Uhu tapste von einem klauenbewehrten Fuß auf den anderen und seine riesigen, leuchtenden Augen schienen Vendelin durchleuchten zu wollen. "Wem gilt Deine dienstliche Treue Vendelin von Wigberg? Wer war am Anschlag auf Duc Alain Etienne beteiligt von Deinem Orden? Wem gilt die Treue Deines Ordens? Dem Duc, der Krone oder der alten Duchesse? Wer war für die Ermordung von Caillous Vater verantwortlich?", hakte Jules nach.


    Timothée Mauchelin
    Vendelin begann in der Zelle umherzuwandern, wobei er sich unentwegt überall kratzte. »Die Treue des Stählernen Ordens galt Duchesse Francoise Esme de Souvagne. Nach ihrem Tod ist kein neuer Eid geleistet worden, da sie keine Tochter gebar. Der Zustand ist daher in der Schwebe, alle Arbeiten wurden wie gehabt fortgesetzt. Es gab keine Änderung bis zum Befehl von Duc Maximilien Rivenet de Souvagne, von der Eliminierung der Agentenkinder künftig abzusehen. Am Anschlag auf Duc Alain Etienne de Souvagne war der Orden des Stählernen Lotos in der Form beteiligt, dass wir bei der Vertuschung vorher und nachher behilflich waren. Wer weiß, wie man Wissen heranschafft, weiß auch, wie man verhindert, dass etwas nach außen sickert. Meine Prüfungsarbeit zur Volljährigkeit war Palaisin Cloridan Simon verschwinden zu lassen, der Parcival befohlen hatte, die Überreste der verunglückten Kutsche untersuchen zu lassen. Er hatte sie sich angesehen und vermutete, dass jemand das Fahrgestell sabotiert hatte. Natürlich hatte das jemand, und zwar niemand anderer als Janou Langeron persönlich. Wen sonst als dem Ordensoberhaupt würde sie solch einem Auftrag anvertrauen? Doch Cloridan verschwand und niemand erinnerte sich an seinen Befehl. Er starb an einer Überdosis von Blauem Glück. Auf diese Leistung bin ich nach wie vor sehr stolz und ich habe mir eine kleine Trophäe von ihm behalten. Das ist sonst nicht meine Art, jede Trophäe ist ein Beweisstück, aber der Palaisin war schließlich kein kleiner Fisch und es ging um meine Prüfung. Caillous Vater ist nicht ermordet worden, wie kommt Ihr darauf? Hatte ich so etwas behauptet? Wenn ja, muss ich wohl gelogen haben. Das, was von ihm übrig ist, erfreut sich bester Gesundheit.« Vendelin stellte sich an die Wand und schabte mit seinem Rücken auf und ab.


    Jules de Mireault
    "Das heißt also, Euer Orden ist niemandem mehr zur Treue verpflichtet? Ihr dient Euch und Eurem Selbsterhalt selbst? Wieso wurde nach dem Tod der Duchesse von Dir nicht der Duc aufgesucht um genau darauf hinzuweisen? Aus welchem Grund hast Du ihn über Eure wahre Treue in Unkenntnis gelassen? Und weshalb hast Du seine Majestät nach dem Tode seiner Mutter in Unklarheit darüber gelassen, dass Euer Orden keine Loyalität zu Souvagne besitzt? War das den anderen Ordensmitgliedern bekannt? Du hast also den damaligen Palaisin ermordet? Welche Trophäe hast Du von ihm behalten und wo befindet sich diese? Caillous Vater lebt? Er ist doch angeblich verbrannt! Wo befindet sich der Mann, wenn er noch lebt?", hakte Jules grantig nach.


    Timothée Mauchelin
    »Dieses Hemd«, rief Vendelin wütend. »Wollt Ihr gar nicht wissen, ob Janou allein für das Attentat verantwortlich war? Ihr hattet nur nach den beteiligten Ordensmitgliedern gefragt, das war ungeschickt. Er arbeitete Hand in Hand mit Corentin, dem werten Quennel. Wäre Corentin Antimagier gewesen, er hätte einen hervorragenden Lotos abgegeben. Janou Langeron ist verbrannt, nicht jedoch Caillous Vater, Ihr verwechselt da was. Janou war lediglich der Mentor, er hatte Caillou und dessen Zwillingsbruder adoptiert. So ist das im Orden üblich. Der leibliche Vater der beiden weilt im Palast, an einem verborgenen Ort, ich vermute, unterirdisch gelegen, doch ich habe noch keine Möglichkeit gefunden, unbemerkt hineinzugelangen, auch wenn ich den Öffnungsmechanismus bereits geknackt habe. Seine Majestät fragte nie nach unserer Loyalität, also erhielt er auch keine Antwort, so einfach ist das.«


    Jules de Mireault
    "Eine schöne Arbeitsmoral ist das. Folglich muss ich festhalten, dass der gesamte Orden weder der Krone noch dem Duc selbst loyal gegenüber ist. Gleichgültig wie bedauerlich ich es für die einzelnen Mitglieder finde, aber das wird nicht von uns hingenommen werden. Souvagner die sich gegen den Duc, die Krone und Souvagne selbst wenden, werden ihr gerechtes Urteil erhalten. Was verwechsele ich da? Caillous Vater war doch vorheriges Ordensoberhaupt und verbrannte? Oder nun doch nicht? Wer hockt unten im Palast und wo ist der Öffnungsmechanismus den Du geknackt hast? Und wie hast Du ihn geknackt? Gut da Du mich schon auf meine Fehler hinweist, danke für die Zusatzinformation. Corentin war ein Verräter und ein direkter Mitverschwörer der Duchesse. Ein würdiger Verbündeter für einen Haufen Hochverräter, meinen Glückwunsch. Deinen Sohn schließt dies dann leider ein, er war genau wie alle anderen nur der Duchesse treu und sonst niemandem. Welche Grundsätze vertretet Ihr überhaupt? Habt Ihr überhaupt einen Tag einmal etwas für Euer Land geleistet, oder nur für die Duchesse?", fragte Jules mit zusammengekniffenen Augen.


    Timothée Mauchelin
    »Mein Land? Ich habe kein Land. Ich habe ein Netzwerk, das ist sehr viel praktischer. Und an dieser Stelle setzen unsere Grundsätze an. Ja, sicher haben wir etwas für Souvagne getan - als Nebeneffekt unserer Arbeit. Gutes für Souvagne zu tun, war unser Mantel, unsere Gestalt. So habe ich unter anderem den Ring der Kinderschänder gesprengt. Das machte Sinn, da dieser Zweig keinen Profit mehr abwarf. Auch wir müssen uns irgendwie finanzieren. Schlösser und Verschlüsse zu knacken gehört bei uns zur Grundausbildung und dieser war gut, aber knackbar. Das Schwierigste daran, war ihn überhaupt erst einmal als Verschluss zu identifizieren, es handelt sich dabei um die Statue in der kleinen Kapelle des Palastgartens. Und darunter hockt Marquis Alexandre Stinki de la Grange. Vittorio, wärst du so freundlich.« Vendelin setzte sich neben ihn und drehte ihm den Rücken zu, damit Vittorio ihn kratzen konnte. Dieser guckte Jules kurz an, dann kratzte er und Vendelin machte einen genüsslichen Buckel.


    Jules de Mireault
    "Der leibliche Vater von Caillou ist der Marquis de la Grange?", fragte Jules, während sich sogar der Blick von Gufo verdüsterte und sich der Uhu aufplusterte. Jules überlegte wie alt ungefähr Caillou war und wann der Marquis seinen grauenvollen Unfall hatte. Theoretisch konnte das hinkommen und Vendelin konnte zur Zeit nicht lügen. Falls er nicht dafür auch eine Möglichkeit gefunden hatte. Jules öffnete seinen Geist für einen seiner Kollegen, Remy fiel ihm als Erster ein, wie er stets vor Ort. `Remy höre mir genau zu. Ich ermittele gerade im Auftrage seiner Majestät an einem extrem brisanten Fall. Es sieht aller Wahrscheinlichkeit danach aus, dass die Himmelsaugen erneut einen anderen Orden auslöschen müssen, aufgrund von Hochverrat. Aber soweit sind wir noch nicht. Wir sollten in anderen Orden unsere Ordensmitglieder zur Überwachung unterbringen. Die alten Fäden des Verrates sind noch nicht durchtrennt und Parcival wie auch Quennel scheinen wirklich einen guten Job gemacht zu haben, was ihren Hochverrat angeht. Deshalb wende ich mich aber nicht an Dich. Der Marquis Alex de la Grange schwebt in höchster Gefahr. Er ist der leibliche Vater von Caillou dem Lotos. Er wohnt in einem Gewölbe, dieses ist wohl über eine Statue zu erreichen. Die Statue ist mit einem Sicherheitsmechanismus geschützt. Achtung - der Mechanismus ist kein Schutz mehr. Vendelin von Wigberg hat den Mechanismus geknackt. Es ist nur eine Frage der Zeit bis ein Lotos versucht den Marquis zu töten. Schnapp Dir einige unserer besten Kampfmagier und warne den Marquis! Beschützt ihn mit Eurem Leben, denn er hat eine noch ganz andere Aufgabe. Und damit beschützt er das Leben des Duc! Der Mann darf auf keinen Fall verletzt werden oder sterben, hast Du das verstanden? Das ist ein direkter Befehl Remy! Marquis de la Grange warnen, sichern und verteidigen! Vendelin von Wigberg wollte ihn töten! Der Mann sitzt in Haft und wird gerade von mir vernommen. Erledige das umgehend. Ich muss noch Prince Ciel informieren. Spute Dich!´, befahl Jules mental und brach dann den Kontakt zu Remy ab, da er sich umgehend an Prince Ciel wandte. `Ehrenvolle Grüße Hoheit. Ich bin gerade damit betraut Vendelin von Wigberg zu verhören. Warnt Euren Vater, der stählerne Lotos war niemals der Krone oder gar dem Duc treu ergeben! Der stählerne Lotos diente ausschließlich, einzig und allein der alten Duchesse! Duc Alain Etienne de Souvagnes Tod sollte vom alten Palaisin Cloridan Simon aufgedeckt werden. Vendelin von Wigberg tötete Palaisin Cloridan Simon! Er ist der Mörder des alten Palaisins! Dann machte Vendelin folgende Aussage - Am Anschlag auf Duc Alain Etienne de Souvagne war der Orden des Stählernen Lotos in der Form beteiligt, dass wir bei der Vertuschung vorher und nachher behilflich waren. Wer weiß, wie man Wissen heranschafft, weiß auch, wie man verhindert, dass etwas nach außen sickert. Meine Prüfungsarbeit zur Volljährigkeit war Palaisin Cloridan Simon verschwinden zu lassen, der Parcival befohlen hatte, die Überreste der verunglückten Kutsche untersuchen zu lassen. Er hatte sie sich angesehen und vermutete, dass jemand das Fahrgestell sabotiert hatte. Natürlich hatte das jemand, und zwar niemand anderer als Janou Langeron persönlich. Wen sonst als dem Ordensoberhaupt würde sie solch einem Auftrag anvertrauen? Doch Cloridan verschwand und niemand erinnerte sich an seinen Befehl. Er starb an einer Überdosis von Blauem Glück. Auf diese Leistung bin ich nach wie vor sehr stolz und ich habe mir eine kleine Trophäe von ihm behalten. Das ist sonst nicht meine Art, jede Trophäe ist ein Beweisstück, aber der Palaisin war schließlich kein kleiner Fisch und es ging um meine Prüfung. Caillous Vater ist nicht ermordet worden, wie kommt Ihr darauf? Hatte ich so etwas behauptet? Wenn ja, muss ich wohl gelogen haben. Das, was von ihm übrig ist, erfreut sich bester Gesundheit - Euer Lehrmeister ist somit der leibliche Vater von Caillou! Ferner ist der Orden des stählernen Lotos weder der Krone, dem Duc noch Souvagne treu. Sie dienten nur der alten Duchesse. Euer Vater soll eine Grundreinigung des Ordens erlauben. Keines der Ordensmitglieder informierte über diesen Umstand! Grund hierfür, es würde nicht danach gefragt! Und an der Beseitigung des alten Pala war der berühmt berüchtigte Quennel beteiligt! Warnt Euren Vater! Euren Mentor Alex habe ich durch Remy waren und von uns direkt unter Schutz stellen lassen. Ihm wird kein Leid geschehen. Wir müssen uns um die Beseitigung der Bedrohung der Lotosse kümmern Hoheit. Schlagt etwas vor, oder schließt Euch bitte der Vernehmung an Prince Ciel´, bat Jules mental, ehe er wieder Vendelin ins Auge fasste. "Das sind gewaltig schlechte Neuigkeiten Vendelin", sagte er tonlos.


    Ciel Felicien de Souvagne
    Jules hörte Ciel in seinem Kopf entsetzt aufkreischen. Er spürte dessen Angst vor einem unsichtbaren Spinnennetz, das sich unaufhaltsam immer weiter verdichtete und dessen Sorge, besonders um seine schwangere Frau und die ungeborenen Kinder. ›Ich werde sofort meinen Vater informieren! Je nachdem, wie mein Vater reagiert, werde ich danach bei Euch vorbeikommen oder auch nicht. Es hängt davon ab, wie lange er mit mir zu sprechen wünscht. Wie immer sehr gute Arbeit, danke, Jules!‹ Damit machte Ciel sich eilends auf den Weg.


    Timothée Mauchelin
    »So schlecht sind die Nachrichten nicht, will ich meinen, Magistral. Warum nicht einfach den Orden auf den Duc schwören lassen? Wäre das nicht die einfachste und menschenfreundlichste Lösung?« Doch Vendelin war nicht halb so gelassen, wie er es ohne Navu Lea im Blutkreislauf gewesen wäre, seine Hände und Knie zitterten und seine Augen huschten nervös von hier nach da.


    Jules de Mireault
    `Vielen Dank Hoheit, diesmal haben wir die Verräter noch rechtzeitig erkannt. Mein Vorschlag wäre, wir sollten alle Orden auf ihre Loyalität überprüfen. Und zur Sicherheit in jedem Orden einige Himmelsaugen unterbringen, zwecks Überwachung. Ich weiß, dass Parcival ebenfalls ein Himmelsauge war. Allerdings versichere ich Euch, dass sein Verrat nur durch seine besondere Position möglich war. Himmelsaugen leben im Kollektiv und im Konsenz. Ich werde nachspüren wer welche Gedanken hegt. Und unter meiner Leitung könnt Ihr Euch sicher sein, dass wir nicht nur sauber sind, sondern ich alles daran setzen werde, dass wir auch sauber bleiben. Es wäre schön, wenn eines Eurer Kinder später ein Auge werden würde. Sollte es die Befähigung dazu haben, so wäre eine doppelte Absicherung gegeben. Ich wünsche Euch das Beste, ich lasse auch Eure Frau unter Schutz stellen´, antwortete Jules Prince Ciel und wandte sich gedanklich erneut an Remy. `Erneut ich Remy. Stelle die gesamte Krone unter den sofortigen Schutz der Himmelsaugen. Darunter stehen sie zwar immer, aber ordne pro Person Kampfmagier ab, die ab sofort als direkte Leibwächter fungieren und bei jedem feindlichen Gedanken agieren. Und sende sofort jemanden zu Prince Ciels hochschwangerer Frau. Keinem der Krone darf ein Leid geschehen, wir haben mehr als einen Ruf zu verlieren!´, übermittelte Jules. "Wer einmal lügt dem glaubt man nicht, auch wenn er dann die Wahrheit spricht. Du meinst also, der Orden des Lotos der an der Ermordung des alten Ducs beteiligt war, der dafür sorgte das die Beweise verschwanden, der dafür sorgte das der Palaisin verschwand und der durch Dich dafür sorgen wollte dass ein Marquis verschwand, soll einfach auf den Duc schwören? Und wie durch Magie - derer Ihr Gewürm gar nicht fähig seid, weil Ainuwar Eure schwarzen Seelen verachtet, seid Ihr auf einmal alle loyale Royalisten, die sich der Krone unterwerfen und alle Mordgedanken sind beiseite gefegt? So einfach ist das ja?", fragte Jules schneidend.


    Remy de Remuer
    ›Ich habe noch nie etwas derart Grauenvolles in meiner Dienstzeit erlebt‹, hörte Jules Remy in seinem Geist rufen. ›Es ist schrecklich, nicht auszdudenken, was alles geschehen könnte und noch geschehen kann! Bei Ainuwar!‹ alsdann spürte Jules wie Remy quallengleich etliche Energietentakeln in alle möglichen Richtungen schoss, um die Informationen weiterzuleiten. ›... ganz schrecklich‹, hörte er noch einmal.


    Timothée Mauchelin
    »Ihr vergesst, dass wir auf Befehl der Duchesse handelten und wir waren ihr auch nach dem Tode noch loyal. Ja, wir würden auch ihrem Sohn loyal dienen nach einem geleisteten Eid. Handschlagqualität nennt man das in Naridien. Aber wie kommt Ihr darauf, dass ein Marquis sterben sollte? Meint ihr Alexandre? Warum sollten wir ihn zum Ziel erklären? Sein Tod würde niemandem etwas nützen.«


    Jules de Mireault
    `Leider Remy. Aber wie immer sind wir die letzte Bastion zwischen denen und unserer Krone und folglich unserem Land. Um ihre Pläne umzusetzen müssten sie an uns vorbei. Aber daran werden sie scheitern, wir sind viele und dennoch ein Geist. Man kann ein Himmelsauge töten, aber nicht den Orden und nicht das wofür wir einstehen. Verblendete wie Parcival ausgenommen. Ich verlasse mich auf Dich Bruder! Mobilisiere den Orden Du hast meinen Befehl´, antwortete Jules Remy mental. "Auf Befehl der Duchesse? Wer bitte ist die Duchesse? Seit wann bist Du eine Zofe? Oder seid Ihr ein Orden voller Assassinen-Zofen? Der Duc ist seine Majestät, er ist die höchste Instanz im Lande, ihm folgen seine Söhne, nach Geburtsrecht. Die Duchesse ist eine Frau, wer ist sie nach Stand? Sie ist zwar die höchste Frau Souvagnes, dennoch nur eine Frau. Eine angeheiratete, die einem de Souvagne weitere de Souvagnes gebären darf. Dann könnte ebenso gut der Leibdiener des Ducs einen Orden ausrufen, vermutlich wäre dieser sogar ehrlichen Herzens gemeint, anstatt Eure Mörderbande! Das Serum scheint bei Dir anders zu wirken. Du selbst hast gesagt, dass "nur" Caillous Adoptivvater starb. Danach hast Du mir erzählt wer der leibliche Vater von Caillou ist. Und einen Atemzug später hast Du mir erklärt, wo er lebt und wie Du versucht hast seiner habhaft zu werden. Also wozu möchtest Du seiner habhaft werden, wenn nicht auch um ihn zu ermorden? Und sei es nur, weil er Caillous Vater ist? Handschlagqualität wie in Naridien? Wir sind hier nicht in Naridien! Wir sind hier in Souvagne. Vielleicht solltest Du Deine komplette bucklige, naridsche Mördersippe einfach nehmen und zurück ins schöne Naridien auswandern. Nun Du persönlich nicht mehr, aber der Rest von der Brut", gab Jules zu bedenken.


    Timothée Mauchelin
    »Es war berufliche Neugier«, verteidigte sich Vendelin. »Vom Oberhaupt eines Ordens, der auf Spionage spezialisiert ist, darf wohl erwartet werden, dass er sich die verborgenen Winkel und geheimen Ecken seines Reviers genauestens anschaut. Ich weiß auch von den Zwischenwänden im Palast und habe mich davon inspirieren lassen, in meinem eigenen Haus ein wenig umzubauen. Eine schöne Sache, besonders der kleine Partyraum für Faulpelze, die eigentlich Dienst schieben sollen, von dem vermutlich nicht einmal der Duc weiß und die Sehschlitze in den Schlafgemächern und Badezimmern. Was, bitte, soll ich denn in Naridien? Ich sagte doch, ich diene keinem Land und fühle mich hier sehr wohl, so wie Vittorio in Ledwick, obgleich er dennoch einem souvagnischen Orden dient. Die Duchesse war eine sehr gute Geschäftspartnerin und ihr Sohn würde es ebenso sein. Wir sind so viel mehr als eine Mörderbande, das ist nur ein kleiner Teil unserer Arbeit. Die Duchesse war jene, der wir Treue schworen. Gibt es ein Gesetz, welches Treueschwüre gegenüber Frauen untersagt? Wenn ja, dann ist es mir nicht bekannt gewesen. Jeder Hochzeitsschwur wäre demnach Null und Nichtig.«


    Jules de Mireault
    "Spitzfindigkeiten bewahren Dich auch nicht vor dem Block Vendelin, dass solltest Du wissen. Und ich hätte von einem Ordensoberhaupt schon etwas mehr Würde erwartet. Berufliche Neugier, das wäre so als würde ich jemandem das Hirn rösten, um zu schauen ob er es überlebt. So aus reiner Neugier heraus. Macht sollte nicht missbraucht werden, sie verlangt Demut. Denn sonst läuft man Gefahr, genau jene Privilegien für sich zu nutzen, anstatt für die übertragene Aufgabe. Aber ich denke, dabei stoße ich bei Dir auf taube Ohren. Bei Dir ist alles ein Geschäft, sogar Treue. Es sollte Dir gleich sein, ob der Treueschwur dann bindend war, es war doch ein gutes Geschäft. So gut, dass Du jetzt in einer Zelle sitzt und Dein Sohn in einer Irrenanstalt. Wie sieht denn die Steigerung davon aus? Was war Dein Endziel? Das kann es ja noch nicht gewesen sein. Das ist richtig, Du sagtest Du fühlst Dich keinem Land zugehörig. Das verstehe ich besser als Du vielleicht glaubst oder Dir wünscht. Wenn Du Dich keinem Land zugehörig fühlst, fühlst Du auch keine Heimat, kein Zuhause, keine Landsleute. Umsoleichter ist es, all jenes für ein gutes Geschäft zu verraten. Ihr seid so etwas wie Heuschrecken. Ist ein Bereich abgefressen fliegt Ihr weiter. Was Du in Naridien sollst? Du wirst Naridien niemals wiedersehen Vendelin. Du wirst sterben und das schon sehr bald und zwar hier in einem Land das Dir nichts bedeutet. Jene die kein Land haben, haben auch das Recht verwirkt in diesem Land zu leben. Du kannst Dich nicht auf den Schutz Souvagnes berufen, wenn Dir Souvagne gleich ist. Du bist nicht mal Naridier, Du bist vielleicht nicht mal ein Weltbürger, Du bist ein Niemand ohne Wurzeln. Das bist Du. Das Einzige mit dem Du Dich identifizieren kannst, sind Deine Geschäfte. Nicht mal Dein Blut bedeutet Dir was, keine Scholle, kein Blut, keine Abstammung, kein Land. Wofür sollte man Deine Loyalität noch wünschen? Sie ist die Hand nicht wert, die sie reicht. Die gleiche Hand führt einen Dolch gegen einen, wenn nur die Bezahlung besser ist. Die Räume hinter den Räumen dienen der Überwachung und sie sind so einigen bekannt, nicht nur Dir", entgegnete Jules kalt.


    Timothée Mauchelin
    »Und wofür soll ich sterben?«, rief Vendelin aufgebracht. »Wie lautet die Anklage? Ich habe Duc Alain nicht umgebracht oder den Thronerben! Nicht einmal mein Vater war es. Doch, ich bin ein jemand - ich bin ein Wigberg!«, fauchte Vendelin eisig. »Und deine Vorstellungen von Würde sind nichts als der absolut laienhafte Versuch, sich eine überzeugende Persona zu schaffen. Mein Endziel? Es gibt kein Endziel, das in einer Generation zu erreichen wäre! Das Endziel darf deinen Nachfahren der letzte aller Wigbergs mitteilen. Oh ich vergaß - du wirst ja niemals Kinder haben. Nach deinem Tod - bist du tot. Und für meinen Tod - habe ich vorgesorgt. Ich bin keineswegs unersetzlich. Die Hinrichtung ist eine kleine Erschütterung im Gefüge meiner Familie und mehr auch nicht. Für die Spitzfindigkeiten kann ich im Übrigen nichts, ich würde sie mir gern verkneifen, aber leider hast du mir eine Spritze gegeben, Himmelsauge.«


    Jules de Mireault
    "Für den Mord an Palaisin Simon? Ein von Wigberg der sich hinter tausende Namen und Identitäten versteckt hat. Na wenn das kein Jemand ist! Wer sagt Dir denn, das ich niemals Kinder haben werde, oder nicht vielleicht schon welche habe? Zudem ich werde ewig leben, denn alles Wissen was ich sammele, jede Erfahrung die ich mache, all das wird zu einer Erinnerung in unserem Kollektiv Vendelin. Das ist die wahre Unsterblichkeit eines Himmelsauges. Findet man das bei Euch Seelenlosen? Nein. Familien schaffen sich so etwas durch Erzählungen, Legenden, Ahnenverehrung. Aber nicht einmal das habt Ihr. Ihr lebt und sterbt für Euch völlig allein. Vermutlich mit dem letzten Geschäftsvertrag in der Hand. Wenn das mal kein warmes Gefühl vermittelt. Niemand ist ersetzlich, der eine Seele besitzt, denn sie macht den Menschen einzigartig. Für sein Selbst, sein Psi gibt es keinen Ersatz. Einen Posten hingegen kann man jederzeit neu besetzen, sei es Deiner oder meiner. Es wird immer wieder Nachwuchs geben. Aber da Du keine Seele hast, hast Du Recht - Du bist völlig ersetzbar. Du bist nichts weiter als ein atmender, handelnder Haufen Fleisch, der anderen das wertvollste neidet was er nicht besitzt - die Seele. Ihr seid die grauen Männer, von denen meine Mutter mir als Junge erzählte. Nur seid Ihr nicht grau, nicht optisch. Aber die Trostlosigkeit Eurer Leere, die ist gut mit einem schönen Grau zu vergleichen. Deine Familie wird mit Dir gehen Vendelin, für Verräter ist in Souvagne kein Platz, das solltest Du wissen. Wir werden jeden Wigberg Schädel von den Schultern schlagen, den wir finden. Sogar jene die nur nach Wigberg riechen. Und nicht alle von Euch sind seelenlose Fleischklumpen, einige haben Seelen, aber die sind nicht der Rede wert. Sie werden sie allerdings verraten. Wo bleibt da Dein Geschäftssinn Wigberg?", fragte Jules.


    Timothée Mauchelin
    »Mein Sohn ist unschuldig«, versuchte Vendelin ruhig zu sagen, doch das Navu Lea ließ den Versuch scheitern. Es verhinderte jede Selbstbeherrschung, denn auch Körpersprache war den Gesetzen von Lüge und Wahrheit unterworfen. Vendelins Hände schnellten nach vorn, gefolgt vom ganzen Körper, um Jules den Garaus zu machen.


    Jules de Mireault
    Vendelins Körper traf ein grauenvoller Schlag, der ihn mit einem gewaltigen Ruck nach hinten zu Boden riss. Seine Schultern standen in Flammen und seine Sicht war nur noch ein verwaschenes Grau. Ein magischer Angriff auf ihn? Unmöglich. Eine Sekunde später wusste er was ihn getroffen hatte - Gufo, denn sein Schnabel schoss auf seinen Schädel herab und bohrte sich schmerzhaft in seine Schädeldecke. Mit lautlosen Schwingen stieß sich der gewaltige Raubvogel wieder ab und landete auf der Schulter seines Herrn. Vendelins durchbohrte Schultern bluteten und er spürte wie sie langsam taub wurden. "Dein Sohn ist ein von Wigberg, wie das Schaf so das Lamm. Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm. Angriff auf das Oberhaupt der Himmelsaugen. Eine weitere Schandtat in der langen Reihe Deiner Verfehlungen", knurrte Jules.


    Timothée Mauchelin
    »Dann gib mir ein Gegenmittel, wenn dir die Wahrheit nicht schmeckt! Mir schmeckt sie auch nicht!«, blaffte Vendelin und rappelte sich wieder auf. Heißes Blut lief aus mehreren Schnittwunden seine Schultern hinab und ein weiteres Rinnsal bahnte sich seinen Weg durch sein verschwitztes Haar. »Jemandem eine Droge zu geben und ihm dann deren Nebenwirkungen zum Vorwurf zu machen, ist natürlich eine feine Art! Hat man dir schon einmal gesagt, dass deine Nase wie ein Erker aussieht? Was auch immer ihr versuchen werdet, ihr werdet scheitern! Ihr kratzt nur an der Spitze des Eisberges, wenn ihr den Stählernen Lotos auslöscht. Ein weiterer toter Zweig der Familie, bedauerlich, aber wofür zeugt ein guter Vater so viele Kinder wie nur möglich? Ihr könnt mich hinrichten - die Familie Wigberg aber könnt ihr nicht töten.«


    Jules de Mireault
    "Normalerweise bekomme ich immer gesagt ich hätte eine Kartoffelnase. Ein Erker ist mal was neues. Es mag sein, dass wir nicht jeden Wigberg auslöschen können. Aber erstens können wir es versuchen und zweitens wird es die anderen abschrecken. Da Ihr so versessen auf Geschäfte seid, wissen wir ja nun, was wir als Köder auszulegen haben. Geschäfte und Wissen lockt Euch an wie das Licht die Motten. Ich mache Dir nicht die Auswirkungen der Drogen zum Vorwurf, sondern Deine Schandtaten. Und bevor Du Simon ermordet hast, habe ich Dir wohl kaum Drogen verabreicht. Da kannte ich Dich Scheusal noch gar nicht, den Göttern sei Dank. So viele Kinder wie möglich zeugen, zum Familienerhalt? Na da bin ich aber gespannt. Du bist ja nicht mal in der Lage, Deinen einzigen Sohn vor Dir und Deiner verdrehten Weltsicht zu schützen. Du hast Dein eigenes Kind mit in Deinen persönlichen Sumpf gerissen und da sprichst Du allen ernstes davon Vater zu sein und dazu noch ein guter? Du bist der erbärmlichste Vater den ich neben Quennel kenne. Eure Kinder hätten besseres verdient, aber leider kann man sich die Eltern nicht aussuchen. Denn dann wärst Du ganz sicher nie Vater geworden. Warum ist Dein Sohn denn so gestört und geisteskrank? Das verdankt er doch alles Dir und Deiner Machtgier", erklärte Jules grimmig.


    Timothée Mauchelin
    »Mein Sohn ist nicht gestört. Er hat die Kunst, eine Persona zu schaffen, perfektioniert! Anstelle einer Maske schuf er einen eigenständigen, lebendigen Mann, der fast vollkommen unabhängig von seinem Schöpfer denkt, handelt und fühlt. Der Mord an Cloridan war ein Befehl der Duchesse! Ihr selbst seid stolz darauf, im Namen Eures Berufs gemordet zu haben und auch meinen Kopf würdet Ihr mir von den Schultern schlagen, wenn man Euch nur ließe. Was gibt Euch das Recht, einen Befehl der Duchesse infrage zu stellen? Oder meine Eignung als Vater, wo Ihr selbst Euren Samen nur in die Hintern rakshanischer Sklaven verspritzt?«


    Jules de Mireault
    "Die Duchesse selbst wandte sich gegen den Duc und die Krone. Sie war eine Hochverräterin, der Ihr gedient habt. Wer von einer Straftat weiß und diese nicht meldet, macht sich mitschuldig. Hättet Ihr nur zugesehen, wärt Ihr trotzdem Mittäter. Habt Ihr nur zugesehen Vendelin von Wigberg? Nein. Ihr habt den Hochverrat der Duchesse tatkräftig unterstützt. Wenn ich Euch anheuern würde, würdet Ihr da auch keinen einzigen Befehl in Frage stellen? Es wurde ja vom Oberhaupt der Himmelsaugen befohlen? Wisst Ihr selbst nicht was Recht und Unrecht ist? Natürlich bin ich stolz darauf, dass ich in meiner Rechtschaffenheit Souvagne vor so mancher Gefahr bewahrt habe. Ob ich das mit dem Wort oder dem Schwert erreiche ist irrelevant. Wichtig ist das Ergebnis. Was glaubt Ihr, wie der Palaisin Massimo de la Cantillion mit Feinden Souvagnes verfährt? Reden? Eure Eignung als Vater kann ich daran beurteilen, wie wohl sich Euer Kind fühlt. Wie wohl mag er sich in diesem Sanatorium fühlen? Zudem ich verspritze meinen Samen nicht nur in Rakshaner. Früher als ich noch ein ungebundener Mann war, gab es auch mal hier und da einen Souvagner. Nichts was für Euch von Belang wäre, oder neidet Ihr mir meinen gutaussehenden, ewig fröhlichen Ehemann? Für einen Naridier wäre dies typisch", antwortete Jules.


    Timothée Mauchelin
    »Euren Mann - nein. Eure Liebe - ja. Aber für Euch ebenso wenig von Belang. In Euren Augen bin ich also schuldig und ein Hochverräter. Völlig ungeachtet meiner jahrelangen treuen Dienste, nachdem ich als Lotos erblüht war. Dann können wir diese Konversation auch beenden. Ich möchte meine letzten Stunden nicht mit Eurer Gegenwart vergiften.«


    Jules de Mireault
    "Treue Dienste die Ihr einer Verbrecherin geleistet habt Vendelin. Wozu neidet Ihr mir meine Liebe? Ihr hättet den gleichen Weg beschreiten können. Ihr hättet Euren Weg täglich, stündlich ja sogar zu jeder Minute abwählen können. Aber Ihr seid auf Spur geblieben, keinen Milimeter davon abgewichen. Das Gift Vendelin, das seid Ihr. Und wir haben Euch früh genug lokalisiert um die Heilung einzuleiten und Euch Eiterpustel auszuschneiden. Verbringt die letzten Stunden mit Eurem Geliebten", sagte Jules.


    Timothée Mauchelin
    »Diese Dienste haben auch Souvagne genützt, Maximilien war mit meiner Arbeit stets zufrieden, das hat er mich erst kurz vor meiner Inhaftierung erneut wissen lassen. Aber das wollt Ihr nicht sehen! Kaum sind deine magischen Sinne blockiert, bist du blind. Ich strebte nie nach der Krone, keiner von uns tat das je.« Er setzte sich anders hin und zog die Füße an den Leib. Auch sein Sohn hatte die Angewohnheit, die Füße auf Stühlen und Bänken hochzuziehen, anstatt sie hinabhängen zu lassen. Sein Sohn ... Vendelin vergrub sein Gesicht in den Knien und konnte unter dem Einfluss der Droge die Tränen nicht unterdrücken bei dem Gedanken, dass Moritz den Tod finden würde. Dann kam ihm ein anderer Gedanke. Er hob das nun gerötete und nasse Gesicht erneut. »Wenn Ihr Moritz hinrichtet, tötet Ihr auch die unschuldigen Personae in seinem Inneren, die Duc Maximilien sehr zu schätzen schien.«


    Jules de Mireault
    "Haben die Unschuldigen bei Euch nicht auch stets mit den Schuldigen zu leiden? Kollateralschaden nennt Ihr doch den Tod von Unschuldigen. Es war nicht zu vermeiden, um das Ziel zu erreichen. Nun wie ich hörte sollen die Personen die Deinem Sohn inne wohnen getrennt werden. Vielleicht ist es möglich, dass man sie trennt und Deinen Sohn dabei keinen neuen Körper zukommen lässt. Du verstehst? Vier Personen, drei Körper - der von Wigberg geht leer aus. Und falls eine Trennung nicht möglich sein sollte, dann hast Du drei weitere Unschuldige auf dem Kerbholz. Du hast sie dorthin geführt. Du warst der Weg zu ihrer Erschaffung und Du wirst jener sein, weshalb sie dann sterben. Haben sie das verdient? Nein. Aber es wird geschehen, denn es gibt keine Alternative. Diese wäre ja dann, einen Mörder wie Deinen Sohn am Leben zu lassen. Und auch er wird schon im Namen der Hochverräterin gemordet haben. Leugnen ist zwecklos. Ohne Magie? Ich bin niemals ohne Magie. Du bist es, auf den sie keine Anwendung findet, das ist richtig. Seine Majestät war nicht mit Dir zufrieden Vendelin. Sind wir beide doch mal ehrlich, Du hast ihm nicht die Wahrheit gesagt. Du hast ihm bewusst Informationen vorenthalten und ihm ebenso verschwiegen, dass Deine Loyalität nie ihm galt. Hätte er all das gewusst, hätte er Dich dann noch gelobt? Hätte er dann noch Deine Arbeit für gut befunden? Und Dir ist auch bewusst, dass durch Deine Untaten Vittorio die letzten Stunden mit Dir teilt und sogar den Weg zum Schaffott?", fragte Jules.


    Timothée Mauchelin
    »Vittorio ist ledwicker Staatsbürger«, rief Vendelin und musste von eben jenem festgehalten werden, damit er sich nicht erneut auf Jules stürzte. »Ihr könnt keinen Ledvigiano hinrichten! Mein Sohn hat nur einen einzigen Mord begangen und den vollzog er an einem der führenden Köpfe des Kinderschänderrings! Du hältst dich für so moralisch überlegen mit deinem erbärmlichen Gegreine von Treue und Würde und hast von keinem dieser Begriffe auch nur den Hauch einer Ahnung! Niemand ist unschuldiger als Moritz und Vittorio hat keinen einzigen Souvagner getötet!«


    Jules de Mireault
    "Na dann kläre mich doch auf, die Zeit habe ich auch noch. Zu Deiner Aufklärung, selbstverständlich können wir Fremdländer hinrichten, die bei uns Straftaten begehen. Oder meinst Du, Fremdländer stehen über dem Gesetz? Das ist vielleicht in Naridien so, aber in Souvagne werden Souvagner beschützt und nicht die Fremdlinge gehätschelt. Oh er hat nur einen einzigen Mord begangen? Das wusste ich nicht, da ist er ja fast unschuldig. Wieviele Morde glaubst Du begeht der ehrliche Durchschnittssouvagner? Zehn, Zwanzig oder was? Ich verrate es Dir, keinen einzigen. Es gibt sie also wirklich, die Menschen die ganz ohne einen Mord auskommen. Wo war ich untreu? Wo war ich würdelos? Na darauf bin ich gespannt", gab Jules zurück.


    Timothée Mauchelin
    »Es war kein Mord, ich habe mich lediglich deines unqualifizierten Vokabulars bedient, damit du mich verstehst. Es war eine rechtmäßige Exekution an einem Kinderschänder, absolut sauber ausgeführt. Deiner Logik nach müsste jeder Soldat und jeder Henker selbst auf dem Schafott landen. Nichts anderes war Moritz zu jenem Zeitpunkt, ein Henker im Auftrag der Krone. Würdelos bist du bei jedem Atemzug und deine Treue ist nichts als Heuchelei. Würde Khawa sich als rakshanischer Spitzel entpuppen und du hättest die Aufgabe, ihn zu exekutieren - wie weit ist es dann mit deiner Treue?«


    Jules de Mireault
    "Khawa kann gar kein Spitzel sein, er ist Souvagner und sogar von Adel. Möchtest Du hiermit eine Ehren-Adelung unserer Majestät in Frage stellen? Soldaten und Henker sind selbstverständlich keine Mörder. Sie dienen der Krone, sprich dem Duc. Ihr habt einer Verräterin gedient, sie wurde aufgrund des Verrates hingerichtet. Du kannst sie nicht als Krone bezeichnen. Das war sie nicht. Sie hatte auch nicht vor, Souvagne zu dienen, sondern sie diente ausschließlich sich selbst. Also wenn man einem Verbrecher dient, was ist man dann? Wäre Dein Sohn Soldat oder Henker, würde ich nicht von Mord sprechen. Aber wenn er durch eine Verbrecherin dazu genutzt wurde, einen Mord zu begehen, dann war es ein Mord. Ein Auftragsmord", erklärte Jules.


    Timothée Mauchelin
    »Du hast meine Frage nicht beantwortet, Angst vor der Wahrheit?«, fragte Vendelin lauernd. »Schön, wir werden also alle auf dem Block enden. Gut, dass neuerdings dahergelaufene Verseuchte über Leben und Tod eines ganzen Ordens zu entscheiden befugt sind. Verschwinde, ich will dich nicht mehr in meiner Zelle sehen!«


    Jules de Mireault
    "Wieso sollte ich die Wahrheit fürchten Vendelin? Mich kostet sie ja nicht den Kopf, im Gegensatz zu Dir. Dahergelaufene Verseuchte? Meine Familie lebt länger in Souvagne, als Deine bucklige Verwandschaft Unterschlupf in Naridien fand und verseucht sind wir ganz sicher nicht. Deine Zelle? Die Zelle gehört zum Hof, Du besitzt nichts mehr Vendelin. Dafür sorge ich eigenhändig. Aber eines werde ich Dir noch vor Deiner Hinrichtung vorbeibringen, den Kopf Deines Sohnes. Damit Du Deinen Frieden machen kannst, mit Deinen Göttern", zischte Jules.


    Timothée Mauchelin
    Erneut sprang Vendelin auf, doch diesmal ging er nicht auf Jules los, sondern auf dessen Uhu. Er packte ihn mit einer Hand an den Beinen und mit der anderen am Hals, ungeachtet der peitschenden Flügel, die sein Gesicht mehrmals trafen. Auch Vittorio sprang auf und griff Jules an. Keiner von beiden hatte noch etwas zu verlieren.


    Jules de Mireault
    Jules donnerte mit der Faust gegen die Tür und rief mental um Hilfe, während er sein Schwert zückte. "Lass sofort mein Tier los oder ich schwöre bei Ainuwar die Enthauptung findet hier und jetzt statt", drohte er. Das er jedes Wort ernst meinte, sah man dem Chevalier an.


    Timothée Mauchelin
    »Besser bevor du mir Moritz` Kopf bringen kannst, oder?« Vendelin hob den mit den Flügeln peitschenden Uhu, so dass seine Brust eine gute Angriffsfläche bot und begann ihn knackend zu verdrehen, während Vittorio sich mit Jules prügelte.


    Jules de Mireault
    Gufo schlug mit seinen Klauen wild um sich, die wie kleine Dolche gebogen und genauso scharf waren. Jules rückte ein Stück nach hinten ab. "Ich warne Dich ein letztes Mal Ledwicker", zischte er, während hinter ihm die Tür geöffnet wurde und zwei Wachen in die Zelle drängten. "Auf den Boden", befahl einer der beiden mit der Helebarde in der Hand.


    Timothée Mauchelin
    »Gehorche ihnen«, befahl Vendelin und Vittorio hörte auf, Jules zu bearbeiten. Sichtlich unwillig hob er die Hände und legte sich dann lang auf den Boden. Nur Vendelin blieb stehen, das Blut tropfte von seinen Unterarmen, die von den Klauen zerschnitten waren. Sein letzter Blick galt Vittorio, sein letzter Gedanke seinem Sohn. Langsam hob er den Uhu noch weiter und setzte die entgegengesetzte Drehung seiner Hände fort. Als die Gardisten nahten, beendete er den Blickkontakt mit Vittorio und sah nach vorn, ehe er die Augen schloss.


    Jules de Mireault
    "Lass Gufo los Vendelin. Ich schwöre Dir, was Du ihm antust, werde ich Deinem Gör antun. Ich werde ihm genauso die Arme verdrehen und ausreißen und zwar in Deinem Namen. Lass Gufo los!", befahl Jules mit einer Mischung aus Wut und Sorge. Er hasste diesen verdammten seelenlosen Bastard, den er nicht einmal beeinflussen konnte.


    Timothée Mauchelin
    »Das wirst du doch ohnehin, du verseuchter Scheißkerl«, brüllte Vendelin außer sich und rührte sich nicht einen Millimeter. Weder ließ er den Vogel los, noch drehte er weiter.


    Jules de Mireault
    Jules überlegte fieberhaft wie er vorgehen sollte. "Wenn Du mich dazu zwingst, ihn abzuschreiben, werde ich dafür sorgen, dass das Leid Deines Sohnes unvorstellbar wird. Du nimmst mir etwas, dann werde ich gleichziehen. Ich werde Dir die Blutrache aussprechen. Lass Gufo los, die letzte Warnung", knurrte Jules Vendelin an.


    Timothée Mauchelin
    »Die Himmelsaugen haben den Agenten der Autarkie eine Form von Gnade gewährt. Auch ich habe einen lezten Wunsch. Wenn Ihr den Orden des Stählernen Lotos schon auslöscht, lasst meinen Sohn und Vittorio gehen! Sie sind unschuldig.«


    Jules de Mireault
    "Vittorio von mir aus, Dein Sohn ist nicht unschuldig. Das weißt Du so gut wie ich. Dein Stecher kann sich zurück nach Ledwick verziehen, dort wo er hingehört. Er wird der Ledwicker Staatsmacht übergeben, sollen die sich um ihn kümmern".


    Timothée Mauchelin
    »Mein Sohn IST unschuldig«, beharrte Vendelin. »Egal von wem der Befehl, diesen Ring zu sprengen, ausging, es war auch im Interesse von Duc Maximilien! Der Mann, den Moritz exekutierte, war ein Kinderschänder!«


    Jules de Mireault
    "Gut von mir aus, ein Kinderschänder ist ein Verbrecher und gehört gerichtet. Ich denke mit der Argumentation kann auch der Duc leben", antwortete Jules.


    Timothée Mauchelin
    »Verschont Ihr Moritz und Vittorio?«, hakte Vendelin nach. »Werdet Ihr sie ziehen lassen und Ihnen nicht nachstellen oder jemanden damit beauftragen, ihnen Leid anzutun?«


    Jules de Mireault
    "Ja das werde ich. Ich verschone beide, mein Wort drauf", sagte Jules und nickte zur Bestätigung. Die beiden Wachen behielten die Gefangenen weiterhin argwöhnisch im Auge.


    Timothée Mauchelin
    Vendelin gab Gufo frei und setzte sich schwer atmend zurück auf die Pritsche, wobei er die Füße hochzog. Er legte die Arme um seine Beine und presste die Stirn auf die Knie.


    Jules de Mireault
    Kreischend und seinen Unmut Ausdruck verleihend hüpfte der große Uhu zurück zu seinem Herrn. Jules hob ihn auf und untersuchte ihn vorsichtig. Dann musterte er Vendelin und Vittorio. "Das der Duchesse nicht zu trauen war, hätte man erkennen müssen. Jemand der eine Gabe besitzt, bekam etwas verliehen. Aber Ihr, Euch hat man etwas weggenommen. Wozu wohl? Das ist die Frage. Ich werde Deinem Sohn kein Leid zufügen, aber sein Schicksal liegt in der Hand der Krone. Jener Krone auf die Ihr beiden spuckt. Das sollte Dir klar sein", sagte Jules und streichelte Gufo.


    Timothée Mauchelin
    Vendelin schüttelte den Kopf, ohne aufzusehen. Vittorio, der am Boden lag, wagte nicht, etwas zu sagen. Vorsichtig drehte er etwas den Kopf, um sich zu vergewissern, was die Gardisten trieben. Dann blickte er fragend in Richtung von Jules.


    Jules de Mireault
    Die Gardisten warteten immer noch einsatzbereit mit ihren Waffen in der Hand. "Was ist los Vittorio?", hakte Jules nach. "Die Krone samt seiner Majestät wird hiervon selbstverständlich erfahren. Also was bedeutet Dein Blick? Ob Du in Dein Land ausgeliefert wirst, wird der Duc entscheiden. Vermutlich ja, da Ledwick und Souvagne eine Freundschaft verbindet und diese nicht durch so etwas gefährdet werden wird".


    Vittorio Pollarotti
    »Nur, ob ich aufstehen darf, Magistrale«, antwortete Vittorio. »Ich habe auch einen letzten Wunsch. Falls ich nicht mehr dazu komme, denkt an meiner Statt daran, seine Majestät wegen dem fummelnden Fettsack anzusprechen, der die Ducachessa dauernd wäscht.«


    Jules de Mireault
    Jules blinzelte und brauchte einen Moment um zu begreifen, wen Vittorio da meinte. "Steh auf, ich werde mit dem Duc darüber sprechen. Die Ducachessa hatte doch eine Zofe zugeteilt bekommen", erklärte Jules und deutete Vitto zusätzlich an, dass er aufstehen konnte.


    Vittorio Pollarotti
    Vittorio erhob sich und nahm neben dem eingerollten Nervenbündel platz. »Der Fettsack schickt sie dauernd weg. Es gibt Leute, die machen sich Sorgen, zumal der Kerl scheinbar von Duc Maximilien zugewiesen worden ist. Sonst wäre der schon längst im Meer gelandet.«


    Jules de Mireault
    "Gaston ist der Leibdiener von Verrill, aber sie sollte bei ihrer Zofe bleiben. Jedenfalls was die tägliche Wäsche und so weiter angeht. Gaston wacht über sie, dass kann er aber auch mit etwas Abstand. Ich werde den Duc darüber informieren. Ja mit dem Entsorgen scheint Ihr es wirklich zu haben", erklärte Jules. Er verließ die Zelle und die beiden Wachen folgten ihm einen Augenblick später. Die schwere Tür fiel wieder ins Schloss und diesmal sperrte sie zwei Lotosse von der Außenwelt ab. Jules machte sich auf den Weg zu den großherzoglichen Gemächern. `Prince Ciel ich befinde mich auf den Weg zu Eurem Vater. Das Gespräch lief alles andere als gut. Wir sollten uns überlegen wie wir zukünftig mit diesen Stumpfen verfahren. Sie sind eine Gefahr für Magier, Ihr seid ebenfalls einer Hoheit´, mahnte Jules zur Vorsicht.


    Vittorio Pollarotti
    Vittorio wartete, bis die Schritte verstummt waren, dann nahm er Vendelin in die Arme, der unter dem Einfluss der Droge nun hemmungslos weinte. Eine Gefühlsregung, die Vittorio noch nie bei ihm gesehen hatte - und auch sonst niemand. Trost gab es keinen und so hielt er den Mund. Er hielt den schmutzigen und blutverschmierten Vendelin, den er gedanklich noch immer Timo nannte, einfach nur fest und als Vendelin endlich vor Erschöpfung wegdöste, verband er ihm die Wunden mit Streifen seiner Kleidung.