Arcadia hatte einen Stallplatz bekommen und das Gepäck war verstaut. Finja verabschiedete sich knapp von Nicolai und schritt schnellen Schrittes davon. <Einfach mal kurz weg...>.
Im Gegensatz zu Nicolai hatte Finja in diesem Moment wenig übrig für die Schönheit der See.
Auf der Suche nach einem Ort, an dem man etwas zu trinken bekommen konnte, zog Finja durch die kleinen Gassen und wurde schgließlich fündig. Sie betrat eine kleine Hütte, vor der ein runder Tisch und zwei Hocker standen. "Zum Salzhering" prangerte über dem Eingang. Drinnen war es düster und man konnte den Staub in den wenigen einfallenden Sonnenstrahlen sehen. Als Finja die Tür hinter sich zufallen ließ genoss sie für einen Moment die Stille in dem Schankraum, der Platz für vielleicht 30 Gäste bot. Eine Handvoll Gestalten schenkten ihr kurz Beachtung, wandten sich dann aber wieder grummelnd ihren Krügen zu. Hier ging man anscheinend nicht hin um zu feiern, sondern einfach nur um zu trinken. <Perfekt.>.
Wenige Augenblicke später hatte Finja am Tresen Platz genommen und wies den Wirt an den leeren Becher ohne Nachfrage immer wieder zu füllen. So gab sie sich dem Suff hin, sortierte dabei halbherzig ihre Gedanken.
Es wurde bereits langsam dunkel und Finja hatte einen zufriedenstellenden Pegel erreicht als sich die Tür öffnete und mehrere Seeleute den Schankraum betraten. Finja warf ihnen einen kurzen Blick über die Schulter zu und bekam ein paar Gesprächsfetzen der Männer mit. Sie hatten zwei Tage Landgang bevor ihr Schiff wieder ablegte. <Schiff...jah...mit sowas fahre ich auch bald.>, dachte sich Finja und überlegte, ob sie nicht wieder zurück zu Nicolai und Rhodesia gehen sollte. <Ja. Ich sollte los.>. Etwas unbeholfen kletterte Finja von dem Hocker, bezahlte ihre Zeche und ging, ab und zu nach links stolpernd, hinaus.
Vor der Hütte atmete Finja einmal tief durch. "Jetz...ganz langsam.", brummelte die Almanin und trat ihren Heimweg an. An einer Straßenecke konnte sie plötzlich eine Gestalt regungslos liegen sehen. "Wasn mit dir los?", fragte sie leise, ging zu der Person hinüber und tippte sie mehrmals mit der Fußspitze an. Der Kerl lag auf dem Bauch und atmete noch. Finja musste nicht wirklich nah an ihn heran um zu merken, dass er unfassbar nach Alkohol stank. "Hats dich aufm Heimweg niedergestreckt, hm?", fragte Finja und bekam natürlich keine Antwort. "Du soll...solltest nicht einfach hier so rumliegen.", stellte sie fest und packte den Kerl bei den Schultern. Er hatte sogar noch einen halbvollen Becher neben sich stehen! Einige Zeit später hatte Finja den Mann irgendwie an die nahegelegene Hauswand gesetzt. "So. Ich glaub das is besser.", fand sie, nickte dem schlafenden Säufer einmal zu und ging wieder los. "Ich nehm das mal als Dank mit, ja?". Sie griff schwankend nach dem Becher des Kerls und nahm einen Schluck des schon leicht abgestandenen Biers.
Als Finja um die Ecke und wieder auf die Hauptstraße einbog stieß sie hart mit jemandem zusammen. "Ey! Kannsu nicht aufpassn?", fragte sie den Unbekannten und sah zu ihm auf. Ein Raktaure stand vor ihr und seine Blicke funkelten auf sie hinunter. "Du...du bist nich Nicolai.", stellte Finja fest und schüttelte den Kopf. "Niedlich. Da hat wohl jemand einiges gebechert. Was meint ihr, Männer, ob die Kurze ein ganzes Bier geschafft hat?". Finja lugte an dem Raktauren vorbei und konnte trotz des Alkohols erkennen, dass er mehrere Leute im Schlepptau hatte. "Ich kann mehr trinken als du groß bist.", meinte Finja empört und tippte den Raktauren dabei an. "Falls du deinen Weg nicht mehr findest, so kann ich dich auch begleiten, meine Liebe.", schleimte der Raktaure während sich seine Leute gut zu amüsieren schienen. "Fass mich bloß nich an, dich schaff ich noch.". Schwankend ballte Finja die Faust, die Gruppe ihr gegenüber lachte. Das Lachen des Raktauren endete abrupt, als Finja versuchte ihn zu schlagen. Er packte die kleine Almanin einfach und hob sie hoch. "Lass mich sofort wieder runter.", zeterte Finja und strampelte. Stille trat ein, als Finja wütend den Inhalt des Bechers in ihrer Hand über dem Raktauren ausleerte. Einen kurzen Moment lang schien die Zeit still zu stehen und die Anspannung war deutlich zu spüren. "Miststück.", zischte der Raktaure und warf Finja zur Seite. Sie landete unsanft auf der dreckigen Straße. "Kommt, Männer, wir gehen da hinten noch einen trinken. Sollen sich doch andere um das Mädel kümmern.".
Während der Raktaure und seine Leute sich entfernten, lachten und noch ein paar Sprüche kloppten stand Finja mit Mühe wieder auf. "Saubande.", fluchte sie. <Es war so ein guter Abend und dann das.>
Die Tür des Gasthauses wurde aufgestoßen und Nicolai konnte Finja im Türrahmen stehen sehen. Sie hatte anscheinend gut getrunken und hielt einen leeren Becher in der Hand. Allerdings schien etwas mit ihr nicht in Ordnung zu sein. Die Kleidung war dreckig, ihre Stirn leicht aufgeschlagen und die Haare zerzaust. "Diesmal bist dus aber? Ja du bists.", sagte Finja erleichtert und ging schweren Schrittes zu Nicolai und seinen Tischgästen. "Du glaubst gar nicht, was mir passiert ist.". Sie lallte ein wenig und tastete ihren Kopf ab. "Klasse. Wird wohl ne Beule gebn.". Dann erst fiel ihr der Priester am Tisch auf. "Hallo. Ich bin...verzeihung....ich bin Finja.". Während des Satzes musste Finja aufstoßen, was etwas zur allgemeinen Erheiterung beitrug. "Nicolai, da warn Kerl wie du und der war nicht besonders nett...". erschöpft sackte Finja auf dem Platz neben Nicolai zusammen und bestellte, zu seiner Verwunderung, einen großen Krug Wasser.