Von Skorpionen und Skolopendern

  • Von Skorpionen und Skolopendern (unzensiert)


    Es kam der Tag, an dem Robere mit seiner Kraft am Ende war. Vielleicht lag es an den dunklen Wolken, die das Sonnenlicht verschluckten und ihn an die Gewitterfeste erinnerten. Mitten am Tag war es stockfinster, in der Ferne rumpelte der Donner, doch es gab weder Regen noch Blitze. Nur gelegentliches Wetterleuchten am Horizont, wo der Feind lauerte. Kein Wind wehte, die Luft war drückend und der Schweiß hatte während einer Patrouille seine Kleidung durchgeweicht. Bei der nächsten Rast wanderte er allein hinaus in die Steppe, viel weiter, als er es gedurft hätte. Er trug nichts bei sich als seinen Spaten. Niemand war mehr zu hören noch zu sehen, der heiße Wind blies ihm ins Gesicht. In einer Senke begann er, sein eigenes Grab zu schaufeln.
    Als es etwa knietief war, legte er sich auf den Grund und rollte sich ein. Kühl war es hier unten. Bald würde der Wind Sand und Erde vom Rand hineinwehen und ihn zudecken. Es begann schon. Eine dünne Schicht überzog ihn wie ein Leichentuch. Die Augen hielt er geschlossen, um Boldiszàr und Maxime sehen zu können. Seine Zeit war vorbei.
    Nach etwa einer Stunde hörte er Schritte und ein Schatten fiel auf ihn. »Selbstmitleid ist die erste Stufe der Treppe, die hinab in den Abgrund führt«, erklärte Meqdarhan. »Steh auf. Tu etwas Sinnvolles mit dem Dunkel in deiner Seele. Wandle es in Kampfgeist um! Du bist doch kein Jammerlappen, Robby, du bist Soldat.« Er hockte sich an den Rand und blickte hinab.
    »Nichts bin ich«, sagte Robere. »die Welt braucht mich nicht. Ich bin völlig ... überflüssig. Keine Sau wird mich vermissen, wenn ich weg bin.«
    »Verstehe, Einsamkeit«, grübelte Meqdarhan. Dann nickte er. »Daher also der Hunger. Daher die Gier nach Nähe.« Er packte ihn an der Kleidung und zerrte ihn gewaltsam aus dem Loch.
    Robere half ihm nicht, er machte sich schlaff und blieb draußen einfach liegen, als wäre er bereits gestorben.
    »In meinen Augen bist du kein Krimineller, Robby«, fuhr Meqdarhan fort, »sondern nur eine arme Sau. Du bist nicht krank im Kopf, noch nicht. Beende die Jagd, bevor sie richtig begonnen hat. Du bist noch jung. Dein ganzes Leben liegt vor dir. Früher oder später wird dich der Pfahl erwarten, wenn du den eingeschlagenen Weg weitergehst. Suche dir einen Partner. Lebe richtig. Und heile in seinen Armen.«
    »Mich will keiner«, sagte Robere. Dann blickte er auf. »Oder du etwa?«
    Meqdarhan tat etwas sehr Ungewöhnliches - er lächelte. »Ich würde dir nicht gut tun.«
    »Doch.«
    »Robby, falls du es noch nicht mitbekommen hast: Ich bin aus dem selben Grund hier wie du. Ich bin ein Sittenstrolch, mit dem Unterschied, dass ich einen Schritt weiter gegangen bin als du. Ich verstehe, was in dir vorgeht. Zu jagen ist großartig, man fühlt sich stark, lebendig und die Beute ist so warm, man kann sie befühlen und über sie verfügen, wie es einem beliebt. Ich bin ein Raubtier und sie sind lebendes Fleisch, mehr nicht. Du möchtest nicht meine Beute sein.«
    »Ich mag Maxi«, sagte Robere leise. »Ich wollte ihm nichts tun, er war kein Fleisch. Ich wollte nur spielen.«
    »Ich sagte doch, dass es für dich noch nicht zu spät ist. Du hast ihn nicht bekommen, er bleibt unerreichbar. Entweder, du lässt nun los und suchst dir jemanden, der das Loch in deiner Seele füllt, oder die Dunkelheit wird dort herausbluten und deine Seele so hungrig werden lassen, dass es unkontrollierbar wird. Auch in dir schlummert ein Jäger, sonst wärst du nicht hier in der Strafkompanie. Für mich ist der Weg zurück versperrt. Zu viel ist geschehen, man kann mich nicht mehr guten Gewissens auf die Bevölkerung loslassen. Aber du stehst noch am Anfang.«
    »Warum willst du dir niemanden suchen, der deinen Hunger stillt?«
    »Wie denn?«, rief Meqdarhan. »Zum hundertsten Mal, ich komme hier nicht mehr fort! Ich werde hier den Rest meiner Zeit verbringen und irgendwann genau so einsam sterben, wie ich hierher kam. Hier den Mann fürs Leben zu finden, hieße, ihn mit mir zusammen auf ewig hier fest zu ketten. Darum, Robby, lautet meine Antwort: Nein, auch ich will dich nicht haben.«
    »Aber ich ... finde hier auch niemanden. Ich kann nicht heilen.«
    »Hier nicht. Aber in fünfzehn Jahren da draußen, wenn du so lange den Hunger unterdrücken kannst. Durchhalten, Robby. Kämpfen! Die Zeit wird schneller vorbei sein, als du glaubst. Nutze deine Chance, werde nicht wie ich.« Meqdarhan reichte ihm die Hand. Robere aber nahm sie nicht an. Stattdessen drückte er seinen Kopf in die Erde und bewegte sich nicht mehr. »Ist denn das zu fassen?«, rief Meqdarhan.
    »Mecki«, sagte Robere leise den Kosenamen, den er sich für ihn überlegt hatte, weil er seinen Vornamen nicht kannte. »Ich kann nicht mehr und will auch nicht mehr. Kapier das und lass mich. Es ist mein Leben, mein Versagen und mein Ende. Kümmer dich dieses eine Mal nur um deinen Kram.«
    »Du willst hier liegen und verhungern.«
    »Ich tue das, was jedes Raubtier tut, das nicht jagen darf und auch kein Futter hingestellt bekommt.«
    Meqdarhan legte sich bäuchlings neben ihn und schien nachzudenken. Robere spürte die Wärme seines Körpers an seiner Seite. »Du raffinierter kleiner Erpresser. Du erinnerst mich an etwas.«
    Robere hob endlich den Kopf, weil er sehen wollte, was sein Ausbilder tat. Meqdarhan strich mit den Händen durch den Sand. Er legte eine kleine Höhle frei, in der sich etwas duckte, dass an einen Krebs erinnerte. Zwei schwere Scheren, gespreizt und über den Körper gekrümmt, ein Dorn, der aussah, als ob das Wesen damit stechen konnte. »Ein Gleichnis, das dir vielleicht hilft. Du liegst hier genau so eingegraben wie dieser Skorpion. Diese Tiere verbergen sich in einem Erdloch, wenn die Zeiten hart sind. Ihr Panzer schützt sie vor den meisten Widrigkeiten. Sie überleben Bedingungen, die jeden anderen längst umbringen würden. Und auch du wirst durchhalten, egal, wie schlecht es dir geht. Sie waren die ersten Geschöpfe auf dieser Welt, sagt man, und sie werden die Letzten sein. Wenn der Abgrund nach dir greift und du den Wunsch verspürst, dich niederzulegen um zu sterben, dann stelle dir vor, dass du den Panzer dieses kleinen Wesens trägst, schwarz, glänzend und fest. Und halte durch. Mach deine Fäuste und deine Waffen zu deinen Scheren. Schule sie im Kampf.«
    »Und ich habe einen ... Stachel.«
    Robere dachte an die Magd, in deren Körper er ihn hineingetrieben hatte, gemeinsam mit Maxime. Und er dachte an die beiden Soldaten beim Arsenal, an die Kraft und Leidenschaft, mit der sie sich aneinander ausgetobt hatten. An Maxime, mit dem er das wilde Treiben gern nachgespielt hätte. Er senkte den Blick. »Wir sind uns so ähnlich. Lehre mich, wie du zu sein. Ein Jäger.«
    »Solchen Rat gebe ich nicht leichtfertig. Das Tier in dir zu wecken, heißt, ein Leben im Abseits zu führen. In einer zivilisierten Gesellschaft haben Raubtiere nichts zu suchen, weder Skorpione noch Skolopender. Das bin ich. Ein giftiger Hundertfüßler, der dem Skorpion gar nicht so unähnlich ist.«
    Die Hand von Meqdarhan legte sich auf seine Schulter und kneteten ihn sanft. Robere wagte nicht, sich zu bewegen, aus Angst, es könnte aufhören. Und es hörte auf. Seine Arme schnellten nach vorn, krallten Meqdarhan gewaltsam an sich fest. Der spannte seine Muskeln an. Sie lagen einander gegenüber, keiner von beiden rührten sich.
    »Schau an. Ist dein Lebenswille wieder erwacht?«, fragte Meqdarhan.
    Robere schwieg. Die körperliche Nähe betäubte und verwirrte ihn. Er wollte mehr. »Ich möchte ... mit dir spielen«, sagte er leise.
    »Der Stachel juckt, was? Die Rekruten sind für mich tabu.«
    »Aber ich will es. So gern.«
    »Dann stech mich, Skorpion - wenn du es kannst. Wecke das Raubtier in dir, das leben will.«
    Er kniete sich auf alle viere, schlug seine Tunika hoch über den Rücken und präsentierte Robere den nackten Hintern. Rotbraunes Haar, darunter, aus den Haaren herausschauend, ein dicker Hodensack. Meqdarhan griff nach Roberes Hand und führte sie zwischen seine Hinterbacken. Robere wurde schwindlig, als er ihn dort anfassen durfte. Nervös tasteten seine Finger sich durch das dichte Haar, bis sie die gesuchte Stelle fanden.
    »Willst du das?«, raunte Meqdarhan.
    »Ich möchte das unbedingt«, schmachtete Robere.
    »Ach wirklich? Dann verdiene es dir.«
    Meqdarhan entzog sich den Fingern und fuhr herum. Ohne Vorwarnung griff er Robere an, der packte ihn an der Kleidung und wehrte sich. Sie stürzten zusammen in den Dreck. Während sie übereinander wälzten, versank Robere ganz in seiner eigenen Welt. Sein Denken erlosch. Er fühlte den kraftvollen Leib, der sich in seinen Armen wand, Meqdarhans Keuchen, seinen würzigen Geruch. Robere ließ sich von seinem Körper treiben. Seine Instinkte wiesen ihm den Weg, hinaus dem Abgrund, der ihn fast verschlungen hätte, in eine Welt aus heißem Genuss. Meqdarhan machte es ihm nicht leicht, aber am Ende ließ er ihn vermutlich absichtlich gewinnen. Robere war es egal, ob er wirklich gewonnen hatte, er durfte ihn von hinten umarmen und tastete erneut. Dort war es. Er setzte seinen Stachel an und versuchte, hineinzukommen. Vergebens schob er dagegen.
    »Hilf mir«, keuchte er. »Skolopender.«
    Meqdarhan spukte eine großzügige Menge Speichel auf seine Hand und umfasste die Spitze des Stachels. Robere hielt ganz still, als er ihn knetete und glitschig machte. Mit geschlossenen Augen fühlte er, wie sein Ausbilder ihn in einen anderen Winkel bog und erneut ansetzte. Er spreizte den Hintern und schob damit nach hinten. Robere glitt ein Stück hinein. Fest war er, ganz eng. Jeder vorsichtige Stoß trieb ihn tiefer, bis er ganz in ihm war.
    »Gib es mir fest«, verlangte Meqdarhan. »Keine Mätzchen, ich will es richtig.«
    Robere ließ jede Zurückhaltung fallen und holte all das nach, was ihm in den letzten Monaten gefehlt hatte. Mit geschlossenen Augen ließ er seiner Lust freien Lauf. Meqdarhan half ihm, einen guten Rhythmus zu finden, indem er sich ihm bei jedem Stoß entgegen drückte. Die Erlösung kam schließlich aus Roberes tiefsten Inneren. Es war nicht nur sein Stachel, der vor Wolllust zuckte, sein ganzer Körper wurde erfüllt von diesem überwältigenden Gefühl.
    Als er schließlich wieder zu sich kam, lag er auf Meqdarhans Rücken und hielt ihn fest umklammert. Er wollte nicht aus ihm heraus, er wollte drin bleiben. Und er durfte, sein Ausbilder jagte ihn nicht von sich herunter, sondern gab ihm Zeit. Erst, als sein Stachel wieder weich war und von allein herausrutschen wollte, sank Robere von Meqdarhans Rücken. Noch immer fühlte er sich benommen.
    Meqdarhan aber stand auf, schob ihm den Daumen zwischen die Zähne und öffnete seinen Kiefer. Dann drückte er ihm sein hartes Glied tief in den Mund. Der Geschmack war bitter und salzig zugleich. Robere musste den Mund extrem weit aufmachen, damit er hineinpasste. Als er scheu aufblickte, umfasste Meqdarhan seinen Kopf mit beiden Pranken und bewegte langsam seine Hüfte vor und zurück.
    »Halt einfach still, du musst nichts machen«, raunte er. Gefragt wurde Robere nicht. Für ihn war es in Ordnung, auch wenn er sich gewünscht hätte, dass Meqdarhan erstmal eine Weile still hielt, so dass er sich seinen Körper ansehen und ihn mit den Händen und dem Mund erkunden konnte, bevor sie weiterspielten. Als der ältere Soldat kam, wurde Roberes Mund schier geflutet. Er musste würgen, weil das Glied sich dabei sehr weit in seinen Rachen schob, doch das schien Meqdarhan noch mehr anzuheizen, denn er stöhnte lauter und schob sich noch weiter hinein, bis Robere überhaupt keine Luft mehr bekam. Er pumpte ihm seinen Samen tief in den Rachen, dann zog er sich plötzlich aus ihm zurück, um seine Kleidung zu richten. Robere würgte und schnaubte, die Sahne war sogar bis in seine Nase vorgedrungen, die andere Hälfte in seinem Magen gelandet.
    Meqdarhan rückte seinen Gürtel zurecht und grinste auf ihn hinab. »Wie sagt man da?«
    »Danke für die Lektion.« Robere wischte sein Gesicht sauber, stand ebenfalls auf und zog sich wieder ordentlich an.
    »Abmarsch«, kommandierte Meqdarhan unvermittelt.
    Robere war wie vor den Kopf geschlagen. Sollten sie jetzt einfach ins Lager zurückkehren, als wäre nichts gewesen? »Warte ... ich ... wie heißt du überhaupt? Also richtig?«
    »Meqdarhan und jetzt Abmarsch«, schnauzte sein Ausbilder. »Kein Wort mehr! Du kennst das Verbot. Wenn das hier herauskommt, bekommen wir beide Ärger. Der Skorpion ist ein so stummes Tier wie der Skolopender, er prahlt weder mit der Jagd noch mit Beutespielen. Und beide sind außerhalb der Paarung Einzelgänger.«
    »Ich werd ... nicht petzten«, versprach Robere. »Aber wir ...«
    »Maul halten. Und morgen schaufelst du dieses erbärmliche Erdloch zu, dass du dir gegraben hast.« Er stieß ihm von hinten gegen die Schulter, so dass Robere in Richtung Lager stolperte.

    "Not all those who wander are lost."
    J.R.R. Tolkien