„Natürlich werde ich dafür aufkommen. Mein Lager ist ganz in der Nähe. Ich werde nur schnell meine Sachen und meine...Reisegefährten... holen und wieder zu euch zurückkehren. Vielen Dank für die warme Mahlzeit, es war sehr lecker!“
Die Albin schritt auf den Wald zu – angeblich, um ihr Geld und ihren Begleiter zu holen. Naiv, wie Selan war, begriff er nicht, dass sie natürlich vorhatte, sich unverrichteter Dinge wieder aus dem Staub zu machen. In Phintias würde man ihr dafür eine Hand abhacken. Wenn sie ordentlich in die Stadtkasse einzahlte, vielleicht nur die Daumen. Aber in jedem Fall wäre sie um mindestens ein Körperteil ärmer.
"Schön das es dir geschmeckt hat. Kannst auch gern noch mehr haben wenn du möchtest, kann ja ein schönes Frühstück für uns machen, falls du und deine Reisegefährten hunger habt. Ihr seit alle sehr gerne eingeladen."
„Was, ist das dein Ernst! Die fressen uns doch die Haare vom Kopf. Kannst du dir das überhaupt leisten, so viele hungrige Mäuler durchzufüttern! Ich kann nur mit vollem Magen gut arbeiten, also überlege es dir.“
"Ach ja," sprach Seelan zu Urako und blickte ihn etwas Missmürrisch an, "Falls die Albin dir deine sieben Kupferstücke geben sollte, siehe ich dir die sieben Kupferstücke am Ende des Monats von deinem Taschengeld ab! Ich finde es schon unhöflich vor einer Dame so rum zu rennen, wie du rum rennst"
„Ich weiß nicht, was du hast. Meine Klamotten sehen ganz normal aus. Wenn sie dir nicht schmecken, kannst du mir ja neue Kaufen, wenn wir die Stadt erreicht haben. Ich könnte ein paar neue Fußlappen, eine neue Hose und ein paar Oberteile gebrauchen. Und einen Gürtel, mit dem Strick um die Hüfte sehe ich aus wie ein kack Penner. Außerdem... oh... DAS meinst du.“
Er blickte an sich herunter und entdeckte die flauschige weiße Quaste seines ansonsten kahlen Schweifs, die in seinem Schoß ruhte.
„Blattnadeln, igitt, alles voller Blattnadeln“, stellte er fest und holte einen knöchernen Kamm aus seinem Rucksack. Er hatte ihn selber aus dem Oberschenkelknochen eines Deliquenten geschnitzt. Das sah man dem Kamm an, doch er erfüllte seinen Zweck. Sorgfältig kämmte Urako Strähne für Strähne. Dabei achtete er penibel darauf, möglichst keine Haare heraus zu reißen.
Selan fuhr derweile unbeirrt mit seiner Belehrung fort. Urako ließ ihn labern. Er hatte wichtigeres zu tun. „Ein Zweig“, murmelte er vor sich hin. „Vermaledeiter Windstoß. Und iiiihhh! Eine Feder! Eigentlich müsste ich gleich noch mal baden.“
„...mal hochgerechnet auf einen Monat, Urako alter Freund...", schwatzte der Nekromant und klatschte ihm auf den Rücken, dass ihm die Luft wegblieb, "...dann bekomm ich am Ende des Monats noch etwas raus von dir!", sprach Selan und lachte dabei.
„Weißt du denn gar nichts“, murrte Urako. „Es bringt Unglück, den Henker zu berühren. Was glaubst du, warum ich in der Taverne an einem Extratisch sitzen muss und dort aus einem Krug trinke, der mit einer Kette an der Wand befestigt ist. Niemand will Möbel oder Geschirr benutzen, das schon mit dem Henker in Berührung war.“ Etwas verunsichert rieb er sich die Stelle, auf die Selan gerade seine Hand hatte niedersausen lassen.
Der Nekromant fuhr fröhlich fort, die Albin und ihren Begleiter darauf hinzuweisen, dass sie gern bei ihm zu Gast sein dürften.
"Ich denke heute wird ein wundervoller Tag, schön angefangen hat er ja schon."
„Find ich nicht“, kommentierte Urako.
Die Albin blieb auf ihrem Weg in den Wald noch einmal stehen und drehte sich zu ihnen um.
„Wenn euer Weg euch auch Richtung Osten führt, könnten wir vielleicht zusammen weiterreisen. Es soll gefährliche Gestalten auf diesen Strassen geben und in einer Gruppe ist man bestimmt sicherer vor Angriffen. Ausserdem ist ein wenig Gesellschaft auch nicht zu verachten. Ich werde gleich zurückkehren, bis dahin könnt ihr gerne über meinen Vorschlag nachdenken und mir vielleicht auch eure Namen verraten.“
"Du hast recht, ist gar nicht schlecht der Gedanke. Aber wenn du zurück bist nicht mehr so schüchtern und ängstlich sein, einverstanden? Also bis gleich!"
„Pft, von wegen. Die ist gleich auf Nimmerwiedersehen verschwunden. Bei so viel aufgesetzter Nettigkeit wird mir schlecht.“
"Bist wohl mit dem verkehrten Flügel zuerst aufgestanden oder? War nicht gerade sehr höflich von dir. Hast du Angst vor ihr oder warum benimmst du dich so komisch?"
Urako lachte etwas zu laut.
„Ich benehme mich völlig normal.“
Er strich sorgsam mit den Fingern das Fell seines Büschels glatt.
„Aber du... du benimmst dich komisch. Lädst wildfremde Leute zum essen ein, willst noch nicht mal Geld dafür und dann liebäugelst du auch noch mit ihrem Vorschlag, dass wir zusammen weiterreisen. Hast du mich mal nach meiner Meinung gefragt? Bin ich dein Lehrling oder dein Leibeigener, dass du mich einfach außen vor lässt?“