Kapitel 33 - Fantomes vs Stählerner Lotos - Krisenrat mit dem Duc

  • Fantomes vs Stählerner Lotos - Krisenrat mit dem Duc

    Mit einer Schnelldschunke ließ Vanja sich von Drakenstein nach Monleone fahren. Das einmastige Segelschiff flog regelrecht über die Wogen des Dhunik. Vanja zahlte gut dafür, dass der Capitano alles aus dem Schiff herausholte, was ging. Einmal mehr ging es um Leben und Tod.


    Der Mord an Veyd von Eibenberg hatte in Vanja keine Freude ausgelöst, sondern Panik. Gewiss, er selbst hatten den Kontakt zum Mörder hergestellt. Aber dahinter hatte mehr gesteckt als der Wunsch, Davard bei seiner Rache für die Schmähung zu helfen. Vanja wäre kein Wigberg, wenn er nicht mehrere Ziele damit verfolgt hätte. Das zweite, fast noch wichtigere Ziel war, herauszufinden, wie skrupellos Davard bereit war, gegen die eigenen Verwandten vorzugehen, wie rachsüchtig, kaltblütig und effektiv er dabei war und was er empfand. Das Ergebnis war erschreckend, denn nach der Beseitigung von Veyd richteten sich Davards Augen nun auf Vanjas Halbbruder. So wehrhaft und skrupellos Vendelin selbst auch war, wenn er ins Visier von Davard geriet, schwebte er in großer Gefahr. In erster Linie war Vendelin ein Spion, ein Marionettenspieler und Maulwurf. Seine Stärke war neben seiner Antimagie und seiner Intelligenz seine Fähigkeit, Sicherheitslücken zu erkennen und für sich Nutzbar zu machen. Davards größte Stärke aber war der lautlose Tod. Vendelin konnte durchaus selbst den Dolch einsetzen, doch einem darauf spezialisierten Meuchler hatte er wenig entgegenzusetzen. Doch das Problem zog noch viel größere Kreise - so große, dass Vanja hochrangige Hilfe brauchte.


    In Monelone ließ er direkt an der Mole vor dem Palazzo Ducale anlanden, zahlte, und eilte zur Porta della Carta, wo er den Guardianos die Wichtigkeit seines Anliegens vortrug. Wenig später holte ihn ein Pretoriano ab. Der Mann in der schwarzen Rüstung brachte ihn ins Malachitzimmer. Das Malachitzimmer! Es war einer der wichtigsten Besprechungszimmer des Duca di Ledvico! Das freute Vanja. Es zeigte, dass man sein Anliegen ernst nahm. Der Pretoriano bat ihn, sich zu setzen, während er vor der Tür Aufstellung nahm. Ein zweiter war gerade auf dem Weg, um Duc Maximilien de Souvagne zu holen, der zu Gast im Palazzo weilte.


    Vanja wartete nervös am Tisch sitzend und schaute sich den prunkvollen Raum an. Es gab zwei Malachitzimmer, ein Großes, helles, für viele Personen und ein kleines, in welchem Vanja nun saß. Es war mit dunklem Holz getäfelt und einem schweren Teppich ausgelegt. Edel waren sie beide gleichermaßen, doch war der kleiner Raum etwas privater vom Gefühl her.


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    Was auch immer Davard mit Vendelin vorhatte, Vanja wollte nicht dabei sein. Er konnte nicht, so sehr er Davards Hass auch verstand. Aber seinem eigenen Bruder nicht beizustehen, wenn der Zorn des Hohenfelde ihn traf, das würde ihm wie Verrat vorkommen. Umgekehrt konnte er jedoch auch nicht Vendelin helfen, ohne Davard zu verraten. So würde er seine Rolle als Wigberg erfüllen, er würde kitten, was entzweigebrochen war, verbinden, was zusammengehörte, aber den gemeinsamen Weg scheute. Sie waren eine Sippe. Hohenfelde und Wigberg durften sich nicht in derartiger Feindschaft gegenüberstehen! Das würde nicht nur eine Familienfehde geben, sondern einen Krieg!

  • Vanja hatte nicht lange zu warten, nach einer Viertelstunde erschien ein durchtrainierter Mann mit tätowierten Armen. Er blieb kurz im Malachitzimmer stehen. Und hielt von innen die Tür auf.


    "Seine Majestät Duc Maximilien Rivenet de Souvagne, erhebt Euch", erklärte Fabien.


    Maximilien schritt mit Arlette auf der Schulter in das Malachitzimmer und musterte Vanja von Wigberg. Er überlegte ob er den Mann kannte und versuchte sich zu erinnern. Sicherheitshalber fragte Jules.


    `Das ist der Gesuchte Pater Syrell. Gesucht im Zusammenhang mit den Geschehnissen im Kinderheim Mancini und dem dort ausgehobenen Ring. Jenen den Prince Ciel aufdeckte. Die Spuren führten zu dem Ring der Menschenfresser. Obacht Eure Majestät, wir werden seine Aussagen auf Wahrheitsgehalt überprüfen´, übermittelte Jules.


    "Eure Majestät, dieser Mann wünscht Euch dringend zu sprechen", warf Fabien ein und zog einen Stuhl zurecht, so dass sich Maximilien setzen konnte.


    Maximilien lehnte sich zurück und Vanja wurde von Max wie auch von dem großen Adler gemustert. Arlette hüpfte auf die Stuhllehne und ihr Blick wurde geradezu stechend.


    "Sprecht, welche Kunde ist derart wichtig, dass Ihr uns persönlich zu sprechen wünscht?", fragte Maximilien, während Fabien hinter ihm Stellung bezog.

  • Vanja erhob sich wie verlangt und verneigte sich, ehe er sich setzte.


    "Majestät, danke, dass Ihr Euch Zeit nehmt. Ich bin hier als ein Mitglied des antimagischen Ordens des Stählernen Lotos, auch wenn ich nicht die Gabe der Antimagie in mir trage. Ich bin auch hier als der Halbbruder unseres Oberhaupts Timothèe Mauchelin, dessen wahrer Name Vendelin von Wigberg lautet und Euch bekannt ist. Ich bin aber auch hier als der Verlobte des Davard von Hohenfelde, Oberhaupt der Fantomes.


    Ich habe aufgrund der Verbindungen zu beiden Seiten ein persönliches Interesse daran, dass mein Halbbruder und mein Verlobter sich verstehen, doch das tun sie nicht. Aufgrund einer unglücklichen gemeinsamen Vergangenheit hassen und bekämpfen sie einander. Vermutlich wird bald Blut fließen, wenn es so weiter geht. Was auf den ersten Blick wie ein bloßer Familienzwist erscheint, könnte in Wahrheit jedoch in einem Krieg der beiden Orden gegeneinander münden - bedenkt, dies sind die beiden Oberhäupter! - und in eine Blutfehde von Wigberg und Hohenfelde.


    Umd dies zu verhindern, bin ich hier. Bitte nehmt Euch des Problems an, ich bin gern bereit, zu helfen, wenn ich dazu beitragen kann, die Wogen zu glätten."

  • Maximilien dachte über die Worte von Vanja nach. Der Mann beschrieb gekonnt das Problem, allerdings sagte er mit keiner Silbe wer er war. Nun das konnte er schnellstmöglich über Jules herausfinden, indem dieser Davard von Hohenfelde fragte. Aber weshalb? Der Mann vor ihm war hier, da er eine Familienfehde und einen Ordenskrieg befürchtete. Wahrscheinlich zu Recht, denn weder Vendelin von Wigberg noch Davard von Hohenfelde waren Leichtgewichte, was ihre Tätigkeiten anging.


    "Zuerst gebührt es sich, dass man sich vorstellt Pater Syrell. Ihr habt vortrefflich Euren Bruder beschrieben, Vendelin von Wigberg. Demzufolge seid Ihr ebenfalls ein Wigberg, wenn das Bruder sich nicht rein auf die Ordenszugehörigkeit Eurerseits bezog. Also wer seid Ihr?


    Bedenkt, wir nehmen uns dieses Problems an, da es auch unser Problem werden könnte. Aber bedenkt auch eines, der Orden der Lotosse wurde von einer Hochverräterin gegründet. Euer Bruder Vendelin von Wigberg, hielt der Hochverräterin bis zu deren Ableben, ja sogar darüber hinaus die Treue. Der Orden der Lotosse, der dieser Hochverräterin derart gut diente, dass unser Vater ums Leben kam, hat bis heute noch nicht den Treueschwur auf die Krone geleistet!


    Einst wurden die Agenten der Autarkie für die Verbrechen Eures Ordens gerichtet. Das gleiche Problem scheint sich erneut zusammenzubrauen Pater. Erneut sind es die Lotosse, die einem anderen Orden drohend vielleicht sogar vernichtend gegenüber stehen.


    Einst waren die Agenten der Autarkie unschuldig. Sie dienten zur Befriedung, sie waren die Schwerter des Duc.

    Was sind die Fantome anderes, als die Dolche des Duc? Droht ihnen das gleiche Schicksal? Mitnichten.

    Es wird keine Wiederholung des Hochverrates geben.


    Wenn Ihr tatsächlich hier seid, um einen Ordenskrieg zu verhindern, sind wir selbstverständlich bereit Euch beizustehen. Solltet Ihr versuchen uns durch Eure vermeintliche Bitte in eine gewünschte Richtung zu lenken, die der Krone schadet, seid gewarnt. Ein zweites Mal wird es keine Gnade für Euren Orden geben. Kurzum, der geringste Verdacht des Verrates der sich erhärtet, wird zur Folge haben dass Euer Orden geschlossen auf dem Block landet.


    Wem gilt Eure Treue Pater Syrell?

    Wem gilt die Treue der Lotosse?

    Wem gilt die Treue der Fantome? Dies können wir beantworten, sie gilt der Krone.

    Wem galt die Treue der Agenten der Autarkie? Sie galt der Krone.


    Damit wir Euch Glauben schenken können, fangt damit an zu erläutern, wer Ihr tatsächlich seid. Was Ihr mit dem Vorfall des Kinderheims in Mancini zu tun hat, jenem Vorfall wo ein Menschenversuchslabor ausgehoben worden ist und noch wesentlich schlimmeres. Wer seid Ihr Pater Syrell? Wer ist der Mann, der einen fast Hochverräter Bruder nennt und dessen Dolch der Dunkelheit Verlobten?


    Seid Ihr Euch bewusst, welchen Befehl Davard von Hohenfelde hätte umsetzen müssen, hätte Euer Bruder sich seine Absolution nicht verdient, sondern erneut des Verrates schuldig gemacht? Seid Ihr Euch bewusst, dass Euch Euer Bruder durch seine Handlung dann mit in den Tod gerissen hätte?


    Und ist sich Davard von Hohenfelde bewusst, wer Ihr seid? Welchem Orden Ihr angehört und für was Ihr steht?

    Ihr spielt ein sehr gefährliches Spiel Pater, wenn Ihr meint Eure Fäden derart spinnen zu müssen. Wir wissen um die Macht der Liebe und die Bande die sie knüpft. Der Verrat der Agenten erfolgte von innen heraus, wie Ihr wisst. Es war einer der Euren, einer der Lotosse.


    Solltet Ihr den Marquis hingegen wirklich lieben, solltet Ihr die Zugehörigkeit zu den Lotossen überdenken.

    Wir schenken Euch neutral und wohlwollend Gehör Pater, also berichtet ganz oder wir klären diese mögliche Konfrontation über die reinigenden Kräfte des Ordens der Himmelsaugen. Einen Krieg der Orden innerhalb Souvagnes können wir nicht dulden", sagte Max ehrlich.

  • "Mein Name ist Vanja von Wigberg", antwortete Vanja und versuchte, im Angesicht dieser Drohungen, die Nerven beisammenzuhalten. "Leiblicher Sohn des Wenzel von Wigberg und der Mariette Bovier, Adoptivsohn des Berzan Bovier, den ich meinen Vater nannte.


    Davard von Hohenfelde kennt meinen wahren Namen. Jedoch ist ihm nicht meine Ordenszugehörigkeit bekannt. Dies würde der Natur des Stählernen Lotos zuwiderlaufen, da unsere Aufgabe der Schutz der Krone vor der magischen Willkür seiner Orden ist. Antimagische Gefahrenabwehr, das ist unsere Pflicht und wir agieren im Verborgenen. Gäbe ich mich zu Erkennen, würde ich gegen den Orden agieren.


    Es ist nicht der Tag für Spitzfindigkeiten, dennoch möchte ich die Rolle der Himmelsaugen beim Fall der Agenten der Autarkie nicht unerwähnt lassen, während der Stählerne Lotos mit nur einem Mann daran beteiligt war. Nicht zuletzt steckten auch einige der Agenten selbst bis zum Hals in dieser Intrige, wie der Doppelagent Quennel Pereault. Der Stählerne Lotos war gewiss nicht unschuldig, doch kann ihm schwerlich die alleinige Schuld oder gar die Hauptverantwortung zugeschoben werden.


    Dass ich meinem Bruder in den Tod gefolgt wäre, wäre dieser an seinem Auftrag gescheitert, war mir nicht bekannt, Nein. Aber ich wusste, welche Aufgabe Davard von Hohenfelde oblag, falls Vendelin gescheitert wäre. Dieser wusste es offenbar auch, da er ihn während der Exekution Felipes auf sehr persönlicher Ebene kränkte, vermutlich seine Antwort darauf.


    Was das Kindhereim anbelangt: Früher oblag mir das Fertigmachen der Lieferungen für den Ring, den mein Bruder sprengte. Dass ich meine Rolle spielen musste, um als glaubwürdig zu gelten, fiel mir nicht immer leicht, doch der Ring war letztlich Geschichte. Was blieb, waren gewisse Auswüchse in Mancini, allerdings mit dem Hintergrund illegaler Forschung an diesen Kindern. Dort waltete ich der gleichen Aufgabe. Als Vorsteher des Tempels führte ich die Verwaltung und unterhielt eine Freundschaft zu Vail Bernaudon, dem fraglichen Heiler. Ich spinne keine anderen Fäden als jene, welche mein Beruf als Stählerner Lotos verlangt."


    Dass er diesen Mann damals geliebt hatte, verschwieg Vanja.

  • "Wertet Ihr Quennel Pereault tatsächlich als Himmelsauge? Er war ein Hochverräter, so wie die Duchesse selbst. Er diente ihr, ebenso wie Parcival und auch jenen werten wir nicht mehr als Himmelsauge. Denn er verriet nicht nur die Krone, er verriet seinen gesamten Orden und missbrauchte ihn für seine fehlgeleitete Liebe.


    Der Orden der Lotosse hingegen Vanja von Wigberg, diente stets und ausschließlich nur der Duchesse, jener Frau die als Hochverräterin gerichtet werden musste. Also ja, wir müssen jeden Mann Eures Ordens als potentielle Bedrohung werten, bis wir vom Gegenteil überzeugt wurden.


    Euer Bruder kämpfte nicht um seine persönliche Absolution, auch wenn diese im Raum stand. Er kämpfte für das Leben seines Sohnes. Denn um ihn zum Sprechen zu bringen, wurde ihm angedroht, ihm seinen Sohn zu nehmen.


    Leider oder glücklicherweise hat Vendelin nicht begriffen, dass wir niemanden das Kind nehmen würden. Im Gegensatz zu ihm, er hat sich Moritz vor langer Zeit selbst genommen. Oder weshalb war die Heilung seiner Scherbenseele erforderlich? Wie kam Moritz überhaupt an die Scherbenseele? Habt Ihr Euch darüber einmal Gedanken gemacht?


    Was muss Moritz für Leid erfahren haben, dass seine Seele zu Bruch ging? Dass sie es nicht mehr ertrug, dass sie sich in jene Teile aufspaltete, die eine Wesenseite von Moritz wiederspiegeln und sich so weit verselbstständigten, dass sie eigene Personen wurden? Habt Ihr darüber einmal nachgedacht?


    Sicher wissen wir, dass man etwas opfern muss, um etwas Großes zu erreichen. Und selbstverständlich, so bedauerlich es ist, mussten Personen - ja auch Kinder geopfert werden, um den Ring der Menschenfresser zu sprengen. Man kann nicht in einen solchen Kreis eindringen, ohne deren Fell überzustreifen. Der geringste Zweifel und man wird fallen. Um ein Monster zu jagen, benötigt es ein Monster. Das ist uns bewusst.


    Aber es ist zweierlei ob man das Notwendige opfert, oder ob man tatsächlich mit dem Pelz verwächst, den man übergestreift hat. Denkt selbst darüber nach, zu welcher Kategorie Ihr gehört Vanja von Wigberg. Tragt Ihr nur einen Pelzmantel, oder wurde dieser zu Eurem Fell?


    Eine Frage die Ihr Euch selbst beantworten solltet, gerade wenn Ihr verlobt seid. Denn Euer zukünftiger Mann ist Vater einer Tochter.


    Ihr allein wärt Eurem Bruder nicht gefolgt, dass habt Ihr missverstanden, der gesamte Orden wäre gefallen. Nichts was wir uns wünschen würden. Wir hatten gehofft, dass Vendelin seinen Auftrag an- und ernstnimmt. Das er seine Treue uns gegenüber beweist und damit auch die Treue seines Ordens. Er sprach unter dem Zungenlockerer in unserem Thronsaal wahre Worte, aber sobald die Wirkung verflogen ist, was ist dann?


    Erinnert er sich an die Versprechen die er gab?

    Wir hofften so.


    Aber wir dürfen uns keiner Illusion oder Hoffnung hingeben, wenn davon die Sicherheits unserer Familie abhängt und so kam Euer Verlobter als Sicherheit ins Spiel.


    Zu Eurem Anliegen, dass Ihr den Mittler geben möchtet, zwischen Vendelin und Davard, zwischen den Lotossen und den Fantomes erfreut uns. Wir stimmen mit Euch überein, dass eine Feindschaft und eine Konfrontation verhindert werden muss. Erstens die der Orden, um einen Ordenskrieg zu unterbinden. Zweitens selbstverständlich auch, um eine Sippenfehde zu unterbinden. Dies muss ebenso bedacht werden, denn ansonsten würden sich die Marquis von Wigberg und von Hohenfelde bekriegen. Einen Krieg unserer Vasallen können wir ebenso nicht zulassen. Wir haben die unseren und unser Volk zu schützen.


    Da Ihr uns aufgesucht habt, gehen wir davon aus, dass Ihr einen Plan ausgearbeitet habt um die beiden auszusöhnen. Ihr steht den beiden extrem nahe, Ihr müsstet die entsprechenden Informationen haben", antwortete Max freundlich.

  • Beim Thema Moritz zog Vanja ein bekümmertes Gesicht.


    "Was mit Moritz geschah, ist mir vollauf bewusst und es tut mir von Herzen leid für den Jungen. Vendelin war sich in seiner Kindheit fast vollkommen selbst überlassen, er blieb mit sechs Jahren bereits mehrere Tage hintereinander allein zu Hause und im alter von neun Jahren waren seine Eltern nur noch sporadisch zu Besuch. Vor diesem Hintergrund ist es als ein großer Schritt in eine gute Richtung zu betrachten, dass er seinen Sohn selbst aufzog und nicht an einen Erzieher abgab. Jedoch sorgte dies auch für viele fatale Fehler, die ein Erzieher nicht begangen hätte. Vendelin hatte gute Absichten, er wollte, dass sein Sohn in jeder noch so schwierigen Situation zuverlässig funktioniert, so wie auch ihm das Überleben sicherte. Doch während Vendelin darob sehr kühl und hart wurde - zerbrach Moritz daran.


    Ich weiß, dass Vendelin nicht gerade ein Sympathieträger ist, doch ich bitte Euch darum, ihn einmal aus dieser Warte zu betrachten, bevor ihr über ihn urteilt. Vendelin ist kein Mensch, der Böses um des Bösen willen tut, Majestät. Er versucht, das Leben seiner Familie zu sichern auf seine Weise. Dabei agiert er bisweilen opportunistisch und ja, auch grausam. Doch sind diese Handlungen niemals Selbstzweck.


    Wenn ich Euch eine Rückfrage stellen dürfte: Warum wertet Ihr die Hochverräter Quennel Pereault und Parcival de Coubertin nicht mehr als Mitglieder ihrer Orden - aber Wenzel von Wigberg schon?


    Ja, ich kenne sowohl Davard von Hohenfelde als auch Vendelin recht gut. Aber wie ich die beiden miteinander aussöhnen kann, vermag ich nicht zu sagen. Ich habe momentan das Gefühl, dass sich die Situation eher zuspitzt. Gestern fiel Veyd von Eibenberg durch die Klinge eines Mannes, den Davard entsandte. Das Oberhaupt der Eibenbergs fiel und noch während er den abgetrennten Kopf betrachtete, fantasierte Davard über das, was er meinem Bruder anzutun gedenkt."

  • "Das ich Euren Bruder von zig Seiten betrachtet habe, zeigt Euch der Umstand, dass er sich seine Freiheit und Absolution durch Ausübung seines Berufes verdienen durfte. Natürlich dürft Ihr eine Gegenfrage stellen. Weshalb ich Quennel und Parcival nicht als Himmelsaugen werte? Sie waren nie welche. Sie waren weder Himmelsaugen, noch Agenten Vanja. Sie waren schlicht nur eines - Verräter. Gut getarnt, in einem Orden.


    Der Orden der Lotosse hingegen wurde von dem Kopf der Hochverräter selbst gegründet. Folglich mag es viele Unschuldige und Ehrbare in diesem Orden geben, aber die Gründung dieses Ordens war Selbstzweck der Verräterin. Vendelin wurde aufgrund dessen bereits verhört, er sprach die Wahrheit und wir gewährten ihm Gnade. Ebenso gewährten wir dem Orden Gnade, er möge sich beweisen. Da aber alle Lotosse trotz Ordenszugehörigkeit autark agieren, haben alle uns die Treue zu schwören. Ihr ebenso wie es bereits Euer Bruder tat. Alle 91 Mitglieder.


    Das ist die Antwort darauf. Wäre Euer Orden von unserem Vater gegründet worden, wären nur jene Personen als Verräter zu werten, die tatsächlich Verrat begingen. Wir sind nicht frei von Gnade Vanja. Es geht uns nicht darum, Personen auf den Block zu schicken. Auch die Lotosse sind unser Volk, es sind Souvagner. Es ist gut zu überlegen, ob ein Mann der treu seinen Dienst versah, überhaupt von dem Umstand der Ordensgründung wusste. Und inwieweit er überhaupt dem Verrat diente. Ein Leben ist leicht genommen. Aber wir machen uns dies nicht leicht, nicht bei den unseren.


    Euer Bruder hat seine Absolution erwirkt, Davard hat keinen Grund und keine Befugnis ihn zu richten.

    Das was Ihr über Euren Verlobten sagt, klingt alles andere als leichte Kost. Er tötete einen anderen Marquis ohne unseren Auftrag. Auch das könnte bereits zu Unruhen führen oder einem offenen Konflikt der Familien Eibenberg und Hohenfelde. Wir hoffen, dass der Marquis von Hohenfelde gute Gründe für diese Tat hatte.


    Nun da Ihr der Verbindungspunkt der beiden seid, wäre es Euch möglich beide an einen Tisch zu bringen, damit diese miteinander reden? Ihr könnt ihnen gerne offenbaren, dass Ihr mit uns gesprochen habt und Ihr unsere volle Unterstützung genießt. Bei der Entscheidung die Ihr über die beiden Streithähne trefft. Ein Sicherheitsabstand, ein Dulden untereinander sollte möglich sein.


    Fragt Euren Bruder, was diesen Groll verursacht und fragt Euren Verlobten. Wir gehen davon aus, dass Ihr beide Personen liebt. Sollten beide nicht gewillt sein, mit Euch zu dritt zu sprechen, habt Ihr uns darüber zu informieren. Beide werden dann bei Hofe einbestellt und es werden passende Sanktionen gegen die unzugänglichen sturen Herren erfolgen. Euer Bruder weiß noch wie diese aussehen, er sollte Davard darüber informieren.


    Krieg wird es nicht geben.

    Wir müssen uns auf beide Oberhäupter verlassen können, solch ein Verhalten werden wir nicht dulden. Persönliche Befindlichkeiten haben in beruflichen Dingen und in Regierungstätigkeiten hinten anzustehen. Richtet dies Eurem Verlobten und Eurem Bruder aus.


    Wenn Ihre Gemüter nicht abkühlen, werden wir für Abkühlung in einem tief temperierten Verließ sorgen. Dort werden sie lernen zusammenzuarbeiten, oder zu fasten. Dies sollte ihre Zugänglichkeit fördern", bot Maximilien an.

  • "Ich danke Euch für die Möglichkeit, Majestät und dafür, dass Ihr mir Euer Ohr geliehen habt. Ich werde mein bestes geben und dann berichten. Mit Eurer Erlaubnis würde ich mich nun zurück zu ihnen begeben und mich um eine Schlichtung bemühen."


    Vanja erhob sich. Sein Herz war etwas leichter. Der anfänglichen Drohung des Duc waren Worte gefolgt, die darauf schließen ließen, dass ihm an einer unblutigen Einigung der beiden Streitparteien ebenso gelegen war wie Vanja. Mit einer Verneigung verließ er den Raum. Der Pretoriano brachte ihn zurück zur Mole, wo Vanja sich erneut ein Schiff orderte.