Fragen, Familien und Finanzen
Tief über die Bücher gebeugt saß Halvor von Eibenberg in seinem Arbeitsgemach. Eine vereinzelte Öllampe stand auf dem schweren, massiven Holzschreibtisch und spendete gerade genügend Licht, um die eigene Handschrift noch lesen zu können. Der Erzhexer des Hauses von Eibenberg war in eine kostbare, weinrote Robe gehüllt. Allerdings sah man von dieser kaum etwas, denn er trug einen darüber seinen weichen und außergewöhnlich warmen schwarzen Pelzmantel. Das schwarze Fell des Mantelkragens wirkte wie eine Löwenmähne und hatte von der Wellung her leichte Ähnlichkeit mit dem einst selbst rabenschwarzen Haaren von Halvor. Geschuldet war diese pompöse Aufmachung nicht, dass es dieser Mann nötig gehabt hätte zu protzen. Nein diese Gewandung war Halvors Form von Sparsamkeit.
Weshalb einen Kamin unnötig befeuern, wenn man einen Pelzmantel besaß? Nutzen und Leistung standen dabei in keinem logischen Verhältnis, jedenfalls nicht für einen Eibenberg. Nun man hätte vielleicht noch die zusätzliche Beleuchtung bei einem wärmenden Kamin aufführen können, aber auch solche Argumente ließ Halvor nicht gelten. Licht brannte dort, wo es benötigt wurde und nicht verschwenderisch in allen Ecken. Brennmaterial war ebenso kostbar wie jeder Essenzhauch und Halvor der Sparsame wie er auch genannt wurde, verschwendete nichts. Nur so ließ sich Reichtum bewahren und vermehren.
Erneut war ein Sturm aufgezogen, rüttelte an den Fensterläden und verdunkelte den sonst schon grauen und trostlosen Himmel. Halvor fürchtete, wenn der Sturm an Kraft und Geschwindigkeit zunahm, würde er für die Arbeit heute sogar eine zweite Öllampe anzünden müssen. Mit grimmigen Blick schaute er über die Schulter zum Himmel auf, wo sich ein erneutes Unwetter zusammenbraute. Verärgert über den Lichtverlust wandte er sich wieder seiner Arbeit zu und trug in fein säuberlicher Handschrift ihre Einnahmen in das Familienkassenbuch.
Halvor schrieb als einer der wenigen mit einer Feder aus Metall. Zwar war die Anschaffung teuer gewesen, aber im Gegensatz zu den anderen Federn, die gleichsam importiert werden mussten, nutzte sich diese nicht ab. Hinzu kam, dass man wesentlich weniger Tinte verbrauchte als mit einem Federkiel. Rechnete man das allein auf einige Jahrzehnte hoch, ließ sich so manches Tintenfäßchen sparen.
Halvors Blick war konzentriert als er alle Eintragungen erledigt hatte und seine Arbeit noch einmal überflog. Löschpapier oder Sand benutzte er nicht. Er ließ das Buch offen liegen, bis die Tinte getrocknet war. Und was gab es Schöneres, als auf derartige Billanzen zu blicken? Halvor lehnte sich entspannt nach getaner Arbeit zurück. Der Himmel hatte sich weiter verfinstert, ein Blitz zerriss die Schwärze des Sturm, gefolgt von einem ohrenbetäubenden Donnern.
Dem Oberhaupt der Familie Eibenberg entlockte das Unwetter keine weitere Gemütregung, passend bevor er eine zweite Öllampe benötigt hätte, war er mit der Arbeit fertig geworden. Die Hände auf dem Bauch verschränkt läutete er nach einem Tee.