Kein Mond erhellte diese Nacht. Die Laterne, unter der die Kutsche parkte, war nicht durch Zufall ausgefallen. Die krumme Pflasterstraße unter den uralten Bäumen lag in vollständiger Finsternis. So weit am Stadtrand, in einem beinahe ausgestorbenen Viertel von Beaufort, zog kein Nachtwächter seine Runden, doch sie wollten auf Nummer sicher gehen.
Hinter den geschlossenen Fensterläden eines der wenigen bewohnten Häuser sah man keinen Lichtschein. Und doch herrschte reges Rumpeln und Räumen in Vendelins privatem Geheimversteck. Das Oberhaupt des Ordens des Stählernen Lotos zog nach dem vergeblichen Gespräch mit Osmund seine Konsequenzen, die Trinität der Sippe war Geschichte. Nacht und Nebel waren die Elemente von Wigberg. Selten jedoch war der Aufbruch derart rasant und nachhaltig erfolgt. Es musste schnell gehen. In die Koffer und Säcke wurde nur das Nötigste gestopft. Das waren vor allem Erinnerungen an ihren Vater Wenzel und einige Unterlagen. Alles andere konnte neu gekauft werden. Was geschehen war, hatte Vanja noch immer nicht ganz begriffen. Sein Bruder würde es ihm später mitteilen. Wenn Vendelin von einem Notfall sprach, dann war die Angelegenheit tödlicher Ernst und es gab keine Zeit zu verlieren.
"Ich bin so weit." Vanja wischte sich den Schweiß von der Stirn. Er war mit dem Arbeitszimmer und dem Gästezimmer durch.
Vittorio hatte derweil das Schlafzimmer und die Küche abgearbeitet. Moritz kümmerte sich um den Dachboden, Vendelin um den Keller. Alles, was sie mitnahmen, passte in eine einzige Kutsche. Die Abreise war von Vittorio organisiert worden. Das Netz des Stählernen Lotos erwies sich einmal mehr als Vorteil. Was schnelles und heimliches Reisen anbelangte, machte Vittorio keiner etwas vor.
Vanja öffnete die Tür und wuchtete im Schutz der Dunkelheit den letzten Koffer in die Kutsche.