Kapitel 42 - Kalter Rauch

  • Kalter Rauch

    Tekuro kehrte nach der Jagd mit Archibald satt und befriedigt zurück nach Monleone. Er war so klar im Geist, wie ein Vampir nur sein konnte. Dieser Zustand war nicht selbstverständlich. Aber etwas passte ihm nicht. Das Licht, das unter der Wasseroberfläche schien, verriet ihm, dass die Feier noch im Gang war. Da vergnügten sie sich ohne ihn. Seine Verwandten und sein Sklave. Vermutlich hatten sie den unterhalb der Wasserlinie liegenden Blauen Salon bewusst darum als Örtlichkeit gewählt, um es unerwünschten Gästen zu erschweren, einzudringen. Ein effektiver Weg, um eine Vampirfledermaus auszusperren, von denen es inzwischen ja einige in der Familie gab. Und keine von ihnen war erwünscht, sie alle waren Personae noch gratae. Unruhig krabbelte er auf einem Sims herum, die Äuglein auf das Leuchten unter der sanft schwappenden Lagune gerichtet. So gern würde er wissen, ob Patrice noch hier war. Der Sklave würde nicht ohne seinen Meister abreisen, oder doch? Tekuro leckte nervös seine Lefzen. Er mochte es nicht, wenn er nicht wusste, wo seine Lieben sich aufhielten.


    Plötzlich weiteten sich die Nasenlöcher des kleinen Tieres. Der kalte Nachtwind trug den Geruch von Pfeifenkraut mit sich. Nicht irgendwelches, sondern ein Bestimmtes, das Tekuro gut kannte. Er stieß sich ab und suchte flatternd über dem Dach die Quelle. Ah da, der Innenhof des Palasts. Innenhof hörte sich sehr klein an, dabei hatte er das Ausmaß einen großen Platzes mit einer palmenbewachsenen Parkinsel in der Mitte. Ein Prunkbrunnen mit dem Abbild von irgendjemandem befand sich darin. Gesäumt war der Innenhof, wie auch die Außenseite des Palazzo Ducale, von Arkaden, welche Schatten spendeten oder bei Regen ermöglichten, trockenen Fußes von einem Eingang zum Nächsten zu gehen.


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    Auf einer steinernen Bank saß Davard von Hohenfelde und qualmte. Tekuro sah sich um, bevor er landete. In seinem Geist spürte er die Präsenz von Alexandre de la Grange, der ihn aber mit seiner Bluthexerei nur streifte. Er kannte Tekuro und wusste, er war Leibgardist der souvagnischen Krone, auch noch in dieser Gestalt. Zwei Pretorianos patroullierten gemächlich auf der Fortsetzung der Arkaden im ersten Stock, einem umlaufenden Säulengang. Sie hatten ihn schon entdeckt. Vermutlich waren sie angewiesen worden, auf Fledermäuse zu achten. Andererseits ... warum ärgerte er sich darüber? Das waren seine ledwicker Kollegen, die Leibgarde des Duca. Vor ihnen würde er sich nicht daneben benehmen und eigentlich wollte er das auch gar nicht. Er wollte reden. Es gab Klärungsbedarf.


    So landete die Fledermaus vor Davards Füßen, aber außer Trittreichweite. "Abend, Sklave. Hast du mal einen Mantel oder so was?", piepste sie. "Es ziemt sich nicht, auf dem Palastgelände nackig rumzulaufen. Und ich will mich zurückverwandeln. Wir müssen reden. Wirklich nur reden. Weil ich glaube, zwischen uns gab es ein Missverständnis. Auf der Tordalk. Eine Rauchstange wäre auch nicht schlecht." Die feuchte Nase witterte sehnsüchtig.

    "Not all those who wander are lost."
    J.R.R. Tolkien

  • Dave hatte die Augen geschlossen und der Nacht gelauscht, die Geräusche waren ruhig, gleichmäßig. Eine laue Nacht, jedenfalls was die Umgebung und ihr Gefahrenpotential anging. Seine Rauchstangenpause wurde jäh gestört, als eine Fledermaus vor ihm landete. Argwöhnisch musterte er das Geschöpf, vor allem als sie ihn als Sklaven ansprach. Tekuro, es musste Tekuro sein, denn das kleine Wesen sprach von der Tordalk.


    Davard zog sich den Überwurf von den Schultern und legte ihn neben sich auf die Bank. Falls Tekuro Bedarf hatte, sollte er sich zurückverwandeln und sich in den Umhang hüllen.


    "Redebedarf Vampir? Nun hier, Du kannst den Umhang haben und eine Rauchstange ebenso. Antworten.... mal schauen. Worüber möchtest Du mit mir reden?", fragte Dave gleichmütig. Dabei konnte er sich das Thema denken - Kazrar.

  • Die Fledermaus wuchs heran zu einem nackten Mann. Tekuro schlang den Überwurf um sich und nahm gegenüber von Davard auf dem Boden platz. Dass er tiefer saß, störte ihn nicht, daraus irgendeinen Status abzuleiten, wäre lächerlich. Wichtig war, dass er Davards Gesicht und Hände sehen konnte.


    "Ich möchte gern wissen, warum du mich auf der Tordalk versucht hast, umzubringen. Wir sind beide Souvagner und ich bin Mitglied von Unitè B, dem persönlichen Stab von seiner Hoheit Prince Ciel. Ich bin für seine Sicherheit verantwortlich. Du hattest kein Recht, mich anzugreifen. Und hast damit obendrein Prince Ciel gefährdet. Den Kleinen Prince."

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    J.R.R. Tolkien

  • Dave bließ Tekuro einen Rauchkringel ins Gesicht, schaute dabei aber entspannt ja fast freundlich.


    "Das ging weder gegen Prince Ciel, noch gegen Dich. Es ging gegen Deinen Vater. Ich wollte Dich töten um Kazrar so zu verletzen, wie er mich einst verletzt hat. Darum ging es mir. Du selbst nennst mich ja heute noch Sklave, also warum sollte ich Euch nicht jagen und töten?", fragte Dave Retour und nahm noch einen Zug von der Rauchstange.


    "Und Du bist genauso süchtig, wie Dein Vater und seine Sorte nach geheuchelten Worten, die Ihr anderen in die Seele schlitzt und in den Mund legt. Weshalb? Könnt Ihr die Wahrheit nicht ertragen die Ihr anrichtet? Warum hört Ihr Euch denn nicht mal an, was Eure Sklaven wirklich von Euch halten? Das tun sie doch nur, weil Ihr genau das macht, was Ihr macht. Ihr seid doch stark genug freie Personen zu versklaven, Kinder zu brechen und lebenden Menschen die Seelen zu rauben. Weshalb seid Ihr dann so feige und ängstlich, sobald es darum geht genau das zu hören?


    Falls es Euch stört, ein guter Tipp, unterlasst es. Das ist nichts anderes als in einen Spiegel zu schauen, nur besteht dieser aus Tönen. Könnt Ihr Euch eigentlich noch selbst rasieren, oder kotzt Euch Euer Anblick derart an wie uns? Benötigt Ihr allein darum schon Sklaven, damit sie Eure Körperpflege für Euch betreiben? Eure Körper sind nichts weiter als Folterinstrumente. Gammelseelen verpackt in Frischfleisch, so untot wie Du und Deines gleichen am Geiste seid, so untot könnt Ihr gar nicht werden. Weder als Vampir oder noch als Ghul.


    Also was möchtest Du von einem ehemaligen Sklaven und jetzt freiem Mann wissen, der sich die Bissmarkierung mit Säure aus der Haut ätzte?", fragte Dave lauernd.

  • Tekuro blinzelte verstört.


    "Du scheinst hier was nicht zu verstehen. Gehörst du in einen Tempel für Bekloppte? Wir sind hier nicht in Naridien, wir sind in Almanien und sind beides Souvagner. Ich bin im Gegensatz zu dir sogar ein gebürtiger. Ich gehöre Prince Ciel! Er weiß noch nicht, was geschehen ist, aber er wird es erfahren. Was sagst du ihm dann? Deine Gründe sind ja mal so was von haltlos. Wen interessiert dein Seelenleben. Du übertrittst das Gesetz und zwar gewaltig. Auf Mord steht der Block. Erst Recht auf den Mord an mir. Beantworte mir auf dieser Basis, warum du versucht hast, mich umzubringen, bevor wir über den anderen Kram reden. Oder bist du nicht in der Lage, zu begreifen, was ein Gesetz ist?"

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  • "Zu Frage eins.... natürlich gehöre ich in einen Tempel für Geisteskranke. Seit dem ich vier Jahre alt bin, habt Ihr mich zu dem gemacht was ich bin. Ich kenne kein einziges Eurer Opfer, dass mental gesund geblieben wäre. Die meisten werden von Euch ermordet. Ihr ermordet ja sogar jene, die sich selbst entleiben. Sie scheiden schließlich aus dem Leben, weil Ihr es in einen unerträglichen Abgrund verwandelt habt. Nicht wissend, dass auf der anderen Seite Euer "Gott" Eure Oberperversität lauert mit seinem schwarzen Gezücht, dass sie sucht... Das die Qual vielleicht auch dort drüben kein Ende hat. Nein das wissen sie nicht.


    Zu Frage zwei.... natürlich weiß ich was Gesetze sind. Mein ganzes Leben lang habe ich schließlich gesehen, wie Leute wie Du und Deine Brut sie umgangen und mit Füßen getreten haben. Wie sie jeden noch so kleinen Schlupfwinkel nutzen, um ihre niederen Begierden an unschuldigen Kindern und anderen Personen zu stillen. Und ich selbst? Ich wurde genauso mein Leben lang darauf gedrillt, dem Gesetz auszuweichen. Denn ich diente ja nicht nur als Bumslappen, sondern auch aus Mörder. Als ja, ich weiß was Gesetze sind.


    Das bringt uns nun zu Punkt drei.... Du bist Souvagner, ich bin Souvagner. Wir sind nicht in Naridien, wir sind aber auch nicht in Souvagne. Heißt töte ich Dich hier, spielt das in Souvagne überhaupt keine Rolle. Alles was außerhalb Souvagnes geschieht, interessiert den Duc nicht. Es ist wunderschönes, gesetzfreies Niemandsland. Von daher solltest Du vielleicht überlegen, ob es tatsächlich sinnvoll ist, nackt durch ein Land zu laufen, wo hunderte Dolche nur darauf warten, Dein unheiliges Leben zu beenden Teku", antwortete Dave schmunzelnd.

  • "Du raffst es immer noch nicht. Doch, es interessiert ihn. Erstens, die juristische Ebene. Ich bin Souvagner. Wo ich bin, ist gleich, ich bin Souvagner, ein Mitglied seines Volkes. Wertvoll. Zweitens, die persönliche Ebene. Seine Majestät und ich haben ... sehr guten Kontakt zueinander. Er vertraut nicht irgendwem seinen Sohn an. Und du kannst mir auch vertrauen, wenn ich dir sage, dass er wenig erfreut wäre, würde ich dahinscheiden durch deine Hand. Verstehst du das?", fragte er, als würde er mit einem Idioten wie Nathan reden. Konnte es wirklich sein, dass Davard dermaßen naiv war? Der Kerl gehörte nicht an seinen Posten. Er gehörte überhaupt nicht nach Souvagne. Nicht als der, der er war.


    Tekuros Blick wurde etwas weicher. "Ich verstehe. Du bist überfordert. Du hast von klein auf gelernt, dass jemand dir sagt, was du tun und lassen sollst. Dass jemand dich führt und deine Schritte lenkt und begrenzt. Nun sollst du auf einmal selbst führen. Das ist zu viel für dich. Das habe ich schon auf der Tordalk erkannt. Weißt du, ich kenne das von anderen Sklaven. Man muss ... umsichtig sein. Ja, manche von uns sind grob. Auch ich bin das manchmal. Um meinem Sklaven zu helfen. Patti könnte es dir erklären. Wenn du mir nicht glaubst. Es tut mir leid, dich so orientierungslos zu sehen. Lass dir helfen. Davard."

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    J.R.R. Tolkien

  • "Ein Hund ohne Kette ist nicht orientierungslos Tekuro, sondern er bleibt freiwillig bei seiner Person. Gleiches gilt für mich. Ich habe jemanden, der mir zur Not die Richtung vorgibt. Aber nicht weil er sie mir diktiert, sondern weil er sie mir erläutert. Dazu benötige ich garantiert keinen Eurer Schwänze im Arsch.


    Ob der Duc bekümmert wäre, wärst Du tot? Doch daran glaube ich fest. Aber mit Dir und jedem anderen Beißer verhält es sich gleich. Sogar mit Personen wie mir Tekuro. Für die einen bist Du ein Segen, für die anderen ein Fluch. Für manche bist Du ein Schatz und für andere eine Bestie. Beides schließt einander nicht aus, denn je nachdem wer über Dich spricht, hat Dich auf ganz andere Art kennengelernt. Der Duc mag Dich schätzen, Deine Leute mögen Dich sogar lieben, aber wir beide sind Feinde. Nicht dass Du es verschuldet hättest, aber Dein Vater tat es.... vor langer Zeit.... vor sehr sehr langer Zeit Tekuro.


    Du bist für mich dass, was ich für Euch stets war - Mittel zum Zweck. Also nimm es nicht persönlich. Du hilfst Sklaven? Gut wie viele von den Sklaven, die in den Käfigen ihr Dasein fristen und auf Rettung oder auch nur Erlösung warten, hast Du befreit und gehen lassen? Wie viele hast Du zum Beispiel aus Archibalds Haus geholt? Oder aus dem Nest? Wie vielen hast Du die Hand gereicht, anstatt das Joch?", fragte Dave.

  • "Dreien", antwortete Tekuro. "Patti. Und Ezio aus Ehveros. Ebenso - den schielenden Johann, den ich meinem Vater schenkte. Alles Männer, die vorher totunglücklich waren und nun aufblühen. Unter meiner und Kazrars Obhut. Ezio ... kennt meinen Stachel nicht. Auch nicht die Knute. Nicht einmal meine laute Stimme. Weil er nichts davon braucht. Ganz ruhig kann ich mit ihm reden. Genau wie mit Patti, meistens, bis er wieder zickt, damit ich strenger werde. Glaub es, oder nicht, aber Patti findet mich zu weich.


    Ob es persönlich ist oder nicht, dass du mich umbringen willst, ist mir gleich. Ich geh das dem Duc sagen, du bist zu dumm, das im Guten zu begreifen. Wie so viele andere Sklaven auch. Dann wirst du jammern über die Rüge oder die Strafe, dabei wusstest du, was du falsch gemacht hast. Meinst du, der Duc straft gern? Oder ich?"

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  • "Nein weder der Duc noch Du, der Duc aus ganz anderen Gründen. Aber wieso solltest Du auch gerne bestrafen? Du möchtest dass Deine Sklaven gehorchen. Dass sie Dir treu dienen und dass Du keinen Ärger mit ihnen hast. Sie sollen parrieren, am besten im vorauseilendem Gehorsam. Dich Zuhause empfangen, wie die liebenden Gefährten, die sie für Euch nachstellen. Solche die Ihr niemals haben werdet, jedenfalls die wenigsten von Euch.


    Du kannst dem Duc erzählen was Du willst. Er kennt meine Geschichte und meine Probleme schon. Mein eigener Mann war bereits vor Dir bei ihm. Ich rede jetzt von Nummer zwei, Nummer eins der durchlöcherte Wychtlkäse ist noch nicht wieder aufgetaucht.


    Du hast die Fragen falsch beantwortet, weil Du nur sehen kannst, was Du sehen willst. Ich sprach von einer Befreiung und nicht von einer gewollten Versklavung. Du wirst fallen, die Frage ist nicht ob Tekuro. Die Frage lautet wann. Ob Du nun aus Angst petzten gehst und den Duc um Beistand anflehst oder nicht, kratzt mich nicht. Weder der Duc, noch Du werden das verhindern können. Einzig und allein Kazrar kann Dein Schicksal abwenden", sagte Dave freundlich.

  • Tekuro lachte kalt und trocken, dabei riss er das Maul auf und zeigte all seine Zähne, von den sichelförmigen Fangzähnen bis hin zu den haifischartigen Backenzähnen.


    "Angst! Es geht um Verantwortung gegenüber meinem Lehnsherrn. Etwas, das du nicht kennst. Er hat einen behinderten Vollidioten an der Spitze seiner Fantomes. Selbst Nathan wäre besser dort aufgehoben.


    Befreit habe ich keinen Sklaven, ich bin ja nicht grausam. Das ist, wie einen Hund auszusetzen. Er will diese Freiheit wohl kaum, er will zu seinem Herrn. Patti trägt keine Kette, er ist sogar feiern, ohne mich. Vergnügt sich, betrinkt sich, macht sich einen Fetten. Oh ja, ich bin ein schrecklicher Herr und Meister. Jetzt die Preisfrage. Was, wenn ein Sklave seinen Herrn wirklich aufrichtig liebt? Und der Herr seinen Sklaven? Wenn sie nicht aus Gewalt, sondern aus Liebe beieinander bleiben? Was dann, Davard?"


    Sein Blick war lauernd.

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  • "Dann haben all die Jahre des Drills Erfolg gehabt. Dann hast Du Deine seelenlose Marionette. E ist keine aufrichtige oder echte Liebe Tekuro. Es ist ein Betrug, ein Eigenbetrug dem beide unterliegen. Der Sklave genau wie der Herr. Irgendwann wird das Grauen des Sklavenlebens alltägliche Realität. Man kann sich in jeder Realität einnisten und zurecht finden, ansonsten würde man nicht überleben. Dass tun Sklaven ebenso wie ihre Herren.


    Als Sklave gewöhnt man sich daran, was sie mit einem tun. Man findet vielleicht seine eigenen winzigen Auswege, aber dennoch wird geschehen was mit einem geschehen soll. Sie werden einen benutzen, sie werden einen verleihen. Du kannst Angst haben, Du kannst schreien, Du kannst Dich wehren. All das wird nichts an der Tatsache ändern, dass Du genau das durchleben musst. Nur wirst Du vorher wohl noch schlechter behandelt, damit Du lernst, dass Du machtlos bist.


    Und irgendwann sagst Du nichts mehr. Es gibt niemanden der Dir zuhört und was Du zu sagen hast interessiert eh niemanden. Ebenso kannst Du Dir das Schreien oder Weinen sparen. Hinter dem Zustand, lauert der absolute Verlust Deiner selbst. Denn nachdem Du aufhörst Dich aufzulehnen, sprich Dich aufgegeben hast, wirst Du anfangen das wenige Gute in der Situation zu suchen.


    Heute war Archibald freundlich, das wird Dich freuen. Warum? Weil er Dich nicht schlug, ritt oder verliehen hat. Und irgendwie schleicht sich heimlich in Deine Gedanken, dass Du Dich freust, wenn er sich freut. Das Du gut drauf bist, wenn er es ist. Du wirst zu seinem Spiegel. Etwas weiter, versucht Du dafür zu sorgen, dass es ihm gut geht, denn im Unterbewusstsein hat sich eingebrannt, dann geht es auch mir gut.


    Das ist keine Liebe, sondern ein Automatismus zur Vermeidung von weiterer Qual. Es funktioniert sogar so gut, dass man sich einen Ehemann nach dem Schema Herr aussucht und dort genauso funktioniert.


    Würde es jemand mit Dir gut meinen Tekuro, dann würde er dafür sorgen, dass Du Dich wohlfühlst. Wer fühlt sich in so einer Situation wohl. Du? Lass Dich doch von Archibald mal nur eine einzige Woche so ausbilden. Oder nur einen einzigen Tag, dann reden wir erneut", bot Dave an.

  • "Wir reden nicht von Archibald. Ich übernehme nicht seine Methoden. Die sind nicht gut nach meinem Dafürhalten. Es sei denn, es geht nicht anders. Aber wir reden hier von mir. Und mein Weg ist nicht der seine.


    Zu deiner Information. Ich war auf Patrice sehr lange scharf. Und hielt mich zurück. Ich rührte ihn nicht an. Aber er liebte mich damals schon. Und lockte ... und lockte ... bis mir fast der Stachel durch die Hose geplatzt ist. Der hat neben mir gelegen, ans sich rumgespielt und sich dabei gefingert. Ich sagte ihm, er soll aufhören! Er tat es nicht, er machte so was immer wieder. Oder bat mich, ihm nach dem Zuber den Rücken mit Duftöl einzureiben, von dem ich schon auf drei Meter Entfernung roch, dass das was Geilmachendes ist. Er wollte ... das ich ihn berühre. Und ich wollte es verdammt noch mal auch, aber ich tat es nicht. Bis mein Vater mir beibrachte, dass es gut für uns beide ist.


    Patti ist keine Marionette. Er ist eine elende störrische Zicke. Und wenn er was will ... dann setzt er sich durch. Ich weiß nicht, wie er das anstellt, aber er macht das. Er ist weder gebrochen noch hat er sich selbst verloren. Er ist rundum glücklich. Weißt du was - geh zu ihm. Er ist da unten drin, im Blauen Salon. Frag ihn! Oder hol ihn her! Ich darf da nicht rein."

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  • Dave hörte Tekuro zu und schnipste dann den Stummel seiner Rauchstange in die Botanik.


    "Entweder liebt Ihr beiden Euch wirklich, oder er hatte vorher einen Herr und wählte daraufhin Dich. Falls Ihr Euch wirklich liebt, hat das nichts mit Sklaverei zu tun. Du bist der bestimmende Part und er derjenige der sich führen lässt. Dazu muss man kein Sklave sein Tekuro. Ich war auch nicht der Sklave meines ersten Mannes und habe mir doch jemanden gesucht, der sich wie ein Herr verhielt.


    Mein jetziger Mann ist kein Ersatzherr ich liebe ihn von ganzem Herzen, trotzdem sagt er wo es langgeht. Ich vertraue ihm, er wird im Guten für uns beide entscheiden. Möglicherweise sieht es Patti ganz genauso. Gegen Liebe spricht nichts, ganz im Gegenteil, sobald man sie einmal gefunden hat, sollte man sie so fest wie möglich halten.


    Patti hierher holen? Wieso nicht, eine gute Idee", stimmte Dave zu.


    `Pavo, sei so lieb und schicke Patti nach oben in den Innenhof wo die Palmen wedeln. Ich habe hier ein Gast und wir müssen mit Patti reden´, bat Dave.

    `Mache ich, eine sehr blumige Beschreibung´, antwortetet der alte Goblin.


    Pavo schaute sich um, klopfte Anwolf kurz auf die Schulter und ging dann zu Patrice.


    "Junger Mann, Du sollst nach oben in den Innenhof gehen. Dave möchte Dich dort sprechen wo die Palmen wedeln. Jemand ist vor Ort, ein Gast und sie benötigen wohl Deinen Beistand", sagte Pavo grinsend.

  • Patrice nickte, entschuldigte sich bei Pascal und ging nach draußen. Es war stockfinster und die ersten Gäste zeigten Müdigkeitserscheinungen. Im Palazzo Ducale war es weitestgehend still, außer in der Küche, wo rund um die Uhr gearbeitet wurde. Im Innenhof aber war nichts davon zu hören. Kalt und sternenklar war die Nacht, wunderschön. Einen Moment blickte er nach oben zu den Sternen, ehe er zu den schwarzen Schatten der Palmen im Innenhof ging. Dort saß Davard und davor - auf dem BODEN! - Tekuro. Patrice eilte schneller. Er begrüßte Tekuro mit einem Kuss unters Ohr, worauf dieser kurz schnurrte.


    "Meister, der Boden ist zu kalt." Er zog sein Oberteil aus und legte es zusammen. "Bitte setzt euch hier rauf." Mit, wie es schien, triumphierenden Grinsen hob Tekuro kurz den Hintern, so dass Patrice ihm das Päckchen unter schob, wobei er kurz Tekuros Hoden berührte, ehe er sich wieder hinsetzte. Ganz kalt! Er würde sich noch den endgültigen Tod holen!

  • "Knie dich neben mich", befahl Tekuro und sein Sklave gehorchte sofort. Dabei sah er Tekuros Meinung nach ausgesprochen hübsch aus. "Davard und ich reden gerade. Zunächst antworte ich auf seine letzten Worte. Du meinst also, sobald ein Herr und ein Sklave sich lieben, dann ist es eine Beziehung. Dann zählt es nicht mehr als Meister-und-Sklaven-Verhältnis. Das ist jetzt echt eine interessante Sicht. Weil mein Vater sie teilt. Er meint, Patrice ist mein Mann und nicht mein Sklave. Allerdings wird Patrice traurig und bockig, wenn ich ihn nicht als Sklave behandle, sondern ebenbürtig. Die Frage meine ich jetzt ernst: Was sagst du dazu? Aus deiner Erfahrung? Ich will ... dass es ihm gut geht. Ich bin gern sein Meister. Und ich ... mag ihn."

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  • Dave musterte Patti mit einem nicht zu deutenden Blick. Gerade weil sein Gesichtsausdruck nicht zu deuten war wusste man, er hatte die Maske hochgefahren um etwas dahinter zu verbergen. Wer die Hohenfeldes kannte, wusste dass sie Gefühle versteckten. Nur welche, dass konnte niemand wissen.


    "Lieben sich zwei Personen und gehen eine Partnerschaft ein, sind sie entweder ebenbürtig oder einer übernimmt die Führung. Nur weil ich zum Beispiel die Führung an meinen Ehemann abgebe, heißt das nicht, dass ich sein Sklave wäre. Es heißt, dass ich ihn liebe und ihm vertraue. Das ich seine Entscheidungen für uns folgen werde, da er bessere als ich fällen wird. Selbst wenn ich sie manchmal nicht nachvollziehen kann, weiß ich er entscheidet stets für uns. Ebenso entscheidet er für mich, er wird nicht gegen mich entscheiden. Sonst wären wir kein Paar, hätten nicht zusammengefunden und hätten nicht geheiratet.


    Natürlich kann man sich dabei auch irren, aber das können andere auch. Ich begebe mich freiwillig in seine Hand. Zudem habe ich schon an anderer Stelle zu entscheiden, in meinem Beruf. Ich muss nicht den Oberboss in unserer Beziehung geben, vor allem nicht, da ich nicht gerade große Ahnung davon habe. Es reicht, dass ich weiß wie ich mich fühlen möchte. Liefert mir mein Mann das, gleich wie, dann war seine Entscheidung richtig.


    Dafür liefere ich das, was ich gut kann, wie unter anderem eine gute Buchhaltung und Schutz, beides nicht unerheblich in einer Beziehung.


    Zur Frage, warum ich in so einer Konstellation bocken würde - wenn ich nicht bekomme was ich erwartet habe. Ich ging von etwas aus, hielt es für selbstverständlich, aber mein Ehemann liefert nicht. Entweder müsste ich dann mit ihm reden, was ich nicht ohne weiteres kann. Also würde ich auf meine Art bocken und mich verpissen, bis ich mich einbekommen habe", antwortete Dave absolut ehrlich und offen.

  • Tekuro musste eine Weile darüber grübeln. "Mir scheint, das sind zwei Bezeichnungen für ein und das selbe. Ich sehe keinen Unterschied. Nur du nennst es Beziehung und ich Sklaverei. Merkwürdig. Ich bin überfragt, wer Recht hat. Ich weiß es nicht. Für mich hört es sich an, als seist du der Sklave von Vanja. Willst du ... willst du mal mit Patti reden? Ihn was fragen? Ich kann auch gehen. Damit du siehst, er tut das nicht wegen mir, so antworten, wie er es wird."

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  • Die Frage hatte einen verstörten Blick von Patrice in Richtung von Tekuros Füßen zur Folge. Dann zu den Füßen von Davard, an denen er jedoch hochblickte bis zum ausdruckslosen Gesicht. Das war keiner der Herren und erst recht nicht sein Herr. So blickte er ihm tief in die Augen und Davard konnte sehen, dass in Patrice ein kluger und wacher Geist steckte, der versuchte, zu ergründen, worum es gerade wirklich ging.

  • "Spielt die Bezeichnung für den richtigen Zustand eine Rolle? Du könntest dem ganzen auch einen völlig anderen Namen geben, es wäre immer noch das Gleiche was man empfindet. Dann vergleiche das Empfinden, was Du für Patti hast mit dem wenn jemand bewusst misshandelt wird. Würde Dich das freuen? Würdest Du ihm das antun oder antun lassen und genießen?


    Nur weil Du völlige Verfügungsgewalt über eine Person hast, ist das kein Freibrief ihr alles anzutun. Ich denke der Unterschied ist schlicht folgender. Ist es eine Beziehung, handelt man für die geliebte Person. Ist es Sklaverei, handelt man zum eigenen Vorteil. So würde ich es beschreiben, denn das ist der Unterschied. Geht es mir um mich und ich scheiße auf den anderen, oder geht es mir um den anderen und ich tue alles für ihn?


    Patti kann sich gerne dazu äußern, dazu musst Du nicht gehen. Denn wenn Du sein Herr bist, könntest Du am anderen Ende der Welt sein, er würde Dich immer noch fürchten. So wie ich Archibald fürchte, gleich zu welcher Zeit oder wo ich bin", antwortete Dave und zündete sich eine neue Rauchstange an.