Der Vampir und die Bestie
Der Vampir nahm die dargebotene Hand an und ließ sich von Archibald stützen. Seine Hand war trocken und fühlte sich nicht wie die Hand einer Leiche an. Dieses klamme, wächserne Gefühl, dass Archs Finger sonst bei der Berührung einer Leiche fühlten, fehlte.
Kasimir LaVaney war ein Vampir, ein Untoter, keine Leiche.
Er war ein Geschöpf der Nacht und mit Unsterblichkeit gesegnet.
Der Griff von Dornburg war fest, so dass Kasimir trotz seiner Verfassung nicht stürzen konnte. Der Vampir war äußerst zuvorkommend. Arch konnte sich zuerst keinen Reim darauf machen, wieso eine Person zu ihm grundlos freundlich sein sollte. Vor allem, da diese Person Brandur von Hohenfelde angehörte, und damit die Schauermärchen über ihn kennen musste. Auf der anderen Seite, weshalb sollte Brandur mit seiner Unfähigkeit hausieren gehen und den Prahlhans geben?
Möglicherweise hatte der Vampir eine andere Wahrnehmung.
Sie beide mussten das Licht meiden, es war ihr Feind, aus völlig unterschiedlichen Gründen.
Archibald mochte Kasimir, er bekam von dem Junker sozusagen Vorschußlorbeeren, allerdings nicht aufgrund seiner charmanten Art, sondern schlichtweg auf die Tatsache hin, dass er ein Vampir und somit in dessen Augen ein Dämon war. Ein Diener der Ältesten, jene die Tod und Chaos unter den Unwürdigen verbreiteten. Und Vampire trugen einen Großteil dazu bei.
"Kasimir La Vaney also... mein Name ist Archibald von Dornburg, der letzte meiner Art. Die Ehre ist ganz meinerseits Kasimir", grinste Arch.
Von Dornburg überlegte einen Moment und dachte über die Worte von Kasimir nach.
"Sklave, oder besser gesagt Simon, ist ebenfalls so etwas wie mein Leibdiener. Aber nicht nur, wie sein Spitzname schon verrät. Er ist mein persönliches Eigentum. Du musst mich weder Ihrzen noch Siezen, ich biete Dir das Du an. Du kannst Dir Sklave gerne einmal ansehen. Mit Deiner Einschätzung hast Du Recht, er ist krank. Laut letzter Angabe eines Medicus leidet er an... jetzt habe ich das schon wieder vergessen. Irgendetwas mit der Leber war es, deshalb ist er gelb wie eine Quitte. Schau ihn Dir ruhig an, vielleicht kannst Du ihm ja helfen", erklärte Arch Kasimir freundlich.
Als Kasimir Archibald in die Speisekammer von Wolfram führte, schaute sich der Junker gut gelaunt um. Die Speisekammer war eine Höhle hinter dem Haus, die zu einer Speisekammer umfunktioniert worden war. Schritt man weit genug in die Höhle hinein, gab es kein störendes Tageslicht mehr.
"Genauso hatte ich mir das vorgestellt... Danke", freute sich Arch.
Sklave machte es sich auf der Decke gemütlich und drehte sich vorher mehrmals um die eigene Achse, bevor er richtig lag, so wie man es von Katzen oder auch Hunden kannte. Er schloss die Augen und presste seine dürren Hände dabei auf sein Gesicht.
Von Dornburg machte es sich auf der Sitzgelegenheit gemütlich, zog sich tief die Kaputze seines Mantels übers Gesicht und verschränkte die Arme vor der Brust. Aus dem Schatten der Kaputze musterte er Kasimir.
"Bezog sich Deine Frage auf rein weltliche Bedürfnisse? Dann wäre eine Flasche Wein nicht schlecht. Rotwein, stark, falls möglich und etwas Fleisch.
Was Du tatsächlich für mich tun könntest? Eine Menge... Kasimir...
Du bist ein Gesegneter, ich bin so frei und falle mit der Tür ins Haus...
Was würde mich eine Segnung Deinerseits kosten?
Was wäre der Preis dafür Deinen Segen zu empfangen?", hakte Archibald nach.