Der kalte Stein des Waschraumes kühlte Dimicus Körper auf eine unangenehme Art und Weise herunter. Dennoch verharrte er an Ort und Stelle. Seinen Hinterkopf hatte er gegen die Wand gelehnt, während er sich im Schneidersitz auf den Boden gesetzt hatte. Viele Gedanken durchströmten seinen Kopf, die Meisten davon richteten sich gegen ihn selbst. Wie hatte er das auch nur zu verantworten?
Genau erklären konnte er es nicht. Diese Traumwelt schien surreal und völlig belanglos. Vielleicht ist er deshalb unvorsichtig geworden? Sonst war er immer planend und wägte jeder seiner Handlungen genaustens ab. Doch dieses Mal, in diesem Traum, hatte er einfach drauf losgeplappert und sich nicht um die Folgen geschert. Letztendlich hatte er nicht erwartet, dass dieses Spektakel, diese entfernte Welt eine Bedeutung für seine reale Existenz haben würde. Dieser Traum, er konnte es sich nicht erklären.
Dann auch noch Emilia. Dimicus zog sie mit in Dinge hinein, in denen ihre unschuldigen Samtpfoten nichts zu suchen hatten. Im Gegenteil. Um das Versprechen ihr gegenüber zu halten, hätte er es niemals so weit kommen lassen dürfen. Doch nun war es zu spät und der Schaden angerichtet. Wie sollte er ein Genie sein, wenn er nicht einmal im Stande war, sich solcher Situationen bewusst und Herr zu werden? Vielleicht war die Kunst das Einzige was er beherrschte und jemanden zu lieben war für ihn gar nicht vorgesehen – auch wenn es in seiner Natur zu existieren schien.
Verzweifelt suchte Dimicus im nächsten Moment einen Grund, weiter zu machen. Emilia bei sich zu behalten war anscheinend die Methode, mit der er ihr mehr Schaden zufügte als alles Andere. Gab es überhaupt einen Grund? Alle Dinge sprachen dagegen. Sie hatte etwas Besseres verdient – jemand Besseren.
Plötzlich wurde Dimicus aber aus seinen Gedanken gerissen, als er zwei kleine Pfoten auf seinem Bein spürte. Er blickte hinab und direkt in die smaragdgrünen Augen einer wohlbekannten Tigerkatzen. Beinahe augenblicklich stahl sich ein Lächeln auf seine Lippen, als Emilia ihn beschnupperte und dabei ihre Schnurrhaare an seinem Kinn tanzen ließ. Das kitzelte! Freche Katze!
In diesem Augenblick wurde die Frage nach dem Grund beantwortet. Es musste keine Fertigkeit oder Können dahinter stehen, um jemanden in seiner Nähe zu halten. Denn diese Nähe war das Einzige, was sich über alles erheben und zeigen konnte, dass es wirklich wert war zu kämpfen.
Behutsam nahm Dimicus seine Hände beiseite, als sich Gestaltwandlerin auf seinen Schoß begab und eine angenehme zum Liegen suchte. Sie drehte sich und legte sich schließlich nieder, wobei sanfte Vibrationen durch ihren Körper fuhren. Sie schnurrte! Sanft nahm Dimicus seine Hände zurück und legte sie auf den warmen Körper der Katze. Wohltuend streichelte er über ihr Fell und kraulte sie am Kopf, damit sie auch etwas von der Medizin bekommen konnte, welche sie Dimicus gerade zu verabreichen schien.
„Egal in welcher Gestalt, du bist immer wunderschön kleine Katze“, flüsterte er, auch wenn er wusste, dass sie ihn nicht hören konnte. „Ich sollte dich niemals mehr zu malen versuchen, dich könnte ich unter keinen Umständen auf eine Leinwand bannen. Dies entzieht sich mir in jeder Hinsicht.“
Einige Minuten vergingen, in denen Dimicus die Tigerkatze verwöhnte und selbst in diesem Moment schwelgte. Er sollte keinen Gram hegen, sondern sich auf die Herausforderungen konzentrieren, die jetzt vor ihnen lagen. Das war das Einzige, was wirklich richtig war.
Allmählich wurde der Boden dich zu kalt für Dimicus, der zu frieren begann. Mit einem Zucken ruckelte er die dösende Emilia wach und als sie nach oben schaute, entgegnete er ihr mit einem Lächeln. „Wir sollten schlafen. Richtig schlafen“, erklärte er und umschloss die Katze mit beiden Armen behutsam. Darauf erhob er sich mit ihr auf den Armen und trug sie mit sich zurück ins Zimmer. Zwei Männer kamen ihnen entgegen, schauten komisch, ließen sie aber vorbeiziehen.
Im Zimmer angekommen, schloss Dimicus die Tür hinter ihnen und setzte Emilia auf dem Bett ab. Dann überkam es ihn einfach und ohne groß zu überlegen, gab er der Katze einen zärtlichen Kuss auf den Kopf. Mit einem Lächeln streichelte er ihr noch einmal zwischen den Ohren entlang, räumte den Plunder vom Bett und stieg dann selbst hinein. Kaum war sein Unterkörper unter der Decke verschwunden, forderte der Tag und alle vorangegangenen Ereignissen ihren Tribut. Der Schlaf überkam Dimicus und beförderte ihn in die Weiten seines Unterbewusstseins.