Kapitel 13 - Geistesblitz

  • Geistesblitz


    Keiner seiner Diener hatte sich in Dunwolfs Nähe gewagt als er mit Sodbrennen im Bett lag, mit zitternden Schultern und dem Gesicht ins Kissen gedrückt. Dun hatte sich dem Schmerz des Sodbrennens ergeben, dann einige Augenblicke dem Selbstmitleid. Doch urplötzlich hielt er inne, richtete sich langsam auf und kämmte sich mit den Fingern die langen Haare nach hinten. Aufrecht sitzend verharrte er im Bett und dachte angestrengt nach. Über das was im Thronsaal geschehen war. Wesentlich mehr noch, was Indutiomarus zu ihnen gesagt hatte.


    Falle?

    Fehler?


    Beides war möglich, auch Indutiomarus war nicht vollkommen, vor allem nicht in Bezug auf Ditzlin. Dunwolf wischte sich über die Augen, sprang aus dem Bett und zog sich in Windeseile selbst an. In einer Geschwindigkeit die man ihn sonst nicht zugetraut hätte, verließ Dunwolf sein Gemach und rannte zu dem Zimmer von Leopoldius. Schlitternd kam er zum Stehen und hämmerte mit der Faust gegen die Tür.


    Als Poldi endlich die Tür öffnete schaute er in das aufgeregte Gesicht von Dunwolf.


    "Wer ist Nicodemus?!?....

    Vaters Worte im Thronsaal, wir richten Ditzlin und Nicodemus die besten Grüße von Euch aus... Wer ist Nicodemus?", fragte Dunwolf extrem ernst.

  • "Nicodemus? Nie gehört ... sicher ein Verwandter der Sackratte Ditzlin. Irgendein Wiwi, ein widerlicher Wigberg."


    Er musterte seinen aufgeregten Bruder. Die Ereignisse im Agonarium waren noch nicht lange her. Noch hatte Leopoldius nicht abschließend Klarheit gewonnen, doch war ihm bewusst, dass er zu weich gehandelt hatte. Immerhin schien seine idiotische Tat auch Dunwolf aufgeweicht zu haben ...


    "Komm rein. Nimm Platz am Tisch der Intrigen."


    So nannte Leopoldius jede Art von Tisch, an den mehr als eine Person sitzen konnte, also quasi jeden Tisch, der kein Arbeitstisch oder keine Werkbank war. Er trat beiseite und ließ Dunwolf eintreten.

  • Dunwolf spähte in das Gemach von Leopoldius, schaute seinem Bruder ins Gesicht und blickte erneut in dessen Räumlichkeiten. Nach einer gefühlten Ewigkeit setzte er fast zaghaft einen Fuß über die Türschwelle, als erwartete er jeden Moment ein Fallbeil. Und fast war es auch so, dass er eine Falle vermutete. Doch es geschah nichts. Dun blieb stehen, schloss hinter sich die Tür und wartete ab, das Poldi die Führung übernahm.


    "Noch ein Wigberg? Die Ratte ist schlau... er schafft einen Verwandten nach dem anderen herbei und urplötzlich ist dies ein Wigberghaus. Ich habe den Namen auch noch nie gehört, aber Vater nannte ihn eindeutig. In Bezug auf Ditzlin ist seine Wut eine andere, er fühlte sich persönlich angegriffen als er mir.... nun als er mich schlug...


    Weshalb kann ich Dir nicht sagen, aber für den Bruchteil einer Sekunde waren wir verbunden. Logisch, man berührt eine Person, wenn man sie schlägt... auch magisch. In meinem Zimmer als ich... in mich ging... ist mir der Satz schlagartig wieder eingefallen. Also bin ich direkt zu Dir gegangen, um Dir davon zu erzählen. In der Hoffnung Du wüsstest wer dieser Nicodemus ist...", erklärte Dunwolf nachdenklich.


    In sich gegangen war eine gute Umschreibung für die Augen ausgeheult... schlauer war er nicht geworden, was Poldi anging, aber vielleicht waren sie es nun was ihren Vater betraf. Wer war Nicodemus? Was hatte er mit Ditzlin zu schaffen? Sie in einem Atemzug zu nennen geschah nicht grundlos. Entweder bewusst oder Indutiomarus hatte sich verplappert.


    Mit Arbogast mussten sie ebenfalls noch reden. Sie hatten einen Pakt mit dem Großen schließen wollen, aber ein Geschenk hatten sie nicht. Wobei doch... Cinjamin oder den Dicken. Aber den würde Poldi vermutlich nicht herausrücken.

  • Würde man einen Gast durch die Zitadelle führen und ihm die Dinge erklären, würde man ihn vermutlich auch durch die Gemächer des mittleren Sohns von Indutionmarus geführt haben. Die Privatgemächer wirkten wie Vorzeigeräumlichkeiten des hohenfeldschen Adels: Düstere Erhabenheit, hohe Formen, viel Schwarz. Ornamente wie silberne Dornenranken, Polster Rot, die Farben des Hauses.


    Doch obwohl alles vorhanden war, Sitzmobiliar, Schränke, ein Himmelbett, ein Kamin, Bücherregale und Vitrinen, wurde man den Eindruck nicht los, das etwas fehlte, abgesehen von der völligen Abwesenheit von Dienstpersonal. Was in diesen Gemächern fehlte, war die Persönlichkeit.


    Leopoldius beobachtete, wie sein Bruder sich umsah, ängstlich, die Falle erwartend. Und doch war er hier. Warum zog er sich im Augenblick der Verwundbarkeit zu Leopoldius zurück?


    "Komm, Bruder, such dir einen gemütlichen Platz. Ich glaube, dies ist das erste Mal, dass du mich besuchst."


    Leopoldius machte eine einladende Geste, die fast ironisch wirkte. Er verriegelte die Tür, damit sie ungestört waren, auch wenn es für Dunwolf wirken musste, als säße er wie die Ratte in der Falle.

  • Dunwolf schaute sich in dem Gemach seines Bruders um, nobel, wunderschön und düster... ganz die Seele von Leopoldius wiederspiegelnd. Dunwolf fragte sich selbst, was ihn hierher verschlagen hatte, wieso war er zu seinem Bruder gerannt? Tatsächlich war er dass und hatte sich eine Antwort erhofft. Nicht nur darauf wer Nicodemus war, dass würden sie beide schon noch herausfinden, sondern eine Antwort auf das Choas seiner Gefühle.


    Was machte er hier? Wollte er sich den Kehlschnitt abholen, den Poldi ihm im Thronsaal schuldig geblieben war? Wohl kaum, denn auch sein Bruder wirkte verwirrt. Aber waren sie das wirklich? Oder hatten sie beide im Thronsaal begriffen, was sie mehr denn je seit Kalthorst verbunden hatte? Was sie dort eine seltsame und dennoch unvergleichliche Zeit hatte erleben lassen?


    Das Leopoldius ihn hätte töten können, stand außer Frage. Das er ihn töten wollte... das war etwas ganz anderes. Wollten sie sich töten? Wollten sie der Tradition gehorchen, oder war ihr Gehorsam der eigenen Todesangst geschuldet? Wer wollte diesen Todesreigen eigentlich? Gegen andere Häuser und Familien war es durchaus nachvollziehbar, aber untereinander?


    Nun dort war es auch nachvollziehbar, denn nur der Beste saß auf dem Thron und zwar so lange, bis ein Besserer ihn herunter stieß.


    "Das erste Mal, dass ich Dich in Deinen Gemächern besuche... richtig. Du warst auch bis heute nicht in meinen... kannst Du ändern. Das heißt, falls Du das möchtest", antwortete Dunwolf und machte es sich auf einem der Stühle bequem.


    Beiläufig folgte er der Handlung seines Bruders, als dieser die Tür verschloss. Seinen Triumpf hätte er sich im Thronsaal holen können, doch er hatte ihm entsagt. Weshalb sollte er es hier in aller Stille nachholen? Dort wäre Vaters Gunst zu erringen gewesen.


    "Leopoldius... Poldi... können wir reden? Ich meine... wirklich... reden?

    Ich... nun fange ich anders an.


    Erinnerst Du Dich an unseren Plan? Das wir drei ein Bündnis eingehen und so überleben? Das wir uns unseren Platz erstreiten und am Ende möge der Bessere gewinnen? Was ist aus dem Plan geworden? Bist Du noch dabei? Meinst Du wir können Arbo überzeugen? Und...


    Wegen der Sache im Thronsaal...

    Warum?

    Ich verstehe es nicht Poldi... sag mir warum...", bat Dunwolf seinen großen Bruder in einer fast hilflos wirkenden Geste.

  • Leopoldius schenkte ihnen beiden Blutwein in zwei silbernen Pokalen ein. Ein alchemistischer Zusatz verhinderte die Gerinnung.


    "Man sagt, die Früchte, aus denen man Wein macht, würden viel Wärme und Sonne benötigen, um zu gedeihen. Wenn das stimmt, dann wird es keinen Wein mehr geben, sobald die Vorräte aus dem Gewölbe aufgebraucht sind. Dies ist einer der letzten Weine, ich habe ihn mir für besondere Anlässe beiseitegelegt. Ich denke, heute ist ein guter Tag, um eine Flasche anzubrechen."


    Er überließ es Dunwolf, den Becher zuerst zu wählen, und nahm den anderen.


    "Auf uns, mein Lieber, auf uns beide." Er hob den Becher und trank einen Schluck. "Ich stehe immer noch zu unserem Bündnis. Vater ist jedoch nun leider gewarnt. Warum das im Thronsaal geschah? Ich habe das Agonarium aufgesucht ... ich habe meinen Leibdiener befragt ... und keine Antwort gefunden. Ein Versuch der Erklärung ... ich sah dein Gesicht, was Vater dir angetan hatte ... ich sah deine Angst und spürte, was kein Hohenfelde je spüren sollte. Ich sah in dir meinen jüngeren Bruder. Und ich spürte ... Mitleid."

  • Dunwolf trank den Wein in winzigen Schlückchen, aber es ging ihm nicht dabei um das Getränk, nein es ging ihm darum so lange wie möglich etwas im Mund zu haben, um seinem Bruder die Antwort schuldig zu bleiben. Irgendwann jedoch war der kleinste Becher ausgetrunken und der köstlichste Wein geschluckt.


    Dunwolf schaute auf und sein Blick war ohne jede Maske.


    "Du weißt es nicht wahr? Leid... Mitleid... Du empfindest Mitleid für mich?...

    Seltsam und doch gar nicht so abwegig wie sie uns Glauben machen wollen Poldi...

    Was ich empfinde ist ebenso verboten... auch Du bist mein Bruder... das bist Du Leo...


    Du bist mein Bruder, ich liebe Dich und... ich vertraue Dir und beides ist etwas... das mich Dich mehr fürchten lässt als jeden anderen hier in dieser Feste. Einschließlich Vater...


    Angst... sie ist wie eine zweite Haut von uns Poldi... sie ist allgegenwärtig. Wir verbreiten sie und tragen sie selbst tief im Herzen. Sicher hatte ich Angst. Angst davor das Du mir die Kehle durchschneidest und es so endet... einfach so. Für was? Für nichts lag ich da im Dreck Poldi... für gar nichts... Wir sollten diesen Wein im Keller trinken...


    Ich stehe auch zu dem Bündnis und gleich was noch geschieht, gleich wer Dich holt, oder gleich wen Du holst, sogar mich... Du bleibst mein Bruder. Für Kalthorst... und für das im Thronsaal... für das Gefühl... dafür Danke ich Dir", antwortete Dunwolf so ehrlich wie selten in seinem Leben. Er schmunzelte kurz wehmütig und prostete Poldi zu.

  • Leopoldius tat etwas, das er nur selten in Anwesenheit anderer tat - besonders, wenn seine Familie anwesend war. Doch nun senkte er den Blick, sah auf den Wein im Kelch, den er sanft kreiselte.


    "Das Bündnis ist befristet, was gut ist, denn es schwächt uns. Du spürst es genau wie ich. Wir müssen Vater und Arbogast zeitnah beseitigen und dann möge der Bessere gewinnen. Es tut mir leid, Dunwolf ... Wolfi ... Wölfchen. Von Herzen leid, dass es nicht anders sein kann. Aber du kennst die Regeln und wenn wir das Spiel nicht danach spielen, wird keiner von uns obsiegen. Dann sterben wir alle beide und Vater zeugt ein neues Trio.


    Wir sollten die kurze Zeit nutzen, gemeinsam herauszufinden, wer dieser Nicodemus ist. Der Name hört sich nach Hohenfelde an, doch dass wir nicht davon erfahren ... beunruhigt mich. Was ist, wenn Vater mit der neuen Generation - bereits begonnen hat?"

  • Dunwolf schmunzelte für einen Sekundenbruchteil wehmütig.


    "Poldi... ich weiß... wir haben die Regeln nicht gemacht, wir leben nur danach. Denn wer nicht danach lebt... stirbt. Ja wir beide spüren es und es fing alles mit der Reise nach Kaltenburg an. Dort haben wir uns anders verhalten, wir beide gegen den Rest der Welt... nun zumindest gegen die Kaltenburger. So leicht wischt man diesese Gefühl nicht beiseite... hättest Du es... wärst Du dem Thron einen Schritt näher und ich wäre nicht mehr.


    Nicodemus klingt wirklich nach Hohenfelde... falls sich Deine Befürchtung als wahr erweisen sollte Poldi, dann stehen wir kurz vor einer Bereinigung. Das heißt Vater wird nicht dulden dass vier Söhne leben. Drei... es waren stets drei oder? Das heißt er wird einen nach dem anderen von uns töten, so wie die neue Generation geboren wird. Oder er wird uns alle auf einen Schlag beseitigen. Ich weiß nicht wie er vorgehen wird. Es steht auch nirgendwo geschrieben, wie unsere Vorgänger gefallen sind. Zeitgleich oder nacheinander?


    Einer der Diener muss es doch wissen Poldi und einer muss den Namen kennen... einem muss Nicodemus was sagen. Vater ist niemand der sich zu etwas hinreißen lässt. Aber in dem Moment wo er mich schlug, war er... seltsam.


    Wir müssen in den Keller und unsere Vorgänger... unsere Halbbrüder anschauen... wir müssen nachschauen ob sie entseelt sind, ob sie nur noch Hüllen sind Poldi. Sollten ihre Seelen noch existieren, könnten wir sie befragen lassen. Wobei Vater das bemerken würde, wir müssen einen von ihnen mitnehmen und an einem anderen Ort befragen. Dein fetter Fuchs ist ein Nekro, er könnte uns helfen.


    Die Dienerschaft könnte etwas wissen, nur sind Vaters Diener zugekniffener als jede Geldbörse eines Eibenbergs.

    Vorschläge wie wir an die Info kommen?", grübelte Dunwolf und schaute seinen Bruder ernst an.

  • "Gut, beschwören wir unsere Vorgänger, sofern von ihrer Seele noch etwas übrig ist. Jedoch mache ich mir diesbezüglich nur geringe Hoffnungen. Vater ist nicht für seine Unachtsamkeit bekannt. Es wird ein Wettlauf gegen die Zeit, wenn Nicodemus tatsächlich Nummer vier ist. Mein Vorschlag lautet, zuerst Arbogast zu beseitigen, dann sind wir vorerst wieder zu dritt."

  • Dunwolf nickte zustimmend.

    "Das klingt nach einem logischen und vernünftigen Plan. Wir sollten Arbogast ausschalten und in Erfahrung bringen, wer Nicodemus ist. Wie gut bist Du darin jemanden zu verhören, den wir nicht dauerhaft beschädigen dürfen? Vielleicht sollten wir uns doch an einen der Diener wagen. Oder hast Du Kontakte die für uns ihre Ohren offen halten könnten? Weißt Du was im Turm von Vater geschieht? Kannst Du an Infos kommen?


    Oder mal eine ganz andere Frage... weißt Du eine Möglichkeit um in den Turm zu kommen?", flüsterte Dunwolf verschwörerisch.

  • Leopoldius schüttelte den Kopf. "Ich habe nie persönlich irgendwen auf solch eine Weise verhört. Die Handlungen im Agonarium sind ... etwas anderes. Meditation, Philosophie, keine Ermittlungsarbiet. Ich bin es gewohnt, dass meine Augen und Ohren die Informationen zu mir bringen, doch diese Gefahr haben sie nicht erkannt. Der Diener kann hinterher ruhig sterben, wen interessiert es, ob er überlebt.


    Eine provokante Idee: Warum fragen wir Vater nicht?"

  • Dunwolf stockte, setzte an etwas zu sagen und klappte den Mund wieder zu.

    "Wir oder ich?... Wer fragt Vater?", hakte Dunwolf misstrauisch nach.


    Die Idee war verrückt, verwegen, im Grunde war sie schlichtweg irre, aber genau deshalb konnte sie durchaus funktionieren.

    Dunwolf trank einen Schluck und kratzte sich nachdenklich den Hals.


    "Nun ich habe auch nie jemanden derart verhört, dass er unbeschädigt geblieben wäre. Ich dachte nur, dass es nicht auffallen sollte, wenn wir heimlich schnüffeln. Also gut, fragen wir... Vater. Das kostet keine Magie, höchstens unser Leben und Dein Fuchs wird geschont...", murmelte Dun missmutig, aber Poldi sah weshalb sein Bruder murrte, er hatte Angst.

  • "Schon gut, ich werde Vater fragen." Leopoldius betrachtete seinen Bruder bitter. Dann lächelte er. "Heimlich zu schnüffeln wird uns nicht zu Erfolg führen. Während ich frage, ist er abgelenkt und du zerlegst einen seiner Diener, der unsere Frage beantworten wird. Einverstanden?"

  • Dunwolf grinste von einem Ohr zum anderen.

    "Sag mal möchtest Du ihn wirklich fragen? Oder möchtest Du Dich in den Dolch stürzen, damit Du weißt wann es geschieht? Den Dolchsturz Deinerseits Poldi... der würde mich treffen... er würde mich sogar schmerzen...


    Wenn Dich jemand umbringt, dann sollte es jemand sein, der Dich zu schätzen weiß... also ich. Und Du hättest unten im Thronsaal auch jedes Recht dazu gehabt. Und dennoch hast Du es nicht getan, sondern mir Gnade gewährt. Ich werde sie Dir ebenso erweisen und wenn es eines Tages nur ein harter, klarer, kalter Schnitt bis zu den Halswirbeln ist oder ein Ertragen des gleichen ohne letzte Gegenwehr...


    Einen seiner Diener oder einen seiner kleinen speichelleckenden Magier. Aber vielleicht wissen die Diener doch mehr Privates als die kleinen Lichter die versuchen im Glanz eines Erzhexers zu strahlen, da sie nichts weiter als Stümper sind. Oh ich weiß was Poldi... POLDI...

    wir werden einen dieser Stümper Honig um das Maul schmieren... ihn glauben lassen... das er etwas ist. Das sein jämmerliches Leben eine Bedeutung für uns hätte... das er zu Höherem berufen ist... alles was er tun muss... ist uns ein wenig Informationen zu liefern...


    Das sagen wir ihm natürlich nicht. Wir werden ihn nach einiger Förderung was fragen... und beantwortet er dies nicht... werden wir ihm Schuldgefühle einreden... Nach allem was wir für ihn getan haben... nach dem wir dachten, er würde uns so schätzen wie wir ihn... enttäuschend...


    Wir müssen einen Fuß in die Tür bekommen durch so eine Zecke...

    Den Diener werde ich ausquetschen wie eine... Zitrone...


    Also wie wirst Du vorgehen und was genau wirst Du Vater fragen? Lass hören... Bruderherz", grinste Dunwolf eine Spur breiter, es sah fast aus als wollte er Poldi beißen.

  • Leopoldius war gerührt. Sie saßen diagonal zueinander vor dem Tisch. So konnte er langsam die Hand ausstrecken und einen Moment um die seines Bruders schließen.


    "Ich danke dir, Dunwolf. Ich gebe dir das gleiche Versprechen der Gnade eines kurzen und schnellen Todes ohne unnötige Spielereien. Mögen wir uns auch in einem Netz der Lügen bewegen, diese Worte schweben auf der Metaebene darüber wie ein unbrechbares Gesetz. Mir liegt nichts daran, dich zu quälen. Ich möchte nur überleben."


    Er nahm die Hand wieder weg und kam übergangslos, wie es für ihn und auch seinen Bruder üblich war, zum sachlichen Teil des Gesprächs.


    "Also gut, du hast mich überzeugt. Ich verzichte auf eine weitere Provokation von Vater. Aber dieses wochenlange, vielleicht etliche Monde dauernde Anbändeln mit einem Diener, das können wir uns nicht leisten. Wir haben keine Zeit, Dun! Der Sand rieselt, die Asche steigt, das Leben schwindet!"

  • Dunwolf schmunzelte wehmütig, als sein Bruder seine Hand auf die seine legte. Was taten sie hier eigentlich? Oder was taten sie sonst nicht? Die Worte von Poldi konnten wahrer nicht sein, die große Sanduhr des Lebens war umgedreht worden mit dem Namen Nicodemus. Der Sand der Zeit rieselt unaufhaltsam durch das Nadelör dieser Uhr. Jedes Sandkorn das hindurch perlte war ein Moment der ihnen genommen wurde. Eine verschenkte Möglichkeit und fiel das letzte Korn, dann fielen sie...


    Sie mussten herausfinden wer Nicodemus war. Ein weiterer Wigberg? Ein weiteres Mitglied dieser Familie, dass sie langsam aber sicher ausbluten lassen wollte? Oder tatsächlich der erste Sohn der nächsten Drei? Wenn dem so war, wo verbarg er sich? Und wer hatte dieses Scheusal empfangen und ausgetragen? Vermutlich eine Wigberg, um ihren Vater noch fester an das andere Haus zu ketten. Denn hier hatte Dunwolf niemanden im Dunstkreis des alten Spitzohrs gesehen der dafür in Frage gekommen wäre.


    Dunwolf hob den Blick und schaute seinem Bruder in die Augen.


    "Ich werde mich an unser Versprechen erinnern Poldi... das werde ich....

    Bezüglich der Zeit... die Zeit läuft uns davon und ich frage mich gerade eines... wer ist Nicodemus wirklich?

    Ein weiterer Wigberg, der sich in unser Haus drängt?

    Oder tatsächlich der erste Sargnagel? Einer der neuen Drei?


    Wen dem so ist... was wir beide befürchten... wurde das Stundenglas gedreht Poldi....

    Wer war die Mutter? Ich befürchte, sie ist nicht in diesem Haus zu finden... es wird eine Wigberg sein und dieses kleine Scheusal liegt wohlbehütet in ihrer Feste, hinter den mächtigsten Mauern Asa Karane. Warm und wohlig wie eine Made im... Speck!


    Dass sind nur Vermutungen Poldi... aber wir müssen es herausfinden. Sollte dem so sein, müssen wir einen Weg finden Nico zu erreichen und weißt Du wer uns helfen wird? Dein fetter Fuchs! Schlau sind die Füchse, er soll die Gans aus dem Stall rauben, den Nico aus der Wiege...


    Sag was dazu großer Bruder", bat Dunwolf besorgt.

  • "Den Fuchs? Kein schlechter Ratschlag. Man könnte annehmen, du wolltest ihn ans Messer liefern, ihn vor uns beide als Schild schieben, nicht nur zu unserem Schutz, sondern auch, um mir meinen neuen Leibmagier zu rauben. Doch ich denke, wir sollten es so handhaben. Wenn es ein Haus gibt, dass Wigberg mit seinen Listen noch übertrifft, dann dieses."


    Leopoldius' Blick wurde ausdruckslos, er senkte die Lider ein Stück. Dunwolf wusste, dass er eine magische Botschaft entsandte. Dann öffnete er die Augen wieder und sah seinen Bruder an.


    "Wittelspitz wird jeden Moment eintreffen."

  • "Es wäre meiner unwürdig Bruderherz würde ich nicht versuchen zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Und was solltest Du von mir denken, würde ich Dich grundlos schonen? Nur weil wir uns gegenseitig unsere Zuneigung gestanden haben, sollten unsere Dolche nicht stumpf werden Poldi. Du weißt, früh genug könnte ein anderer seine eigene Klinge gegen uns ziehen und sind wir dann nicht bereit, nützt uns unser Bündnis auch nichts. Gleich wer wir sind, gleich was wir sind, gleich was wir haben Poldi.... eines solltest Du nie besitzen... Vertrauen...


    Das ist die einzige ehrliche Warnung die ich Dir geben kann in unserer Familie... falls man dies Familie nennen sollte...

    Familien leben anders, den allein das macht es schon aus... sie leben und zwar alle miteinander. Sie haben keine Keller wie die unseren... ich habe es gesehen. Oder hast Du je einen derartigen Keller in einem der geschliffenen Häuser gefunden?


    Dein Fuchs ist nichts anderes als ein Wolf in winzig, vergiss das nie... nur eines unterscheidet den Fuchs vom Wolf... er jagt allein. Und er braucht kein Rudel um zu überleben. Ein Wolf benötigt sein Rudel um in der Welt zu bestehen... auch wenn wir intern die Zähne sprechen lassen, greift uns einer von außen an, antworten wir geschlossen. Das wird Dein Fuchs nicht... wird ihm der Boden zu heiß... dann wird er tun was Füchse tun...


    Drum nutzte die Zeit die Dir mit ihm gegeben ist... ehe verstrichen ist die Frist...

    Vielleicht ist dieser Fuchs Dir wirklich zugetan, aber bedenke er hat schon Kalthorst in die Hand gebissen. Sicher könntest Du meine Worte auch als Spitze werten, vielleicht sind sie das, vielleicht sind sie eine Warnung. Vielleicht bin ich auch nur ein klein wenig eifersüchtig oder etwas neidisch... möglicherweise ärgere ich Dich auch nur... entscheide selbst Poldi.


    Aber was immer Du tust, wir müssen diesen Nicodemus finden. Dein Fuchs muss ihn finden und herschaffen. Lebendig... damit wir Vater zeigen können, welche Generation den Thron besteigt", antwortete Dunwolf grimmig.

  • Alex hatte es sich gerade in einem Gästequartier gemütlich gemacht, oder besser gesagt sich schlichtweg selbst einquartiert indem er einen der Diener nach Strich und Faden belogen hatte, als er die Botschaft von Poldi erhielt. Der Gute verlangte nach seiner Anwesenheit, Wittelspitz konnte es verstehen. Vermutlich benötigte er Beistand bezüglich seines außerordentlich unwirschen Vaters. Vielleicht hatte er es sich mit seinem Bruder aber auch anders überlegt und er wusste jetzt nicht wohin mit der Leiche.


    Alexander machte sich umgehend auf den Weg und klopfte wenige Minuten später an die Tür von Poldis Gemach.