Archibald von Dornburg
Die Reise zum Herrenhaus der von Hohenfelde dauerte nicht mehr allzulange. Das Grundstück war mit einer hohen Mauer umzäunt, die sehr massiv aussah. Das Tor war alt, schmiedeeisern und ähnlich der Mauer in schwarz gehalten. Das schwarze Mauergestein schien eigenartigerweise eine gewisse Kälte abzustrahlen. Archibald ließ sich weder davon, noch von dem Tor aufhalten. Er spazierte auf das Grundstück, als wäre es seine Heimat, denn so empfand er auch. Sie gingen den langen, dunklen, geharkten Kiesweg entlang. Die kleinen Steine knirschten unter jedem ihrer Schritte, bis die Hecken und Bäume den Anblick auf das Herrenhaus von Hohenfelde freigaben. Es hatte nichts mit einem gewöhnlichen Herrenhaus zu tun. Es sah aus wie pervertierte Mischung aus dem Abgrund, eine Villa gekreuzt mit einem Bollwerk, oder ein Bollwerk dass im Stile eines Herrenhauses gebaut worden war. Wie eine finsterte Trutzburg stand es massiv und bedrohlich auf dem Grundstück, schwärzer noch als die Nacht dies es umgab. Kein Licht brannte in diesem Haus, inden schießschartenartigen Fenster schien eine seltsame lebendige Dunkelheit zu wabbern und je näher sie dem Haus kamen, je düsterer und kälter wurde es. Archibald schien auch damit kein Problem zu haben, denn er betrat das Haus als merkte er von alle dem nichts. Kaum dass die Gruppe einige Schritte ins Haus gegangen waren, lagen sie bereits alle am Boden, vollfixiert von schwarzen Düsterlingshänden, die ihnen jede Bewegung nahmen. »Wer seid Ihr?«, zischte einer der Düsterlinge bedrohlich und jeder der Gruppe hörte heraus, dass die Antwort darüber entschied, ob sie dieses Haus jemals wieder lebendig verlassen würden. »Bist Du blind? Ich! Frag Deine Mutter«, bellte Archibald stinkig. So schnell wie die Gruppe gefangen genommen wurde, so schnell wurde sie auch wieder freigelassen. Ein Düsterling kam auf allen vieren angewetzt und bremste kurz vor der Gruppe ab. Es war eine Frau, ihre spitzen Ohren waren zerfleddert und ihr Gesicht trug eine schwere Narben. Auch ihr Körper verriet, dass man sich mit diesem Düsterling nicht besser anlegen sollte. Arch ging auf sie zu und umarmte sie liebevoll. »Canan«, säuselte er. »Arch. Was treibt Dich her?«, fragte sie gut gelaunt zurück und drückte ihn ebenfalls. »Ich wollte ins alte Quartier und dem Sohn von Kazrar seinen Vater zeigen. Dein Spezies ist etwas zu dienstbeflissen...«, murrte Arch und grinste dann doch sein messerscharfes Grinsen. »Du kennst Dich hier aus... fühl Dich wie Zuhause Bestie... nur benimm Dich nicht so«, lachte Canan und verschwand mit ihrem Rudel in der Dunkelheit. Arch schaute ihr einen Moment lang nach. Die Emotionen die sich auf seinem Gesicht spiegelten, hatte Arbo bei seinen Vater noch nie gesehen. Aber sie verschwanden so schnell, wie sie gekommen waren. »Mir nach«, befahl Archibald und führte sie durch das finstere Haus hinab in die tiefen Katakomben der Leichenhallen.
Robere
Robere starrte den Düsterlinge wütend hinterher. Er fand es nicht lustig, dass sie ihn überwältigt hatten und Archibald nun noch mit den Viechern rumscherzte. Er war extrem angespannt. Er versicherte sich mit einem Blick, dass alle Gruppenmitglieder wohlauf waren und folgte Archibald in die Katakomben hinab. Es wurde immer kälter und ihr Atem bildete Eiswolken. »Wir brauchen Licht«, erklärte Robere. »Wir sind keine Vampire, ich seh kaum noch was.« Er tastete in der Dunkelheit nach Arbogast und zerrte ihn an der Kleidung in seine Nähe. »Halt dich an mir fest, damit du nicht verloren gehst.«
Archibald von Dornburg
»Wäre kein großer Verlust...«, säuselte Archibald in der Finsternis und nahm Nori bei der Hand, da ihm einfiel, dass seine Tochter ebenfalls nichts sehen konnte. Nori nahm mit der freien Hand die von Robere, so dass sie in einer langen Schlange Hand in Hand Archibald folgten. Es dauerte einige Zeit, ehe sie unten an der eisernen Kellertür angekommen waren. Arch zückte einen Schlüssel und schloss auf. Er musste sich mehrfach gegen die Tür stemmen, ehe er sie öffnen konnte. Mit lautem Knarzen öffnete sie sich und ihnen schlug ein Schwall eiskalter Luft entgegen. Arch zog sie in die Leichenhalle und ließ sie mitten in dem riesigen, kalten Gewölbe stehen. Einen Augenblick später kehrte er zurück und zündete eine Laterne an. Er hielt sie hoch und kniff die Augen zusammen. Robere, Arbogast und Nori sahen nun dass, was zuvor Brandur und Lin gesehen hatten, die gefrorenen Leichen der von Hohenfeldes. »Das ist nur eine Halle. Es gibt mehrere, dass sind unsere Gastgeber«, grinste Arch und deutete ihm an, dass sie ihm erneut folgen sollten. Wieder hatten sie eine Treppe zu nehmen, eiskalt und spiegelglatt. So als wollte sie dafür sorgen, dass man gleich in diese Hallen einziehen durfte. Und weiter ging es hinab in einen kleineren, abgetrennten Saal. Arch schritt voran und blieb vor einer Liege stehen, auf der ein Kopfloser Torso lag und eine Düsterlingsfrau mit baumelnden Beinen saß. »Kazrar Chud«, sagte sie mit leiser Stimme und ihre zerfledderten Ohren zuckten bedauernd. »Dein Vater Rob«, sagte Arch und machte eine einladende Geste Richtung des Torso.
Arbogast
»Ich hätte mir gerade fast in die Hose geschissen und das ist meine einzige gute Hose. Ehrlich, was sollte das von den Düsterlingen? Da ist schon wieder einer. Die machen mich noch ganz verrückt. Wie gehts Dir Robby? Alles gut, Du siehst fertig aus Mann - total fertig. Hier nimm einen Schluck«, bot Arbo an und hielt ihm die Flasche hin. Allerdings nur einige Sekunden, dann hatte Arch sie ihm aus der Hand geschlagen. »Lass es«, zischte er leise. »Na wunderbar, ehrlich. Schnaps wärmt vielleicht?«, murrte Arbo leise.
Robere
Robere verstand Arbogasts Geste. Es ging nicht um den Schnaps. Nachdem Archibald seinem missratenen Sprössling die Flasche entwendet hatte, hielt Robere Arbogasts Hand noch einen Moment länger fest, obwohl sie schon Licht hatten, bevor er sie los ließ und zu seinem Vater ging. Er ging sehr langsam und versuchte, mit seinen schweren Kampfstiefeln keinen Lärm zu machen, als er an seinen toten Vater herantrat. Der kopflose Leichnam trug bequeme Kleidung, ganz so, wie auch Robere es mochte, nur etwas schicker und auffälliger. Robere befühlte den Stoff, der mal sehr hochwertig gewesen war und verrieb den Raureif, um die Farben sehen zu können. Kazrar schien Rot und Schwarz gemocht zu haben, von Archibald wusste Robere, dass er auch eine rote Strähne in seinem schwarzen Haar getragen hatte. Sie beide waren sich in Größe und Statur sehr ähnlich. Robere spürte ein unangenehmes Druckgefühl in der Kehle. Er berührte den steinharten Arm des gefrorenen Toten, die tiefgefrorenen Finger. »Lasst uns allein«, bat er.
Arbogast
Die Düsterlingsfrau hockte sich einen Moment wie ein Gargoyle neben Kazrar und schaute von Robere zu dem Toten und zurück. Stumm legte sie ihm kurz die Krallenhand auf die Schulter. »Gleich. Du hast sein Gesicht, weißt Du das? Du kommst sehr nach ihm, Gesicht, Statur, Größe, Haltung... Nur hast Du die Härte die ihm fehlte. Er war ein guter Soldat und er war Arch ein guter Freund. Nimm Abschied von ihm. Oben in Dunwins Gemächern hängt ein Bild, ein Gemälde. Dein Vater ist ebenso darauf. So siehst Du ihn einmal, wie er zu Lebzeiten ausgesehen hat. Schau es Dir an«, sagte sie freundlich und nahm ihre Hand weg. Mit der Hand verschwand auch der Düsterling, als hätte Robby sie sich nur eingebildet.
Arbogast
»Kommt lassen wir ihn allein«, sagte Arch und knuffte Robere. Arbo drückte ihn kurz und Nori klopfte ihm auf die Schulter. Dann verließ die Gruppe die kleine Leichenhalle und ließen Robere mit seinem Vater und seinen Gedanken zurück.
Robere
Als er sicher war, dass alle die Leichenhalle verlassen hatten, gelang es ihm noch etwa zwei Minuten, sich im Griff zu haben. Dann brach alles aus ihm heraus. Ein unerträgliches Gemisch aus Verzeiflung, Wut und abgrundtiefer Einsamkeit bahnte sich seinen Weg. Der Ausbruch dauerte nur etwa dreißig Sekunden. So plötzlich, wie er gekommen war, war er wieder vorbei. Robere wischte sein Gesicht trocken. Der schmerzhafte Gefühlscocktail war eiskalter Wut gewichen. Stumm griff er nach den Fingern seines Vaters, hielt sie lange, bis sie unter seinem Griff ein wenig antauten. Er bettete seinen Kopf auf die Brust, wo tiefgefroren das Herz lag.
»Ich bin`s. Tekuro. Hallo, Papa.«
Die Worte blieben ungehört und unbeantwortet. Stumm und kalt lag der Tote. Tekuro spürte er das Bedürfnis, sich einfach daneben zu legen und für immer liegen zu bleiben, vereint mit seinem Vater, von dem er nichts, aber auch gar nichts gehabt hatte. Sich loszureißen war schwer. Er konnte ihn nicht mitnehmen, musste ihn hier lassen und das war fast ein Ding der Unmöglichkeit. Tekuro, betastete seinen Vater, auf der Suche nach etwas, das lose war. Aber alles war gefroren. Er ging an die Kopfseite und strich mit den Fingern über die Wunde. Er ging mit dem Mund heran und atmete dagegen, dann leckte er so lange, bis er Geschmack auf der Zunge spürte. Er leckte und ließ dann von ihm ab. Unsicher und zögernd betrachtete er den eingefallenen Halsstumpf. Ging einen Schritt zurück. Und dann stand er da, vollkommen hilflos und so allein, wie jemand nur sein konnte. Er blickte zwischen seinem Vater und der Treppe hin und her. Endlich gelang es ihm, sich abzuwenden und langsam, sehr langsam die Eisenleiter wieder hinaufzusteigen.
Archibald von Dornburg
Archibald wartete sitzend auf einer der eiskalten Eisenstufen. Er schaute Robere ins Gesicht, wobei es Robere gar nicht gab. Das war nur eine Umschreibung, ein Pseudonym für »nicht gewollt - einsam - verlassen - allein«. Die Qual hatte tausende Namen und doch erfasste nichts die innere Leere, die damit einherging. Sie ließ nicht einmal mehr Trauer zu, denn die innere Leere verschlang alles, sogar das äußere Leben. Und letztendlich, wenn man tief in sich hineinhörte als Menschenfresser, dann wusste man, warum man in lebendes zuckendes Fleisch biss. Man eignete sich dass an, was einem selbst fehlte. Das was die Leere gestohlen, ja ausgebrannt hatte. Wärme, Nähe... Leben. Arch stand in Zeitlupe auf und umarmte Tekuro. Es war eine kurze, feste Umarmung, in der mehr Nähe für diese wenigen Sekunden lag, als jedes Wort hätte übermitteln können. Für diesen winzigen Augenblick wusste Tekuro, sie beide waren gleich. Im Leid wie in der Leidenschaft. »Seine Besitztümer gehören nun Dir«, sagte Arch schlicht und fasste Robere mit den Krallen unters Kinn. »Komm wir holen seine Ausrüstung«, erklärte er leise.
Robere
So sehr Robere sich sonst gegen freundschaftliche Berührungen sträubte, gegen diese sträubte er sich nicht. Die Umarmung war väterlich. Sein Vater hatte diesen Mann geliebt, auf die eine oder andere Art. Auf welche, war nicht mehr zu ermitteln, Archibald wusste es offenbar selbst nicht genau. Aber sie hatten sich nahe gestanden. Robere folgte Archibald und fragte sich, was sein Vater ihm hinterlassen haben mochte. Und er freute sich sehr auf das Bild.
Archibald von Dornburg
Archibald stieg gemeinsam mit Tekuro nach oben, wo sie Arbo und Nori trafen. Entgegen seiner sonstigen Art, schob er beide freundlich aus der Leichenhalle heraus und drückte sogar Arbogast die Laterne in die Hand. »Hier nimm«, sagte Arch umgänglich und gab den Weg vor. Er benötigte das Licht nicht. Sie liefen eine ganze Weile, ließen die kalten Hallen hinter sich, die Arch wieder sorgfältig verschloss, dann wanderten sie die langen, steinernen Flure entlang. Als sie an einem bestimmten Flügel ankamen blieb Arch kurz stehen und schaute sich um. »Unsere alte Heimat. Hier haben wir mit Dunwin gelebt. Er sein Stab und seine treuen Soldaten. Sie in großen Räumen, gemeinsam. So wie Du lebst Tekuro. Und wir in einzelnen Quartieren. Die beste Zeit, die ich hatte, neben... naja... egal... deshalb sind wir nicht hier. Wir suchen mein Quartier auf, dort habe ich einige Sachen von Deinem Vater. Er hatte mich gebeten, seinen persönlichen Kram zu verwahren damit nichts wegkam. Und das tat ich auch«, erklärte Arch freundlich und führte sie in die Gemächer von Dunwin von Hohenfelde. Archibald gab für die Räumlichkeiten den Fremdenführer. Sie durchstreiften die Gemeinschaftsquartiere, besuchten Dunwins Zimmer, durchstreiften die Quartiere der anderen Stabler und zuletzt ging Archibald in seine Räumlichkeiten. Quartier war stark untertrieben. Es war eine eigene Wohnung in dem Flügel - den jeder Stabler von Dunwin genoss. Arch deutete auf eine Truhe, die etwas abseits in einer Ecke stand. »Sie gehört Dir«, erklärte Arch. Als Tek die Truhe öffnete, lag darin die Rüstung seines Vaters, sein Schwert, sein Dolch und eine Haarspange mit seltsamen Verzierungen.
Robere
Tekuro nahm alles zur Hand, untersuchte es langsam und gründlich und strich darüber. Es sah aus, als wolle er Staub wegwischen, der nicht vorhanden war, denn alles war sorgsam verwahrt gewesen, doch es war der Versuch eines Streichelns. »Müsste passen. Er war gebaut wie ich.« Die Erinnerung an den toten Körper schob er sofort wieder beiseite. »Er hatte lange Haare, oder?« Er ließ die Haarnadel durch seine Finger gleiten. »Ihr habt`s hier schön gehabt. Kazrar hat, glaub ich, gern so gelebt, in der Truppe, kann das sein? Ich hätt ihn so gerne lebend kennengelernt, so gerne ... hilf mir, das anzulegen.« Er nahm die Repetierarmbrust vom Rücken, ebenso wie den Gürtel mit den Bolzenmagazinen und den Waffengurt mit dem Säbel, den Archibald ihm gegeben hatte. Die Rüstung passte wie angegossen. Sie war nicht zu schwer, leichter als die Rüstung der Leibgarde. Er nahm seine alte Bewaffnung wieder hinzu. »Ich kann mit so einem Schwert nicht umgehen, wir führen welche mit gerader Schneide und mit zwei Klingen.«
Archibald von Dornburg
»Ja er war ein Rudelmensch, dass sagte Canan immer. Vielleicht hast Du Recht damit gehabt. Er hat nicht gelernt, sich nicht die Zähne verdient, damit er das Rudel nicht verlassen musste. Aber es war nicht meine Absicht ihn zu verstoßen Tek, es war mein Wunsch, dass wenn alle Stricke reißen, er auch allein überlebt. Vielleicht haben wir beide einfach für die falschen Dinge eingestanden. Oder kurzum wir hätten uns einmal sagen sollen, was unser Ziel ist. Das hat keiner von uns getan. Oder vielleicht doch und wir haben den anderen nur nicht verstanden. Er hatte lange Haare. Mal Schulterlang und mal Hüftlang. So haben wir früher alle die Haare getragen. Langes Haar ist ein Zeichen von Stand, aber Dir muss ich sowas nicht erläutern, Du schiebst am Hof Dienst. Da dürfte das Gleiche gelten, denn alle dort haben langes Haar vor allem die Adligen. Er hatte eine schöne volle schwarze Mähne, wie ich in meiner Jugend«, lachte Arch und half Robere in die Rüstung. Er trat einen Schritt zurück und musterte ihn mit Wehmut. »Sie gehört eindeutig Dir«, sagte er zufrieden.
Robere
»Sie passt hervorragend und ich werde sie in Ehren halten, wie alles von ihm. Lange Haare, war er denn von Stand oder wollte er dir wieder imponieren? Oder vielleicht gefiel es ihm einfach so. Ich bin auch nicht gern allein. Das hab ich von ihm. Anderes vielleicht auch, nicht nur das Aussehen, meine ich. Ich bin froh, dass ich so viel von ihm ... in mir trage. Wo ist das Bild?«
Archibald von Dornburg
»Folge mir«, sagte Archibald und führte Robere in Dunwins Quartier. Er ging ins dortige Wohnzimmer und deutete auf das große Ölgemälde auf dem Dunwin und seine Leute abgebildet waren. Robere erkannte Arch der um zig Jahre jünger war und neben einem extrem blassen, schlanken Mann stand. Die beiden trugen die Haare ebenfalls lang, wie fast jeder auf dem Bild. Arch deutete auf eine weiter außenstehende Person, wie alle Soldaten, stand auch Kaz außen. Dunwins engste Freunde neben ihm, der Rest nach Sympathie und Rang. »Das dort ist Dein Vater... Kazrar Chud«, sagte Arch und nun sah Tek seinen Vater zum ersten mal so, wie er tatsächlich zu Lebzeiten ausgesehen hatte.
Robere
Lange stand Robere da und betrachtete das Bild. Sein Vater sah ihm wirklich extrem ähnlich, besser gesagt, er ihm. Besonders jetzt in der selben Rüstung. Nur, dass Kazrar dunklere Haut gehabt hatte und langes Haar, das er mit dieser neckischen Strähne verzierte, die in Souvagne absolut undenkbar wäre, in Naridien aber offenbar keinen Stilbruch darstellte. »Mein Vater sieht gut aus. Am liebsten würde ich ihn mir rausschneiden. Das Bild ist so verdammt groß ... was, wenn es hier wegkommt oder verschimmelt? Kannst du zeichnen? Dann könntest du ihn wenigstens abzeichnen. Wo ist der verbrannte Kopf, weggekommen, oder?«
Archibald von Dornburg
Arch schmunzelte und grinste Robere an. »Ja ich kann zeichnen, ziemlich gut sogar. Ich tue jetzt einmalig etwas für Dich, was ich nie tun würde. Aber dafür Tek, stehst Du mit was in meiner Schuld, klar?«, sagte Archibald ernst. Er zückte seinen Dolch und schnitt ohne zu zögern das Gemälde aus seinem Rahmen. Er legte es auf den Boden, schnitt Kazar ab und schnitt für sich Dunwin samt den Stab aus. Die anderen Soldaten interessierten ihn nicht. Er rollte Kazar zusammen und reichte ihn Robby, während er das andere Stück einsteckte. »Klappe darüber halten«, schmunzelte er.
Robere
»Danke, Arch. Ich schweige.« Er drückte die Rolle an sein Herz. »Was ist es, das ich dir schulde? Du sollst es bekommen. Du hast mir meinen Vater zurückgegeben. Besser tot, als nie. Vorher war ich Waise, jetzt bin ich Sohn. Was ist mit dem Kopf, oder weißt du es nicht?«
Archibald von Dornburg
»Du schuldest mir dass, was Kazrar mir schuldete - kurzum Zähne. Die schuldest Du ihm und mir. Das heißt, versagte nicht, sie Dir zu verdienen und sei mir gegenüber als Deinem Mentor loyal. Selbst Dunwin wurde mir... uns... untreu. Er hat sich selbst verloren. Ich habe niemals den Glauben an unsere Sache aufgegeben, bis heute nicht. Aber das lernst Du, wenn Du soweit bist. Lass Dir die Haare wachsen«, schlug Arch vor.
Robere
»Weiß nicht«, brummelte Robere und strich sich über sein kurzes Haar. »Ich find lange Haare ziemlich schwul, ehrlich gesagt. Ich hatte sie immer kurz. Warum wurde Dunwin dir untreu? War er auch Menschenfresser oder welche Sache meinst du? Die Zähne werde ich verdienen, geschworen, und Arbo auch. Ich mach aus deinem Jungen einen Mann, wird Zeit. Ich helf ihm.«
Archibald von Dornburg
»Damit würdest Du mir einen gewaltigen Gefallen tun Tek, Du hast keine Vorstellung davon wie gewaltig. Nein wir hatten davon geträumt eine bessere Welt zu schaffen. Eine Welt, wo niemand mehr dafür verurteilt wird, was er ist oder welche Gabe er hat. Oder eben nicht hat. Eine Welt frei von Verseuchten und Magiern, eine Welt wo Dein Fleiß bestimmt, was aus Dir wird. Eine Welt, in der ein Mann sich lieber auf sein Hirn, sein Kampftraining und sein Schwert verlässt als auf irgendwelche Hexereien. Eine Welt wo man keine Magier mehr fürchten muss, die einen foltern, mit Krankheiten infizieren und jene töten, die Dir am Herzen liegen. Um sie dann als verrottende Marionetten wieder auferstehen zu lassen. Magier sind nichts weiter als ein widernatürlicher Eingriff in die Natur. Tumor schneidet man auch heraus, warum dieses Gezücht nicht? Wir hatten vor den Eingriff vorzunehmen und die Welt zu reinigen«, erklärte Arch freundlich.
Robere
»Das sind gute Ideale. Ich wusste nicht, dass Magier das tun, aber andererseits ... die Himmelsaugen ... sie lesen deine Gedanken. Wühlen darin rum. Du merkst davon manchmal nichts, man muss immer aufpassen, was man denkt. Wenn du dir einen runterholst, schauen sie sich deine Gedankenspiele an und wenn du fickst, klinken sie sich in deinen Kopf, um sich dabei einen zu hobeln. Sie lästern gedanklich untereinander und lächeln den Leuten, über die sie gedanklich ablästern, dabei ins Gesicht. Ich hasse die Kerle.«
Archibald von Dornburg
»Ja das tun Magier, sie können aber auch Deine Gedanken verdrehen. Und zwar so oft, dass Du nicht mehr weißt, was war jetzt Deine eigene Erinnerung, oder eine Einflüsterung? Du weißt es nicht mehr. Und sie können Dir Schmerzen schicken. Also dass Du den Schmerz fühlst, der gar nicht da ist. All solche Dinge. Ist das Recht? Vermutlich machen die das mit jedem so. Wen sie lecker und knusprig finden, den lesen sie aus, während er einen wegsteckt oder sich tief und genüsslich bückt. Lesen die auch die Duc Familie aus?«, lachte Arch.
Robere
»Hattest du mal was mit meinem Vater?«, wollte Tekuro wissen. »Weil du sagtest, du hattest einen Mann und Kazrar schien dich zu mögen. Und du meintest, er aß alles. Nahm er sich auch ansonsten alles? Die Himmelsaugen, also sie dürfen die großherzogliche Familie nicht auslesen, nein. Aber wer will überprüfen, ob sie es nicht doch machen? Der Duc hat keine Magier in seiner Familie.«
Archibald von Dornburg
»Jetzt hat er ein Rudel davon in seiner Familie, er hat dem Wahnsinn Tür und Tor geöffnet Tek. Nein ich hatte nie etwas mit Deinem Vater, wir haben zusammen gegessen, mal zusammen abgehangen, also im Bett gelegen und geraucht. Das habe ich mit meinem Bruder auch, ohne uns anzufassen. Jesper ist mein Mann, Merna ist meine Frau. Beide liebe ich aufgrund ihrer Seele. Aber ich begehre beide nicht. Ich habe Sex mit ihnen, ja. Jesper hat daran Spaß, Merna hatte auch daran Spaß und ich muss mir dabei was denken was mich heiß macht. Aber ich tat es für die beiden. Und wenn ich Jesper ranließ, ihm also meine Gunst schenke, dann bekomme ich dafür auch etwas zurück. Es ist fair, dass kann ich nicht anders sagen. Stimmt, niemand kann das überprüfen. Stell Dir vor Du könntest das. Wenn Du wen scharf findest, schickst Du ihm nachts feuchte Träume mit Dir. Träumt er das oft genug, wird da was draus. Sehen weckt Begierde«, grinste Arch.
Robere
»Du beantwortest mir immer nur einen Teil meiner Fragen. Machst du das mit Absicht? Wenn ja, dann ist jetzt der Zeitpunkt, mir das zu sagen. Dann nerv ich dich nicht weiter mit der Fragerei und ich weiß, dass du keinen Bock hast, mir das zu sagen. Wo ist Kazrars Kopf? Und wen nahm er sich zum Vögeln? Ich muss das wissen, Archibald, um nachdenken zu können. Wegen dem Fleisch und allem. Wieso fickst du mit Leuten, die du nicht begehrst?«
Archibald von Dornburg
»Ganz ruhig, ja ich mache es absichtlich. Nein ich möchte Dir nichts verschweigen, aber ich bin es gewöhnt, fast 60 Jahe Außenstehenden nur das zu sagen, was ihnen zusteht. Ergo sagte ich immer nur das Nötigste, damit die Aufgaben erledigt werden, ohne etwas Preiszugeben von dem was mir Dunwin anvertraute. Alte Gewohnheiten sitzen tief, ich gelobe Besserung. Der Kopf ist verbrannt und nur noch ein kockliger Ball. Er liegt unten in der Leichenhalle. Kaz hat alles gevögelt, Frauen und Männer und auch ab und an eines meiner Spielzeuge. Bevorzugterweise Dave, aber nur dann wenn ich ihn vorher hatte. Vermutlich so eine Art sich die Beute teilen. Aber vorrangig mochte er glaube ich Kerle. Narbenfresse war neben mir sein ständiger Begleiter. Also dass was er für mich war, war Narbenfresse für ihn. Der Hiwi vom Hiwi - der Handlanger und Schattenmann. Weil ich diese Leute sehr mag und liebe. Aber sie machen mich nicht heiß, dafür sind sie viel zu alt. Da rührt sich bei mir nichts. Es sei denn ich gehe gedanklich auf Wanderschaft, dann bekomme ich dabei auch einen hoch, nur habe ich dann im Kopf keinen Sex mit Merna oder Jesper gehabt, sondern mit Tarul«, antwortete Arch ehrlich.
Robere
Robere nickte und grübelte. Kratzte sich am Sack und grübelte weiter. »Den Kopf muss ich noch zum Körper legen, der soll da nicht irgendwo rumliegen. Oder kann man den Schädel vielleicht noch rausholen aus dem Verbrannten? Narbenfresse ist auch tot, oder? Sag mir was über ihn, damit ich den Geschmack von meinem Vater weiß. Du solltest dich nicht vögeln lassen, nur weil du jemandem einen Gefallen tun willst. Du lässt dich benutzen. Wenn sie dich lieben, verzichten sie. Auch das kann Liebe sein. Du hast auch verzichtet und Kazrar ... indem ihr eure Kinder fortgabt.«
Archibald von Dornburg
»Es sehe es als selbstloses Geschenk und nicht als Benutzen. Aber letztendlich ist es dass auf eine gewisse Art. Ob man den Schädel noch herausholen kann, kann ich Dir nicht sagen. Der Knochen könnte durch die Flammen porös sein Tek, dass heißt bei dem Versuch könnten wir ihn zerstören. Überlege Dir das gut. Narbenfresse, von dem niemand den Namen weiß, war ein kleiner blonder Kerl mit einer gewaltigne Narbe in der Fresse. Er verdrehte gerne Leuten den Arm auf den Rücken und rammelte sie durch. Das war so seine Taktik für besondere Stunden. Er war meist schweigsam, aber wenn er genug getrunken hatte, taute er auf und man konnte ganz witzig mit ihm reden. Er war ebenfalls Fußsoldat bei Dunwin. Er war zuverlässig und erledigte seine Arbeit gut. Nur manchmal war er etwas schwer von Begriff, so schwer, dass sogar Dein Vater genervt war. Und das hieß etwas. Wenn sich Kaz und Narbenfresse wen gekrallt haben, dann haben sie sich abgewechselt. Der eine hält fest und der andere rammelt und umgekehrt. Sozusagen haben sie auf Tour einen Dreier geschoben. Sie haben auch Dave ab und an im Krankenzimmer besucht, was Ansgar nicht gefiel. Da fing das ganze Dillemma an. Dabei hatten wir sie gut erzogen, abgerichtet. Ansgar für Dunwin, Dave für mich. Dunwin stand drauf, wenn jemand schrie und heulte, wenn er ihn fertig machte. Und Ansgar war so gut ihn völlig zu befriedigen. Ich mag es genau umgekehrt. Leise, gemütlich, beschaulich, ruhig und einfach harmonisch. Und so war es mit Dave«, sagte Arch und knuffte Robere.
Robere
»Ein Geschenk ... gut, das verstehe ich. So einen beschaulichen Dreier, da hätt ich auch mal wieder Bock drauf. Das letzte Mal ... ich hab gar nicht gezählt, ich glaube, wir waren vier oder fünf. Ich frag Arbo, wenn sich was ergibt, ob er mitmacht. Du hast einen anderen Geschmack als ich, ich hasse Kinder. Du hast vergessen zu sagen, was aus Narbenfresse wurde. Er hört sich nach einem Kumpel an. War er hübsch oder eher grob vom Aussehen, jetzt mal von der Narbe abgesehen? Das mit dem Kopf, doch, ich möchte es versuchen. Als schwarzer Ball nützt er auch keinem was.«
Archibald von Dornburg
»Er starb gemeinsam mit Deinem Vater. Ihm wurde ebenfalls der Kopf abgehackt und klein Ansgar verwahrte sie im Kühlschrank für Davy, so wie mir Dunwin erzählte. Die beiden Perverslinge. Also von der Optik her war Narbi weder hübsch noch hässlich, guter Durchschnitt würde ich sagen. Na vielleicht spiele ich trotzdem mal mit Dir, rein so aus Neugier. Wobei irgendwie steht mir der Sinn nach Nathan, ich vermisse ihn. Gut dann schälen wir den Schädel aus der Kohle. Wir gehen ganz vorsichtig vor. Am besten weichen wir ihn vorher schön ein. Das müsste funktionieren«, sagte Arch fruendlich.
Robere
»Ich hab Nathan gefickt, war lustig. Aber der Preis ist zu hoch gewesen, mir wurde der Arsch bis zu den Mandeln aufgestemmt und Belly gleich mit. Wir könnten uns Nathan zusammen vornehmen, aber so, dass es nicht auffliegt. Sonst bin ich meine Rübe los. Ach ... ja, einweichen. Das machen wir, nicht lecker, aber ich will den Schädel haben, das wird er verstehen. Narbenfresse weichen wir auch mit auf, wenn der ihm was bedeutete.«
Archibald von Dornburg
Arch musterte Robere streng. »Tek, Rob, Nathan ist unantastbar, dass solltest Du wissen. Nathan ist mein persönliches Eigentum. Jeden anderen teile ich gerne mit Dir, Du bist ein Hübscher«, lachte Arch und es klang für eine Sekunde bedrohlicher als es Robere lieb war. Aber Arch zwinkerte ihm zu, da er es nicht böse meinte. »Na dann wollen wir mal zwei Köpfe einweichen, komm«, sagte er gut gelaunt.
Robere
»War nur eine Idee«, murrte Robere kleinlaut. Er blickte sich einen Moment suchend nach Arbogast um, legte das zusammengerollte Bildnis seines Vaters erstmal in die Truhe, zusammen mit der Haarspange und folgte Archibald dann hinab, um erneut seinem toten Vater zu begegnen.