Monsterjagd
... Es hatte an der Tür geklopft und Dave hatte diese geöffnet. Varmikan starrte auf Daves Kreuz. Der Frostalb wusste sofort das etwas nicht stimmte, denn sein Mann stand absolut aufrecht und jeder Muskel in Daves Körper war angespannt.
Varmikan trat sofort an die Seite von Dave und als er sah, wer vor der Tür stand, zog er sofort seinen Mann schützend hinter sich.
„Geh ins Haus Schatz, sofort“, bat Varmikan unmissverständlich.
Dave musterte seinen Mann und schien einen Moment mit sich zu kämpfen, ob er Varmikan dem Feind allein überlassen sollte. Varmi nahm ihm die Entscheidung ab, indem er ihn küsste und liebevoll einen Schubs verpasste.
„Ins Haus Sternchen, geh bitte, ich kläre das“, wies Varmi seinen Mann an.
Dave nickte knapp, strich Varmi übers Kreuz und ging ins Haus. Allerdings nur soweit, dass er seinen Mann noch im Blick hatte. Varmikan stupste seinen Mann mental an. Er wusste die Geste zu schätzen, denn er wusste das Dave trotz aller Angst wegen ihm blieb.
Der Frostalb musterte frostig die Geisterhafte Präsenz vor der Tür.
„Höflichkeitsfloskeln sind unnötig Dunwin. Du hast meinem Mann schon genug zu Deinen Lebzeiten angetan. Weshalb quälst Du ihn mit Deiner geisterhaften Anwesenheit?
Reicht Dir das Maß an Zerstörung nicht aus, dass Du angerichtet hast?
Falls Du nie Kinder haben wolltest, hättest Du das auf andere Art verhindern können. Es ist nicht nur widerwärtig, sondern auch erbärmlich sich als Mann dermaßen an seinen Kindern zu vergehen.
Sie hätten es leichter gehabt, hättest Du sie tatsächlich umgebracht oder nie gezeugt. Aber Du hast sie gezeugt und Du hättest sie einfach in Frieden leben lassen können.
Du hättest Dein eigenes Leben leben können, ohne das von Dave Stück für Stück zu zerstören.
Also weshalb bist Du hier?
Du hast hier nichts verloren und Du bist nicht willkommen!
Was immer Du auch geplant hast, mir ist klar dass Du körperlich keine Gefahr bist.
Du kannst niemanden körperlichen Schaden zufügen, da Du keinen Körper besitzt. Deine Macht ist einzig und allein Daves Angst.
Und ich werde dafür sorgen, dass er sie verliert, einzig und allein die Verachtung und den Hass den er für Dich empfindet wird übrig bleiben.
Niemand wird sich an Dich in Angst erinnern, sondern als einen erbärmlichen, feigen, dreckigen, Kinder misshandelnden Versager der Du warst.
Du bist ein Stück Scheiße, dass solche Kinder niemals verdient hatte, fahr zum Abgrund Dunwin. Da gehörst Du hin und verschone die Welt endlich mit Deiner Anwesenheit“, zischte Varmikan drohend.
„Mit dem was Du über mich sagst, hast Du Recht Frostalb…
Aber entgegen Deiner Vermutung möchte ich Dave nicht schaden… ich möchte mit ihm sprechen…
Ich möchte mich erklären… damit er versteht…
Und ich möchte ihn um etwas bitten…
Euer Haus werde ich nicht ohne Euer Einverständnis betreten…
Bitte gewähre mir eine Aussprache mit Deinem Mann… es wird ihm nicht schaden… vielleicht wird es ihm sogar helfen…
Und ich möchte eine Bitte an ihn herantragen… nicht mich betreffend… ich erwarte weder Verständnis noch Absolution von ihm…
Aber ich muss mit Dave sprechen… bitte…“, erklärte Dunwin höflich.
Varmikan musterte den Geist dermaßen eisig, wie Dunwin zuvor noch nie eine Person starren sah. Der Frostalb dachte eine ganze Weile nach, bevor er knapp nickte.
„Gut, aber nur in meinem Beisein. Ein Ton, ein einziger Ton der meinen Mann bedroht oder beleidigt und Du wirst leiden, ich schwöre es Dir. Nicht Du persönlich, dass dürfte Dir ja klar sein. Ich handhabe es dann wie Du, ich lasse jemanden an Deiner Stelle leiden, jemanden der Dir was bedeutet, jemanden den Du magst.
Viele Personen stehen da ja nicht zu Auswahl, aber zwei sind besser als keiner. Aus dem Grund rate ich Dir, Dich an Dein Wort zu halten, dann halte ich mich an meines. Du bekommst Dein Gespräch und wir bleiben friedlich. Und hattest Du Dein Gespräch, wirst Du Dave für immer in Ruhe lassen. Sonst kannst Du die Abmachung sofort streichen. Verstanden?“, hakte Varmikan nach.
„Verstanden Varmikan und abgemacht, ich werde Dave nach dem Gespräch nicht mehr behelligen….
Deine Drohung gegen meinen Bruder und Linhard ist unnötig…
Sie haben nicht vor Dir zu schaden… sie haben nichts mit meinem Gesprächswunsch zu tun…
Vielmehr hat Brandur mir dies ermöglich und mir gestattet…“, erläuterte Dunwin.
„Sicher nicht aus Nächstenliebe meinem Mann gegenüber. Falls Du wirklich glaubst, was Du da von Dir gibst Dunwin, bist Du dämlicher als ich dachte. Er hat Dir das nicht aus Selbstlosigkeit erlaubt, denn sollte Dir das Gespräch tatsächlich wichtig sein, hat Brandur zwei Gletscherwürmer mit einem Hieb erschlagen.
Du hast was Du Dir gewünscht hast und bist Deinem Bruder was schuldig und Dave hat er nebenbei seine Macht demonstriert, ihn selbst Zuhause noch seinen ärgsten Feind auf den Hals hetzen zu können. Und dies sogar nach dessen Tod. Also sprich nicht davon, dass Brandur Dave nicht schaden möchte.
Wäre dem so, wärst Du gar nicht beschworen worden. Das nur zur Info. Ich rede mit meinem Mann, Du wartest hier draußen. Du wirst unser Haus überhaupt nicht betreten oder mit Deiner Präsenz verseuchen. Das Gespräch findet vor der Tür statt. Bis gleich“, antwortete Varmikan und knallte die Tür zu.
Der Frostalb lehnte sich innen kurz mit dem Rücken gegen die Tür und atmete durch, dann wandte er sich an seinen Mann. Dave musterte Varmikan fragend.
„Soll ich wirklich mit ihm reden?“, fragte Dave sichtlich nervös.
„Ja Sternchen. Nicht für ihn, sondern für Dich. Das könnte Dir einiges erleichtern und Fragen beantworten, die Deine Gedanken heute noch quälen. Zudem ist Dein Vater ein getriebener Geist vermute ich.
Er muss Dir etwas sagen, sonst kann er nicht ruhen. Das heißt, er wird solange versuchen mit Dir Kontakt aufzunehmen, bis er loswerden konnte was er Dir sagen möchte.
Das machen Deine Nerven nicht mit Sternchen. Darum rede bitte mit ihm für Dich und für mich. Wir beide machen das gemeinsam Davy, ich bin die ganze Zeit an Deiner Seite und stehe Dir bei. Das werde ich immer Davy, das schwöre ich Dir“, sagte Varmikan liebevoll.
Dave ging auf seinen Mann zu, nahm ihn fest in die Arme und drückte ihn an sich.
„Keine Ahnung warum ich solche Angst hatte mich Dir anzuvertrauen“, flüsterte Dave.
„Nana, dass weißt Du sehr wohl Schätzchen. Das kommt davon, da Du mir nicht zuhörst, mein Mann hat keine Angst vor mir. Gleichgültig wie schwach Du bist oder was Du angestellt hast, ich helfe Dir und beschütz Dich.
Dass ist meine Aufgabe. Du bist doch auch für mich da, oder hast Du mir je gesagt, naja das bisschen Wärme, reiß Dich mal zusammen? Nein Du hast sogar dran gedacht, was ich benötige bei unseren Eheringen, die sind nicht ohne Grund aus Dunkelstein. Komm wir reden mit Deinem Vater“, flüsterte Varmikan zurück.
„Machen wir“, stimmte Dave zu.
Dave trat an der Seite seines Mannes aus dem Haus. Dunwin musterte die beiden sich nähernden Gestalten.
„Es freut mich, dass Du meinem Ruf gefolgt bist Dave...“, eröffnete Dunwin das Gespräch, während sein Sohn und sein Ehemann im ausreichenden Sicherheitsabstand zu Dunwin stehen blieben.
„Diese „Freude“ verdankt Ihr meinem Mann. Sprecht Vater!“, forderte Dave unmissverständlich.
„Nun ich möchte mich erklären, entschuldigen und um etwas bitten…“, setzte Dunwin an, wurde aber sofort von Dave unterbrochen.
„Bitte abgelehnt. Eure Erklärungen waren seit jeher fragwürdig, Eure Entschuldigungen sind nichts weiter Hohn. War es das?“, fragte Dave eisig.
„Dave… ich bat Dich nicht um eine Aussprache um mit Dir zu streiten...
Höre Dir doch wenigstens an, was ich zu sagen habe....
Dafür bist Du doch hergekommen oder nicht?“, fragte Dunwin etwas verzweifelt.
„Nicht so vertraulich, Ihr habt zu Lebzeiten doch auch stets auf das liebevolle IHR bestanden, da möchte ich mich nicht minder verhalten. Euch wurde weder das SIE noch das DU angeboten!
Wahrt den Stand Toter! Dave gebührt Euch nicht, mein Name lautet Freiherr von Hohenfelde-Eisseher. Euch sei erlaubt meine Person rein mit Titel anzusprechen, zwecks Würdigung…“, erklärte Dave und machte eine wegwerfende Handbewegung.
„Nun, ich kann Dich selbstverständlich mit Deinem vollen Namen samt Titel ansprechen…
Aber dies wäre der Sache abträglich Sohn...
Ich schlage vor, wir treffen uns erneut sobald Du selbst bereit bist mir zuzuhören... Deinen Groll auf meine Person verstehe ich nur zu gut...
Aber ich bat Dich nicht grundlos her...
Das wird Dein Mann verstanden haben...
Wünscht Du überhaupt zuzuhören?“, fragte Dunwin.
„Nein wünsche ich nicht…“, zischte Dave.
„Sekunde mal bitte“, mischte sich Varmikan ein.
`Dave, Sternchen ich verstehe Deine Reaktion. Aber das hier machst Du nicht für ihn, sondern für Dich. Höre ihm zu und stelle ihm Deine Fragen. Wird Dir seine Erklärung zu dumm, dann können wir immer noch gehen.
Aber so wirst Du Dir die ganze Zeit weiterhin die gleichen Fragen stellen. Warum hat er mich dermaßen gehasst? Was hat er damit gemeint er hasst nicht mich, sondern das was ich bin? Das ist vielleicht die letzte Chance auf eine Antwort – nutze sie. Und falls sie Dir nicht passen, lass ihn zum Abgrund fahren´, übermittelte Varmikan.
Dave nickte knapp und musterte Dunwin, er starrte seinem Vater in die Augen ohne mit der Wimper zu zucken.
„Gut… sprecht, ich bin bereit zuzuhören. Aber vorher werdet Ihr etwas beantworten. Was meintet Ihr mit der Aussage, Ihr hasst nicht mich, sondern dass was ich bin? Was sollte ich anderes sein als ich? Und weshalb der Hass? Euer Leben war wohlmöglich der Abgrund, aber das gab Euch verdammt noch mal nicht das Recht unseres in einen zu verwandeln.
Und nebenbei bemerkt, Ihr wart nie ein Vater!
Wisst Ihr wer mein Vater war, so krank sich das für andere anhören mag?
Hä?
Mein HUND!
Er mochte mich, er schützte mich, er freute sich und litt mit mir!
Es grenzte ja schon an ein Wunder, dass Ihr nicht in Erwägung gezogen habt ihn mir ausgeweidet ins Bett zu legen, als „Überraschung!“
Den Rest von Eurem kläglichen Dasein als Vater ersetzte Ansgar, sobald sich die Gelegenheit bot. Er ließ mir väterliche Fürsorge zuteilwerden, aber Ihr?
Ich finde keine Worte für das was Ihr seid! Ihr seid nichts weiter als niederträchtige, geistig missgebildete Missgeburt“, schnauzte Dave so wutentbrannt, dass sich seine Stimme überschlug.
„Dave reg Dich bitte ab“, flüsterte Varmikan und hielt seinen Mann vorsorglich am Arm fest, da er befürchtete, er würde gleich auf Dunwin losgehen, was überhaupt nichts bringen würde.
„Damit hast Du wohlmöglich Recht, mit dem was ich bin...
Zu Deiner Frage – ich habe nicht Dich persönlich gehasst Dave...
Ich habe Deine Gabe gehasst und den Umstand, dass Du von Alastair gewünscht warst...
Ich habe versucht ihn damit zu bestrafen, dass ich Dich bestrafte...
Ich dachte, wenn ich Dir und Ansgar die Gabe nehmen kann, dann würde er auf Euch verzichten...
Dann würde er mich vielleicht wahrnehmen, anstatt mich zu ignorieren...
Und irgendwo in meiner verqueren Logik dachte ich vielleicht sogar, dass wir anders zueinander stehen würden, gäbe es die Gabe nicht in unserer Familie...
Was ich Dir angetan habe war äußerst grausam und es ist nicht wieder gut zu machen...
Ich erbitte keine Absolution...
Ich erhoffe sie mir nicht einmal...
Ich habe Deinen Hass verdient, ebenso die Art wie Du mich gerichtet hast...
Kein Kind hat das verdient was ich Dir antat...
Ich war nicht nur als Vater abwesend...
Ich habe weitaus schlimmeres getan...
Ich war als Dein Foltermeister anwesend und manchmal nicht einmal das...
Ich war als Dein Verräter abwesend, wenn ich Dich ihnen schutzlos zum Spielen überließ...
Die Tortur hätte Alastair verdient und nicht Du Dave...
Aber ich habe es weder begriffen, noch begreifen wollen und ja…
Irgendwann empfand ich dabei sogar Freude...
Es mag krank und widerwärtig sein, aber es war Macht – und die ist nicht immer sauber zu erwerben...
Nach dem Verlust alles Weltlichem habe ich einen anderen Blick auf die Dinge erhalten und vieles wurde klarer was mir vorher verborgen blieb...
Ich möchte Dir nur sagen, heute würde ich anders handeln...
Vielleicht würde ich Dich genauso wenig in meiner Nähe ertragen können...
Aber die Wahl meiner Mittel wäre keine Gewalt mehr gegen meine Kinder...
Zur Not würde ich einfach gehen...
Vor meiner Bitte, eine Erläuterung...
Und ich knüpfte sogar eine Bitte an meine Bitte…
Bitte höre mir zu und gewähre sie mir…
Die Bitte ist selbstlos und bezieht sich auf Deine Kinder…
Du und Ansgar Ihr wolltet es besser machen…
Nur zu… das ist ebenfalls mein Wunsch...
Verlasst den Weg der Finsternis Dave...
Nur war Ansgar leider Linhards Alastair...
Er hat ihn genauso wenig gesehen, wie Alastair mich...
Folge Ansgar nicht weiter Dave...
Gehe Deinen eigenen Weg...
Meine Bitte Dave, wähle weise....
Solltest Du Dir Kinder wünschen, dann schenk ihnen alle Aufmerksamkeit die Du geben kannst und liebe sie von ganzem Herzen...
Gleichgültig ob sie die Gabe in sich tragen oder nicht...
Ob es ein Junge wird oder ein Mädchen...
Hinterfrage Dich selbstkritisch ob Du das tatsächlich kannst und dazu bereit bist, selbst wenn es schwierig wird.
Und dann entscheide...
Falls Du merkst, Du schaffst das nicht Dave, verzichte auf Kinder...
Für die Kinder und Dich selbst...
Kannst Du Deinem Kind all die Liebe und Zuneigung geben, dann schaff es Dir an und behandele es so, wie Du es Dir selbst gewünscht hättest für Dich.
Das ist meine Bitte...“, erklärte Dunwin.
Dave schaute seinen Vater mit nicht zu deutendem Blick an, ehe er knapp nickte, sich wortlos umdrehte und zurück ins Haus ging.
Varmikan starrte Dunwin ohne zu blinzeln an und deutete auf den Ausgang.
"Du hast was Du wolltest. Geh!", befahl der Frostalb Dunwin knapp...