Bjorgä wirkte leicht beleidigt, als der Herzog den Bierkrug nicht anrührte, den Bjorgä ihm mitgebracht hatte. Er schaute Wilhelm leicht enttäuscht an, welcher gegenwärtig aber in einem Gespräch mit einem anderen Gast vertieft war. Augenscheinlich ging es immer noch um das kleynä Mäschleyn, welches wohl den Namen Fee hatte. Bjorgä hörte kurz zu, schüttelte dann aber nur den Kopf.
Er war müde und gestresst von dem ganzen Trubel. Soviel Stress hatte er schon lange nicht mehr gehabt! Eigentlich hatte er ja nur einen entspannten Feierabend verbringen wollen, doch seitdem dieser Wilhelm hier war, war es anstrengend geworden. Als Wilhelm ihn noch dazu aufforderte nach der "Fee" zu suchen, wurde Bjorgä ganz wirr im Kopf.
"Das kleynä Mänschäleyn?", fragte Bjorgä.
Er ging der Aufforderung nach. Schließlich wollte Bjorgä das endlich wieder Ruhe einkehrte. "Komm här, Wesäleyn!", rief er nach der Fee, wie nach einem Haustier. Der alte, fette Berggipfler bewegte sich langsam und gemächlich. Er schob einen Stuhl zur Seite, und schaute unter dem Tisch nach. Doch auch dort fand er die Fee nicht.
"Iosif, I' brauchä Hilfä," brüllte der Bergwychtl in die Runde, als er sich wieder erhob und vom Tisch herauskrabbelte.
"Für eynää altö Bergwychtlä is' do nit! I' brauchä eynä Päuslä!", murmelte Bjorgä überanstrengt. Mit den Worten setzte er sich wieder auf seinen Stuhl und trank erstmal einen kräftigen Schluck.
Einige Schweißperlen kullerten über sein Gesicht, als er plötzlich von einer ganz anderen Ecke des Raumes eine bekannte Stimme hörte:
"Ich gehöre niemanden!
"Habt ihr Großen keinen Anstand und den Funken von Intelligenz? Eine Fee ist doch kein Haustier was man besitzen kann."
"Do istä!", rief Bjorgä aufgebracht. Doch scheinbar wollte das kleynä Mänschäleyn eine Schlägerei verursachen, so zumindenst verstand der Zwerg die aufmüpfigen Worte der Fee. Natürlich entspannte sich die Lage nicht, sondern wurde dadurch noch zusätzlich angeheizt.
Der eine Gast pirschte sich, wie eine Katze an seine Beute heran und versuchte die Fee in einem Glas erneut einzufangen. Doch diesmal gelang ihm es nicht. Sie war zu flink, und wann immer der unverschämte Gast ausholte, um sie mit dem Glas einzufangen, befand sie sich schon ganz wo anders, sodass er lautstark im Raum verkündete:
"Bleib stehen! Zwerg ich gebe dir einen Teil der Beute, wenn du mir hilfst, sie wieder einzufangen!"
Doch Bjorgä hatte jetzt genug. Er wollte wirklich nur seine Ruhe und dieses ganze Affentheater ging ihm langsam wirklich auf die Nerven!
Endlich kam auch der kräftige Iosif, ehemaliger Söldner und inzwischen Tavernenbesitzer des Ochsenknechts. Er hatte lange auf sich warten lassen, doch waren solche Streitereien in solch einer Spelunke durchaus nicht unüblich. Inzwischen nahm die Atmosphäre aber immer unangenehmer und der Wirt spürte, dass eine Schlägerei in der Luft lag. Als ehemaliger Söldner hatte Iosif nämlich schon viele Schlägereien gehabt, und seine Intuition und Erfahrung in der Hinsicht täuschte ihn nie. Also entschied er sich einzuschreiten und die Situation vernünftig zu klären.
Kurz nahm Iosif Bjorgä, seinen einzigen Mitarbeiter, zur Seite und beriet sich mit ihm. Bjorgä nickte lediglich als Antwort. Was die Beiden berieten, war für die anderen Gäste nicht hörbar. Jedenfalls gingen beide plötzlich auf den Gast los, welcher die Fee hatte einfangen wollen.
"Heh, Iosif. Das war doch nur ein Versehen. Ein Missverständnis, ich schwöre!," sagte der Gast unterwürfig. Die Statur und der Körperbau des Wirtes waren durchaus eindrucksvoll. Niemand wollte sich freiwillig mit dem Wirt anlegen. Daher war es kein Wunder, dass der Gast so reagierte.
"Ich gebe dir, 50% vom Gewinn!", meinte der Gast. Doch Iosif ließ sich nicht überzeugen. Er schlug dem Gast sofort ins Gesicht. Mit einem einzigen Schlag fiel dieser auf den Boden und war bewusstlos.
"Feynä," erwiderte Bjorgä stumpf, woraufhin die Beiden den Gast packten und auf die Straße warfen.
"Du hast absofort Hausverbot!", kündigte Iosif an und schloss die Eingangspforte mit viel Schwung, sodass es laut krachte.
"Und jetzt saufä wyr!", gluckste der Bergwychtl freundlich. Er begab sich in die Mitte des Raumes und begann ein Lied zu grölen.