Der Ast auf dem Farael saß, war wahrlich keine Freude für seinen Hintern. Schon seit einer geschlagenen Stunde sitzt er über den Büschen am Straßenrand der Salzstraße. Sie führt nach Südwesten, einer Richtung, aus der auch gern Warenlieferungen ankamen oder Reisende in die Stadt kamen. Zumindest die, die blöd genug waren, in die ach so tolle Stadt Obenza zu kommen. Nur im nächsten Moment mit aufgeschlitzter Kehle in einer Seitengasse zu vermodern.
Wie dem auch sei. Farael hatte vor kurzem einen vielversprechenden Auftrag vom Brett des Söldnerlagers genommen, der eine großzügige Belohnung für das Erlegen einer Banditengruppe versprach. Die paar Arschlöcher sollen wohl Reisende überfallen und somit mittellose Menschen in die Stadt treiben. Weder die Obrigkeit kann noch mehr Bettler gebrauchen, noch wollen die Händler auf ihre über Land kommenden Waren verzichten.
Also hat sich Farael auf die Lauer gelegt und sitzt seit etwas mehr als einer Stunde auf diesem Baum. Es regte sich nichts. Langsam fragte er sich, ob es überhaupt die Mühe wert gewesen war, den Baum hinaufzuklettern. Nicht dass Farael nicht klettern konnte, doch mit seiner Ausrüstung war das doch dann ein wenig anstrengender gewesen. Und ein paar blaue Flecken waren dabei auch sicherlich entstanden. Das war aber Nebensache.
Plötzlich hörte er jedoch Schritte und ein paar Stimmen. Tief und dreckig lachen. Eindeutig Männer. Sein Blick ging nach unten. Da schritten sie durch's Unterholz. Drei Personen, mit nicht mehr bewaffnet als Knüppeln und Messern. Das war zugegeben enttäuschend. Farael hatte auf etwas wie einen Kampf gehofft, der nicht unnötig schnell vorbeigehen musste. Wie langweilig. Nun gut, dann sollte es relativ fix gehen. Es musste nur noch die nächste Person über die Straße laufen und den unfreiwilligen Köder von Farael spielen.
Die Männer unter ihm hatten sich ins Gebüsch gehockt und unterhielten sich. Leise und kaum ein Wort war aufgrund ihrer Ausdrucksweise wirklich verständlich. Zudem stanken sie bis zum Himmel. Im wahrsten Sinne des Wortes. Farael saß ungefähr drei Meter über ihnen und roch sie. Schweiß, Blut, Alkohol und ein wenig Pisse. Na ganz große Klasse. Mittlerweile wunderte sich Farael, wieso die Reisenden mit denen nicht fertig geworden waren. Die konnte man eine Meile gegen den Wind riechen.
Doch lang musste Farael nicht mehr warten und diesen Gestank ertragen. In der Ferne waren Schritte auf der Straße zu hören, die näher kamen. Sie schienen aus Südwesten zu kommen. Auch die Arschlöcher unter ihm bekamen das mit und verstummten augenblicklich. Farael zog einen Pfeil aus seinem Köcher und legte ihn in seinen Bogen ein. Danach blickte er in die Richtung der Schritte und konnte durch das Blattwerk ein paar Beine erkennen.Sie wirkten nicht wie die Beine eines Mannes und diese Vermutung bestätigte sich auch, als Farael schließlich den Rest der Person erblicken konnte.
Eine dunkle Mähne fiel vom Haupt einer bildhübschen Frau. Eine Frau, die er bereits durch Zufall in einer der Tavernen in Obenza getroffen hatte. Wie hieß sie noch gleich? Anne? Anja? Ana? Farael konnte sich nicht mehr ganz erinnern, doch zeit dafür blieb auch nicht. Im nächsten Moment stiegen schon die Banditen aus den Busch, auf ihren Gesichtern ein dreckiges Grinsen. „Hallo du hübsches Ding“, sagte einer von ihnen, sein Messer in der rechten Hand.
„Wir bekommen alles was du dabei hast und ein paar nette Stündchen mit dir, dann lassen wir dich am Leben.Wie klingt das, hm?“ Charmant. Die Frau schien sich im ersten Moment gar nicht beirren zu lassen, doch Farael tat gut daran einzugreifen. Er konnte nicht einschätzen, ob seine entfernte Bekannte auch kämpfen konnte. Deshalb spannte er den Bogen, legte an und atmete tief durch. Er verengte seine Augen und konzentrierte sich ganz auf den Redner der Gruppe. Dann ließ er die Sehne los. Der Pfeil surrte durch die Luft. Einen Augenblick später durchbohrte er den Kopf des Banditen. Zugegeben, es sah witzig aus, wie der Pfeil im Kopf steckte, ohne etwas aufgerissen zu haben. Der Typ kippte einfach tot zur Seite, seine Kumpanen standen vollkommen perplex daneben.
Damit schulterte Farael seinen Bogen, nahm zwei Finger und pfiff laut. „Hey ihr Wichser, so behandelt man ein Weib nicht!“, brüllte Farael vom Baum herunter, die Blicke richteten sich auf die Baumkrone in der er saß. Nur musste er erst einmal vom Baum herunterkommen.
„Du Arschloch hast Bruno getötet!“, kam als Antwort gebrüllt. „Nefir, kümmere dich um unsere Eroberung, ich mach den Scheißer fertig!“ Dann sah Farael auch schon einen von ihnen auf sich zukommen, der Andere versuchte der Frau auf die Pelle zu rücken. Es galt Eile! Mit eher ungelenkem Festhalten und Fallenlassen schaffte es Farael wieder auf den Boden, der Typ unter seinem Baum hatte ihn aber schon erwartet. Knapp entging Farael einen Hieb mit der Holzkeule, als er sich nach unten wegduckte. Dabei gab er dem Banditen einen Schlag in die Niere mit.
Dieser taumelte zurück, hielt sich die Stelle. Farael zog sein Schwert und griff es mit beiden Händen. Er verschaffte sich einen sicheren Stand und machte sich bereit zu parieren. „Du und dein Kumpel habt wirklich keine Manieren, hm?“, forderte Farael heraus. Erfolgreich. Sein Gegenüber stürzte sich mit hoch erhobener Keule auf ihn. Wirklich schlau schien er nicht zu sein. Ohne Mühe lenkte er den von oben kommenden Schlag ab. Der Bandit rutschte zur Seite weg, seine Deckung war offen.
Farael preschte nach vorn und verpasste dem Kerl mit dem Ellenbogen eins in die Magengrube. Er wich zurück, schnappte nach Luft. Farael gönnte ihm die Pause. Sein Gegenüber schien plötzlich wieder siegessicher und hechtete nach vorn. Seine Keule kam seitwärts. Farael drehte sich nach links weg, die Keule ging ins Leere, als Farael rechts von dem Banditen stand. Farael machte jedoch kurzen Prozess, nutzte den Schwung aus seiner Drehbewegung und trennte dem Banditen in einem Streich den rechten Arm ab.
Ein gequältes Schreien ertönte. Der Mann ging zu Boden. Farael gab ihm am Boden den Gnadenstoß. Der Schrei verstummte und wich einem schwachen Röcheln, ehe der Körper des Banditen ganz erschlaffte. Schließlich blickte Farael auf. Dieser Nefir war schon an die Frau herangekommen. Farael war zu weit weg, um seinen ersten Streich zu verhindern. Er hoffte, dass die Frau kämpfen konnte, als er zu ihr zu sprinten begann.