Der Tross nach Ehveros
Der Tross hatte den Großherzoglichen Hof verlassen und machte sich auf Richtung Ehveros. Der Wind frischte auf und vertrieb die ersten schweren Schneewolken des nahenden Winters, die sich am Himmel zusammengebraut hatten. Das Wetter schien auf ihrer Seite zu sein, vorerst.
Ein hoher, klarer Schrei zerriss die Luft. Ein nichtmenschlicher Schrei, der Ruf eines Falken der die Hand seines Himmelsauges verließ um die Wegroute mit seinem messerscharfen Blick auszuspähen.
Wer zurückblickte sah, dass ein Großteil der Hauptstreitmacht der Souvagnischen Armee die Gartenanlage des Hofes dazu umfunktioniert hatte, den großherzoglichen Hof, die Hauptstadt Beaufort wie auch die naheliegende Grenze zu sichern.
Manch einen überkam ein Gefühl von Dringlichkeit, was die Friedensverhandlungen anbelangte, bei dem Anblick der schwer gerüsteten Soldaten. Aber der Tross des Großherzog hatte sich in Bewegung gesetzt und ließ den Hof samt den Soldaten wie auch ihren jetzigen Amtsinhaber hinter sich zurück.
Die Straße glänzte feucht durch den Morgentau und die ersten Sonnenstrahlen brachte sie zum dampfen. Alcanterra schritt ruhig vor sich hin, während ihm der Duc etwas mehr Zügel gab. Direkt neben ihm ritt Fabien, sein treuer Leibdiener.
Beaufort war keine gewaltige Stadt, zeichnete sich aber dennoch durch feinere Häuser, einige Anwesen, prunkvollen Alleen und einem gepflasterten Straßennetz aus. Weiße Häuser herrschten zwar vor, aber auch bunte in den unterschiedlichsten Kolorierungen waren anzutreffen. Die Souvagner schienen nicht nur Burgen und Festungen zu lieben, in ihrer Hauptstadt liebten sie es farbenfroh.
Die meisten Fensterläden der einfachen Häuser waren rot, grün manche sogar sonnengelb. Zudem wurden viele Fassaden von blühenden Kletterpflanzen geschmückt, die nun im Herbst mit satten Rottönen den Straßen einen besonderen Charme verliehen.
Kleine Geschäfte schmiegten sich in die engen Stadtgassen, Bäcker, Schuster, Herren- und Damenschneider waren dort ebenso zu finden wie Möbel- und Geschirrmacher. Metzger und Wurstmacher priesen ihre Waren an. Besonders reichhaltig war das Angebot, welches die Fischhändler und jene die weiteres Meeresgetier anboten. Das Meer bestimmte einen Großteil des Auskommens in Souvagne. Außerhalb der Stadt lagen die Geschäfte der Färber, Lederer und Schmiede.
Um die Springbrunnen in der Stadt hatten sich die Heiler und Apotheker angesiedelt, dahinter folgten die ersten kleineren Wohnhäuser, in denen die einzelnen Zimmer der Leibeigenen lagen. Meist handelte es sich hierbei um jene, die dem Marquis de Beaufort oder dem Comte Grivois in der Stadt dienten.
Wo lang der Tross auch zog, die umstehenden Bürger hielten sofort in ihrer Tätigkeit inne und gingen auf die Knie für ihren Großherzog.
Die meisten schwiegen respektvoll mit gesenktem Haupte, andere riefen Begrüßungen, wiederum andere versuchten einen Blick auf ihren Duc persönlich zu erhaschen oder diesen zu berühren. Ein sinnloses Unterfangen, solange der Duc dies selbst nicht wünschte, denn seine Leibgarde blieb aufmerksam, misstrauisch und wachsam.
Almanen waren ein traditionsbewusstes Volk, allen voran die Souvagner. So genossen die souvagnischen Adligen und allen voran der Duc höchstes Ansehen. Die Leibgarde hatte sich nicht groß bei Landsleuten zu sorgen.
Aber überall auf der Welt gab es einzelne, versprengte wahnsinnige Seelen, die aus reiner Boshaftigkeit hochgestellten Persönlichkeiten zu schaden versuchten. Ferner galt es den Großherzog vor fremdländischen Feinden zu schützen. Es gab einige Fremdländer, die den almanischen Herrschern nach dem Leben trachteten.
Und nichts war Kriegstreibern verhasster, als ein Herrscher der sich ausdrücklich für den Frieden aussprach.
So hatte sich die Bevölkerung die in Ehrerbietung die Straße säumte meist nur mit einem freundlichen Schmunzeln oder einem knappen Gruß zufrieden zu geben.
Sobald der Tross zum Stehen kommen würde, kam es durchaus vor, dass einzelne Bürger um eine Vorstellung bei dem Duc baten. Meist waren dies kleine Leute aus den umliegenden Dörfern, die sonst kaum Gelegenheit hatten, einmal mit dem Duc persönlich in Kontakt treten zu können, obwohl dieser für all seine Bürger ein offenes Ohr hatte.
Nach einer Weile brachten sie die erste Wegbiegung aus der Stadt heraus hinter sich und die gepflasterten Straßen wichen den festgetretenen Lehmwegen. Es folgten die ersten Bauernhäuser, jene die die Außenbezirke der Stadt Beaufort markierten.
Der Duc ließ entspannt seinen Blick über die Landschaft schweifen, während ihm Fabien ein Lächeln schenkte, dass nur minimal angespannt wirkte. Maximilien schmunzelte zurück.