Jesper knuffte Arch und hielt ihm Schokolade hin.
”Nimm", sagte er gut gelaunt.
"Nein Danke, ich glaube daher hatte ich oft Migräne. Ist ein Auslöser, ich verzichte mal eine Zeit lang drauf", antwortete Archibald.
"Von mir aus, ein Versuch kann nicht schaden. Du siehst ein bisschen besser aus. Wie geht es Dir? Hunger gehabt in letzter Zeit?", hakte Jesper nach und ass selbst die Schokolade.
"Geht mir auch wieder besser. Nein ich habe keinen Hunger gehabt, sondern Migräne. Hunger... manchmal muss ich dann an Derya denken. Komisch", erklärte Arch leise.
"Inwieweit denkst Du an sie?", fragte Jesper freundlich.
"Dass ich mir jedes Objekt gegriffen hätte, nur nicht sie. Im Rausch erkenne ich niemanden, aber ich erkenne Zeichen. Darum befahl ich damals Merna der Kleinen so früh wie möglich die Tätowierung stechen zu lassen.
Sie bekam sie mit 3 Jahren. Für den extremen Wenn-Fall das ich meine eigene Tochter greifen würde. Ich hätte sie im Rausch nicht erkannt Jesper. Ich hätte sie gefressen. Aber ich hätte im Rausch das Zeichen erkannt, ich hätte vielleicht keinen Zusammenhang herstellen können, wer sie ist, aber ich hätte sie niemals verletzt.
Denn sie trägt ein Zeichen der Ältesten. Ich wollte nicht irgendwann aus einem Rausch aufwachen und die Reste von Derya in Händen halten. Das hätte ich nicht ertragen. Also musste ich sie als unantastbar brandmarken und zwar so, dass ich es im Rausch noch begreife. Das ist die einzige Möglichkeit die ich hatte.
Als Vater sorgt man sich eben immer, auch wenn meine Art der Sorge wohl sehr speziell ist. Anders konnte ich ihr meine Fürsorge nicht gefahrlos zu teil werden lassen", sagte Arch.
Jesper musterte Arch.
"Arch, andere möchten ihre Kinder auch nicht halb zerfressen im Arm halten. Wenn Du das begreifst, dann lass Dir endlich helfen! Ich verstehe Dich nicht", stöhnte Jesper.
"Tun die wenigsten Jesper und ist nicht weiter schlimm", gab Arch zurück.
"Doch es ist schlimm! Mein Problem mit Dir ist, ich weiß was Du für ein hochanständiger und lieber Kerl Du sein kannst. Ich weiß wie hilfsbereit Du sein kannst und man kann sich keinen besseren Kumpel als Dich wünschen. Du bist absolut loyal, Du sagst einem auch unbequeme Wahrheiten und Du lässt einen nie hängen.
Ich mag Dich sehr Arch, Deine Freundschaft bedeutet mir viel. Aber Du hast auch eine andere Seite, die unbeschreiblich grausam ist. Mörderisch grausam und sadistisch. Kampf ist das eine, aber das was Du im "Rausch" tust ist Wahnsinn.
Du bist krank im Kopf. Das meine ich nicht als Beleidigung, sondern Du bist da tatsächlich krank.
Würde ich nur die dunkle Seite kennen, sprich die Bestie, würde ich sagen Du musst gehen. Aber ich kann nicht zulassen, dass Dich wer in den Abgrund schickt und Dich gehen lässt, denn Deine andere helle Seite hat das nicht verdient.
Mich kotzt es allerdings an, dass Du kein bisschen bereit bist, der Bestie Einhalt zu gebieten. Hättest Du Dich für Derya behandeln lassen? Bestimmt. Aber für alle anderen nicht.
All jene die Du holst und in Deinen Abgrund reißt Archibald von Dornburg sind für irgendwen da draußen eine Derya.
Du bist zwar jünger als ich, aber nicht mehr der Jüngste. Denk wenigstens nun drüber nach, ob Du Dich nicht wenigstens auf Deine alten Tage behandeln lässt. Hänge den Job an den Nagel, nimm hin dass Du fett wirst und gestehe den anderen wie auch Dir Frieden zu.
Du hattest es mit Merna versucht und bist gescheitert, aber Du warst ehrlich zu Dir. Sei es jetzt auch", bat Jesper.
"Merna ist leider vor ein paar Jahren gestorben. Ich habe unserer Kurzen da etwas Geld geschickt. Naja so kurz ist sie nicht mehr. Und nein, ich lasse mir nichts abschneiden. Derya ist 37 Jahre alt, von mir geht für sie keine Gefahr mehr aus Jesper.
Die Kurze hatte vor einigen Monaten gewaltige Scheiße gebaut Jes.
Das war so... lass mich nicht lügen... am Jahresanfang...
Dunwin lebte noch... ja... genau...
Ich glaube sie hat... mein Problem...
Sie wurde verurteilt und sollte hingerichtet werden... 46facher Mord...
Wie bei den Ältesten kann man sich 46 mal erwischen lassen?", keuchte Archibald.
"Derya?", hakte Jesper total baff nach.
"Ja!", bestätigte Arch erschüttert.
"46... die Zahl muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen", stöhnte Jesper.
"Wenn ich es doch sage! Keine Ahnung wie viele Baby wirklich ausgeknipst hat, aber eigentlich sollte man sich überhaupt nicht erwischen lassen! Das hat mich total entsetzt. Was ist nur mit ihr los", erklärte Archibald mit Grabesstimme.
"Du hast sie sehr geliebt oder?", flüsterte Jesper.
"Ich liebe sie immer noch, unabhängig von ihren Fehlern", grinste Arch.
"Du hast sie da rausgehauen?", fragte Jesper baff.
"Sicher, sie ist mein Kind. Wenn sie mich braucht bin ich da", erklärte Arch freundlich.
"Dann tue es für sie, lass Dir helfen. Oder mach es für uns, der alten Freundschaft Willen, oder für uns alle. Ja?", fragte Jesper und knuffte Arch.
"Ich habe schon damit angefangen, ob Du es glaubst oder nicht, ich bekam Hilfe von einer anderen Seite und bis jetzt klappt es gut. Aber mehr wird noch nicht verraten. Ich muss einen Probelauf unternehmen. Mich quasi in Versuchung führen und widerstehen. Und ich werde widerstehen - ich schwöre es Dir", erklärte Arch vehement.